Woher stammen die meisten Amerikaner ab?

Wer die US-Wahl aufmerksam verfolgt, wird vielleicht über uns Deutschen wohl bekannte Namen gestolpert sein. Das County Mecklenburg zum Beispiel – wo Joe Biden einen klaren Sieg erzielt hat. Unsere Infografik zeigt, wie sich die Einwanderung aus Deutschland bis heute in der Benennung amerikanischer Städte niederschlägt.

Was man kennt, das behält man gern. Das werden sich jedenfalls viele deutsche Auswanderer gedacht haben, als sie in vergangenen Jahrhunderten Siedlungen in den USA gegründet haben. Denn Detmold, Fulda oder Paderborn gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA.

Grafik: Deutsche Städtenamen in den USA

Wenn Sie den Namensvetter Ihrer Heimatstadt in den USA suchen, schreiben Sie hinter dem Ortsnamen in das Suchfeld ", USA" (Beispiel: Flensburg, USA).

Nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden die Schreibweisen vieler deutscher Städtenamen anglisiert. So gibt es in den Vereinigten Staaten 21 Frankforts - die jedoch nicht in unserer Karte auftauchen. Dargestellt sind nur exakte Übereinstimmungen der offiziellen Ortsnamen.

Bis ins 20. Jahrhundert bildeten Deutsche die stärkste Einwanderergruppe in die Vereinigten Staaten. Heute hat der größte Teil der amerikanischen Bevölkerung deutsche Vorfahren. Der US-Zensus aus dem Jahr 2000 zeigt: Mehr als 49,2 Millionen der zur Jahrtausendwende 282 Millionen Amerikaner (heute sind es rund 323 Millionen) gaben an, von Deutschen abzustammen. Neuere Umfragen, wie der American Community Survey von 2015, kommen zu einem ähnlichen Ergebnis.

Grafik: Anteil der deutschstämmigen Bevölkerung pro Bundesstaat

Die erste deutsche Siedlung der USA wurde schon 1683 von 13 Familien aus dem Krefelder Raum, den sogenannten "Original 13", gegründet. Ihr Name: Germantown. Heute ist die einst unabhängige Gemeinde ein Stadtteil von Philadelphia. Die Mehrheit der Bevölkerung stellen inzwischen Afroamerikaner.

Unter anderem angeregt durch einen populären Reisebericht von Gottfried Duden ließen sich besonders viele Deutsche im Mittleren Westen nieder. Noch heute ist die Zahl der Deutschstämmigen in den Bundesstaaten Iowa, Minnesota, Nebraska, North und South Dakota sowie Wisconsin prozentual am höchsten.

Eine weitere Besonderheit gibt es in Pennsylvania, wo knapp ein Viertel der Bevölkerung deutsche Wurzeln hat. Denn dort hat sich bis heute das sogenannte Pennsylvania-Deutsch erhalten, sogar mit einer eigenen Zeitung.

In der berühmten Gettysburg Address gedenken die USA auch ihrer ethnischen Vielfalt. Nicht die Nachfahren von Engländern dominieren im Land, sondern Menschen mit deutschen Vorfahren.

Veröffentlicht am 30.10.2013 | Lesedauer: 6 Minuten

Woher stammen die meisten Amerikaner ab?

Von Berthold Seewald

Leitender Redakteur Geschichte

Woher stammen die meisten Amerikaner ab?

Woher stammen die meisten Amerikaner ab?

Migranten prägten Amerika: In weiten Teilen bilden die Nachkommen von Sprechern der deutschen Sprache die größte Gruppe

Quelle: Infografik Die Welt

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„Auf dass die Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk, nicht von der Erde verschwinden möge.“ – Noch immer lernen amerikanische Schulkinder diese Worte auswendig. Präsident Abraham Lincoln formulierte sie am 18. November 1863 bei der Einweihung eines Soldatenfriedhofs auf dem Schlachtfeld von Gettysburg, auf dem die Unionsarmee die Offensivkraft des Südens gebrochen hatte. Diese Gettysburg Address wurde zum rhetorischen Fundament einer zweiten Staatsgründung. Bezeichneten sich die USA vor dem Bürgerkrieg als Bund von „Nationen“, waren sie an ihrem Ende eine „Nation“.

