Wer bezieht Weizen aus der Ukraine?

Der Krieg in der Ukraine hat zu Verwerfungen bei den Getreidelieferungen aus der Region geführt und große Unsicherheit im weltweiten Getreidehandel verursacht. Als Reaktion darauf sind die Getreidepreise stark gestiegen.

Laut United Nations Comtrade Database betrugen im Jahr 2020 die globalen Exporte von Weizen rund 193 Millionen Tonnen, von Mais etwa 185 Millionen Tonnen und von Gerste 35 Millionen Tonnen. Signifikante Anteile entfielen dabei auf die Ukraine: 9 Prozent aller Weizenexporte (nach Russland, den USA, Kanada und Frankreich an fünfter Stelle des globalen Exportrankings), 15 Prozent der Maisexporte (nach den USA, Argentinien und Brasilien an vierter Stelle) und mit 14 Prozent aller Gersteexporte an zweiter Stelle nach Frankreich.

Neben wichtigen Partnerländern wie China (Gerste, Mais) oder Indonesien (Weizen) bezogen auch die Mittelmeeranrainerstaaten Nordafrikas und Länder des Nahen Ostens größere Mengen an Weizen, Mais und Gerste aus der Ukraine. Hervorzuheben wäre dabei insbesondere Ägypten. Ein genauerer Blick auf diese Länder zeigt, dass Ägypten 2020 mehr als 80 Prozent der Gerste und jeweils rund 20 Prozent von Weizen und Mais aus der Ukraine importierte. Auf aggregierter Ebene (Ukraine und Russische Föderation) betrachtet, beziehen die Türkei, Ägypten, Libyen, Israel oder Jordanien 80 Prozent ihrer Weizen- und Gersteimporte aus diesen beiden Ländern. Insbesondere bei Mais hat die Ukraine als Herkunft gentechnikfreier Ware für die Futtermittelindustrie der Europäischen Union eine hohe Bedeutung.

Foto: Comtrade 2022, © Australian Bureau of Statistics, GeoNames, Microsoft, Navinfo, OpenStreetMap, TomTom, Wikipedia, Unterstützt von Bing

Die Versorgungsbilanz der Europäischen Union stellt sich für die drei Kulturen Weizen, Gerste und Mais auf Basis von Daten der Generaldirektion AGRI der Europäischen Kommission für die Jahre 2021/2022 folgendermaßen dar. Mit Ausnahme von Mais stammen über 90 Prozent der verfügbaren Mengen aus Produktion der Europäischen Union. Deutlich höher als bei Weizen und Gerste (jeweils 2 Prozent der Herkünfte) waren die Maisimporte der Europäischen Union (14 Prozent der gesamten Herkünfte) aber auch dessen Lageranfangsbestand (21 Prozent der Herkünfte). Dieser hat bei Mais um vier Prozent und bei Weizen übers Jahr um ein Prozent abgenommen. Deutliche Außenhandelsüberschüsse waren bei Weizen und Gerste zu verzeichnen. Für die Verwendung in der Europäischen Union standen demnach rund 93 Millionen Tonnen Weizen, 80 Millionen Tonnen Körnermais und 44 Millionen Gerste zur Verfügung. Betrachtet nach der Art der Verwendung entfiel mit Ausnahme von Weizen (44 Prozent gingen in die menschliche Ernährung) der Großteil des Körnermaises und der Gerste - mit jeweils rund 80 Prozent - auf die Futtermittelherstellung. Der Anteil für die industrielle Verwertung lag je nach Getreideart zwischen 10 und 14 Prozent, wobei auch die Braugerste der industriellen Verwertung zugerechnet wird.

Die Ukraine zählt zu den wesentlichen Playern auf den internationalen agrarischen Rohstoff-Märkten und ist als Getreidelieferant insbesondere auch für Nordafrika und den Naher Osten relevant.

