Was passiert wenn man zu oft krank wird?

Das sagt ein Experte

Häufig krank geschrieben: Darf mich der Arbeitgeber deshalb kündigen?

dpa 26.10.2021, 10:55 Uhr

Was passiert wenn man zu oft krank wird?

© Alexander Heinl, dpa-tmn Für eine Kündigung wegen Krankheit müssen gewisse Voraussetzungen gegeben sein. 

- Viele glauben, dass man wegen Krankheit nicht gekündigt werden kann. Fehlt ein Arbeitnehmer aber sehr häufig, kann das unter Umständen Konsequenzen haben. Ein Rechtsexperte erklärt die Regeln.

Wer krank ist, sollte nicht zur Arbeit gehen. Das wird Beschäftigten immer wieder eingebläut. Gleichzeitig sehen Arbeitgeber es nicht gerne, wenn bestimmte Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter sehr häufig kurzzeitig ausfallen. Kann das auch rechtliche Folgen haben?

Die Annahme, man könne wegen Krankheit gar nicht gekündigt werden, stimmt jedenfalls nicht. Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht, erklärt es so: Grundsätzlich gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Kündigungsschutzgesetz, wenn ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht und im Betrieb regelmäßig mehr als zehn Mitarbeitende beschäftigt sind. Das bedeutet: Möchte einem der Arbeitgeber dann kündigen, braucht er für jede Kündigung einen Grund.

Hohe Hürden für die Kündigung

Häufige Kurzerkrankungen, also wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer immer wieder kurze Zeit oder auch nur einen Tag fehlen, können laut Markowski ein sogenannter personenbedingter Grund sein.

Was passiert wenn man zu oft krank wird?

Ausschlaggebend für eine Kündigung sind in dem Fall "störende Auswirkungen" auf das Arbeitsverhältnis. "Die Störung" des Arbeitsverhältnisses liege dann darin, dass der Ausfall für den Arbeitgeber nicht im Voraus berechenbar ist. Allerdings gilt: Die Hürden sind in einem solchen Fall sehr viel höher als etwa bei einer verhaltensbedingten Kündigung. "Verhalten kann ich beeinflussen, Krankheit nicht", so Markowski.

Mehrere Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Laut Bundesarbeitsgericht brauche es für eine Kündigung wegen Krankheit deshalb drei Voraussetzungen:

- Der Arbeitgeber muss davon ausgehen, dass sich die häufigen Erkrankungen fortsetzen (negative Prognose).
- Die prognostizierten Kurzerkrankungen müssen zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen des Arbeitgebers führen.
- Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen umfassend gegeneinander abgewogen werden. Dabei spielen unter anderem etwa Faktoren wie das Alter oder die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers eine Rolle.

Was passiert wenn man zu oft krank wird?

Bei älteren Beschäftigen und denjenigen, die lange Zeit im Betrieb tätig waren, muss der Arbeitgeber zum Beispiel das Interesse an einer Weiterbeschäftigung berücksichtigen. In diesen Fällen geht man davon aus, dass die Beschäftigten es schwerer haben werden, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Das kann im Einzelfall schwerer wiegen als der Kündigungswunsch des Arbeitgebers.

Wichtig sei auch die Frage, ob vielleicht die Arbeit im Betrieb etwas mit der Krankheit zu tun hat. "Nur wenn der Arbeitgeber hinter alle Punkte einen Haken machen kann, kann er kündigen", so Markowski.


Zur Person: Jürgen Markowski ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Mitglied im geschäftsführenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).

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Was ist, wenn die Grippe, das Pfeiffersche Drüsenfieber oder die Folgen einer Covid-19 Erkrankung selbst nach Wochen oder Monaten nicht weggehen? Wenn man sich zunehmend kränker, wie erschlagen und empfindlich fühlt? Wenn alle Blutwerte scheinbar in Ordnung sind und einem kein Arzt sagen kann, warum man nicht wieder gesund wird?

Erschöpfung: Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom

Derzeit leiden über über 300.000 Menschen an schwerwiegenden Erschöpfungssymptomen, so der Bundesverband ME/CFS Fatigatio. In der Folge der Corona-Pandemie könnten nach Schätzungen nochmal 100.000 zusätzliche Fälle hinzukommen. Die Ursache: eine Krankheit namens "Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrome" (ME/CFS) - auch bekannt als "Chronisches Erschöpfungssyndrom".

