Was deckt die Rechtsschutzversicherung nicht ab?

Je nachdem, wie die Ver­si­che­rung die einzelnen Kriterien beurteilt, gibt sie eine Deckungszusage oder lehnt ab. Die Kriterien haben einen gewissen Interpretationsspielraum und sind zum Teil auch sehr subjektiv. Allerdings ist inzwischen durch viele Entscheidungen des Bundegerichtshofes (BGH) der Spielraum einer Deckungsablehnung für die Versicherer immer schmaler geworden. 

Konkret werden folgende Fragen abgewägt:

Fällt der Sachverhalt unter die versicherten Rechtsgebiete?

Entscheidend ist, aus welchen Rechtsschutzkomponenten der Vertrag besteht. Hast Du zum Beispiel ein arbeitsrechtliches Problem, benötigst Du eine Privat- und Berufsrechtsschutzversicherung. Eine Privatrechtsschutz hilft Dir aber nicht bei Verkehrsrechtsfragen.

Gilt noch eine Wartezeit oder wann liegt der Rechtsschutzfall vor? 

Nachdem Du eine Rechts­schutz­ver­si­che­rung abgeschlossen hast, gilt in den meisten Fällen drei Monate Wartezeit. Erst für Streitigkeiten, die nach diesen drei Monaten beginnen, kannst Du die Rechts­schutz­ver­si­che­rung in Anspruch nehmen. Eine Ausnahme ist der Ver­kehrs­rechts­schutz, dieser ist meist sofort abgedeckt.

Versicherer lehnen es häufig ab, die Kosten zu übernehmen – mit der Begründung, der Rechtsschutzfall habe sich schon vor Beginn des Ver­si­che­rungs­schutzes ereignet. Der Zeit­punkt, an dem eine Rechtsstreitigkeit beginnt, ist immer wieder der Ursprung von Konflikten. Im Jahr 2021 war dieses Thema nach Auskunft des Ombudsmanns erneut Schwerpunkt der Beschwerden.

Beispiel: In Fällen fehlerhafter Widerrufsbelehrungen verwiesen die Versicherer auf den Zeit­punkt des fehlerhaften Vertragsabschlusses. Das ist aber nicht zulässig. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass nicht die fehlerhafte Belehrung beim Abschluss einer Le­bens­ver­si­che­rung entscheidend ist. Es reicht, wenn der Versicherte vorträgt, dass die Le­bens­ver­si­che­rung seinen Widerruf nicht anerkannt hat. Die Zurückweisung ist dann der Beginn des Rechtsschutzfalls (Urteil vom 24. April 2013, Az. IV ZR 23/12).

Um der ungewollten Ausweitung des Ver­si­che­rungs­schutzes entgegenzuwirken und zu verhindern, dass Kunden erst einen Rechtschutzvertrag abschließen, wenn ein Rechtsstreit absehbar ist, haben viele Versicherer in neueren Verträgen eine sogenannte Vorerstreckungs-Klausel ergänzt (§ 4 Abs. 3 ARB 2008). Diese erklärt, dass kein Rechtsschutz besteht, wenn „eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Ver­si­che­rungs­schutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Absatz 1 c) ausgelöst hat“.

Diese Klausel ist allerdings intransparent und unwirksam (BGH, Urteil vom 4. Juli 2018, Az. IV ZR 200/16). Versicherer können sich nach der Rechtsprechung des BGH nicht mehr auf diesen Ausschluss berufen, um eine Deckungszusage abzulehnen.

Eine weitere Klausel, die bei der zeitlichen Zuordnung des Streitbeginns auch die Beurteilung der Gegenseite beinhaltet, wurde 2021 vom BGH als unwirksam erklärt (BGH, Urteil vom 31. März 2021, IV ZR 221/19 )

Greift ein besonderer Risikoausschluss?

