Die Heirat 1905 markiert den Anfang einer erfüllten Alltagspartnerschaft auf Lebenszeit. Katia wird ihm bis zu seinem Tod den Rücken freihalten – und das so aufopferungsvoll, dass auf ihrem Briefkopf nicht der eigene Name prangt, sondern "Frau Thomas Mann". Show Dass ihr Gatte immer wieder ein Auge auf junge Männer wirft – laut Thomas Mann eine rein ästhetisch motivierte Schwärmerei –, stört Katia offenbar nicht weiter. Glaubt man den Schilderungen der sechs Kinder, muss die Ehe der Eltern durchaus glücklich gewesen sein. Bruderzwist und KriegsgedankenKurz vor dem Ersten Weltkrieg steht Thomas Mann glänzend da. Seine Tantiemen haben ihm sogar den Kauf einer Münchener Stadtvilla in der Poschingerstraße ermöglicht, von seinen Kindern liebevoll "Poschi" genannt. Wegen des Krieges kommt es allerdings zum Bruch mit seinem Bruder, der ebenfalls ein gefeierter Schriftsteller ist: Während sich Heinrich Mann offen gegen den Krieg ausspricht, schlägt sich Thomas auf die Seite der Befürworter. Seine Gründe erläutert er in seinem 1918 zu Kriegsende erschienenen Großessay "Betrachtungen eines Unpolitischen": Die westliche Zivilisation und ihre Werte der Freiheit, Gleichheit und Demokratie seien mit der deutschen Kultur, mit Innerlichkeit, Tiefe und Tragik unvereinbar. Deutschland müsse für einen Sonderweg kämpfen – für einen konservativ-autoritären Staat, der sich zwischen der Demokratie des Westens und dem in Russland entstehenden Sozialismus als etwas Eigenständiges behaupten könne. Mit seiner Rede "Von deutscher Republik" revidiert Thomas Mann 1922 diese Haltung und wird zum Befürworter der Weimarer Demokratie. Ob aus ehrlicher Einsicht oder doch aus Berechnung, ist damals wie heute umstritten. Sicher ist nur, dass ihm die "Betrachtungen eines Unpolitischen" unter Nationalkonservativen nicht den Widerhall einbringen, den er sich gewünscht hat, stattdessen aber viele liberal Gesinnte verärgern. 1929 dann jedoch sein größter Erfolg: Thomas Mann wird der Nobelpreis verliehen. In der offiziellen Begründung ist allerdings nur von den "Buddenbrooks" die Rede, nicht von seinem 1924 erschienenen "Zauberberg" – für den Künstler eine schwere Kränkung. Flucht ins ExilBereits bei der Preisverleihung in Stockholm rät ein Journalist den Manns, einen Teil des Preisgelds im Ausland zu lassen. Nur vier Jahre später müssen sie mit ansehen, wie ihnen die Nazis zuerst Ruhm und Reputation, dann Großteile ihres Vermögens und am Ende sogar die Staatsbürgerschaft rauben. Im Frühjahr 1933, kurz nach Hitlers Machtergreifung, entschließt sich Thomas Mann, von einer Vortragsreise durch Westeuropa nicht nach Deutschland zurückzukehren. Nach einigen Umwegen lässt er sich in der Schweiz nieder. Im Exil fühlt er sich entwurzelt und leidet immer wieder unter depressiven Verstimmungen. Als Gegenmittel dient ihm vor allem sein rigider Tagesablauf: Jeden Morgen um neun zieht er sich für drei Stunden zum Schreiben zurück. Nach einem Spaziergang und dem Mittagessen recherchiert er für sein aktuelles Projekt. Nach Tee und Siesta erledigt er die Korrespondenz, und nach dem Abendessen trägt er Frau und Familie die vormittags entstandenen Zeilen vor. Thomas Manns Werk verdankt sich vor allem eiserner Disziplin, nicht den plötzlichen Geistesblitzen eines Genies. "Wo ich bin, ist Deutschland!"1938 schließlich siedeln Thomas und Katia Mann in die USA über. Bei der Ankunft gibt er sich erstmals wieder kämpferisch. Auf die Frage eines Reporters, ob er das Exil als Last empfinde, antwortet er trotzig: "Wo ich bin, ist Deutschland! Ich trage meine Kultur in mir und betrachte mich nicht als gefallenen Menschen." Seit 1940 ruft er die Deutschen in monatlichen Radioansprachen zum Widerstand auf. Die British Broadcasting Corporation (BBC) strahlt die Sendungen in Manns alter Heimat aus – per Langwelle und damit an der Nazi-Zensur vorbei. Lebensgeschichte und literarisches SchaffenTHOMAS MANN wurde am 6. Juni 1875 als