Was passiert wenn man die Nacht durchmacht

Die Nacht durchmachen und am nächsten Tag eine Klausur schreiben oder Probearbeiten für den Traumjob? Keine gute Idee. Schlafentzug bringt Gehirn und Körper ganz schön durcheinander.

22. Juli 2019 | Aktualisiert: 5. Februar 2021

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Inhalt

  • Wie entsteht Schlafentzug?
  • Was passiert, wenn ich 24 Stunden wach bleibe?
  • Was passiert, wenn ich 48 Stunden wach bleibe?
  • Was passiert, wenn ich 72 Stunden wach bleibe?
  • Kann man an Schlafentzug sterben?

  • Wie entsteht Schlafentzug?
  • Was passiert, wenn ich 24 Stunden wach bleibe?
  • Was passiert, wenn ich 48 Stunden wach bleibe?
  • Was passiert, wenn ich 72 Stunden wach bleibe?
  • Kann man an Schlafentzug sterben?

Artikel Abschnitt: Wie entsteht Schlafentzug?

Wie entsteht Schlafentzug?

Die Gründe für Schlafentzug sind verschieden. Nachtschichten können uns den Schlaf ebenso rauben wie ein Jetlag. Auch wenn wir krank sind oder unter Stress stehen, schlafen wir mitunter schlechter. Manche suchen im Schlafentzug auch einen speziellen Kick und bleiben bewusst lange wach. Sie sind neugierig, was dann passiert, oder wollen sich selbst etwas beweisen.

Körper und Psyche brauchen Schlaf

Wenn wir unsere Wachzeit überstrapazieren, wirkt sich das recht schnell auf unseren Körper und unsere Psyche aus. Beide brauchen den Schlaf, um Energie zu tanken. Zögern wir diese Ruhe hinaus, stellen sich zahlreiche Symptome ein, mit denen uns unser Körper Erschöpfung signalisiert.

Artikel Abschnitt: Was passiert, wenn ich 24 Stunden wach bleibe?

Was passiert, wenn ich 24 Stunden wach bleibe?

Die neurokognitiven Fähigkeiten verschlechtern sich deutlich. Diese dienen eigentlich dazu, Informationen zu verarbeiten, die unser Gehirn erreichen. Haben wir 24 Stunden nicht geschlafen, verschlechtert sich etwa unser Langzeitgedächtnis und unsere Aufmerksamkeitsspanne wird kürzer. Aufgaben erledigen wir nachlässiger und weniger gründlich als im ausgeschlafenen Zustand. Das hat eine große Überblicksstudie ergeben, für die Forscherinnen und Forscher viele kleine Studien zum Schlafentzug zusammengetragen haben.

Signaltöne stressen mehr als sonst

Das Gehirn kann zu diesem Zeitpunkt wichtige und unwichtige Reize schlechter auseinanderhalten. Eine Studie an 24 Probandinnen und Probanden ergab, dass nach einer Nacht ohne Schlaf die Empfindlichkeit für laute Geräusche wie Signaltöne erhöht war. Die Töne stressten die übermüdeten Studienteilnehmer mehr als sonst. Dies ähnelt übrigens dem Verhalten von Schizophreniepatienten, deren Gehirn krankheitsbedingt Wichtiges von Unwichtigem schlecht oder gar nicht trennen kann.

Weitere Angaben zum Artikel:

Das Problem mit Studien über Schlaf

Wenn Wissenschaftler über Schlaf forschen wollen, wird es zeitintensiv: Sie müssen ihre Probanden in ein Schlaflabor einladen und mindestens eine Nacht, oft länger, beobachten. Sie müssen kognitive Tests mit ihnen durchführen, Blut- und Urinproben nehmen und ihre Hirnströme messen.

Die Studiengröße kann ein Problem sein

Das wirkt sich oft auf die Studiengröße aus: Beim Thema Schlafentzug etwa geht diese oftmals nicht über ein paar Dutzend Probanden hinaus. Kleine Studien sind deshalb problematisch, weil ihre Ergebnisse nur bedingt auf die ganze Gesellschaft übertragbar sind. Außerdem können Schwankungen die Ergebnisse leicht verzerren.