Torben Elbers entwickelte die Krankheit ME/CFS nach einer Bronchitis, die er im Jahr 2017 hatte. Fünf Jahre später ist er immer noch arbeitsunfähig, kann seine Tätigkeit im Marketing nicht mehr ausüben, ist an seine Wohnung gebunden und braucht Lärmschützer und eine Schlafbrille, um sich vor Reizen zu schützen: "Wenn ich zu viel mache, geht es mir am nächsten oder übernächsten Tag sehr schlecht. Was die Lebensqualität angeht, ist es eine der schwersten Erkrankungen, schlimmer als Multiple Sklerose". Etwa 60 Prozent der Menschen mit chronischem Erschöpfungssyndrom können nicht mehr arbeiten.

  • Wenn die Grippe einfach bleibt: Das chronische Erschöpfungssyndrom

Chronisches Erschöpfungssyndrom: keine psychische Krankheit

Lange gingen Ärztinnen und Ärzte davon aus, dass die Krankheit, die auch als Chronisches Fatigue bekannt ist, hauptsächlich psychisch bedingt ist. Zu behandeln sei sie dann mit Verhaltenstherapie und mäßigem Sport - beides hilft leider nicht weiter. "Depression, Burnout, Anpassungsstörung, das hat man früher oft wahrscheinlich als Verlegenheitsdiagnose gestellt, aber das wird den Patienten nicht gerecht", sagt Patricia Grabowski vom Charité Fatigue Centrum in Berlin.

Heute weiß man: ME/CFS ist eine schwere neurologische Erkrankung, die wahrscheinlich auch Anteile einer Autoimmunerkrankung hat. Sie beginnt oft nach einem Infekt, einer Grippe, einer Covid-19-Erkrankung, die auch mild verlaufen sein kann, oder einer Infektion mit Herpes oder dem Epstein-Barr-Virus, das für das Pfeiffersche Drüsenfieber verantwortlich ist. Auffällig wird die Situation dann, wenn die Patienten auch nach Wochen oder Monaten immer noch nicht wieder gesund sind und oft immer kränker werden. Sie können an bleierner Erschöpfung, Kopf- und Muskelschmerzen, Herzrasen, Fieber, Schwindel und Atemnot leiden.

ME/CFS kann nur über eine Ausschlussdiagnose erkannt werden. Wissenschaftler in den USA an der Stanford Universität haben in einer kleinen Studie im Jahr 2019 das Blut von erkrankten und gesunden Personen verglichen. Aber bis jetzt gibt es noch keinen Biomarker oder Test, der eindeutig belegen kann, dass jemand am Erschöpfungssyndrom erkrankt ist. Die Forschung an ME/CFS steht noch am Anfang.

Kleine Anstrengung mit großen Folgen bei ME/CFS

ME/CFS, oder das Chronische Fatigue Syndrom, ist eine komplexe Krankheit. Sie hat zahlreiche Symptome und wird oft fehldiagnostiziert. Das liegt auch daran, dass viele Ärzte ME/CFS überhaupt nicht kennen. Ein Leitsymptom ist die sogenannte Post-Exertional Malaise. Sie beinhaltet, dass selbst kleine Anstrengungen zur totalen Erschöpfung führen können. Das kann bedeuten, dass ein Patient zum Beispiel morgens abwägen muss, ob er sich heute lieber duscht oder die Zähne putzt. So ein Zusammenbruch kann Tage oder Wochen dauern. Manche erholen sich sogar überhaupt nie mehr von der Überanstrengung, viele müssen ihren Beruf aufgeben oder werden bettlägerig.

"Ich kann nur noch ganz selten das Haus verlassen, weil es einfach zu anstrengend für mich ist. Ich bin Tage oder manchmal wochenlang bettlägerig, und an schlechten Tagen bin ich im Prinzip im Alter von 35 Jahren pflegebedürftig. Das heißt, ich schaffe es zum Beispiel nicht mehr, mich selber zu waschen. Auch das Essen muss man mir bringen", sagt Patientin Mia Diekow, die vor ihrer Covid-19 Erkrankung als Musikerin und Synchronsprecherin tätig war.

Dauerhafte starke Grippesymptome bei Fatigue

Viele Betroffene haben Probleme mit dem autonomen Nervensystem, das zum Beispiel den Blutdruck steuert. Außerdem können sie sich schlecht konzentrieren, reagieren überempfindlich auf Licht oder Geräusche oder haben Gelenkschmerzen. Manche können nicht mehr sprechen oder Radio hören. Sie leben isoliert in abgedunkelten Zimmern. Das kann auch nach leichter Infektion folgen, sagt ME/CFS-Patientin Mia Diekow: "Das ist natürlich besonders fies, wenn die Erkrankung zuvor nicht so schlimm war und man dann Long Covid mit ME/CFS in dieser starken Form entwickelt. Erst dann begreift man, dass etwas nicht stimmt".

