Wie viel einwohner hat die erde

Wann wird es eng, wann ist Schluss? Wie weit reichen die Ressourcen, um das Bevölkerungswachstum zu tragen? Droht eine selbstzerstörerische Überbevölkerung? Pessimisten und Optimisten haben seit langem über diese Fragen gestritten. Kommt das Wachstum der Menschheit rechtzeitig zum Stillstand? Wird die Umwelt irreversibel geschädigt? Das sind die Kernfragen.

Wie viel einwohner hat die erde

Die klassisch-pessimistische, letztlich menschenfeindliche Position hat Thomas Malthus 1798 in seinen „Essay on the Principle of Population“ formuliert. In seiner Vorstellung vermehrt sich die Menschheit wegen der „passion of the sexes“ ungebremst und exponentiell. Das Bevölkerungswachstum übersteigt unvermeidlich die Nahrungsmittelproduktion, die nur langsam, linear zunehmen könne.

Malthus’ politische Kampfschrift

Die Folge sind Hungersnöte, Epidemien, Kriege. Malthus war unerbittlich. Ein Mensch, der in eine überfüllte Welt geboren werde, „hat keinen Anspruch auf den kleinsten Anteil an Nahrung, hat tatsächlich kein Recht, dort zu sein, wo er ist. An der mächtigen Festtafel der Natur ist kein Gedecke für ihn bereitet“, schrieb der britische Ökonom und anglikanische Pastor zu einer Zeit, als auf der Erde nur knapp eine Milliarde Menschen lebten. Malthus war strikt gegen Armenhilfe und Sozialpolitik. Denn damit würden sich die unnützen Esser nur noch stärker vermehren. Der Demograph Herwig Birg nennt Malthus’ zunächst anonym erschienene Schrift eine „politische Kampfschrift“.

„Ich wüsste nicht, dass irgendein Wissenschaftler jemals die These vertreten hätte, dass Menschen auf dieser Erde ohne Nahrung überleben könnten.“

Viel weniger bekannt als Malthus ist der preußische Demographie-Pionier Johann Peter Süßmilch, der schon ein halbes Jahrhundert vor Malthus bahnbrechende Arbeiten zur Bevölkerungsstatistik vorgelegt hatte. Süßmilch, im Hauptberuf Pfarrer, hatte Kirchenbücher ausgewertet und Statistiken über Geburten und Todesfälle erstellt. Daraus entwickelte er Theorien über die Bevölkerungsentwicklung und berechnete eine erstaunlich gute Weltbevölkerungsschätzung. Als Theologe wollte Süßmilch letztlich beweisen, dass es eine „göttliche Ordnung“ gebe in der Bevölkerungsentwicklung.

„Die Erde wird zu klein, um die ungeheure Zahl der Menschen zu ernähren, die sich ständig multiplizieren“

Bernhard Grzimek, „Kein Platz für wilde Tiere“ (1956)

Die Ordnung sei „so gemacht, dass die Bevölkerung nicht zu schnell, auch nicht zu langsam gehe, und dass sie endlich, ohne gewaltsame und außerordentliche Mittel, zu einem Stillstand von selbst kommen müsse“. Kriege und Epidemien seien keine von Gott gewollten, notwendigen Korrekturen der Überbevölkerung, wie es später Malthus sah (der Süßmilchs Tabellen nutzte, aber seine Schriften ignorierte), sondern der Mensch sei dafür selbst verantwortlich.

Süßmilch berechnete 1741 die maximal mögliche Bevölkerungszahl der Erde auf rund 7 Milliarden, in einer späteren Auflage seines Buchs 1765 nannte er aufgrund neuer Hochrechnungen sogar fast 14 Milliarden als Obergrenze. Auf diese Zahl kam es ihm aber nicht an. Wichtig war ihm der Hinweis, dass die Geburtenrate sinken werde. Damit hat er eine wichtige Erkenntnis der späteren Demographen vorweggenommen.

Das 19. Jahrhundert war eine Zeit des starken Bevölkerungswachstums in Europa und Nordamerika, das Malthus’ düstere Warnungen aber völlig widerlegte. Er hatte die menschliche Erfindungsgabe unterschätzt, die durch technischen Fortschritt in der Landwirtschaft eine starke Ausweitung der Nahrungsmittelproduktion möglich machte. Die „Festtafel der Natur“ ist nicht exogen gegeben, sondern eine endogene Größe, die durch Düngereinsatz und intensivere Landwirtschaft ausgeweitet wurde. Es schnappte keine „malthusianische Falle“ zu. Die Industrialisierung ermöglichte in Europa und Nordamerika einen steigenden Lebensstandard für immer mehr Menschen.