Mögliche Exportreduktionen oder -ausfälle der Ukraine, bedingt unter anderem durch eine unterbrochene Transportlogistik oder Unsicherheiten hinsichtlich der aktuellen und künftigen Anbausaison - zusätzlich verstärkt durch russische Ausfuhrverbote und Exportquoten bezüglich Getreide - führen zu Verwerfungen auf den Agrarmärkten und ein geringeres Angebot in Kombination mit und stark gestiegene Preisen bei Brotgetreide könnte in Regionen wie Nordafrika oder dem Nahen Osten, die stark von ukrainischen Getreidelieferungen abhängig sind, spürbare Auswirkungen auf die Nahrungsmittelversorgung haben. Die hohen Getreidepreise schlagen sich aber auch auf andere landwirtschaftliche Produktionsbereiche nieder. Insbesondere die Tierhaltung ist von den gestiegenen Futtermittelkosten betroffen. Zudem belasten die hohen Energiekosten bzw. der Ausfall von Produktionsstandorten die Verfügbarkeit von Düngemitteln und werden somit auch für das zweite Halbjahr 2022 bzw. den nächsten Anbauzyklus 2022/23 beeinflussen. Die weitere Entwicklung auf den Märkten wird sehr stark von der Dauer des Konflikts, den damit verbundenen Liefereinschränkungen (auch anderer Länder) und damit dem „Offenbleiben“ der Märkte abhängig sein. Für die globale Versorgung mit Getreide und um etwaige Ausfälle auf globalem Niveau kompensieren zu können, werden auch die Anbau- und Vegetationsbedingungen (ausreichender Niederschlag) in den einzelnen Regionen entscheidend sein.

Ernte in Tbilisskaya, Russland. Exportiert das Land keine Weizen, hat diese einschneidende Folgen für diverse Länder.Bild: keystone

Russland und die Ukraine liefern im grossen Stil Weizen und Gerste rund um die Welt. Exportieren sie weniger Getreide, sind vor allem ärmere Länder betroffen. Eine Übersicht.

Rund ein Drittel des gesamten weltweit gehandelten Weizens stammt aus Russland und der Ukraine. Noch grösser ist der Anteil bei den Sonnenblumen. Keine Frage: Die beiden Länder sind grosse Akteure im Handel mit Landwirtschaftsprodukten.

Der Krieg erschwert aktuell oft nicht nur die Auslieferung, sondern auch die Ansaat der Felder. Wegen des russischen Angriffskriegs könnte in der Ukraine nach Einschätzung der Regierung die Hälfte der jährlichen Ernte ausfallen. Im vergangenen Jahr wurde eine Rekordernte von 106 Millionen Tonnen Getreide eingefahren.

Die Welternährungsorganisation der UNO (FAO) geht davon aus, dass im aktuellen Jahr zwischen 20 und 30 Prozent der Felder im Land nicht bestellt werden.

Das hat schwerwiegende Folgen.

Die Weizenimporte

26 Länder beziehen mehr als 50 Prozent ihrer Weizenimporte aus Russland und/oder der Ukraine, wie Angaben der FAO zeigen. Viele davon gehören zu nach Einteilung der Vereinten Nationen zu den am wenigsten entwickelten Ländern (WEL).

Eritrea beispielsweise bezieht seinen gesamten importierten Weizen aus Russland (53 %) und der Ukraine (47 %). Länder wie Kasachstan, die Mongolei oder Armenien sind zu 99 Protent von Russland abhängig. Die Seychellen beziehen mit 91 Prozent den Löwenanteil ihres Weizens aus der Ukraine.

Alle 109 Länder, die gemäss der FAO Weizen aus der Ukraine und Russland beziehen:

Die Abhängigkeit von den Importen

Soweit die Ausgangslage bei den Importen. Nun produzieren die Länder auch noch selbst Weizen. Kasachstan zum Beispiel importiert knapp neun Prozent seines jährlichen Verbrauchs. Den Rest produziert es selbst, wie Zahlen der FAO von 2019 zeigen, welche für watson ausgewertet wurden.

So zeigt sich: Am abhängigsten vom russischen und ukrainischen Weizen sind die Seychellen. Der Inselstaat baut rund 9 Tonnen selbst an und importiert nochmals die gleiche Menge. Davon stammen 91 Prozent aus der Ukraine.

Total beziehen neun Länder mindestens ein Drittel ihres Weizenverbrauchs aus Russland und der Ukraine. Die folgenden 30 Länder lassen sich normalerweise mindestens einen Fünftel des Weizenbedarfs aus den beiden Ländern liefern:

Und in absoluten Zahlen?

Betrachtet man die absoluten Mengen an Weizen, präsentiert sich die Lage deutlich anders.