Viele Erkenntnisse bestätigen sich historisch

Abhilfe können sogenannte Reviews schaffen: Metastudien, die zahlreiche kleine Untersuchungen zusammenfassen, vergleichen und auswerten. Tritt ein bestimmtes Symptom – beispielsweise ein verschlechtertes Langzeitgedächtnis durch Schlafentzug – immer wieder auf, ist es wahrscheinlich, dass dieses Symptom typisch ist für Schlafentzug. Viele Erkenntnisse zum Schlafentzug bestätigten sich daher eher historisch und aus Anekdoten, sagt Malek Bajbouj, Psychiater und Neurowissenschaftler an der Charité und der Freien Universität Berlin.

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Wir werden risikobereiter

Daran schließen sich zahlreiche Beeinträchtigungen an: Wir können uns schlechter konzentrieren, reagieren langsamer auf unvorhergesehene Ereignisse, sind leichter reizbar und es macht uns nicht mehr so viel aus, Risiken einzugehen. Unsere geistigen Fähigkeiten sind nach 24 Stunden ohne Schlaf ähnlich eingeschränkt, wie wenn wir 1 Promille Alkohol im Blut haben, ergab eine weitere Studie.

Krankheiten können schlechter abgewehrt werden

Schon nach 24 Stunden Schlafentzug ist das Immunsystem weniger gut in der Lage, Krankheiten abzuwehren. Bestimmte Zellen, die die Aufgabe haben, Krankheitserreger zu bekämpfen, werden träger. Auch das Krankheitsgedächtnis des Körpers ist beeinträchtigt: Das Immunsystem prägt sich also nicht so gut ein, welche Erreger es schon kennt, und kann beim nächsten Mal möglicherweise nicht so effektiv reagieren, wenn etwa die Viren erneut in den Körper eindringen.

Wir bekommen Heißhunger auf Fast Food

Dass wir besonders Heißhunger auf Fast Food bekommen wenn wir die Nacht durchgefeiert haben, hat übrigens auch mit Schlafmangel zu tun. Die Übermüdung führt dazu, dass das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert wird. Die Lust insbesondere auf kalorienreiches Essen steigt.

Artikel Abschnitt: Was passiert, wenn ich 48 Stunden wach bleibe?

Was passiert, wenn ich 48 Stunden wach bleibe?

Nach 48 Stunden Schlafentzug hat der Körper ungefähr 50 Prozent seiner Leistungsfähigkeit eingebüßt. Er schaltet auf Stress, was sich nun auch in körperlichen Symptomen zeigt: Herzschlag und Blutdruck steigen. Verantwortlich dafür ist der Sympathikus – ein Teil des vegetativen Nervensystems. Das vegetative Nervensystem steuert Prozesse in uns, die wir nicht willentlich beeinflussen können, wie die Atmung, die Verdauung und den Herzschlag.

Schlafentzug macht vergesslich

Wenn uns so viel Schlaf fehlt, steigt nicht nur der Puls, sogar Herzrhythmusstörungen können auftreten. Außerdem sinkt die Körpertemperatur. Es fällt uns schwerer, uns sprachlich klar auszudrücken: Wir vergessen mehr Worte, machen Satzbaufehler oder verlieren den Faden.

Wir fallen in Sekundenschlaf

Selbst wenn wir uns gegen das Einschlafen wehren: Das Gehirn braucht nach dieser Zeit dringend eine Pause. Notfalls erzwingt es sie, oft ohne dass wir selbst etwas davon merken. Wir fallen in kurze, oft nur sekundenlange Schlafphasen. Wer dann im Auto sitzt, gefährdet sich und andere erheblich.

Artikel Abschnitt: Was passiert, wenn ich 72 Stunden wach bleibe?

Was passiert, wenn ich 72 Stunden wach bleibe?

