Wie beantwortet Kant die Frage Was ist Aufklärung?

Essay, 2019

8 Seiten, Note: 1,0

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Kants Konzept von Aufklärung -Ist dieses heute noch relevant?
1.1 Kants Konzept von Aufklärung
1.2 Die heutige Relevanz dieser

2. Literaturverzeichnis

1. Kants Konzept von Aufklärung -Ist dieses heute noch relevant?

Die Epoche der Aufklärung ereignete sich in Deutschland im 17. und 18. Jahrhundert. Kant, der als einer der einflussreichsten Philosophen der Moderne bezeichnet wird1, gilt für die Epoche der Aufklärung als der „bedeutendste Vertreter im deutschsprachlichen Raum“2. Im Folgenden werde ich mich mit seinem Text `Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?´ auseinandersetzen. Anhand dessen will ich einerseits Kants Konzept der Aufklärung herausarbeiten, andererseits möchte ich die Frage klären, ob diesem heutzutage noch eine Relevanz zugemessen werden kann, oder ob Kants Konzept mittlerweile veraltet ist. Um die Frage nach der Relevanz klären zu können, werde ich untersuchen, ob man Kants Konzept von Aufklärung auf die heutige Zeit übertragen kann.

Zuerst möchte ich klären, wie Kant den Begriff der Aufklärung versteht. Direkt am Anfang seines Textes `Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?´ wird diese Frage durch eine Definition Kants wie folgt beantwortet:

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“3

Um also Kants Definition zufolge zur Aufklärung zu gelangen, ist es notwendig, sich von äußeren Beeinflussungen loszulösen und sich auf seinen eigenen Verstand zu berufen, anstatt sich von anderen leiten zu lassen.

Der Kern der Aufklärung laut Kant liegt also in den Begriffen „Ausgang“, „selbst verschuldet“ und „Unmündigkeit“. Zunächst zeigt uns dies, dass Kant dem unaufgeklärten Menschen eine Eigenverantwortlichkeit an seinem Zustand, also dem der Unaufgeklärtheit, zuschreibt, da dieser „selbst verschuldet“ ist. Die Ausnahme liegt darin, dass eine Einschränkung oder ein Missstand des Verstandes vorliegen kann, durch welche die „Unmündigkeit“ verursacht wird. Dieses Selbstverschulden wird dadurch unterstrichen, dass Kant als eine der Ursachen der „selbst verschuldeten Unmündigkeit“ die „Faulheit und Feigheit“4 der Menschen anführt.

[...]


1 Vgl. Scruton 1999, S. 7

2 Zitat: Aufklärung. Aufgerufen am 30.12.2019, von https://brockhaus.de/ecs/julex/article/ aufkl%C3%A4rung-geistes-und-kulturgeschichte.

3 Zitat: Kant 1983, A 481,482

4 Zitat: Kant 1983, A 481, 482

Zur Beantwortung der Frage: „Was ist Aufklärung?“ – Zur Aktualität einer kleinen Schrift Kants aus dem Jahre 1784

von Rechtsanwalt Dr. iur. h.c. Gerhard Strate, Hamburg [*]

Wir schreiben das Jahr 1784. In Sanssouci residiert noch Friedrich II., K�nig von Preu�en, genannt Friedrich der Gro�e. Zwei Jahre sp�ter wird Friedrich der Gro�e versterben. F�nf Jahre sp�ter bricht die Franz�sische Revolution aus; die neu konstituierte Nationalversammlung verabschiedet die Erkl�rung der Menschen- und B�rgerrechte. Das ist das geschichtliche Umfeld eines kleinen Aufsatzes, der im Dezember jenes Jahres 1784 in der „Berlinischen Monatsschrift” erscheint. Schon die �u�ere Aufmachung ist ungew�hnlich. Die �berschrift ist gegen�ber dem eigentlichen Text nicht hervorgehoben, sondern umgekehrt: Die Kopfzeile „Beantwortung der Frage: Was ist Aufkl�rung?” erscheint in kleinen Lettern, der eigentliche Text in gro�en. Der Verfasser des Artikels hat keine Zuh�rer, sondern Leser. Aber als wolle er seinen Lesern wenigstens zu erkennen geben, mit welcher Lautst�rke er ihnen seine Botschaft kundtun w�rde, wenn er sie m�ndlich vermitteln k�nnte, benutzt er nicht nur gr��ere Buchstaben als in der �berschrift, sondern w�hlt Sperrsatz f�r seine Eingangsworte:

„Aufkl�rung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unm�ndigkeit. Unm�ndigkeit ist das Unverm�gen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unm�ndigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschlie�ung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufkl�rung.”

