Das Ziel der sogenannten stufenweise Wiedereingliederung besteht darin, mittels rehabilitativ-therapeutischen Maßnahmen den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer, der unter einen länger andauernden schweren Krankheit leidet, in seine bisherige Tätigkeit zurückzuführen – unter ärztlicher Beobachtung. Show
Von einer längeren Krankheit ist ab einer sechswöchigen Erkrankung am Stück oder einer über das Kalenderjahr verteilten Arbeitsunfähigkeit von insgesamt sechs Wochen auszugehen. Die Reintegration dauert üblicherweise vier bis acht Wochen. Sie kann mit wenigen Stunden pro Tag beginnen und stufenweise bis zur vollen Arbeitszeit des Beschäftigten gesteigert werden. Das sogenannte Hamburger Modell steht prinzipiell Mitgliedern einer gesetzlichen Krankenversicherung zu. Grundsätzlich sind mehrere Personengruppen an der Reintegration beteiligt: der Arbeitnehmer, sein Arbeitgeber, ein behandelnder Arzt, gegebenenfalls der Betriebsrat oder eine sonstige Arbeitnehmervertretung sowie die gesetzliche Krankenkasse. Wichtig ist zu wissen: jeder der genannten Personen kann die stufenweise Wiedereingliederung anregen. Die gesetzliche Grundlage der stufenweisen Wiedereingliederung bildet § 74 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) sowie § 44 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX). Die stufenweise Wiedereingliederung (sog. Hamburger Modell) soll arbeitsunfähige Arbeitnehmende insbesondere nach längerer Krankheit schrittweise an die volle Arbeitsbelastung heranführen und so die Rückkehr an den Arbeitsplatz erleichtern. Während der stufenweisen Wiedereingliederung ist die versicherte Person noch krankgeschrieben. Deshalb haben Beschäftigte in stufenweiser Wiedereingliederung nach dem Ende der 6-wöchigen Lohnfortzahlung (= Entgeltfortzahlung) keinen Anspruch auf Gehalt oder Lohn, sondern die Betriebe können lediglich freiwillig etwas zahlen. Anspruch besteht hingegen auf Lohnersatzleistungen wie z.B. Verletztengeld vom Unfallversicherungsträger, Krankengeld von der Krankenkasse oder Arbeitslosengeld nach der sog. Nahtlosigkeitsregelung. 2. Voraussetzungen der stufenweisen WiedereingliederungBetroffene, Betriebe, Personen und Stellen in Betrieben wie z.B. der Betriebsrat oder Ärzte oder Versicherungsträger bzw. der Medizinische Dienst (MD), können eine stufenweise Wiedereingliederung anregen. Bei allen Kostenträgern müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Menschen mit Schwerbehinderung und ihnen gleichgestellte Beschäftigte haben im Gegensatz zu Beschäftigten ohne Schwerbehinderung unter Umständen einen Anspruch auf Zustimmung des Betriebs zur stufenweisen Wiedereingliederung:
Lehnt ein Betrieb eine stufenweise Wiedereingliederung im Rahmen des sog. Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) ab, wird es sehr schwer für den Betrieb, später eine gerichtsfeste krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen. Schon deswegen werden viele Betriebe der stufenweisen Wiedereingliederung zustimmen, zumindest wenn sie um diese rechtlichen Zusammenhänge wissen. 3. Beginn einer stufenweisen WiedereingliederungOft wird Versicherten die stufenweise Wiedereingliederung nach einiger Zeit der Arbeitsunfähigkeit bei einem Arztbesuch vorgeschlagen. In der Praxis findet stufenweise Wiedereingliederung meistens erst nach dem Ende des 6-wöchigen Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall statt. Denn erst dann haben sozialversicherungspflichtig Beschäftigte einen Anspruch auf sog. Lohnersatzleistungen wie z.B. Verletztengeld oder Krankengeld. Stufenweise Wiedereingliederung ist aber auch bereits innerhalb der ersten 6 Wochen der Arbeitsunfähigkeit möglich. Dann muss der Betrieb währenddessen das Gehalt bzw. den Lohn als Entgeltfortzahlung leisten und es bestehen keine Ansprüche auf Finanzierung durch einen Kostenträger. 3.1. Wiedereingliederung nach RehaStufenweise Wiedereingliederung kann im Anschluss an medizinische Rehabilitation oder auch parallel zu ambulanten Reha-Maßnahmen beginnen. Wenn Versicherte aus einer Reha-Einrichtung entlassen werden und arbeitsunfähig sind, muss die Reha-Einrichtung eine Checkliste zur stufenweisen Wiedereingliederung an die Krankenkasse und den Rentenversicherungsträger schicken, in der sie den (Nicht-)Bedarf und die (Nicht-)Einleitung der Wiedereingliederung dokumentiert. Betroffene können der Datenübermittlung an die Krankenkasse widersprechen. Sie bekommen zudem eine Kopie der Checkliste für die weiterbehandelnde Arztpraxis. Innerhalb von 14 Tagen nach Ende der Reha-Maßnahme kann auch die Krankenkasse eine stufenweise Wiedereingliederung anregen, wenn sich in den Punkten der Checkliste eine Änderung ergeben hat. 3.2. Prüfung der Wiedereingliederung nach Arbeitsunfähigkeit von mehr als 6 WochenAb einer Arbeitsunfähigkeitsdauer von mehr als 6 Wochen wird bei jeder Folgebescheinigung der AU (siehe Arbeitsunfähigkeit) geprüft, ob eine stufenweise Wiedereingliederung möglich ist. Ziel ist es, Versicherten mit länger andauernden Erkrankungen frühzeitig die Möglichkeit zu geben, wieder an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Die ärztliche Beurteilung zur stufenweisen Wiedereingliederung kann von der versicherten Person auch abgelehnt werden. Die Zustimmung ist immer freiwillig. 3.3. Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)Betriebe müssen Beschäftigten, die länger als 6 Wochen krank waren, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Für die 6 Wochen werden alle Zeiten zusammengezählt, in denen Beschäftigte in den letzten 12 Monaten