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Wenn Tausende Amerikaner Anfang Juli das Gemetzel von Gettysburg auf dem historischen Schlachtfeld nachstellen, geht es nicht zuletzt um Symbolik. Am 4. Juli, dem Nationalfeiertag, erreichte die Nachricht vom Sieg Washington. Am 4. Juli kapitulierte 2000 Kilometer weiter westlich die Südstaatenfestung Vicksburg am Mississippi. „Der Vater der Gewässer strömt wieder ungestört ins Meer“, verkündete Lincoln.

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Gettysburg 1863

Die größte Schlacht des amerikanischen Kontinents

Die regelmäßigen Feiern in Vicksburg und Gettysburg verschleiern, dass der Weg der Nationwerdung so einfach nicht war. Zum einen sollte sich der endgültige Sieg über den abtrünnigen Süden erst zwei Jahre später einstellen. Zum anderen kämpften in diesem opferreichsten Krieg, den die USA je geführt haben, nicht nur (Bundes-)Staaten, sondern auch Angehörige und Nachfahren vieler Völker gegeneinander.

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Indianische Stämme standen auf beiden Seiten, mehr als 180.000 ehemalige afrikanische Sklaven kämpften in der Unionsarmee, ihr XI. Korps, das Gettysburg gegen südstaatliche Angriffe verteidigt hatte, galt als „Dutch“, deutsch, wie auch Generäle wie Franz Sigel oder Carl Schurz ihre Generalspatente ihrer Herkunft verdankten.

Zwölf Generationen seit den Pilgervätern

In New York kam es kurz nach Gettysburg sogar zum offenen Aufstand. 50.000 Einwanderer, die meisten aus Irland, widersetzten sich ihrer Einberufung, massakrierten Farbige (die sie als Konkurrenten um Jobs ansahen) und zogen plündernd durch die Stadt. Reguläres Militär musste eingesetzt werden. Martin Scorsese hat den „Draft Riots“ in seinem Film „Gangs of New York“ (2002) ein cineastisches Denkmal gesetzt.

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Podcast

Stadt der Spione – die 2. Staffel von „WELT History“

Anders als die Nationalstaaten Europas waren und sind die USA eine Nation von Eingewanderten. Und die meisten von ihnen wissen noch heute, woher ihre Familien stammten. Schließlich vergingen gerade einmal zwölf Generationen, seit die Pilgerväter ihre Füße auf das gelobte Land setzten.

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Zu den Einwanderern gehören auch zahlreiche Deutsche. Historiker haben recherchiert, dass etwa im Bürgerkrieg 23,4 Prozent der Unionsarmee deutschen Ursprungs waren, konkret 516.000 Männer, davon waren 210.000 in Deutschland geboren.

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USA

So deutsch war der amerikanische Bürgerkrieg

Während Sigel und das XI. Korps vor allem mit militärischen Fehlleistungen ihren Platz in der amerikanischen Folklore gefunden haben, sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Mehr als 80 Prozent der deutschstämmigen US-Bürger optierten für den Norden. Damit waren sie die größte Ethnie, die gegen die Sklavenhalterstaaten Position bezog. Die historischen Wurzeln reichen tief: Bereits im Jahr 1688 hatten die Einwohner von Germantown (Pennsylvania), das von Quäkern und Mennoniten aus Krefeld gegründet worden war, den ersten Protest gegen die Sklaverei verfasst.

