Was schreibt man einem todkranken menschen

Hallo!

"ich habe Angst das ich anfange zu weinen"

Das darf ja passieren. ich denke aber, du solltest dir da vorher nicht so viele Gedanken machen. Auch im Hospiz denkt man nicht 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche übers Sterben nach. Du besuchst deine Freundin. Was hast du ihr früher gesagt und erzählt?

Ich erzähle mir mit unseren Patienten auch schon mal Witze und dabei habe nicht ich die schwärzesten auf Lager, das kann ich dir sagen! Genauso kann ich auch ganz leise sein und einfach nur da sitzen. Was eben gerade so dran ist, aber das zeigen sie einem schon.

Wenn sie von sich aus das Thema Tod und Sterben nicht anspricht, solltest du schon gar nicht tun. Redet über das Wetter, die Kinder oder was auch immer. Wenn sie aber davon anfängt, versuche nicht ihr auszuweichen.
Schwierig ist sicher, zwischen ihrem (vermeintlichen) Leid und deiner ureigenen Angst zu unterscheiden.

Sie ist im Hospiz, weil sie weiß, dass ihre Zeit sehr begrenzt ist. Darüber wird sie schon viel nachgedacht haben. Wenn sie jetzt in der Form verdrängt, dass sie noch viel Zeit haben wird, so ist das ihre Art damit leben zu können. Vielleicht hat sie aber auch Recht. Wer weiß das schon?

Wenn du dir sehr unsicher wirst und gar nicht weißt, was du tun oder sagen sollst, sprich einen Mitarbeiter im Hospiz an. Die werden dir da weiterhelfen.

Ich denke, du schaffst das, weil das eigentlich alle schaffen, die nicht gleich bei der ersten Schwierigkeit weglaufen.

Kann ich verstehen, dass du davor Angst hast. Man weiss nicht, was einen genau erwartet und was man sagen soll erst recht nicht. Aber sie wird sich mit Sicherheit freuen, dich zu sehen und dann geht es auch. Ich würde versuchen, mir gar keine Szenarien vorher auszudenken oder Themen zurecht zu legen. Versuch einfach zu ihr zu gehen, wie du es auch gemacht hättest, wenn sie wegen einer kleinen Sache im Krankenhaus liegen würde und erzählt so, wie ihr es immer getan habt. Man muss nicht unbedingt und immer über die Krankheit und den Tod reden, damit muss sie sich ja eh beschäftigen, wahrscheinlich ist sie froh, mit dir ein ganz normales Gespräch führen zu können. Und wenn sie darüber reden will, dann wirst du auch das schaffen! Und wenn dir Tränen kommen, dann kommen sie eben...auch das ist nicht schlimm!
Die Hauptsache ist, du besuchst sie und nimmst dir für sie Zeit!!!
Ich gehe im Moment täglich, manchmal mehrmals täglich zu meinem Papa, der auch leider nicht mehr lange Zeit hat, klar ist er alt, aber Abschied nehmen tut immer weh. Er steht unter starken Medikamenten, schläft fast immer, reagiert wenig und kann fast gar nicht mehr sprechen. Es hat sich abrupt verschlechtert und ich habe gar keine Zeit gehabt, drüber nachzudenken, wie ich mit der Situation umgehe, vielleicht war das ganz gut. Wenn ich allein da bin, streichel ich seine Hand und erzähle ihm etwas, sind wir zu zweit oder sein Mitbewohner ist da unterhalten wir uns und ich hoffe und glaube, er hört die Stimmen und auch das tut ihm gut. Gestern sagte eine Schwester, na sehen Sie Herr... sie werden nicht vergessen, immer kommt Besuch! und ich glaube, das trifft es genau. Einfach da sein! Der Rest kommt von allein!!!
Alles Liebe!

