Wie wichtig ist Routine für Kinder?

In der Wiederholung liegt die Kraft

Noch mal, noch mal! Kleine Kinder wollen die simpelsten Dinge mit allen Sinnen immer wieder erleben und zelebrieren die Wiederholung. Auch schauen sie bei den Großen vieles ab: Bewegungsabläufe, wie man isst, wie man spricht. Es dann selbst umzusetzen vermittelt Kindern Sicherheit, Vertrauen sowie das Gefühl, etwas zu kennen und zu können. Dank der positiven Erfahrung des Erfolgserlebnisses wird das Neue schnell zum Vertrauten und fördert das Selbstbewusstsein. Experten sind sich sicher: Die Nachahmung vorgelebter Verhaltensmustern macht einen wesentlichen Teil der Entwicklung aus.

Orientierungshilfe im Alltag

Feste Abläufe, die sich täglich wiederholen, helfen Kindern, ihren Tag zu strukturieren. An einem Tagesablauf mit vielen Ritualen können sich die Kleinen besser orientieren. Vorgegebene Abläufe wie der Sitzkreis im Kindergarten, Turnen, Spielen im Garten, Essen, danach Basteln und freies Spiel verinnerlichen sie schnell. Je öfter Dinge vorkommen, desto wichtiger werden sie. Dabei spielt die Entwicklung des Gehirns eine große Rolle. Pädagogen beobachten, dass selbst fahrige, regellose Kinder mit festen Strukturen im Alltag nach kurzer Zeit ruhiger werden und sich durch das Muster der Wiederholungen wohlfühlen.

Gelebte Regeln setzen zugleich Grenzen fest, die Kinder oft suchen und die ihnen Sicherheit bieten. Psychologischen Studien zufolge reduzieren Rituale sogar Ängste und fördern die Selbstständigkeit sowie Konzentrationsfähigkeit der Kleinen.

Warum helfen uns Strukturen?

Hirnforscher wie Prof. Manfred Spitzer, Direktor für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uni Ulm, wissen, dass unser Gehirn immer wieder gleich ablaufende Handlungen benötigt, um optimal zu funktionieren. Es ist ständig auf der Suche nach Regeln, ohne die es unsicher wird. Bei in unser Leben integrierten festgelegten Handlungen läuft das Hirn sozusagen auf "Autopilot" und kann sich stattdessen auf wichtige Dinge fokussieren. Strukturen stärken eine Beziehung sowie das Gemeinschaftsgefühl und unterstützen die physische wie auch die psychische Entwicklung. 

Gemeinsame Mahlzeiten prägen

Von besonderer, ritueller Bedeutung sind fixe, an eine Uhrzeit gebundene Mahlzeiten. Mindestens eine am Tag (Frühstück und/oder Abendessen) sollte gemeinsam mit der ganzen Familie eingenommen werden. Sicherheit vermittelt auch, wenn jedes Familienmitglied seinen festen Platz am Tisch hat. Kinder je nach Alter kann man ruhig auch beim Kochen, Tischdecken und Abräumen mit einbinden. Gemeinsame Mahlzeiten prägen Tischmanieren und tragen entscheidend zur Prävention von Essstörungen bei. 

Abendrituale für eine gute Nacht

Für die gesunde Entwicklung der Kinder ist die Einhaltung gleicher Zeiten beim Zubettgehen wichtig, verbunden mit einem beruhigenden Abendritual. Spätestens, wenn das Baby sechs Monate alt ist, sollten die Eltern es jeden Abend um dieselbe Zeit ins Bett legen. Bei konsequenter Umsetzung gewöhnen sich die Kleinen schnell daran und können dann auch besser mit Ausnahmen umgehen.

Das Abendritual sollte eine Mischung aus Gute-Nacht-Sagen und entspannter Vorbereitung auf den Schlaf sein. Also bitte jetzt nichts Aufregendes mehr! Altersgerecht sollte es von Mama oder Papa durchgeführt werden. Am Anfang können das ein Bad, eine Babymassage, Stillen oder Zähnchenputzen sein. Am meisten lieben Kinder jedoch das Vorlesen einer Geschichte oder ein Lied. Das fördert nicht nur die Entwicklung, es macht auch so schön müde ...

