Warum muss ich Steuern nachzahlen wenn ich Krankengeld bezogen habe?

Im Falle einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit haben Arbeitnehmer nach Auslaufen der Gehaltsfortzahlung von 6 Wochen durch den Arbeitgeber Anspruch auf Krankengeld von der Krankenversicherung.

Diese Leistung wird steuerlich unterschiedlich behandelt:

  • Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung ist steuerfrei (§ 3 Nr. 1a EStG), wird aber in den Progressionsvorbehalt einbezogen (§ 32b Abs. 1 Nr. 1b EStG). Das bedeutet, dass der Steuersatz, der auf das übrige Einkommen angewandt wird, höher wird und so zu einer Steuermehrbelastung führt.
  • Krankengeld aus einer privaten Krankenversicherung ist steuerfrei und wird nicht in den Progressionsvorbehalt einbezogen (R 32b Abs. 1 Satz 3 EStR).

Diese Ungleichbehandlung erscheint willkürlich, denn in beiden Fällen handelt es sich um eine steuerfreie Leistung. Die unterschiedliche Besteuerung könnte daher verfassungswidrig sein und gegen das Willkürverbot des Art. 3 GG sowie das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG verstoßen. Zudem müssen seit 2009 Versicherte der GKV für die Krankengeldversicherung einen Beitragsanteil von 0,9 Prozentpunkten alleine, d.h. ohne hälftige Beteiligung des Arbeitgebers, zahlen.

Aktuell hat der Bundesfinanzhof seine bisherige Auffassung bestätigt, dass Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung dem Progressionsvorbehalt unterliegt, während das Krankengeld aus der privaten Krankenversicherung nicht erfasst wird. „Die Einbeziehung des Krankengeldes lediglich gesetzlicher Krankenkassen und nicht privater Krankenkassen in den Progressionsvorbehalt verstößt nicht gegen das Grundgesetz“ (BFH-Urteil vom 13.11.2014, III R 36/13; BFH-Urteil vom 26.11.2008, X R 53/06).

Nach Auffassung des BFH ist die unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt durch die unterschiedliche Ausgestaltung in öffentlich-rechtlicher bzw. privater Organisationsform und die dadurch bedingten unterschiedlichen Grundstrukturen sowie die unterschiedliche Ausrichtung durch das Solidarprinzip bei der gesetzlichen Krankenversicherung einerseits und das Äquivalenzprinzip bei der privaten Krankenversicherung andererseits. Dies gelte auch ab 2009, als die allgemeine Krankenversicherungspflicht und der Basistarif in der privaten Krankenversicherung mit Kontrahierungszwang eingeführt wurden. Trotz dieser Annäherungen bestünden weiterhin grundsätzliche Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung.

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BFH, Bundesfinanzhof, gesetzliche Krankenversicherung, Krankengeld, Krankenkassen, private Krankenversicherung, Progressionsvorbehalt, Steuererklärung, Steuererstattung, Urteil

Im vergangenen Jahr habe ich nur 3 Monate gearbeitet. Den Rest des Jahres war ich krank und habe Krankengeld bezogen. Nun habe ich die Einkommensteuererklärung gemacht und wir sollen danach 700 € nachzahlen. Ich frage mich, warum muss ich auch noch zahlen, wenn ich sowieso schon kein Geld verdient habe. Kann mir jemand helfen, das zu verstehen? Ich habe keine Ahnung, wie man das machen soll. Danke

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4 Antworten

Warum muss ich Steuern nachzahlen wenn ich Krankengeld bezogen habe?

Nebuk

27.02.2015, 19:57

Wieviel brutto hast du denn verdient?

Das Krankengeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Das heißt, es erhöht den Steuersatz, mit dem deine dreimonatigen Einkünfte nachträglich besteuert werden. Aber du müsstest enorm viel verdient haben, damit du überhaupt Steuern zahlen musst.

Sonst keine Einnahmen gehabt? Steuererklärung korrekt ausgefüllt?

2 Kommentare 2

Warum muss ich Steuern nachzahlen wenn ich Krankengeld bezogen habe?

Kossi0 

Fragesteller

 27.02.2015, 20:59

Das Problem ist wohl, dass unsere beiden Gehälter zusammen gezählt werden und somit mein Anteil nicht ausreichend war. Ich habe leider nicht enorm viel verdient. Aber trotzdem danke

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Warum muss ich Steuern nachzahlen wenn ich Krankengeld bezogen habe?

Nebuk 27.02.2015, 21:22

@Kossi0

Wessen BEIDE gehälter???

Möchtest du vielleicht noch mehr irrelevante Details erzählen?

Warum muss ich Steuern nachzahlen wenn ich Krankengeld bezogen habe?

jofischi

27.02.2015, 19:55

Eine Vermutung: du hast die Einkommenssteuererklärung falsch gemacht. Eine andere Vermutung, du hast im Laufe des Jahres keine Steuern gezahlt. Noch eine Vermutung, du hattest andere unversteuerte Einkünfte.

2 Kommentare 2

Warum muss ich Steuern nachzahlen wenn ich Krankengeld bezogen habe?

Kossi0 

Fragesteller

 27.02.2015, 21:02

Falsch habe ich sie nicht gemacht, mache sie immer selbst. Durch den Bezug von 7 Monaten Krankengeld habe ich natürlich keine Steuern weiter bezahlt und andere Einkünfte hatte ich auch nicht aber mein Mann.

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Warum muss ich Steuern nachzahlen wenn ich Krankengeld bezogen habe?

Nebuk 27.02.2015, 21:25

@Kossi0

Die Info hätte gleich zu Beginn weitergeholfen.

Bei Zusammenveranlagung wirkt sich der Progressionsvorbehalt auf das Gesamteinkommen aus.

Eine Getrenntveranlagung umgeht zwar einerseits die Progression, aber das Einkommen des Mannes wird dann nach Steuerklasse 1 besteuert. War es im laufenden Jahr 3, kommt es auch hierdurch zur Steuernachzahlung.

Warum muss ich bei Krankengeld Steuern nachzahlen?

Krankengeld ist eigentlich steuerfrei Wenn Sie Krankengeld bekommen, ist das steuerfrei. Einen Haken hat die Sache aber: Entgeltersatzleistungen, wie das Krankengeld, unterliegen dem Progressionsvorbehalt. Der sorgt dafür, dass Ihr persönlicher Steuersatz steigt.

Wie viel steuernachzahlung bei Krankengeld?

Auf das Krankengeld selbst müssen keine Steuern gezahlt werden. Wer jedoch vorher in einem Jahr steuerpflichtig beschäftigt war, und auch nach der Krankheit weiter arbeitet, muss auf dieses Einkommen einen höheren gesamten Steuersatz zahlen.

Wie wirkt sich Krankengeld auf die Steuern aus?

Muss ich Krankengeld versteuern? Nein, Lohnersatzleistungen wie Krankengeld sind steuerfrei. Dennoch unterliegen sie dem Progressionsvorbehalt. Das heißt, das Krankengeld erhöht deinen persönlichen Steuersatz.

Wie hoch ist der Progressionsvorbehalt bei Krankengeld?

Was ist der Progressionsvorbehalt? Lohn-, Entgelt- und Einkommensersatzleistungen wie beispielsweise Arbeitslosengeld I, Krankengeld oder Mutterschaftsgeld sind nach § 3 EStG steuerfrei, gehen also in Ihr zu versteuerndes Einkommen nicht ein.