Aktuell geht die Forschung davon aus, dass bei ME/CFS-Betroffenen die Energiebereitstellung in den Körperzellen zusammenbricht. Der "Akku" ist einfach zu gering, sodass auch alltägliche Verrichtungen nicht mehr ausgeführt werden können. Der Nachtschlaf oder sonstige Erholungsmaßnahmen helfen nicht weiter. Auch eine Überreaktion des Immunsystems und Hormone sind in Verdacht, die Krankheit mit zu beeinflussen. "Ich erlebe jede Periodenblutung als Mini-Crash, einfach, weil diese hormonellen Veränderungen bei mir im Körper etwas auslösen. An diesen Tagen geht es mir sehr schlecht. All das war vor Covid-19 nicht so", sagt ME/CFS-Patientin Mia Diekow.

Wenig Hilfe für ME/CFS-Betroffene

Weil nur wenige Ärztinnen und Ärzte sich mit ME/CFS auskennen, ist es problematisch, dass es in Deutschland nur wenige Spezialambulanzen gibt: an der Charité in Berlin und an der ME/CFM Ambulanz der Ludwig-Maximilians-Universität in München, wo speziell das Post-oder Long-Covid-Syndrom bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen behandelt wird. Außerdem wurde im März 2022 in Wasserburg am Inn eine kleine Tagesklinik zur Behandlung erwachsener Post- und Long-Covid Patienten eröffnet.

"Es gibt in Deutschland eigentlich nur zwei klinische Zentren, in Berlin und in München. Alle anderen Patientinnen und Patienten haben nicht mal eine Anlaufstelle", kritisiert Bhupesh Prusty, Virologe und Mikrobiologe an der Universität Würzburg. Das heißt für Betroffene, dass sie oft einen Ärztemarathon hinter sich haben, bis eine Diagnose erstellt und Symptome wie Schlafstörungen oder Schmerzen behandelt werden. Heilbar ist die Krankheit bisher nicht. Deshalb müssten sich mehr Menschen, die dafür die Kraft haben, für ME/CFS einsetzen, fordert Mia Diekow: "Wir sind total erschöpft und können gar nicht in der Öffentlichkeit auf unser Leid aufmerksam machen. Ich kann mich in keine Talkshow setzen. Da breche ich schon zusammen, wenn ich da nur hinfahre.“

Bei ME/CFS spielen Selbsthilfeorganisationen eine bedeutende Rolle. Sie sind es auch, die weltweit dafür sorgen, dass zu dieser Krankheit weiter geforscht wird. Unter den gut 300.000 betroffenen Menschen sind ein kleiner Teil, zwei Prozent, Kinder und Jugendliche. In München gibt es die Elterninitiative ME/CFS-kranke Kinder und Jugendliche. Schätzungsweise zehn Prozent der Long Covid Patientinnen und Patienten sind auch von ME/CFS betroffen. Es werden also in Zukunft noch mehr Menschen am chronischen Erschöpfungssyndrom leiden.

Bildrechte: picture-alliance/dpa

Erschöpfung kennt jeder. Doch Chronische Erschöpfung ist mehr als das. Sie lähmt und beeinflusst das Wohlbefinden der Betroffenen erheblich.

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Was passiert wenn man oft krank ist?

War der Beschäftigte in drei Jahren immer mehr als 30 Tage krank, so droht eine Kündigung. Hier spricht man von häufigen Kurzerkrankungen. Mit einer Kündigung rechnen muss man außerdem, wenn eine dauerhafte oder lang anhaltende Arbeitsunfähigkeit vorliegt.

Wie oft ist es normal krank zu sein?

Durchschnittlich zwischen zwei bis fünf Erkältungen jährlich deuten bei erwachsenen Menschen auf keine außergewöhnliche Immunschwäche hin, bei Kindern gelten bis zu acht „kleine Infekte“ (wie z. B. Erkältungen, Mandelentzündungen oder Magen-Darm-Infekte) als normal.

Wie viele Wochen im Jahr darf man krank sein?

Der Krankenstand informiert über den Umfang der Krankmeldungen durch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. In Deutschland besteht im Krankheitsfall ein Anspruch auf Lohnfortzahlung in voller Höhe durch den Arbeitgeber. Dieser Anspruch besteht in der Regel für maximal sechs Wochen pro Jahr.

Was tun bei ständiger Infektanfälligkeit?

Das kannst du bei Infektanfälligkeit selbst tun.
Impfungen: Sie stärken das Immunsystem und schützen vor vielen Infektionskrankheiten..
Rauch- und Alkoholverzicht..
ausreichend Schlaf..
eine ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährungsweise für Erwachsene besteht zu ca. ... .
regelmäßiger Sport..
sorgfältige Mund- und Zahnhygiene..