Rituelle Abläufe stärken die Familie

Für das Zusammenleben in der Familie sind Rituale wichtig und erzeugen ein "Wir-Gefühl". Wenn Kinder in bestimmten Situationen die Abläufe kennen, wird auch den Eltern das Leben erleichtert. Wenn jedem klar ist, was als Nächstes passiert, bleiben unnötige Alltags-Diskussionen aus.

Auch wenn Rituale Freiräume schaffen, sollte nicht das ganze Leben nach reiner Routine ablaufen. Niemand ist perfekt, also darf es ausnahmsweise auch einmal spontan zugehen. Wo sie aber wichtig sind, sollten Rituale festgelegt sein. Und wenn sich die Lebenssituation ändert? Um das Familienleben positiv zu unterstützen, ändern sich Rituale dann eben mit.

Ein gutes Beispiel ist die Einhaltung der Mittagsruhe. Wenn die Kinder aus dem Alter für einen Mittagsschlaf raus sind, kann man das Ritual dahingehend abändern, dass sie sich in dieser "Auszeit" ruhig im Kinderzimmer mit sich alleine beschäftigen. Kinder lernen so, auch Bedürfnisse von anderen zu respektieren und werden dabei selbstständiger.

Der positive Effekt auf das Wohlbefinden

Während Rituale lange als altmodisch und unflexibel galten, erfahren sie heute ihr Comeback. So lange sie nicht in Zwang ausarten, bereichern sie als Momente der Achtsamkeit das Leben. Unbedingt darauf achten, dass Rituale für die ganze Familie gut sind. Da Kinder Dinge leichter akzeptieren, die nach demselben Schema ablaufen, lassen sich aus Regeln im Alltag sogar beliebte Eckpfeiler machen: Mit Musik im Ohr bringt selbst Zähneputzen Spaß.

Unterstützung für Erziehung und Entwicklung

Zu wissen, was passiert, kann dabei helfen, Kinder zur Ruhe kommen zu lassen. Prof. Spitzer betont, dass das Leben einfach stressfreier wird, wenn "die Welt vorhersehbar ist".

Dass Paul vorne rechts am Tisch sitzt, Mia die Tasse mit der Prinzessin bekommt oder Mamas Gruß und Kuss an der Tür sind nur kleine Beispiele aus unserem Alltag. Prof. Spitzer weiß, dass gerade Kinder Rituale lieben. Der Experte erklärt, dass das, was den Alltag einschätzbar macht, Ängste nimmt und zur Stärkung der Persönlichkeit beiträgt.

Auch wenn es Arbeit macht, Rituale einzuführen: Eltern und Erziehung profitieren letztendlich davon. Spitzer führt an, dass Kinder mit Ritualen nicht nur einfacher zu managen sind, sondern auch besser gedeihen. Sie fördern sogar körperliche Reaktionen. Wer jeden Tag zur selben Zeit isst, setzt sich mit Appetit an den Tisch, das fördert die Verdauung. Oder wenn das Licht abends beim Vorlesen gedimmt und alles leiser wird, schaltet der Organismus auf Schlafmodus. 

Regeln in der Schule

Auch in der Grundschule haben Rituale ihren Platz. Für eine bestmögliche Akzeptanz ist es wichtig, die Schüler in deren Entstehungsprozess einzubinden. Etwa gemeinsam ein Begrüßungsritual zum Unterrichtsbeginn oder ein Zeichen für Ruhe entwickeln und dafür Bespiele durchspielen und kritisch hinterfragen. In der Klasse trägt das dazu bei, den Unterricht zu strukturieren, den Schülern Orientierung und Sicherheit zu vermitteln sowie die Klassengemeinschaft zu stärken. Schließlich helfen Rituale, den Umgang von Lehrer und Schülern untereinander zu regeln sowie Grenzen und Konsequenzen aufzuzeigen. 

Übergangsphasen erleichtern

Gerade dann, wenn es darum geht, eine neue Situation anzunehmen, können Rituale eine wirksame Methode sein. Geht es vom Kindergarten in die Vorschule oder auch nur übers Wochenende zu Oma, sind vertraute Dinge in der Nähe eine gute Idee. Das Lieblingskuscheltier zum Beispiel darf dann nicht fehlen und vereinfacht als geliebter Begleiter die Gewöhnung an unbekannte Lebensphasen.