Was ich verstehen kann, das man ein komisches Gefühl hat, wenn man das erste Mal ein Hospiz betritt. Weil man einfach nicht weiß, was einen dort erwartet. Ich kann dazu nur sagen, das es ein wunderbarer Ort ist, ein Ort wo zwar der Tod am Ende des Aufenthaltes steht, aber bis es soweit ist zählt das Leben, mit all seinen Facetten. Eine wunderbare Alternative, wenn ein Mensch nicht in seinen eigenen vier Wänden sterben kann. Ich habe schon mehrere Hospize kennengelernt, in einem konnte man sogar übernachten, ich habe mich mit meiner Freundin in ihr Bett gekuschelt, wir haben geschwiegen, erzählt, gelacht, geweint. Wir haben Wein getrunken, Filme geschaut, den Pizzadienst kommen lassen. Auch wenn es für sie nur zwei Bissen davon waren. Es waren ihre letzten "guten" Tage. Ich habe auch danach noch viel Zeit in ihrer Nähe verbracht, immer darauf bedacht zu schauen was sie gerade braucht. Es gab Tage da war ich nur ein paar Minuten da und Tage da habe ich stundenlang an ihrem Bett gesessen, ihre Hand gehalten.
Vielleicht habe ich schon zu viele liebe Menschen und geliebte Verwandten sterben sehen, ich habe mir nie Gedanken darum gemacht was ich sagen soll, wie die Person aussieht. Ich habe von Anfang an immer nur den Menschen gesehen, der mich durch mein Leben begleitet hat. Man hat doch ein Gespür dafür, was der Person gerade gut tut. Ja, es tut weh...aber der Tod gehört nun mal zum Leben dazu. Ich habe da keine Berührungsängste, deswegen kann ich Ängste, welche den Umgang mit der Person direkt betreffen nicht so ganz nachvollziehen. Wenn dieser Mensch mich in seiner Nähe haben möchte, dann ist mir alles andere herzlich egal.

Körperliche Veränderungen sowie Veränderungen im Sprechen und in der nonverbalen Kommunikation kündigen den nahen Tod an. Tut dies auch die Seele des Sterbenden? Wie macht sie uns auf den zu erwartenden Abschied aufmerksam?

Wir wissen zu wenig darüber, um qualifiziert Auskunft geben zu können. Aus Erfahrung wissen wir aber, was der Seele eines Menschen in seinen letzten Stunden gut zu tun scheint; was sie braucht, um in Frieden Abschied nehmen zu können.

Für das Trostspenden am Sterbebett gilt in besonderer Weise, dass es sehr behutsam und einfühlsam vorgenommen werden muss. Will man das Innerste, die Mitte eines Menschen ansprechen und trösten, dann kann dies nur in Ehrfurcht geschehen, nicht aus der Position des Überlegenen, des Starken, des Besserwissenden. Nur die Haltung der Ehrfurcht wahrt das Geheimnis und damit die einmalige Würde dieses Menschen.

Es gibt unter Männern Zeichen von Trost, die sehr behutsam sind. Da legt einer dem anderen die Hand auf die Schulter und sagt: «Tut mir leid, alter Junge, das hattest du nicht verdient.»  Er will ihm nicht zu nahetreten, er nimmt ihn nicht in den Arm, um ihn wie ein kleines Kind zu trösten, obwohl dem anderen vielleicht die Tränen der Trauer in den Augen stehen. So sollen wir auch am Sterbebett trösten, den anderen gross sein lassen und uns die Zeit für ihn nehmen.

Was der sterbende Mensch zu Lebzeiten geglaubt, gehofft und geliebt hat, welche Einstellungen und Haltungen er in religiösen Fragen gewonnen und wie er diese im Alltag des Lebens «gelebt» hat, das muss in unserem Trösten geachtet und gewürdigt werden. Wie dies in der konkreten Situation geschehen kann, wird uns häufig der Sterbende selbst noch «wissen lassen». Es bedarf dazu vor allem eines «hörenden und verstehenden Herzens», das aufnimmt, was in dem, der unseren Trost nötig hat, vor sich geht.

Fragen Sie sich, welchen Trost der Sterbende vielleicht noch erwartet

  • Steht noch etwas zwischen Ihnen und dem Sterbenden, was bisher nicht ausgesprochen wurde? Sprechen Sie eine bestehende Schuld ihm gegenüber aus und bitten Sie ihn um Vergebung.
    Sagen Sie dem sterbenden Menschen, dass jetzt alles «in Ordnung» ist, damit er getrost loslassen und gehen kann. Und vergessen Sie nicht, sich bei ihm auch zu bedanken
  • Alle Anwesenden sollten ermutigt werden, dem Sterbenden noch etwas zu sagen. Es muss nicht laut ausgesprochen werden, es kann auch im Stillen oder leise ins Ohr geflüstert werden. Das ist auch möglich, wenn der sterbende Mensch nicht mehr bei Bewusstsein scheint.
  • Achten Sie darauf, dass alle persönlichen Äusserungen und Gesten im Raum geschützt bleiben, und nicht «nach draussen getragen» werden.
  • Haben Sie und der Kranke Kontakt zur Kirchengemeinde oder zu einer Glaubensgemeinschaft, dann scheuen Sie sich nicht, einen Seelsorger zu rufen.