Immer größeres Wachstum

Bis in die Neuzeit war die Weltbevölkerung über viele Jahrhunderte nur im Schneckentempo gewachsen, im Mittelalter bis in die Barockzeit mit weniger als 0,1 Prozent im Jahr, wobei es lange Phasen der Stagnation und auch temporäres Schrumpfen gab. Vor zweihundert Jahren begann ein steiler Anstieg. Vom frühen 19. Jahrhundert bis etwa 1925 verdoppelte sich die Weltbevölkerung von rund eine auf 2 Milliarden, im Jahr 1960 wurde die Marke 3 Milliarden überschritten, 1974 die 4-Milliarden-, 1987 die 6-Milliarden-Marke.

Mitte der sechziger Jahre war die Wachstumsrate am höchsten, kurzzeitig lag sie über 2 Prozent. Die Zahl der Kinder je Frau betrug im globalen Durchschnitt fast 5, in der entwickelten Welt gab es allerdings schon sehr viel weniger Kinder als in Afrika und Asien. In diesen Jahren - beziehungsweise einige Jahre zuvor - hatte unter deutschen Welternährungsforschern ein gewisser Technikoptimismus Einzug gehalten. Fritz Baade, ein sozialdemokratischer Agronom, stellte Prognosen über die Tragfähigkeit der Erde an. Mit Nutzung der Wälder und Ozeane als Nahrungsquelle, Düngung und chemischem Pflanzenschutz, extrem verdichteten Städten, die Platz für Landwirtschaft ließen, hielt er es für möglich, dass die Weltlandwirtschaft 65 Milliarden Menschen sättigen könne.

Eine Bevölkerungsbombe?

Ende der sechziger Jahre erschien das Buch „Die Bevölkerungsbombe“ des amerikanischen Biologen Paul R. Ehrlich. 1972 publizierte der Club of Rome seine Warnschrift „Die Grenzen des Wachstums“ mit malthusianischem Tenor: Aufgrund von Überbevölkerung und zu hohem Ressourcenverbrauch drohe bald eine Katastrophe. Ehrlich und der Club plädierten für staatliche Maßnahmen, um die Geburtenraten zu reduzieren. In China wurden solche Maßnahmen ergriffen, drastische Zwangsmaßnahmen. Die Ein-Kind-Politik arbeitete mit Druck und Strafen bis hin zu Zwangsabtreibungen.

„…so hätte die Erde eine Wohnkapazität von 65 Milliarden Menschen. […] Das ist zweifellos möglich, wie eine einfache Rechnung zeigt.“

Fritz Baade, „Der Wettlauf zum Jahre 2000“ (1956)

In Europa und Nordamerika und zuletzt in den meisten Schwellenländern sind die Geburtenraten ohne staatliche Eingriffe stark gefallen, ökonomische Faktoren und Wertewandel trugen dazu bei. Im Weltdurchschnitt liegt die Kinderzahl je Frau heute bei weniger als 2,5. Das Momentum des Bevölkerungswachstums hat sich dadurch abgeschwächt, die absoluten Zahlen steigen indes weiter. 2011 stieg die Zahl auf 7 Milliarden, vermutlich im Jahr 2023 wird die Marke 8 Milliarden überschritten. In den späten 2030er Jahren dürften es 9 Milliarden Menschen auf der Erde geben.

Das Wachstum wird aber dann deutlich langsamer, weil die Geburtenrate im Weltdurchschnitt weiter sinkt. Ein Höhepunkt der Erdbevölkerung könnte um das Jahr 2060 oder 2070 liegen, danach stagniert sie oder sinkt sogar.