Aber nicht nur der Sperrsatz, sondern vor allem der Inhalt gibt der Botschaft die Lautst�rke eines Trompetensto�es. Bevor ich mit einem weiteren Zitat aus dieser Schrift zum n�chsten Trompetensto� ansetze, m�chte ich zun�chst einmal innehalten. Am Ende des Textes hei�t es:

„K�nigsberg in Preussen, den 30. Septemb. 1784. I. Kant”

Wer ist „I. Kant”? Man m�chte zun�chst meinen: was soll die Frage? Jeder kennt Kant. Doch das n�here Gespr�ch �ber ihn f�hrt schnell zum Stottern. Es fallen ehedem � meist zu Schulzeiten � aufgeschnappte Stichw�rter wie der „kategorische Imperativ”. Juristen haben gelegentlich mit ihm noch im Studium zu tun und erfreuen sich an seiner Definitionskunst, beispielsweise bez�glich der Ehe als „der Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum lebenswierigen wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften” [1].

Manche wissen noch, dass Kant in den fast achtzig Jahren seines 1724 begonnenen Lebens die Geburtsstadt K�nigsberg faktisch nie verlassen hat. Er muss immerhin � das scheint allgemeine Meinung zu sein � ein gro�er Philosoph gewesen sein, sonst w�re nicht so viel �ber ihn geschrieben worden. Die Trockenheit der ihm zugeschriebenen Bonmots, die Beschr�nkung seines Lebenskreises auf eine kleine Stadt an der Ostsee, vermitteln aber letztlich den Eindruck eines zwar klugen, jedoch philistr�sen Mannes, so dass Heinrich Heine recht gehabt haben k�nnte mit seiner Bemerkung:

„Die Lebensgeschichte des Immanuel Kant ist schwer zu beschreiben. Denn er hatte weder Leben noch Geschichte.” [2]

Das Gegenteil ist richtig. Sehr viel treffender hat ihn Walter Benjamin charakterisiert: Kant markiere

„die strenge Mitte zwischen dem Schulmeister und dem Volkstribunen” [3].

Der Schulmeister mag lange Zeit im Vordergrund gestanden haben. Der Volkstribun entwickelte sich erst langsam und artikulierte sich verhalten, h�ufig wurde die aufr�hrische Sprengkraft seiner Gedanken �ber Jahre, manchmal sogar �ber Jahrzehnte hinweg nicht bemerkt. Exemplarisch hierf�r steht seine bereits 1755 � Kant war gerade 31 � erschienene Abhandlung „Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels”. Sie wurde erst achtzig Jahre sp�ter von einem franz�sischen Physiker entdeckt und gew�rdigt. Kant erkl�rte die Entstehung unseres Sonnensystems (aber auch des Kosmos insgesamt) aus einem v�llig regellosen kosmischen Urnebel, in welchem die Anziehungskraft der Massen (das von Newton entwickelte universelle Gravitationsgesetz) allm�hlich zu einer Verdichtung f�hrte, an deren Ende die Sonne und die Planeten entstanden. In der Vorrede seiner Schrift zieht er die Quintessenz seiner Entdeckung:

„Ich habe, nachdem ich die Welt in das einfachste Chaos versetzt, keine andere Kr�fte als Anziehungs- und Zur�cksto�ungskraft zur Entwicklung der gro�en Ordnung der Natur angewandt, zwei Kr�fte, welche beide gleich gewiss, gleich einfach und gleich urspr�nglich und allgemein sind.” [4]

Er habe „die Welt in das einfachste Chaos versetzt”. Ein wunderbarer Satz. So k�nnen Gedanken und sogar ein ganzer Kosmos sich entwickeln.

Das revolution�re an dieser Theorie war nicht nur, dass sie im Grundsatz bis heute unangefochten ist, sondern vor allem, dass die von Kant gegebene Erkl�rung der Weltentstehung v�llig ohne die letztlich ordnende Hand Gottes auskam. Man vergegenw�rtige sich den Untertitel:

„oder Versuch von der Verfassung und dem mechanischen Ursprunge des ganzen Weltgeb�udes nach Newtonschen Grunds�tzen abgehandelt”

Den Ursprung des Weltgeb�udes als einen mechanischen Vorgang zu deuten und hierbei auf jede religi�se Sinnstiftung zu verzichten, w�re f�r Isaac Newton, genial, jedoch bis zum Tode gottesf�rchtig, noch undenkbar gewesen. In der Vorrede zu seiner Schrift spricht Kant die H�resie sogar offen an:

