Fasten wenn man dünn ist

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Ernährung:Nutzen von Intervallfasten nicht erwiesen

18. Juni 2021, 18:52 Uhr

Lesezeit: 2 min

Fasten wenn man dünn ist

Die Studienlage zum Intervallfasten ist dünn - im Vergleich zur kalorienreduzierten Diät wurden bisher keine Vorteile beim Abnehmen festgestellt.

(Foto: VICUSCHKA/imago/Photocase)

Die dünne Studienlage zeigt keine Vorteile im Vergleich zur Diät nach Stechuhr - die Risiken sind unklar.

Kommentar von Werner Bartens

Manchmal ist der Wille zur Wirkung größer als die wissenschaftliche Beweiskraft. Das gilt für einige Methoden der konventionellen Medizin, für etliche alternative Verfahren, aber auch für den großen Grenzbereich zwischen Erfahrungswissen, Volksglauben und dem alltäglichen Irrsinn, den Menschen gelegentlich mit sich anstellen. Populäres Beispiel ist das Intervallfasten. Es erfreut sich großer Beliebtheit, und zu Recht vergessene Schauspielerinnen, selbsternannte Ernährungsexperten und andere hauptberufliche Ego-Darsteller schwärmen davon. Schließlich haben sie es ja selbst ausprobiert - außerdem gibt es "Studien".

Ein Nutzennachweis für das Intervallfasten ist bislang nicht erbracht

Genau damit beginnt das Problem. Die Studienlage zum Intervallfasten ist äußerst dürftig - aller noch so positiven Selbsterfahrungen zum Trotz. Die Methode, über längere Zeit am Tag (16:8-Methode) oder während der Woche (5:2) keine Kalorien zu sich zu nehmen, wird hauptsächlich mit Studien beworben, die auf Tierversuche zurückgehen. Bei manchen Tieren hat diese Art der Kalorienreduktion günstige Auswirkungen auf den Stoffwechsel gehabt oder dazu geführt, dass sie länger lebten. Längst nicht bei allen Tiermodellen funktionierte das - außerdem sind Tierversuche nur selten aussagekräftig für Menschen. Und beim Menschen ist der Nutzennachweis bisher schlicht nicht erbracht. Studien während des Ramadans zeigten nur sehr kurzfristige Effekte, bei Zuckerkranken wurde sogar eine Verschlechterung der Stoffwechsellage beschrieben.

Klar, wer täglich weniger isst, aber ähnlich viel Energie verbraucht wie zuvor, wird abnehmen, egal in welchen Zeitabständen die Nahrung aufgenommen wird. In einer jüngst veröffentlichten Studie hatte Intervallfasten im Vergleich zu einer traditionellen kalorienreduzierten Diät jedoch auch keine Vorteile beim Abnehmen. Inzwischen ist es sogar fraglich, ob die Methode zwar unwirksam, aber harmlos ist - oder schädlich. In etlichen Studien nahmen die Teilnehmer vor allem ab, indem sie Muskelmasse verloren. Doch auch dieses potenzielle Risiko sollte nicht überbetont werden. Insgesamt gilt für angebliche Vor- wie Nachteile: Die Datenlage ist dünner als manche Fastenjünger. Es gibt zwar zahlreiche Studien, doch diese sind zu klein, zu kurz oder aus anderen Gründen unzureichend. Medizinisch empfehlen kann man Intervallfasten daher nicht, nicht mal als unbedenklichen Essens-Spleen.

Wer sich trotzdem gut damit fühlt, kann natürlich nach Stechuhr essen. Aber bitte ohne missionarischen Eifer und öffentliche Wichtigtuerei. Was theoretisch prima klingt, muss praktisch nicht wirksam sein. Doch immerhin: Der Glaube, sich damit etwas Gutes zu tun, hat eine positive Wirkung auf Körper und Geist. Das ist übrigens wissenschaftlich erwiesen.

Es ist nicht nur das schlanke Leben, das uns Influencerinnen und Influencer vortanzen, sondern wahrscheinlich auch der Selbsterhaltungstrieb, der Ronald McDonald und Co. das Leben schwer macht: Der kritische Blick auf die Kalorien und eine entsprechende Beschränkung derer ist durchaus gesundheitsfördernd. Wenn man die Kalorienbeschränkung im Rahmen einer systematischen Diät betreibt – Stichwort: Intervallfasten –, könnte sich das Leben sogar verlängern und der Alterungsprozess später einsetzen. Hier geht es um eine Kalorienzufuhr, die bis zur Hälfte reduziert wird, ohne sich dabei unterzuernähren.

