Wie hoch muss köln in kiel gewinnen

Friedhelm Funkel schien nach dem Hinspiel komplett in sich zu ruhen. Auch andere verwiesen darauf, dass das 0:1 des 1. FC Köln gegen Holstein Kiel vom Mittwoch erst die Halbzeit der Relegation bedeute. Aber beim 67 Jahre alten Trainer-Routinier wirkte das so abgehangen und souverän, als genösse er die strapaziöse Saison-Verlängerung in vollen Zügen – und als sei die Heimniederlage gegen den Dritten der zweiten Liga eine ganz gute Grundlage.

In der Einstimmung auf das Rückspiel am Samstagabend in Kiel muss Funkel viel richtig gemacht haben, denn als seine Kölner in der 13. Minute mit 3:1 führten, war die nächste Bundesligasaison schon zum Greifen nahe. Mit Sebastian Andersson und Florian Kainz in der Startelf lag Funkel goldrichtig. In der Taktik, das Mittelfeld mit hohen Bällen zu überbrücken und Holstein das Fußballspielen zu überlassen, fühlte sich seine Mannschaft pudelwohl.

Mit 4:1 ging sie im Holstein-Stadion in die Pause; 5:1 war am Ende das Ergebnis bei diesem vollauf verdienten Sieg über defensiv desolate und sehr müde Kieler: Nach dem Abstieg 2019 bleibt dem 1. FC Köln eine weitere Ehrenrunde im Unterhaus erspart; Funkels Nachfolger Steffen Baumgart darf sich auf eine Saison 2021/22 mit dem FC in der Bundesliga freuen. Fraglich bleibt allerdings, ob Horst Heldt als Geschäftsführer Sport weitermachen darf.

Holstein Kiel wirkt ausgelaugt

Die KSV Holstein stellte die abwehrstärkste Defensive der abgelaufenen Serie in der zweiten Liga, hatte sich aber schon bei den letzten Zweitligaspielen in Karlsruhe und gegen Darmstadt drei Gegentore eingefangen. Ob es die vielen, vielen Spiele nach der zweiten Corona-Quarantäne waren, die den Profis in den Beinen steckten, oder die frühen Gegentore sie lähmten – dieses Endspiel verlief für Trainer Ole Werner und seine Akteure von Anfang an enttäuschend. „Wir waren jedoch heute unterm Strich chancenlos“, sagte Werner bei DAZN.

Körperlich und geistig wirkte Kiel ausgelaugt. So wartet Schleswig-Holstein weiter auf seinen ersten Bundesliga-Verein – und die KSV muss drei Jahre nach der ersten Relegationsenttäuschung gegen den VfL Wolfsburg nun wieder ihre Tränen trocknen. Wie so häufig in den vergangenen Jahren zieht der Vertreter der zweiten Liga den Kürzeren.

Vor 2350 Fans dauerte es im Holstein-Stadion nur etwas mehr als zwei Minuten, und Köln hatte das Hinspiel-Ergebnis ausgeglichen. Marius Wolf durfte flanken, Alexander Mühling kam nicht an den Ball, Jonas Hector lenkte das Spielgerät zur Kölner Führung ins Tor. Eine Minute später antwortete Kiel: Über Fabian Reese kam der Ball zu Finn Porath, dessen Schuss Timo Horn noch abwehrte, den Kopfball-Heber von Jae-Sung Lee aber nicht: 1:1.

Auf den Kopf deutete Ole Werner von draußen, schaltet das Köpfchen ein, bleibt ruhig, sollte das wohl heißen. Es kam nicht an. In der sechsten Minute flankte Kainz, und Andersson traf per Kopf. Sieben Minuten später ermöglichte die gleiche Koproduktion das 3:1 für die Kölner.

Während das Team von Funkel nun aggressiv und aufmerksam den Kieler Spielaufbau unterband und nach Ballverlusten sofort da war, schrumpfte das Selbstvertrauen der KSV. Köln hatte eine ganz andere Präsenz als im Hinspiel, stellte den Kieler Mühling im Mittelfeld zu, so dass die Heimmannschaft nur sehr langsam in die Kölner Hälfte kam. Es wurde still auf den Tribünen – erst recht, als der frühere Kieler Rafael Czichos in der 39. Minute das 4:1 schoss. Hector kam vor Mühling an den Ball, Hauke Wahl rutschte weg, Czichos hatte Zeit und freie Bahn. Funkel jubelte auf der Bank schon nur noch verhalten.

Nach der Pause spielte Köln die Partie konzentriert zu Ende und schaffte durch Ellyes Skhiri das 5:1 (84. Minute). Es war ein beeindruckender Auftritt des FC am Ende einer enttäuschenden Saison – mit einem Friedhelm Funkel auf der Bank, der längst nicht zum alten Eisen gehört.

„Ich habe meiner Mannschaft gesagt: Wir müssen eigentlich nur ein Auswärtsspiel gewinnen. Das ist uns schon häufiger gelungen“. sagte Funkel. „Aber wie sie hier aufgetreten ist, das hat mir sehr imponiert. Wir wollten auf jeden Fall früh draufgehen, schnell in Führung gehen. Dass das so aufgeht, ist ein überragender Verdienst der Mannschaft. Ich bin vollkommen platt, aber glücklich. Diese sieben Wochen haben mich viel Kraft gekostet.“

Sieben Festnahmen bei Relegationsspiel in Kiel

Die Kieler Polizei hat beim Relegationsrückspiel von Holstein Kiel gegen den 1. FC Köln (1:5) sieben Fans vorläufig festgenommen. Wie ein Polizeisprecher am Samstag mitteilte, wurden vier Kölner Fußball-Fans wegen Abbrennens von Pyrotechnik festgesetzt. Zwei Holstein-Anhänger hätten laut Polizei Journalisten bedroht, einer habe Beamte beleidigt. Nach Identitätsfeststellung seien alle sieben auf freien Fuß gesetzt worden.

Zudem mussten zwei Rettungswagen wegen medizinischer Notfälle ausrücken. Ansonsten hat es bis zum späten Abend keine weiteren Vorkommnisse oder Auseinandersetzungen gegeben. Aus Köln waren rund 250 Anhänger angereist. Sie wurden auf einen abgesperrten Straßenabschnitt vor dem Stadion geführt und nach der Partie vom Stadion weggeleitet. Vor Spielbeginn hatten sie mit einem von der Polizei begleiteten Fan-Marsch durch die Innenstadt auf sich aufmerksam gemacht.

Die zunächst auf 800 Menschen begrenzte Zahl an Kieler Fans vor der Osttribüne des Stadions war auf 500 eingeschränkt worden. Mehr ließ die Polizei nicht in Stadionnähe. Beide Fanlager waren voneinander getrennt worden. Alkohol, Glasflaschen und Feuerwerkskörper waren verboten. Ins Stadion durften rund 2350 Besucher, die sich im Rahmen eines Modellprojekts an strenge Corona-Maßnahmen halten mussten.

Auch in Köln feierten die Anhänger des 1. FC Köln den Klassenerhalt ihrer Mannschaft. So habe eine Gruppe von 50 Menschen in der Innenstadt gegen die Corona-Schutzverordnung verstoßen, teilte die Polizei mit. Ebenso wurden vereinzelt Feuerwerkskörper gezündet. Eine Betrunkene, die bei der Aufnahme ihrer Personalien Wiederstand leistete, wurde von den Beamten festgenommen. Ein Polizist wurde dabei verletzt. Zudem bekamen mehrere Fußballfans, die das Eintreffen ihrer Mannschaft in Köln erwarteten, Platzverweise. (dpa)