„Wenn der Weltbau mit aller Ordnung und Sch�nheit nur eine Wirkung der ihren allgemeinen Bewegungsgesetzen �berlassenen Materie ist, wenn die blinde Mechanik der Naturkr�fte sich aus dem Chaos so herrlich zu entwickeln wei� und zu solcher Vollkommenheit von selber gelanget: so ist der Beweis des g�ttlichen Urhebers, den man aus dem Anblick der Sch�nheit des Weltgeb�udes ziehet, v�llig entkr�ftet, die Natur ist sich selbst genugsam, die g�ttliche Regierung ist unn�tig.” [5]

Kant w�hlt diese Zuspitzung, um seine zu erwartenden Gegner sogleich mit der Bemerkung zu beschwichtigen, er habe die �berzeugung „von der Unfehlbarkeit g�ttlicher Wahrheiten”, zwischen „meinem System und der Religion” bestehe �bereinstimmung[6]. Er mag aber bef�rchtet haben, dass seine Kontrahenten sich mit dieser Versicherung nicht begn�gen w�rden. So war es m�glicherweise eine Vorsichtsma�regel zum Schutz von Traktat und Person, dass er diese Schrift Friedrich dem Gro�en widmete. Das Bed�rfnis nach Schutz wird in der Widmung ausdr�cklich angesprochen:

„Allerdurchlauchtigster,

Gro�m�chtigster K�nig

Allergn�digster K�nig und Herr!

Die Empfindung der eigenen Unw�rdigkeit und der Glanz des Thrones k�nnen meine Bl�digkeit [7] nicht so kleinm�tig machen, als die Gnade, die der allerhuldreichste Monarch �ber alle seine Untertanen mit gleicher Gro�mut verbreitet, mir Hoffnung einfl��et: dass die K�hnheit, der ich mich unterwinde, nicht mit ungn�digen Augen werde angesehen werden. Ich lege hiemit in aller-unterth�nigster Ehrfurcht eine der geringsten Proben desjenigen Eifers zu den F��en Ew. K�niglichen Majest�t, womit H�chst Dero Akademien, durch die Aufmunterung und den Schutz ihres erleuchteten Souver�ns, zur Nacheiferung anderer Nationen in den Wissenschaften angetrieben werden. Wie begl�ckt w�rde ich sein, wenn es gegenw�rtigen Versuchen gelingen m�chte, den Bem�hungen, womit der niedrigste und ehrfurchtsvolleste Unterthan unausgesetzt bestrebt ist, sich dem Nutzen seines Vaterlandes einigerma�en brauchbar zu machen das allerh�chste Wohlgefallen seines Monarchen zu erwerben. Ich ersterbe in tiefster Devotion

Ew. K�nigl. Majest�t

allerunterth�nigster Knecht

der Verfasser”

Man muss diese Widmung zweimal lesen. Diese Devotion ist keine Subalternit�t. Der Kotau vor dem K�nig ist zwar tief, doch durchdrungen von prallem Selbstbewusstsein. Kant spricht seine eigene „K�hnheit” an, die K�hnheit der in seiner Schrift dargelegten Gedanken. Er empfiehlt seine Schrift „zu Nacheiferung anderer Nationen in den Wissenschaften” - und zeichnet in der Widmung sodann als „allerunterth�nigster Knecht”. Manchmal muss man eben als Knecht erscheinen, um als Herr zu wirken.

Kants „Kritik der reinen Vernunft”, erstmals 1781 und dann 1787 in einer gr�ndlich �berarbeiteten zweiten Auflage in Riga erschienen, gewann immerhin schon drei�ig Jahre sp�ter die Aufmerksamkeit des Vatikans und wurde 1827 auf den Index der verbotenen B�cher gesetzt. Dort verblieb Kants philosophisches Hauptwerk bis zur Abschaffung des Index� durch ein Dekret Pauls des VI. im Jahre 1966[8]. Das hatte vor und nach ihm kein deutscher Philosoph geschafft.

Angefasst f�hlten sich die Kirchentheologen durch Kants logische Widerlegung der verschiedenen Formen des Gottesbeweises, welche er als Blendwerk gei�elte. In dem Abschnitt „Zur Unm�glichkeit eines kosmologischen Beweises vom Dasein Gottes” f�hrt er in seiner „Kritik der reinen Vernunft” aus:

„Es mag wohl erlaubt sein, das Dasein eines Wesens von der h�chsten Zul�nglichkeit, als Ursache zu allen m�glichen Wirkungen anzunehmen, um der Vernunft die Einheit der Erkl�rungsgr�nde, welche sie sucht, zu erleichtern. Allein sich so viel herauszunehmen, dass man sogar sage: ein solches Wesen existiert notwendig, ist nicht mehr die bescheidene �u�erung einer erlaubten Hypothese, sondern die dreiste Anma�ung einer apodiktischen Gewissheit: �” [9]

Das war Kant: Zun�chst ruhige, fast umst�ndliche Rede. Und pl�tzlich ein Peitschenknall. Der Gegner wird nicht nur gepeinigt. Er wird unter heftigen Einschl�gen blitzender Gedanken regelrecht zertr�mmert, zur Asche gemacht.