Wer 72 Stunden nicht geschlafen hat, mutiert kognitiv zu einem Zombie: benommen, weder wach noch schlafend. Wer es überhaupt so lange aushält – ohne fremde Hilfe übrigens kaum möglich – erlebt jetzt Halluzinationen. Auch Angstzustände, Paranoia und depressive Verstimmungen sind möglich.

Schlafentzug als Rekordversuch

Der Rekord im Wachbleiben? Weit darüber! Elf Tage und Nächte und zwei Stunden blieb 2007 der Brite Tony Wright wach. Ins Guinnessbuch der Rekorde kam er damit allerdings nicht. Einerseits, weil noch immer strittig ist, ob andere nicht sogar länger wach geblieben sind. Und andererseits, weil Leistungen, die die Gesundheit desjenigen gefährden, der sie ausführt, inzwischen verboten sind im Buch der Weltrekorde. Schlafentzug zählen die Guinnesswächter dazu, auch wenn das lange Wachbleiben bei Tony Wright keine Folgeschäden bei ihm verursacht haben soll.

Artikel Abschnitt: Kann man an Schlafentzug sterben?

Kann man an Schlafentzug sterben?

Nach wenigen Nächten sollte einem gesunden Menschen eigentlich nichts passieren. Wer nach dem Wachbleiben stirbt, ist sehr wahrscheinlich nicht allein durch den Schlafentzug gestorben, sondern hatte eine andere Vorerkrankung.

Jedoch zeigen zahlreiche Studien, dass dauerhafter Schlafmangel ungesund ist. Möglicherweise begünstigt er auch einen früheren Tod, wobei es keine einheitliche Regel gibt, wie viel „zu wenig“ Schlaf ist. Das ist auch von Mensch zu Mensch verschieden.

Komplett ohne Schlaf droht irgendwann der Tod

Fest steht: Bekommt der Körper zu lange gar keinen Schlaf, tritt sehr wahrscheinlich der Tod ein. Darauf deutet etwa eine Erbkrankheit hin, die den Erkrankten so lange den Schlaf raubt, bis sie in schwere Verwirrungszustände, dann ins Koma fallen und schließlich sterben. Der gesamte Prozess dauert zwischen einem halben Jahr und drei Jahren. Die Krankheit nennt sich „fatale familiäre Insomnie“ und ist extrem selten.

Der Körper erreicht die Tiefschlafphasen nicht mehr

Sie wird oft an die Nachkommen weitergegeben, tritt meist in Erscheinung, wenn die Betroffenen um die 50 oder 60 Jahre alt sind, und sorgt dafür, dass das Schlafzentrum im Gehirn Stück für Stück zerfällt. Das führt dazu, dass die Erkrankten nur noch in kurze Schlafepisoden fallen, die nicht über den REM-Schlaf hinausgehen. Das heißt, ihr Körper erreicht die Tiefschlafphasen nicht mehr. Die Krankheit ist das drastischste Anzeichen, dass wir ohne Schlaf langfristig nicht auskommen.

Schlafentzug kann auch heilen

In der Medizin wird Schlafentzug manchmal auch eingesetzt, um zu heilen: Depressiven Menschen beispielsweise kann eine Nacht ohne Schlaf guttun und ihre Stimmung vorübergehend bessern. Ganz genau verstanden ist der Effekt bislang nicht. Vermutlich hat er etwas mit Nervenzellen zu tun, die sich im depressiven Gehirn nicht richtig miteinander verbinden. Unter Schlafentzug scheint den Zellen die Vernetzung dagegen zu gelingen, was dazu führt, dass sich die Stimmung der Betroffenen kurzzeitig bessert.

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Über den Autor:

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Saskia Gerhard

Hat in Labors gearbeitet und erst Chemie, dann Wissenschaftsjournalismus studiert. Kennt sich am besten mit Anatomie und Zellabläufen im Körper aus, arbeitet aber auch gern an anderen Medizin-, Umwelt- und Gesellschaftsthemen.

