Kommissar Xavi Bonet (Clemens Schick) und seine Kollegin Fina Valent (Anne Sch�fer) sind zum dritten Mal mit zwei "Barcelon-Krimi"-Episoden im Einsatz. Augen der Angst. „Der l�ngste Tag“
Der Handlungsrahmen erinnert an Claude Millers Krimidrama „Das Verh�r“ (1981) mit Lino Ventura als Kommissar und Michel Serrault als Anwalt, der verd�chtigt wird, zwei kleine M�dchen vergewaltigt und ermordet zu haben, und in der Silvesternacht befragt wird. Die Parallelen zum franz�sischen Klassiker sind nicht zu �bersehen; sogar die Rolle der Ehefrau ist nahezu identisch. In den Details weichen die Filme allerdings stark voneinander ab, selbst wenn der Vernehmer in beiden F�llen zu wissen glaubt, dass sein Gegen�ber die Taten begangen hat. Das Drehbuch, das Katharina Eyssen, bislang eher kom�diantisch („Heute bin ich blond“ / „Rockstars z�hmt man nicht“) ausgerichtet, gemeinsam mit ihren Vater Remy geschrieben hat, l�sst allerdings lange offen, warum Xavi Bonet (Schick) �berzeugt ist, dass der Apotheker Victor Toura (Bernhard Sch�tz) mehrere Jungs entf�hrt und get�tet hat. Nach und nach zeigen sich jedoch immer mehr Risse in der Fassade des Ehrenmanns.
Wie in vielen Krimis kommt aus Sicht des Ermittlers erschwerend hinzu, dass sich der neue Chef (Alexander Beyer) nicht allein auf Bonets Gef�hl verlassen will. Es gibt ohnehin nur eine Leiche. Toura hat den Jungen tot am Strand gefunden und die Polizei verst�ndigt. Au�erdem pr�sentiert Kollegin Valent (Sch�fer) einen weiteren Verd�chtigen (Burak Yigit). Trotzdem widersetzt sich Bonet der mehrfachen Aufforderung seines Chefs, den Apotheker nach Hause zu schicken. Er will den Mann so lange schmoren lassen, bis der mit der Wahrheit rausr�ckt, und das beinahe im Wortsinne: Ein mutwillig herbeigef�hrter Defekt der Klimaanlage l�sst die Luft in dem Zimmer zunehmend stickiger werden. Zumindest dem Publikum g�nnt das Drehbuch immer wieder mal kleine Fluchten und sogar ein bisschen Action, als Valent den zweiten Verd�chtigen verfolgt. Ansonsten jedoch ist der f�nfte „Barcelona-Krimi“ ein Kammerspiel, dessen Hauptdarsteller dieses Geschenk weidlich nutzen. Bernhard Sch�tz ist eine ausgezeichnete Besetzung f�r die Rolle des Wohlt�ters, der das Jugendzentrum unterst�tzt und anscheinend ein tadelloses Leben f�hrt. Nur einmal l�sst der Apotheker die Maske fallen: Als Bonet kurz den Raum verl�sst, provoziert Toura dessen Mitarbeiter (Sebastian Fritz) so lange, bis der ihm den Gefallen tut und handgreiflich wird. Schick wiederum, der Bonet bislang eher l�ssig und sehr cool verk�rpert hat, darf den Kommissar diesmal von einer ganz anderen Seite zeigen: nachl�ssig gekleidet, von Schlafmangel gezeichnet und zunehmend verbissen, weil Bonet die Zeit davon l�uft; er hat die Hoffnung, dass der zuletzt verschwundene Junge noch lebt.