Damit hatte Kant sich nicht nur den Vatikan zum Gegner erkoren. Aber: Das unerbittliche Beharren auf analytischer Klarheit, das Einfordern tats�chlicher Logik, die Verachtung f�r jede Form intellektuellen Betruges, sei sie noch so gut gemeint, ist ein Grundba� aller seiner Schriften. Und wendet sich Kants Urteil schlie�lich der Frage zu, was Recht und rechtliche Verfassung eines Staates sei � er tut dies vor allem in der 1797 erschienenen Abhandlung „Zur Metaphysik der Sitten„ �, ist der Schulmeister v�llig verschwunden, es spricht nur noch der Volkstribun. Kant bekennt sich (kaum verklausuliert) zur Republik, zu welcher sich die „alten empirischen (feudalen) Formen” der Staatsverfassung,

„welche blo� die Unterth�nigkeit des Volks zu bewirken dienten, sich in die urspr�nglichen (rationalen) aufl�sen, welche allein die Freiheit zum Prinzip, ja zur Bedingung alles Zwanges macht, der zu einer rechtlichen Verfassung, im eigentlichen Sinne des Staats, erforderlich ist und dahin auch dem Buchstaben nach endlich f�hren wird.” [10]

Denn alle Macht geht vom Volke aus � und das erkl�rt Kant zu einer Zeit (1797), als die Hohenzollern, die Hannoveraner, die Wittelsbacher, die Habsburger und alle anderen europ�ischen K�nigsh�user und F�rstent�mer vorsorglich schon ihre Koffer gepackt hatten und in der Abwehr der Franz�sischen Revolution zusammenger�ckt waren:

„Alle wahre Republik aber ist und kann nichts anderes sein als ein repr�sentatives System des Volks, um im Namen desselben, durch alle Staatsb�rger vereinigt, vermittelst ihrer Abgeordneten (�) ihre Rechte zu besorgen. (�) denn in ihm (dem Volk) befindet sich urspr�nglich die oberste Gewalt, von der alle Rechte der einzelnen, als blo�er Untertanen abgeleitet werden m�ssen,�” [11]

Das ist nichts anderes als ein offenes und �ffentliches Bekenntnis zu dem von der Franz�sischen Nationalversammlung acht Jahre zuvor verabschiedeten Art. 3 der Erkl�rung und Menschen- und B�rgerrechte:

„Der Ursprung jeder Souver�nit�t liegt ihrem Wesen nach beim Volke. Keine K�rperschaft und kein Einzelner kann eine Gewalt aus�ben, die nicht ausdr�cklich vom Volke ausgeht.”

An den Hoffnungen, die Kant mit der Franz�sischen Revolution verband, hielt er trotz aller Fehlentwicklungen bis zu seinem Tode fest. In einem pers�nlichen Gespr�ch �u�erte er angesichts der Ereignisse in Paris sein pers�nliches Empfinden: „Herr, nun lasse deinen Diener in Frieden dahin fahren, denn ich habe das Heil der Welt gesehen!”[12]Und so schlie�t sich der Kreis meiner Betrachtung zur�ck zu jener Schrift aus dem Jahre 1784. Was hindert die Aufkl�rung? Kant gibt schon damals als Republikaner die Antwort:

„Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so gro�er Teil der Menschen, nachdem sie die Natur l�ngst von fremder Leitung freigesprochen, dennoch gerne zeitlebens unm�ndig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vorm�ndern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unm�ndig zu sein. Habe ich ein Buch, das f�r mich Verstand hat, einen Seelsorger, der f�r mich Gewissen hat, einen Arzt, der f�r mich die Di�t beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bem�hen. Ich habe nicht n�tig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrie�liche Gesch�ft schon f�r mich �bernehmen. Da� der bei weitem gr��te Teil der Menschen (darunter das ganze sch�ne Geschlecht) den Schritt zur M�ndigkeit, au�er dem da� er beschwerlich ist, auch f�r sehr gef�hrlich halte, daf�r sorgen schon jene Vorm�nder, die die Oberaufsicht �ber sie g�tigst auf sich genommen haben. Nachdem sie ihr Hausvieh zuerst dumm gemacht haben und sorgf�ltig verh�teten, da� diese ruhigen Gesch�pfe ja keinen Schritt au�er dem G�ngelwagen, darin sie sie einsperreten, wagen durften, so zeigen sie ihnen nachher die Gefahr, die ihnen drohet, wenn sie es versuchen, allein zu gehen. Nun ist diese Gefahr zwar eben so gro� nicht, denn sie w�rden durch einigemal Fallen wohl endlich gehen lernen; allein ein Beispiel von der Art macht doch sch�chtern und schreckt gemeiniglich von allen ferneren Versuchen ab.” [13]