Trösten erfordert einen Raum der Stille; es geschieht in leisen Tönen und behutsamen Gesten

Dies gilt erst recht in der Stunde des Todes:

  • Der sterbende Mensch braucht viel stille Zeit. Wenn Sie bei ihm sitzen, dann geben Sie ihm immer wieder diese Zeit völliger Stille. Sorgen Sie für äussere Ruhe im Raum und dafür, dass Störungen von aussen vermieden werden.
  • Zünden Sie eine Kerze an. Und wenn Sie auf Wunsch des Kranken bisher regelmässig mit ihm oder für ihn Lieder gesungen, Texte vorgelesen oder gebetet haben, dann sollten Sie das jetzt auch tun. Beschränken Sie sich aber auf einige wenige Gebete und/oder Lieder.
  • Die Gesangbücher beider Konfessionen beinhalten Lieder und Gebete zu Sterben und Tod, die Ihnen helfen können, wenn Ihnen selbst die Worte fehlen. Greifen Sie zu dem, von dem Sie wissen oder vermuten, dass es der Sterbende kennt.
  • Sprechen Sie liebevoll und zurückhaltend mit dem Sterbenden. Halten Sie seine Hand oder legen Sie Ihre Hand auf seine Schläfe, wenn Sie den Eindruck haben, er mag das.

Es kann tröstlich sein, im Sterben nicht allein zu sein. Möglicherweise aber signalisiert uns der Sterbende auch, dass er jetzt allein sein möchte. Wir haben das zu respektieren. Vielleicht kann er so leichter gehen.

Wir dürfen aber gewiss sein, dass kein Mensch im Sterben allein sein wird (auch wenn wir nicht bei ihm sind). Eine «andere» Gemeinschaft erwartet ihn schon. Und manchmal werden wir am Sterbebett Zeugen dieses Empfangs durch Freunde und Angehörige, die ihm schon vorausgegangen sind.

Quelle: Palliativnetzwerk Mainz

Lesen Sie auch die weiteren Beiträge zu diesem Thema:

  • Jeder Mensch stirbt seinen eigenen Tod
  • Wie sich die Sprache verändern kann


Weitere Beiträge

Was schreibt man einem todkranken menschen

Lebenszyklus,Lebensende

Seelsorgerin aus Berufung

Sie begleitet Patienten in ihren letzten Stunden. Und die Angehörigen meist gar über den Tod hinaus: Ordensschwester Verena.

Was schreibt man einem todkranken menschen

Lebenszyklus,Lebensende

Wie sich die Sprache verändern kann

Die Sprache der Sterbenden verändert sich. Für Angehörige kann es schwierig sein, diese Veränderung zu akzeptieren und die ungewohnten Worte des vertrauten Menschen richtig einzuordnen.

Was schreibt man einem todkranken menschen

Lebenszyklus,Lebensende

Der Anfang vom Ende…

…oder das Ende vom Schmerz. Palliative Care wird oft mit Sterbebegleitung verwechselt, ist aber viel mehr. Palliative Care heisst: Ja sagen zum Leben; auch wenn sein Ende absehbar wird. Ein Besuch auf der Palliativstation des Kantonsspitals Olten.

Was schreibt man einem sterbenskranken?

Was war gut, was war schlecht, womit habe ich Frieden gemacht, was ist noch unerledigt. Wäre es da nicht schön eine Bewunderung, ein Lob oder ein Dankeschön zu bekommen für etwas, das wir getan haben? Erinnere Dich mal an eine Person, die Dich inspiriert hat oder in schlechten Zeiten für Dich da war.

Was kann man einem sterbenden Menschen schreiben?

Ich will meine Emotionen und Empfindungen durch den bevorstehenden Tod ausleben dürfen. Ich will meine Therapie und Pflege mitbestimmen dürfen und habe bis zuletzt vollen Anspruch darauf. Ich will nicht unnötig leiden müssen. Ich will ehrliche und vollständige Antworten.

Was schreibe ich jemandem der im Sterben liegt?

Man kann ihm deutlich machen, dass man mitfühlend ist, ohne dass man ihm das schön redet, und das kann man eigentlich sehr leicht ausdrücken. Zum Beispiel "ich tröste dich nicht, aber ich würde gerne. Ich weiß, es geht nicht, aber ich würde es dir gerne mitteilen". Das hilft schon enorm.

Was kann man einem Sterbenden wünschen?

Die Wünsche der Sterbenden sind meist bescheiden «Uns geht es darum, ein Vertrauensverhältnis zu den Patienten aufzubauen, damit sie uns sagen können, was sie wirklich bewegt», sagt Annett Ehrentraut. Oft sind es letzte Wünsche, die die Patienten erfüllt haben möchten, bevor sie endgültig gehen.