zweitältester Sohn des Kaufmanns und Konsuls THOMAS JOHANN HEINRICH MANN und seiner Frau JULIA, geb. DA SILVA BRUHNS, in Lübeck geboren. Sein vier Jahre älterer Bruder war HEINRICH, der heute ebenso bekannte Schriftsteller. Nach der Schulzeit (1882–1889 Privatschule, 1889–1894 Gymnasium) folgte er 1894 seiner Mutter nach München und wohnte bei der Familie. Kurze Zeit arbeitete er als Volontär bei einer Feuerversicherungsgesellschaft, bevor er sich als Gasthörer an der Technischen Hochschule für den Vorlesungsbesuch verschiedener Fachrichtungen einschrieb. Besonders die Vorlesung zur mittelhochdeutschen Literatur bei Professor WILHELM HERTZ hatte es ihm angetan und brachte ihn auch schriftstellerisch weiter. In der Literaturzeitschrift „Gesellschaft“ erschien im Oktober 1894 seine Novelle „Gefallen“. Aufgrund des Erfolgs seiner ersten Veröffentlichung gab er seine Stellung bei der Versicherungsgesellschaft auf und beschloss, als freier Schriftsteller zu arbeiten. Allerdings fand sein Erstlingswerk „Gefallen“ in keinem seiner Sammelwerke Aufnahme. MANN selbst war zu kritisch und beurteilte dieses Werk in späteren Jahren als „nettes Gerümpel“. HEINRICH MANN erkrankte an einer Lungenblutung. Dies zwang ihn
zu verschiedenen Kuraufenthalten in Italien, der Schweiz, Frankreich und München. Trotz des sehr rastlosen Lebens standen die Brüder ständig in Briefkontakt. Im Oktober 1896 folgte THOMAS MANN seinem Bruder nach Italien, wo die erste Gemeinschaftsarbeit der Brüder, das „Bilderbuch für artige Kinder“, entstand. Als Konfirmationsgeschenk für ihre Schwester CLARA gedacht, ging es leider bei einer Beschlagnahmung durch die Nazis verloren. Zur Jahrhundertwende leistete MANN seinen Militärdienst, den er jedoch wegen Untauglichkeit vorzeitig beenden musste. Kurz danach erschien sein wohl bedeutsamstes Werk, der Familienroman „Buddenbrooks. Verfall einer Familie“ (1901) in zwei Bänden, der von der Kritik begeistert aufgenommen
wurde. Dieses, teilweise autobiografische Züge tragende, Werk schildert den Niedergang einer Familie des Lübecker Großbürgertums vor dem Hintergrund einschneidender ökonomisch-gesellschaftlicher Veränderungen. Dasselbe Thema wird in der 1903 erschienenden Novellensammlung „Tristan“ behandelt. 1905 heiratete er KATIA PRINGSHEIM. Diese Verbindung mit der Tochter aus einem angesehenen jüdischen Elternhaus eröffnete MANN den Zugang zu den besten Kreisen der Stadt und ermöglichte ihm – auch durch finanzielle Unabhängigkeit – sich ganz seiner schriftstellerischen Tätigkeit zu widmen. Im Verlauf der Ehe wurden sechs Kinder geboren: ERIKA (1905), KLAUS (1906), GOLO (1909), MONIKA (1910), ELISABETH (1918) und MICHAEL (1919). Von seinen Kindern traten ERIKA und KLAUS in seine Fußstapfen und wurden ebenfalls Schriftsteller, GOLO machte sich als Historiker und Publizist einen Namen. 1912 erschien seine Erzählung „Der Tod in Venedig“. 1914 brach der Erste Weltkrieg aus, von MANN begrüßt und verteidigt. 1918 verfasste THOMAS MANN als Antwort auf die von seinem Bruder HEINRICH herausgegebene Antikriegsschrift „Zola“ sein Werk „Betrachtungen eines Unpolitischen“. Es kam zum Zerwürfnis der Brüder, nicht zuletzt wegen THOMAS MANNs Kriegsbegeisterung und Verteidigung des Kaisertums. Seine, in diesem Werk klar ersichtliche, nationalkonservative Haltung änderte sich erst, nachdem der Krieg verloren war. MANN wandelte sich zum Demokraten und warnte in der Zeit der Weimarer Republik nachdrücklich vor der drohenden Gefahr des Faschismus. 1922 erfolgte die Aussöhnung mit dem Bruder HEINRICH, als THOMAS MANN erstmals öffentlich als politischer Mahner und Befürworter der Weimarer Republik in seiner Rede „Von
deutscher Republik“ auftrat. In diesem Prozess der geistigen und politischen Neuorientierung entstand „Der Zauberberg“ (1924), ein Roman, an dem er schon seit dem Jahr 1913 gearbeitet hatte und der in der Tradition des großen deutschen Bildungsromans steht. Von einer Reise durch Europa 1933 kehrte er nach Machtübernahme durch die Nationalsozialisten nicht mehr nach Deutschland zurück. Der erste Band des mehrteiligen Romanwerkes „Joseph und