Wie viele Menschen die Erde maximal tragen kann, vermag keiner genau zu sagen. Frühe Schätzungen wie die von Süßmilch waren spekulative Hochrechnungen, die als limitierenden Faktor meist die Nahrungsproduktion annahmen. Im Laufe des 20. Jahrhunderts kamen immer stärkere ökologische Bedenken. Mehr Menschen brauchen nicht nur mehr Essen und verbrauchen immer mehr Ressourcen, deren Angebot sich allerdings als viel größer herausgestellt, hat als der Club of Rome glaubte; mehr Menschen produzieren aber auch immer mehr Müll und Emissionen, die zum Klimawandel beitragen.

Vielleicht reicht es auch für 12 Milliarden

Der Bevölkerungswissenschaftler Joel E. Cohen von der Columbia University hat vor einigen Jahren 65 Schätzungen zur Tragfähigkeit der Erde ausgewertet. Es gibt enorme Streuung, die Spanne der unteren bis höheren Medianschätzungen lag zwischen 7,7 und 12 Milliarden. Das UN-Umweltprogramm zitierte Cohens Ergebnisse in einem Paper übrigens tendenziös, nämlich dass die Mehrzahl der Schätzungen die Grenze unter 8 Milliarden sehe. Die historischen Schätzungen sind allerdings überhaupt kein Beweis für eine tatsächliche Tragfähigkeitsgrenze, schrieb Cohen, sie belegen nur große Unsicherheit.

Er sieht indes eine klare Warnung, dass die Welt sich einer kritischen Zone nähert. Eine Verhaltensänderung ist nötig: Würde die ganze Welt das derzeitige Konsum- und Emissionsniveau der Amerikaner und Europäer übernehmen, droht ein ökologischer Kollaps.

„Die empirischen Studien […] zeigen, daß in der bevölkerungs­wissenschaftlichen Literatur kein Konsens darüber besteht, wieviele Menschen auf der Erde leben können.“

Frank Jöst, „Bevölkerungswachstum und Umweltnutzung: Eine ökonomische Analyse“ (2013)

Nach der mittleren UN-Bevölkerungsprognose, die 2017 überarbeitet wurde, soll die Weltbevölkerung im Jahr 2100 bei 11 Milliarden liegen. Doch diese Prognose basiert auf einer zu mechanischen Fortschreibung aktueller Trends. Wolfgang Lutz, der das Wiener Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital leitet, prognostiziert einen Höhepunkt der Weltbevölkerung 2070 bei knapp 10 Milliarden. Entscheidens ist, wie schnell die Geburtenraten sinken – schon eine leichte Änderung hinter dem Komma im globalen Durchschnitt kann eine halbe Milliarde Menschen mehr oder weniger bedeuten.

Herwig Birg, der lange an der Uni Bielefeld den Lehrstuhl für Bevölkerungswissenschaft innehatte, rechnet mit einer möglicherweise früheren Bremsung des Weltbevölkerungswachstums, weil insbesondere in Europa und in Ostasien die Geburtenraten weit unter dem bestandserhaltenden Niveau von gut 2 Kinder je Frau liegen. Die europäischen Bevölkerungen werden in diesem Jahrhundert deutlich schrumpfen.

Der Genuss bremst die Fertilität

Der Fall der Geburtenraten in Europa setzte schon im späten 19. Jahrhundert ein und löste eine Debatte unter Demographen und Ökonomen über die Ursachen aus. Eine der ersten „ökonomischen“ Theorien der Fertilität entwickelte der Ökonom Lujo Brentano, der sich kritisch mit Malthus auseinandersetzte. Er sah eine drastische Veränderung, vor allem weil die Stellung der Frau sich wandele.

Es gebe weniger Ehen und weniger Kinder, da Frauen außer Haus erwerbstätig werden. Die neuen Möglichkeiten, die ihnen der wachsende Wohlstand biete (Brentano schrieb von der „Konkurrenz der Genüsse“), änderten das generative Verhalten der Frauen.

Der Chicago-Ökonom Gary Becker sprach dann explizit von „Economics of the Family“ und rückte das Kosten-Nutzen-Kalkül in den Vordergrund. Kinder zu bekommen bringt Eltern Nutzen – sowohl emotionalen als auch materiellen (wobei der materielle Nutzen in entwickelten Volkswirtschaften gering wird, wogegen in agrarisch-unterentwickelten Ländern die Kinder mitarbeiten und erheblichen materiellen Nutzen bringen).

Dem Nutzen stehen die Kosten entgegen. Diese steigen, je länger und teurer die Ausbildung wird. Folglich haben die Menschen in entwickelten Volkswirtschaften weniger Kinder, investieren aber mehr in diese, was zu steigender Bildung und mehr „Humankapital“ führt.