Anzug und T�towierungen waren bereits in den fr�heren Filmen ein reizvoller Kontrast, aber beim f�nften Auftritt wirkt Bonet deutlich kantiger. Au�erdem offenbart er Abgr�nde, die Toura instinktiv erahnt, was den Schauspielern viel Spielmaterial beschert; dank ihrer Ausnahmequalit�t sind sie zudem in der Lage, vieles zwischen den Zeilen mitschwingen zu lassen. Als gute Wahl erweist sich auch Regisseurin Carolina Hellsg�rd, die mit dem „Barcelona-Krimi“ nach drei Kinofilmen erstmals f�rs Fernsehen arbeitet; ihr Zombie-Drama „Endzeit“ (2019) ist in Zusammenarbeit mit der ZDF-Redaktion Das kleine Fernsehspiel entstanden. Bei den wenigen Ausfl�gen in die Stadt reduziert die in Berlin lebende Schwedin die katalanische Metropole auf Gegenden, in die sich Touristen nur selten verirren. Ein Licht in der Dunkelheit. „Der Riss in allem“
Schon der Auftakt setzt ein entsprechendes Zeichen: Der Krimi beginnt mit einem langen Schwenk �ber den n�chtlichen Containerhafen. Die Kamerabewegung endet bei einem uniformierten Scharfsch�tzen: Marcos und sein Team wollen eine gro�e Rauschgiftlieferung abfangen. Die junge Polizistin Clara (Lina Rusnak) beschwert sich bei ihrem Partner, dass sie irgendwo am Rand geparkt worden sind und nicht dort mitmischen d�rfen, wo die Action ist. Der vermeintliche Drogencontainer ist allerdings leer. Die ehrgeizige Clara kriegt ihre Action trotzdem, wenn auch anders als erhofft: Sie bekommt einen Tipp, dass im Fischereihafen ein gro�er Deal abgewickelt wird. Die Kamera bleibt beim Kollegen, als sie auf eigene Faust loszieht. Kurz drauf fallen Sch�sse: Offenbar haben sich die Polizistin und der Dealer gegenseitig erschossen. Die ballistische Untersuchung ergibt jedoch, dass noch eine weitere Waffe im Spiel war: Clara ist Opfer eines gezielten Attentats geworden. Alle Indizien deuten schlie�lich darauf hin, dass eine ungl�cklich in die Polizistin verliebte Kollegin (Samia Chancrin) die M�rderin ist.
Eine Geschichte holt zum gro�en Wurf aus, doch dann entpuppt sich das Verbrechen als Beziehungstat: Im ARD-Sonntagskrimi wirkt das regelm��ig etwas unbefriedigend, weil das vermeintliche Thema zum Vorwand verkommt. Das Drehbuch (erneut Katharina und Remy Eyssen) l�sst immerhin lange offen, ob Claras Tod nicht auch einen anderen Hintergrund haben k�nnte. Und dann sind da ja noch die Gef�hle, die Valent f�r den OK-Kollegen empfindet. Auf diese Weise r�ckt Anne Sch�fer wieder st�rker in den Mittelpunkt. Anders als zum Auftakt, als noch Tara Fischer als Tochter mitwirkte, hat die Kommissarin �hnlich wie Kollege Bonet, dessen Beziehung zu seinem Freund auf Begr��ungen und Abschiede reduziert bleibt, kein Privatleben mehr; die Aff�re mit Marcos ist quasi Teil des Falls. Alex Brendem�hl ist ein charismatischer Spielpartner, er versieht den Polizisten mit einer geheimnisvollen Aura, die Valents Fasziniertheit sehr plausibel erscheinen l�sst. Dass der Leiter der OK-Abteilung seine Frau durch ein grausames Verbrechen verloren hat, l�sst ihn noch d�sterer erscheinen. Der in Barcelona aufgewachsene Deutschspanier hat bereits einen „Taunuskrimi“ („B�ser Wolf“) und einen „Tatort“ aus Dortmund („Inferno“) bereichert. Und dann ist da noch die Stadt: „Der Riss in allem“ wirkt wegen der vielen Au�enaufnahmen ungleich aufw�ndiger. Das Team durfte sogar auf der spektakul�ren Dachterrasse von Antoni Gaud�s ber�hmter „Casa Mil�“ (im Volksmund La Pedrera) drehen. Gerade wegen der vielen Metropolenbilder entspricht der Film insgesamt jedoch deutlich st�rker den Konventionen des Auslandskrimis donnerstags im „Ersten“. F�r Regisseurin Hellsg�rd und ihren Kameramann Patrick Orth war es dagegen bestimmt sehr reizvoll, zwei nicht nur inhaltlich, sondern auch stilistisch v�llig unterschiedliche Krimis zu machen. (Text-Stand: 11.4.2022)
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