Der US-Zensus aus dem Jahr 2000 entwirft ein noch deutlicheres Bild: Mehr als 49,2 Millionen der beim Millenniumwechsel 282 Millionen Amerikaner (heute sind es rund 312 Millionen) geben an, von Deutschen abzustammen. Damit stellen sie die größte Einwanderer-Gruppe überhaupt. Auf genuin englische Wurzeln führen sich nur 26,9 Millionen US-Bürger zurück, womit die einstigen Kolonialherren gerade einmal auf den fünften Platz kommen, hinter Afroamerikanern (41,3 Millionen), Iren (35,5 Millionen) und Mexikanern (31,79 Millionen).

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Muhlenberg-Legende

Wäre Deutsch tatsächlich beinahe Amtssprache in den USA geworden?

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Dahinter verbergen sich verschlungene Entwicklungen – und Mythen. Der berühmteste ist die sogenannte Muhlenberg-Legende. Danach habe das US-Repräsentantenhaus 1794 nur mit knappster Mehrheit den Antrag abgelehnt, Deutsch zur Amtssprache der Vereinigten Staaten zu machen. Tatsächlich ging es damals nur um die Veröffentlichung von Gesetzestexten auch in deutscher Sprache.

Dennoch gibt die Karte mit den ethnischen Herkunftsangaben der Amerikaner Anlass zu Spekulationen. In weiten Teilen der USA stellen die Nachfahren von Menschen, die Deutsch als ihre Muttersprache angeben (wobei in den vergangenen Jahrhunderten auch Einwanderer aus dem Habsburger-, dem Zarenreich und dem Alpen- und Balkanraum hinzugerechnet werden können), den größten Prozentsatz. Vom Hinterland New Yorks über den Mittleren Westen bis zur nördlichen Pazifikküste (einschließlich Alaskas) reicht der Block.

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Sprache

Wo sie in Amerika noch Deutsch sprechen

Ähnliche Dominanz erreichen die Nachfahren von Engländern nur in Neuengland und am östlichen Fuß der Rocky Mountains. Im alten Süden bilden Afroafrikaner, um New York herum die Nachfahren von Italienern (insgesamt 17,5 Millionen) und Iren und an der Grenze zu Kanada und um New Orleans Franzosen (9,1 Millionen) die größte Gruppe. Eine Besonderheit bilden zahlreiche US-Bürger im Oberen Süden, die sich als „Amerikaner“ (19,9 Millionen) bezeichnen, was als Ergebnis einer sekundären Binnenwanderung gedeutet werden kann.

Während sich die Konzentrationen von Nachkommen von Afroamerikanern und Franzosen durch historische Siedlungsgebiete und die von Mexikanern durch aktuelle Zuwanderung erklären, erstaunt die unterschiedliche Ausbreitung deutscher und irischer oder italienischer Immigranten. Während diese sich unweit ihrer einstigen Einwanderungshäfen an der Ostküste konzentrieren, fanden die Deutschen den Weg bis an den Pazifik.

„Eine gelinde und milde Regierung“

Die katholische Konfession – und im Falle der Italiener zudem die Sprache – haben die Identität zahlreicher Einwanderer sicherlich konserviert. Hinzu kam, dass den irischen Neuankömmlingen auch im angloamerikanischen Umfeld umgehend jene Unterschichtenrolle zugewiesen wurde, in der sie die englischen Herren seit Jahrhunderten in ihrer Heimat gehalten hatten. Allerdings gewann durch sie die Gruppe der Anglophonen starken Zulauf.

Auch die meisten Deutschen, die in zahlreichen Wellen in der Neuen Welt eine bessere Zukunft suchten, waren zumeist Armutsflüchtlinge. Aber sie hatten drei Vorteile: Sie sprachen ein Idiom, das dem Englischen sehr nahesteht. Sie galten den Engländern als eng verwandt. Und sie waren häufig Protestanten.