Die stufenweise Wiedereingliederung kann Teil eines BEM sein. 4. Dauer der stufenweisen WiedereingliederungDie Dauer der stufenweisen Wiedereingliederung ist abhängig vom individuellen gesundheitlichen Zustand und kann jederzeit flexibel verkürzt oder verlängert werden. Es gibt keine gesetzliche Zeitbegrenzung, aber meist wird eine Dauer von 4–8 Wochen festgelegt. Eine Dauer von mehr als 6 Monaten ist unüblich. 5. WiedereingliederungsplanDamit die stufenweise Wiedereingliederung stattfinden kann, müssen sowohl die versicherte Person als auch der Betrieb einem sog. Wiedereingliederungsplan zustimmen, der die genauen Bedingungen der Wiedereingliederung regelt. Der Plan wird von allen Beteiligten gemeinsam erstellt. Federführend können z.B. sein: ein Arzt, die Sozialberatung, der Reha-Träger oder die unabhängige Teilhabeberatung. Der Wiedereingliederungsplan enthält folgende Angaben:
Der Wiedereingliederungsplan muss flexibel sein und bei Bedarf angepasst werden, z.B. was die Dauer, die Stufen und die tägliche Arbeitszeit angeht. Das wird bei den regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen überprüft, welche die Wiedereingliederung begleiten müssen. 6. Kostenträger und finanzielle SicherungFindet stufenweise Wiedereingliederung innerhalb der ersten 6 Wochen einer Arbeitsunfähigkeit statt, braucht es meistens keinen Kostenträger. Denn in dieser Zeit muss der Betrieb der arbeitsunfähigen Person meist Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten (auch Lohnfortzahlung genannt). Das bedeutet, dass weiterhin das Gehalt oder der Lohn in der bisherigen Höhe vom Betrieb überwiesen wird. Die stufenweise Wiedereingliederung ist eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Beim Kostenträger geht es vor allem um die Frage, wer Wiedereinzugliedernde mit sog. Entgeltersatzleistungen (auch Lohnersatzleistungen genannt) nach dem Ende der Entgeltfortzahlung finanziell absichert:
Zusätzlich kommen im Zuge der Wiedereingliederung weitere Reha-Leistungen in Betracht, z.B. ergänzende Leistungen zur Reha oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Näheres unter Berufliche Reha. Zuständig ist dann der jeweilige Träger der Wiedereingliederung, nur bei Arbeitsassistenz ist immer das Integrationsamt zuständig. Falls Arbeitgebende während der Maßnahme freiwillig Arbeitsentgelt entrichten, wird dieses angerechnet und führt zu Kürzungen bzw. zum Wegfall der Entgeltersatzleistung. Es besteht allerdings keine Zahlungspflicht für Arbeitgebende. Der Anspruch auf Entgeltersatzleistungen besteht auch dann, wenn die stufenweise Wiedereingliederung scheitern sollte. 7. Praxistipps
8. Wer hilft weiter?Krankenkassen, Agentur für Arbeit, Unfallversicherungsträger oder Rentenversicherungsträger, Sozialberatung der Reha-Klinik, behandelnder Arzt, Arbeitgeber. Kann ich mich während der Wiedereingliederung krank melden?Bin ich während der Wiedereingliederung weiterhin krankgeschrieben? Ja, Ihre Arbeitsunfähigkeit besteht weiterhin in der Zeit der Wiedereingliederung. Darum benötigen Sie für diesen Zeitraum eine Krankmeldung von Ihrer Arztpraxis.
Was passiert wenn man im Hamburger Modell krank wird?Während des Hamburger Modells ist der Beamte weiterhin dienstunfähig. Der Beamtenstatus sowie die Fortzahlung der Besoldung bleiben jedoch davon unberührt. Die Wiedereingliederung wird dabei in Anlehnung an die Bedingungen aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführt.
Wie oft darf man in der Wiedereingliederung krank sein?Ein weitere Bescheinigung ist nicht nötig. Der Arbeitgeber muss aber darüber informiert werden, dass man nicht zur Arbeit kommen kann. Und wichtig: Wenn der Arbeitnehmer mehr als 7 Tage nicht zur Arbeit kommt, gilt die Wiedereingliederung als gescheitert.
Wie lange kann eine Wiedereingliederung unterbrochen werden?Unterbrechung der stufenweisen Wiedereingliederung
Die stufenweise Wiedereingliederung kann aus gesundheitlichen und betrieblichen Gründen bis zu längstens 7 Tage unterbrochen werden. Voraussetzung ist, dass an dem vorgesehenen Stufenplan festgehalten wird.
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