Es gibt viele Rechtsfragen, bei denen die Ver­si­che­rung in der Regel nicht zahlt, weil sich in den Ver­si­che­rungs­be­din­gungen sogenannte Risikoausschlüsse finden. Hierin liegt enormes Streitpotenzial, weil die Ausnahmen vom Ver­si­che­rungs­schutz den Versicherten nicht immer bekannt sind. Zu den typischen Risikoausschlüssen gehören folgende Bereiche:

  • Abwehr von Schadenersatzansprüchen, wenn sie nicht auf einer Vertragsverletzung beruhen (das übernimmt eventuell die Kfz-Haftpflicht oder die Privathaftpflicht);
  • Auseinandersetzungen im Bereich Bauen und Baufinanzierung sowie Haus-, Wohnungs- und Grundstückseigentum (etwa Planung, Bau oder Umbau einer Immobilie, Kauf oder Verkauf eines Baugrundstücks) – wegen dieser Klausel bekommen viele Kreditnehmer, die in ihren Baufinanzierungsverträgen eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung haben, keine Deckungszusage von der Rechts­schutz­ver­si­che­rung;
  • Urheber-, Marken- und Patentrecht;
  • Streitigkeiten im Zusammenhang mit selbstständigen, freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeiten – dafür gibt es spezielle Gewerbe-Rechtsschutzversicherungen;
  • Viele Versicherer haben besondere Ausschlussklauseln zu Kapitalanlagen in den Verträgen. Aber: Der Bundesgerichtshof hat zwei dieser Klauseln kassiert (Urteile vom 8. Mai 2013, Az. IV ZR 84/12, IV ZR 174/12). Versicherer, die diese Klauseln verwendet haben, dürfen eine Deckungszusage aus diesem Grund nicht mehr ablehnen. Einige Anbieter zahlen aber auch so für Kapitalanlagestreitigkeiten – wenigstens bis zu einer bestimmten Summe.

Hat der Rechtsstreit hinreichende Aussicht auf Erfolg?

Das ist eine Wertungsfrage. Die Ver­si­che­rung schätzt anhand der eingereichten Unterlagen ein, ob Dein Rechtsfall vor Gericht Erfolg haben könnte. Beurteilt sie den Fall als nicht erfolgsversprechend, muss sie Gründe angeben.

Beispiel: Ein Ver­si­che­rungsnehmer wollte Wirecard auf Schadensersatz verklagen. Die Rechts­schutz­ver­si­che­rung lehnte ab mit Hinweis auf Schadensminderungsobliegenheit; die Ver­si­che­rung sah nur geringe Erfolgsaussichten, der Versicherte sollte zunächst den Ausgang anderer Prozesse gegen Wirecard abwarten. Diese Begründung war unwirksam, der Versicherte bekam Recht.

Will der Kunde seine Interessen mutwillig wahrnehmen?

Auch das ist eine Wertungsfrage. Der Versicherer geht von Mutwilligkeit aus, falls die voraussichtlich entstehenden Kosten in einem groben Missverhältnis zum angestrebten Erfolg des Kunden stehen. Die Ver­si­che­rung vermutet, dass es dem Kunden nur ums Prinzip gehe. Auch in solchen Fällen muss die Gesellschaft begründen, warum sie die Kosten nicht übernehmen will.

Von Versicherern kommt oft ein Einwand, wenn die Summe, um die es geht, eher klein ist. Aber das Argument zieht in vielen Fällen nicht. Allein die Tatsache, dass ein Rechtsschutzkunde sich mit jemandem um einen kleinen Betrag streitet, rechtfertigt noch nicht, den Fall wegen Mutwilligkeit abzulehnen (Amtsgericht Stuttgart, Urteil vom 27. Januar 2003, Az. 13 C 4703/02).

Welche Kosten werden von der Rechtsschutzversicherung nicht übernommen?

Grundsätzlich dürfen keine Bußgelder oder Geldstrafen durch die Rechtsschutzversicherung beglichen werden. Rechtsstreitigkeiten, die von Ihnen vorsätzlich und/oder rechtswidrig verursacht worden sind, werden ebenfalls nicht getragen.

Was deckt Rechtsschutzversicherung nicht ab?

Diese Leistungen deckt der Rechtsschutz grundsätzlich nicht ab: Geldbußen und Geldstrafen. Vorsätzlich begangene Taten. Baustreitigkeiten, Scheidungsstreitigkeiten.

Was deckt die Rechtsschutzversicherung alles ab?

Was zahlt die Rechtsschutzversicherung? Die Rechtsschutzversicherung bezahlt die Gebühren der Rechtsanwälte und des Gerichts, die Entschädigungen für Zeugen, die Kosten des Sachverständigen und des Gerichtsvollziehers. Auch die Reisekosten zu einem ausländischen Gericht werden bezahlt.

Kann eine Rechtsschutz Fälle ablehnen?

Wenn die Rechtsschutzversicherung außerdem der Meinung ist, dass Mutwilligkeit vorliegt oder die Wahrnehmung der rechtlichen Interesen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, ist sie berechtigt, den Rechtsschutz zu verweigern.