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Ellis Island

Wer auf der Treppe strauchelte, bekam in den USA kaum eine Chance

Als Glaubensflüchtlinge waren sie der britischen Krone und nach ihrer Gründung den USA dankbar für die Aufnahme. Auch die Revolutionäre, die wie der spätere US-Innenminister Carl Schurz nach 1848/49 aus politischen Gründen nach Amerika zogen, fühlten existenzielle Dankbarkeit. „Bedencket, daß wir meistens in Europa theils weder Hauß, noch Hof noch Güter besessen und manche in großem Mangel und Armuth gelbt“, predigte der deutsche Verleger von Germantown, Christoph Sauer, seinen Landsleuten. „Bedencket hergegen was vor eine gelinde und milde Regierung wir allhier gefunden und noch haben.“

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Wie keiner anderen Einwanderergruppe wurde es den Deutschen von den Englisch sprechenden Amerikanern leicht gemacht, in Amerika eine neue Heimat zu finden. So breiteten sie sich über das ganze Land aus. Deutsche Inseln, wie sie zwischen Milwaukee, Cincinnati und St. Louis, dem sogenannten German Belt, entstanden, blieben die Ausnahme. Um 1900 bildeten Deutschstämmige die größte, angesehenste und am besten organisierte fremdsprachige Ethnie in den USA mit eigenen Zeitungen und einem breiten Kulturleben. Dennoch verstanden sich die Deutschen als Amerikaner.

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Migration

So haben deutsche Einwanderer die USA geprägt

Was der Historiker John Higham indes den „spektakulärsten Fall kollektiver Assimilation“ im 20. Jahrhundert genannt hat, ist ein Ergebnis der großen Politik. In zwei Weltkriegen mussten die Amerikaner mit deutschen Wurzeln ihre Parteinahme für die USA und gegen ihre alte Heimat unter Beweis stellen. Zumal während des Ersten Weltkrieges wurden sie dabei mit einer antideutschen Hysterie konfrontiert, während derer 26 Bundesstaaten den Gebrauch der deutschen Sprache verboten.

Die Deutschstämmigen erwiesen sich als gute Amerikaner und verzichteten innerhalb kürzester Zeit auf ihre nationale Folklore. Spätestens die Berichte von Untaten und Völkermord des Dritten Reiches kappten viele emotionale Bindungen.

Stattdessen wurden die Germanophonen zu den wichtigsten Partnern der Angloamerikaner und sorgten damit dafür, dass die Leitkultur der USA englisch, weiß und protestantisch dominiert ist.

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Sie schufen Amerika: Siedler aus aller Herren Länder vor einem Grundbuchamt in Perry (Oklahoma) um 1893

Wie viel Amerikaner stammen von Deutschen ab?

Heute hat der größte Teil der amerikanischen Bevölkerung deutsche Vorfahren. Der US-Zensus aus dem Jahr 2000 zeigt: Mehr als 49,2 Millionen der zur Jahrtausendwende 282 Millionen Amerikaner (heute sind es rund 323 Millionen) gaben an, von Deutschen abzustammen.

Wie viel Prozent der Amerikaner sind Ureinwohner?

Der Anteil der indigenen Bevölkerung in den USA beträgt heute rund zwei Prozent – rund 6,8 Millionen Menschen. Die meisten Ureinwohner hat der Bundesstaat Alaska, danach folgen South Dakota, Oklahoma und New Mexico.

Welche bekannten Amerikaner haben deutsche Wurzeln?

Hollywood-Stars mit deutschen Wurzeln.
Dass es in Deutschland viele talentierte junger Schauspieler gibt, ist inzwischen weltweit bekannt. Aber auch manche Hollywood-Stars haben deutsche Wurzeln. ... .
Michael Fassbender. ... .
Sandra Bullock. ... .
Leonardo DiCaprio. ... .
Charlize Theron. ... .
Bruce Willis. ... .
Johnny Depp..

Wer lebte vor den Indianern in Amerika?

Lange haben die Clovis-Menschen den Wissenschaftlern als die Ureinwohner Amerikas gegolten - und als Ahnen der heutigen Indianer. Wären allerdings die ersten Menschen über Alaska nach Amerika eingewandert, dann müssten auf dieser Strecke auch die ältesten archäologischen Zeugnisse dieser Besiedlung zu finden sein.