Was ist zur Aufkl�rung vonn�ten? Kant wei� es zu sagen:

„Zu dieser Aufkl�rung aber wird nichts erfordert als Freiheit; und zwar die unsch�dlichste unter allem, was nur Freiheit hei�en mag, n�mlich die: von seiner Vernunft in allen St�cken �ffentlichen Gebrauch zu machen.” [14]

Kant beantwortet die Frage „Leben wir jetzt in einem aufgekl�rten Zeitalter?” mit der Feststellung: „Nein, aber wohl in einem Zeitalter der Aufkl�rung.”[15]

Leben wir heute in einem „aufgekl�rten Zeitalter”? Die Antwort ist weiterhin ein klares „Nein”. Die Erkenntnisse der echten Wissenschaften haben sich seit Kant zwar enorm erweitert. Die Entwicklung der Technik hat im 19. und 20. Jahrhundert gleich mehrere Revolutionen vollzogen. Die Schrecknisse zweier Weltkriege, die Gr�uel des Holocaust lassen jedoch keine andere Antwort zu. Eines ist jedoch festzustellen: Der Zugriff auf Informationen aller Art ist in einem noch vor zwanzig Jahren unvorstellbaren Ausma� gestiegen. Die Chance, sich selbst Aufkl�rung zu verschaffen, den stets gegenw�rtigen Schleier der Desinformation zu zerrei�en, war nie so gro� wie heute. Diese Chance ist zu nutzen, und es ist unver�ndert eine Frage der Entschlie�ung und des Mutes, von der eigenen Erkenntnis und Vernunft auch �ffentlichen Gebrauch zu machen.


[*] Es handelt sich um einen Vortrag, den der Verfasser am 13. Juni 2012 vor dem Rotary Club Hamburg-Lombardsbr�cke gehalten hat.

[1]Kant, Metaphysik der Sitten, Neudruck Hamburg 1959, S. 91.

[2] Heinrich Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, in: ders., Lyrik und Prosa, hg. von Martin Greiner, Frankfurt a.M. 1962 (B�chergilde Gutenberg), Bd. 2, S. 461.

[3] Walter Benjamin, Deutsche Menschen � Eine Folge von Briefen, Neuauflage 1984, S. 23.

[4] Immanuel Kant, Werke, hg. von Wilhelm Weischedel, Darmstadt 1960, Bd. I, S. 242.

[5] Immanuel Kant a.a.O.S. 228.

[6] Immanuel Kant, ebenda.

[7] „bl�de” hatte damals noch den Sinn von „schwach, zaghaft, furchtsam” � vgl. Sanders, Handw�rterbuch der deutschen Sprache, 8. Aufl., Leipzig 1911, S. 113.

[8] Diese Mitteilung st�tzt sich auf Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Index_Librorum_Prohibitorum

[9] Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Neuauflage Hamburg 1956, S. 582.

[10] Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten, Neuauflage Hamburg 1959, S. 170.

[11] Ebenda.

[12] Zitiert nach Manfred K�hn, Kant � eine Biographie, M�nchen 2003, S. 395.

[13] Immanuel Kant, Ausgew�hlte kleine Schriften (hg. vom Felix Meiner Verlag), Hamburg 1965, S. 1.

[14] Ebenda, S. 3.

[15] Ebenda, S. 7.

Wie erklärt Immanuel Kant die Aufklärung?

AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstver- schuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Was fordert die Aufklärung Kant?

„Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! “ stellt den Kantschen Wahlspruch der Aufklärung dar. Kant fordert die unaufgeklärten Menschen auf sich ihres eigenen Verstandes zu bemächtigen.

Was ist Aufklärung kurze Zusammenfassung?

Die Aufklärung richtete sich gegen Vorurteile, Aberglaube und Willkürherrschaft. Ziel war die Selbstbestimmung des Individuums als mündiger Bürger. Die Vernunft war das wichtigste Instrument, mit dem der Mensch sich aus seiner Unmündigkeit befreien sollte.

Was ist Aufklärung Immanuel Kant Zitat?

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.