Krisen besser meistern

Rituelle Abläufe helfen auch dabei, mit Schmerz und Trauer umzugehen. Bereits bei den Kleinen können bestimmte gelernte Handlungen dabei helfen, Krisen zu bewältigen. Schon eine tröstende Umarmung, wenn das Kind traurig ist, ein Pflaster mit Motiv und ein Lied bei einer Verletzung, das gemeinsame Anzünden einer Kerze oder ein Gebet, um an jemand Besonderes zu denken, können für ein Kind heilsam sein. 

Rituelle Gewohnheiten zu Feiertagen helfen Groß und Klein dabei, aus dem gewohnten Alltag herauszutreten. Festtagsbräuche wie ein Geschenk zum Geburtstag, der Osterspaziergang gemeinsam mit der Familie oder die Erstkommunion lassen uns von Klein auf innehalten und zu uns selbst finden. Die vielen Rituale zu Weihnachten vom Adventskalender über das Plätzchenbacken und Schmücken des Tannenbaumes bis zum Weihnachtsgeschenk fördern zudem die Vorfreude.

Um die Geheimnisse der Natur sowie den Lauf der Jahreszeiten kennenzulernen, empfiehlt sich zum Beispiel, mit Kindern saisonale Blumen zu pflanzen oder die Ab- und Zunahme des Mondes zu beobachten. Um aus dem Alltag eine Feier werden zu lassen, reichen oft einfach Kerzen, Blumen und ein schönes Essen.

Wenn – wie Studien zufolge – Rituale Halt und Orientierung im Leben geben, kommt es bei einem Mangel an Ritualen möglicherweise zu psychosomatischen Störungen. Häufig reagieren Kinder dann mit Problemen beim Ein- oder Durchschlafen. Dauerhafte Müdigkeit führt zu Konzentrationsproblemen oder Hyperaktivität. Die Kleinen sind dann übermäßig gereizt und kommen einfach nicht zur Ruhe. 

Gut für die Gemeinschaft

Ohne Rituale würde unsere Gesellschaft nicht rund laufen. Besonders in der Pädagogik ist es essenziell, dass eine Gruppe Kinder so funktioniert, wie es ihnen beigebracht wird. Wenn Dinge nach demselben Schema ablaufen, finden Kinder auch besser zusammen. Gemeinsam im Stuhlkreis zu sitzen oder sich vor dem Essen die Hände zu waschen, weil es Teil des Tagesablaufes ist, macht das Miteinander einfacher, beständiger und es gibt weniger Streit. Kita-Expertin Hannelore Kleemiß erklärt rituelle Abläufe daher zu "sozialem Kitt" und bezeichnet sie als "Geländer, an dem sich Kinder entlanghangeln können." 

Was ist wirklich wichtig für Kinder?

Kinder haben ein sehr ausgeprägtes Werteempfinden. Das Wichtigste in ihrem Leben sind ihre Familien und Freunde. Über 70 Prozent finden laut der Studie Familie und Freundschaft "total wichtig". Auch Geborgenheit und Ehrlichkeit spielen für Kinder eine große Rolle.

Wie viel Zeit mit Kleinkind verbringen?

Wie viel gemeinsame Zeit brauchen Väter und Kinder? mehr als 2 Stunden pro Woche für das Kind nicht zumutbar seien. 3 Std. pro Monat Umgang zwischen Vater und Kind ausreichend seien.

Wie wichtig ist Routine für Baby?

Routine hilft bei der Orientierung Für feste Zeiten bezüglich Essen, Schlafen und andere Dinge ist es in den ersten Lebensmonaten zu früh. Eine gewisse Routine kannst du trotzdem einführen.

Wann Routine?

Wann kann ich mit einer Tagesroutine beginnen? Die Experten sind sich nicht einig, wann und wie man einen festen Tagesablauf angehen sollte. Viele Kinderärzte sagen jedoch, dass ein Kind zwischen zwei und vier Monaten bereit ist für feste Zeiten. Natürlich sollte man immer flexibel bleiben.