46 Prozent der Weizenimporte der Seychellen entsprechen rund acht Tonnen. Die Türkei dagegen importiert rund 1000-mal mehr Weizen – was allerdings nur 28 Prozent des Gesamtverbrauchs des Landes ausmacht.

Zusammen mit der Ägypten nimmt die Türkei den Löwenanteil der Importe aus Russland oder der Ukraine ab. Gemeinsam mit Indonesien und Saudiarabien sind sie gar für rund die Hälfte aller Exporte aus Russland und der Ukraine besorgt. Indonesien fehlt auf unserer Liste unten, weil die 2917 Tonnen importierten Weizen nur knapp 15 Prozent des Gesamtverbrauchs des Landes ausmachen.

Und was macht die Schweiz?

Die Schweiz produziert laut Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) einen Grossteil des Weizens selbst. Im Jahr 2020 produzierte die Schweiz 1000 Tonnen Getreide (Brotweizen, Futterweizen, Roggen, Gerste, Hafer, Körnermais, Triticale und weitere). Importiert hat die Schweiz im gleichen Jahr rund 630 Tonnen Getreide

Nur 1,4 Prozent der Weizenimporte stammen aus der Ukraine, aus Russland wird keiner importiert. Wichtigstes Importland von Hartweizen ist Kanada – mit grossen Abstand.

Weichweizen (Brotweizen) werden hauptsächlich aus Deutschland und Österreich importiert, wie Zahlen des BLW von 2021 aufzeigen. Die Ukraine ist hier zwar sechstgrösster Handelspartner, gemessen am Gesamtimport von Weizen aber trotzdem mit einem sehr kleinen Anteil:

Weizen, Gerste und Sonnenblumen

Russland und die Ukraine gehören weltweit zu den wichtigsten Erzeugern von Agrarrohstoffen. Besonders eindrücklich ist der Marktanteil bei den Sonnenblumen. Im Schnitt kommt seit 2016 mehr als die Hälfte der weltweiten Produktion aus den beiden Kriegsländern.

Schauen wir uns diese drei wichtigsten Produktionsfelder noch genauer an und blicken auf die Exportanteile der Länder. Die Ukraine liefert weltweit rund 38 Prozent aller Sonnenblumenölexporte, Russland folgt auf Rang 2. Die restlichen Länder sind weit abgeschlagen – einzig Argentinien und die Türkei können noch einen einigermassen grossen Anteil für sich beanspruchen:

Der grösste Weizenexporteur der Welt ist Russland. 18 Prozent des weltweiten Handels kommt aus dem Riesenreich. Die Ukraine steht hier noch an fünfter Stelle mit immerhin rund 10 Prozent Anteil:

Bei der Gerste werden die Ukraine und Russland von Australien überboten. Allerdings sind die beiden Staaten für rund jede vierte exportierte Gerste weltweit verantwortlich:

Welche Länder bekommen Weizen aus der Ukraine?

Beim Weizen wurde die Ware vor Kriegsbeginn vor allem nach Ägypten, Indonesien, die Türkei, Bangladesch, die Philippinen und zahlreiche Länder Nordafrikas verkauft. Mehrere 100.000 Tonnen Weizen gingen vor dem Krieg außerdem nach Äthiopien, Kenia, Nigeria und den Sudan sowie nach Uganda und Mosambik.

Wem gehört der ukrainische Weizen?

Als das Land noch Teil der Sowjetunion war, gehörte das Land über die Landwirtschaft- lichen Genossenschaften (Kolchos) dem Staat. Nach dem Ende der Sowjetunion erhielten die Bauern, die in den Kolchosen beschäftigt waren, das staatliche Land, das sie bis dahin bewirtschaf- tet hatten, in Pacht.

Wohin wird der Weizen aus der Ukraine geliefert?

Die meisten Schiffe gehen in die Türkei Die Hauptziele für den laufenden Getreideexport lagen im Juli und im August allerdings nicht in den Hungergebieten Afrikas. Hauptabnehmern von ukrainischen Weizen und Mais war vielmehr die Türkei.

Wer importiert Weizen aus Ukraine?

Tschechien, Polen und Frankreich waren im Jahr 2021 die Hauptherkunftsländer von Weizen.

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