Die Effekte sind kontrovers diskutiert, die Beweislage für den Menschen dünn. Aber: Bei Tierversuchen haben sich in der Vergangenheit durchaus erfreuliche Ergebnisse gezeigt. Jetzt kommt ein weiteres hinzu: Bei einigen Mäusen hat die restriktive Kalorienaufnahmen bereits für positive Gesundheitseffekte gesorgt. Eine aktuelle Studie im Fachblatt Science zeigt, dass zwölfstündiges Fasten besonders vorteilhaft für die Nager ist. Die Nahrungsaufnahme sollte zudem nachts erfolgen. Bevor falsche Schlüsse gefolgert werden: Die Tiere sind nachtaktiv und ernähren sich natürlicherweise zu einer Zeit, in der wir besser schlafen und uns nicht lüstern am Kühlschrank bedienen.

Weniger Kalorien verlängern das Mäuseleben – nur warum wohl?

Warum diese restriktive Form der Kalorienaufnahme für Mäuse lebensverlängernd wirkt, ist allerdings unklar. Zwar scheint die geringere Energieaufnahme entscheidend, aber auch der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme und die Häufigkeit der Fütterung könnten wichtige Schlüsselkomponenten sein. Die Forschenden haben die Mäuse dazu in sechs Gruppen aufgeteilt. Bis auf die Kontrollgruppe mit uneingeschränktem Futterzugang unterschieden sich die Nager-Teams nicht in der Menge des Essens, sondern im Tagesmuster. So wurde deutlich, dass die Kalorienbeschränkung für die Tiere lebensverlängernd wirkt, insbesondere dann, wenn sie mindestens zwölf Stunden fasteten und das Futter nachts zu sich nahmen. Die Forschenden zeigten weiterhin, dass eine Kalorienbeschränkung in der Nacht altersbedingte Veränderungen verbesserte – z.B. eine Genexpression im Zusammenhang mit Entzündungen. Die Studie ist damit nach den Worten von Altersforscher Rafael de Cabo vom National Institute on Aging (Baltimore/USA) eine "elegante Demonstration", dass es nichts bringt, "wenn man seine Kalorienzufuhr einschränkt, aber dann zu den falschen Zeiten isst".

Hülsenfrüchte, pflanzliche Fette, kein Fleisch – und etwas Bitterschokolade

Nun bleiben Mäuse halt Mäuse und der Mensch eben Mensch. Aber ganz unabhängig davon, wie viel sich von den Diät-Erkenntnissen auf uns übertragen lässt: Dass die Art und Weise der Ernährung in unmittelbarer Verbindung zur Lebenserwartung steht, ist weitreichend bekannt und wird durch eine aktuelle Übersichtsarbeit im Fachblatt Cell untermauert. Hier betonen Altersforschende der University of Southern California, dass eine beschränkte Energiezufuhr und öfter mal fasten einer längeren Lebenserwartung zuträglich seien.

Kernmerkmale sind: Mittlere bis hohe Aufnahme von Kohlenhydraten (45 bis 60 Prozent) aus hochwertigen Quellen, dazu wenig, aber ausreichend Eiweiß aus meist pflanzlichen Quellen, 25 bis 35 Prozent hauptsächlich pflanzenbasiertes Fett. In Kühl- und Vorratsschranksprache übersetzt heißt das: Viele Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Gemüse, etwas Fisch, kein rotes oder verarbeitetes Fleisch und sehr wenig weißes Fleisch. Natürlich wenig Zucker, auch wenig raffiniertes Getreide, eine gute Menge an Nüssen und Olivenöl und – das dürfte einigen gefallen – etwas dunkle Schokolade. Außerdem sei es ratsam, nur innerhalb von elf bis zwölf Stunden zu essen. Ach wei. Nun gut, da mussten die Mäuse ja auch durch.

flo/dpa

Sollten dünne Menschen Fasten?

Menschen mit einer Essstörung sollten nicht fasten. Auch sehr schlanke Menschen oder Menschen mit einem BMI über 45 sollten sich nur im Einzelfall oder mit medizinischer Hilfe ans Fasten wagen. Ein regelmäßiges Check-up beim Arzt ist wichtig.

Was passiert wenn man den Fasten bricht?

Bricht man das Fasten ohne triftigen Grund oder fastet erst gar nicht, obwohl man gesundheitlich dazu in der Lage wäre, ist der erste und wichtigste Schritt, Allah gegenüber aufrichtige Reue zu zeigen und sich vorzunehmen dies nie wieder zu wiederholen. Denn Er ist derjenige, der die Fehler der Menschen vergibt.

Was wenn man nicht mehr Fasten kann?

Wer wegen einer Reise, harter Arbeit oder der Menstruation nicht fasten kann oder darf, kann diese Fastentage im Anschluss an den Ramadan nachholen oder für Arme und Bedürftige spenden.