seine Brüder“ erschien in dieser Zeit. In den Jahren 1940 bis 1945 konnten ihn die Deutschen im Radio hören. Ungefähr 60 seiner Radioreden „Deutsche Hörer!“ wurden monatlich
über den englischsprachigen Sender BBC (British Broadcasting Corporation) ausgestrahlt. Erst im Jahre 1949 besuchte er das Nachkriegsdeutschland, da ihm der Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main und Weimar verliehen wurde. Die Annahme des ostdeutschen Preises verschärfte den seit mehreren Jahren schwelenden Konflikt zwischen MANN und den eher konservativen Künstlerkreisen. Auch dies war für MANN ein Grund dafür, nicht in sein Heimatland zurückzukehren. Nach der Verleumdung eines kalifornischen Abgeordneten als „fellow traveller“ des Kommunismus kehrte er, 1952 nach zehnjährigem Aufenthalt, Amerika den Rücken und siedelte in die Nähe von Zürich um. Kurz vor seinem Tod, im Jahre 1954, vollendete er den ersten Teil des Romans „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“, ein Schelmenroman, der leider ein Fragment geblieben ist. 1955 erhielt er den Orden pour le Mérite für Wissenschaft und Kunst. Im selben Jahr wurde er in Weimar mit dem „Doctor honoraris causa“, der Ehrendoktorwürde, geehrt und starb am 12. August in Zürich. Nach seinem Tode wurden verschiedene seiner Romane verfilmt, so die „Buddenbrooks“ (1959 und 1973), „Tod in Venedig“ (1971) und „Mario und der Zauberer“ (1994). Im Jahre 2002 wurde im deutschen Fernsehen die Lebensgeschichte der „MANNs“ verfilmt und erreichte enorme Einschaltquoten. Literarischer StilDer literarische Stil der Werke von MANN ist syntaktisch von hohem Anspruch und gekennzeichnet von Skepsis und Ironie. MANN benutzt häufig sogenannte Archaismen, veraltete, nicht mehr übliche Wörter oder Wendungen, die er ironisch einsetzt, als literarisches Stilmittel, um vergangene Zeiten sprachlich wieder aufleben zu lassen. MANN führte mit seinem Werk erzähltechnisch die Tradition der großen Realisten des 19. Jahrhunderts zu einem abschließenden Höhepunkt. Neben LEW TOLSTOJ zählte besonders JOHANN WOLFGANG VON GOETHE zu seinen Vorbildern. MANN selbst gehörte zu den bedeutendsten deutschsprachigen Erzählern des 20. Jahrhunderts. Er nutzte seine schriftstellerischen Fähigkeiten, um Zeugnis abzulegen über die geistigen, kulturellen und gesellschaftlichen Strömungen der Epoche, in der er lebte. Wiederholt beschäftigte er sich mit der Polarität von Geist und Leben sowie von Künstler- und Bürgerexistenz. Werke (Auswahl)
Was macht Thomas Mann aus?Thomas Mann (1875–1955) war der bedeutendste Epiker deutscher Sprache des 20. Jahrhunderts. Sein Gesamtwerk umfasst 12 Romane, über 30 Erzählungen, zwei Bühnenstücke, rund 30 Essays sowie ein knappes Dutzend autobiografische Schriften.
Warum ist Thomas Mann so berühmt?1900 vollendet er das Werk, das 1901 im Fischer Verlag erscheint. Die zweibändige Erstausgabe stößt nur vereinzelt auf Resonanz. Die einbändige zweite Auflage von 1903 bringt den Durchbruch und macht Thomas Mann bekannt. 1929 erhält er für die "Buddenbrooks" den Nobelpreis für Literatur.
Wo stand Thomas Mann politisch?Stand er der westlichen Demokratie zunächst skeptisch gegenüber, wandelte er sich zu Beginn der 1920er Jahre zu einem überzeugten Verteidiger der Weimarer Republik. Während der nationalsozialistischen Herrschaft emigrierte er 1933 in die Schweiz und 1938 in die USA, deren Staatsbürgerschaft er 1944 annahm.
Woher stammen Thomas Mann?Juni: Thomas Mann wird als Sohn des Speditionskaufmanns und späteren Senators Heinrich Mann und dessen Frau Julia (geb. Bruhns) in Lübeck geboren. Bereits als Schüler verfasst er Prosaskizzen und Aufsätze für die von ihm mit herausgegebene Zeitschrift "Der Frühlingssturm.
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