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Nicht zu vergessen sind für die Kinderentscheidung die Opportunitätskosten, der entgangene Verdienst der Mütter, die sich der Kindererziehung widmen. Je höher die Verdienstmöglichkeiten gut ausgebildeter Frauen, desto höher die Opportunitätskosten von Kindern. Frauen studieren erst und beginnen eine Berufskarriere, was zu immer späteren Familiengründungen führt. Gerade unter Akademikerinnen ist die Kinderlosigkeit hoch, jede Dritte bleibt in Deutschland zeitlebens kinderlos. Die Geburtenrate von knapp 1,5 Kindern liegt fast 30 Prozent unter dem bestandserhaltenden Niveau.

In praktisch allen Industrieländern ist die Geburtenrate unter die Sterberate gesunken. „Das hiesige Geburtendefizit wird derzeit nur durch millionenfache Einwanderung kompensiert“, erklärt Birg. Japan hingegen, das eine ebenso tiefe Geburtenrate hat, wehrt sich strikt gegen Einwanderung.

Anders als in Europa und auch in Ostasien wächst die Bevölkerung in Afrika weiter stark. Die Geburtenziffer liegt dort durchschnittlich bei 5 Kindern je Frau, und sie sinkt in einigen Ländern nur langsam. „Es gab einen Streit über einen angeblichen afrikanischen Exzeptionalismus, dass etwa kulturelle Faktoren für ein sehr hohes Bevölkerungswachstum sorgen, aber es liegt an mangelnder Bildung besonders der Frauen“, erklärt der Wiener Demograph Lutz vom Wittgenstein Centre. Viele Mädchen gehen kaum zur Schule, haben keine berufliche Perspektive und daher sehr früh sehr viele Kinder.

Wie viele Menschen trägt Niger?

Der bitterarme Wüstenstaat Niger in der Sahelzone hält mit 7,5 Kindern je Frau den Weltrekord, seine Bevölkerung wächst extrem schnell. Laut der UN-Prognose soll Nigers Einwohnerzahl, derzeit 22 Millionen, bis 2100 auf 190 Millionen wachsen. Das sei nicht realistisch, kritisiert Rainer Klingholz vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung. Entweder gebe es eine katastrophale Entwicklung mit Krisen, Hungersnöten und Massenemigration oder eine Wende zum Besseren mit geringerem Bevölkerungswachstum.

Für ganz Afrika besagt die mittlere UN-Prognose bis 2050 eine Verdoppelung auf 2,5 Milliarden Menschen, bis 2100 sogar ein Anstieg auf 4,5 Milliarden. Auch das ist nicht tragfähig. Der Klimawandel droht Teile Afrikas stark zu treffen und könnte zusammen mit der Armut eine sehr starke Migrationsbewegung auslösen. Birg warnt vor einem starken Ungleichgewicht in der Weltbevölkerung: in Europa und anderen Industrieländern schrumpfende, dagegen in einigen armen Regionen, vor allem Afrika, weiter stark steigende Bevölkerungszahlen. Daraus resultierten Spannungen, die gefährlich seien für die Welt.

Wie viele Menschen leben 2022 auf der Erde?

Mehr als 7,96 Milliarden Menschen leben im Juli 2022 auf der Erde, so die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW). Aktuell wächst die Weltbevölkerung um etwa 66 Millionen pro Jahr, das sind 180.000 Menschen pro Tag.

Wie viele Menschen gab es im Jahr 0?

Zur Zeitenwende um das Jahr 0 lebten rund 188 Millionen Menschen auf der Erde. Bis zum Ende des europäischen Mittelalters (ungefähr um 1500 n. Chr.)

Wie viel Einwohner hat die Welt 2021?

Die Quelle benennt die Weltbevölkerungszahl für Mitte des Jahres 2021 mit rund 7,84 Milliarden Menschen. Siehe auch die prozentuale Verteilung der Weltbevölkerung nach Kontinenten.

Welches Land hat die meisten Einwohner 2022?

China ist im Jahr 2022 mit einer Gesamtbevölkerung von geschätzt rund 1,41 Milliarden Einwohner:innen das Land mit der größten Bevölkerung weltweit.