Quellenangaben zum Artikel:

Unsere Quellen

  • Aran et al.: Medical Decisions of Pediatric Residents Turn Riskier after a 24-Hour Call with No Sleep (Medical Decision Making, 2017)
  • Chen et al: Effects of Statin on Arrhythmia and Heart Rate Variability in Healthy Persons With 48‐Hour Sleep Deprivation (Journal of the American Heart Association, 2016)
  • Dallaspezia & Benedetti: Chronobiological therapy for mood disorders (Expert Rev. Neurother, 2011) (PDF)
  • Davies et al.: Effect of sleep deprivation on the human metabolome (PNAS, 2014)
  • Doran et al.: Sustained attention performance during sleep deprivation: evidence of state instability (Archives Italiennes de Biologie, 2001)
  • Goel et al.: Neurocognitive Consequences of Sleep Deprivation (Seminars in Neurology 2009)
  • Friedrich et al.: Letale familiäre Insomnie – Eine seltene Differenzialdiagnose in der Demenzabklärung (Fortschritte der Neurologie/Psychiatrie, 2008)
  • Lim & Dinges: A meta-analysis of the impact of short-term sleep deprivation on cognitive variables. (Psychological Bulletin, 2010)
  • Lowe et al: The neurocognitive consequences of sleep restriction: A meta-analytic review (Neuroscience & Behavioral Reviews, 2017)
  • Bajbouj, Malek. Neurowissenschaftler an der Charité Berlin
  • Mullington et al.: Cardiovascular, inflammatory, and metabolic consequences of sleep deprivation (Progress in cardiovascular diseases, 2009)
  • Naitoh et al.: Health Effects of Sleep Deprivation (BMJ Occupational Medicine, 1990) (PDF)
  • Neubauer: Understand Sleeplessness: Perspectives on Insomnia (Johns Hopkins University Press, 2003)
  • Nir et al.: Selective neuronal lapses precede human cognitive lapses following sleep deprivation (Nature Medicine, 2017)
  • Oztürk et al.: Effects of 48 hours sleep deprivation on human immune profile (Sleep Research Online, 1999)
  • Petrovsky, Ettinger et al.: Sleep Deprivation Disrupts Prepulse Inhibition (The Journal of Neuroscience, 2014)
  • Pressemitteilung, EurekAlert: Lack of sleep tampers with your emotions
  • Rihm et al.: Sleep Deprivation Selectively Upregulates an Amygdala–Hypothalamic Circuit Involved in Food Reward (Journal of Neuroscience, 2019)
  • Taheri & Arabameri: The effect of sleep deprivation on choice reaction time and anaerobic power of college student athletes (Asian journal of sports medicine, 2012)
  • Williamson & Feyer: Moderate sleep deprivation produces impairments in cognitive and motor performance equivalent to legally prescribed levels of alcohol intoxication (BMJ Occupational Environmental Medicine, 2000)
  • Zhong et al.: Increased sympathetic and decreased parasympathetic cardiovascular modulation in normal humans with acute sleep deprivation (Journal of applied Physiology, 2005)

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#Mensch#Schlafen#Stress#Zeit

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4 Kommentare

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Was passiert wenn man die Nacht durchmacht

Sie

9 Monate zuvor

Andere: oooh, das ist aber interessant, was bei Schlafentzug passiert.

Das depressive ich: oooh, deswegen verspühr ich immer den Drang wach zu bleiben und fühl mich dann besser.

Wie schlimm ist es eine Nacht durch zu machen?

Die HuffPost formulierte es unverblümt: Es ist schädlich, die Nacht durchzumachen. Chronischer Schlafmangel birgt dieselben Risiken, wie alkoholisiertes Autofahren, und kann Krankheiten, wie Herzinfarkte und Diabetes, zur Folge haben.

Was passiert wenn man 1 Nacht durchmacht?

Wenn wir die Nächte durchmachen und gegen die Müdigkeit ankämpfen, führt das wiederum zu Stress und einer erhöhten Ausschüttung von Cortisol, eines Stresshormons, das Auswirkungen auf den gesamten Stoffwechsel und viele Organe hat.

Was passiert wenn man eine Nacht nicht geschlafen hat?

Wer 72 Stunden nicht geschlafen hat, mutiert kognitiv zu einem Zombie: benommen, weder wach noch schlafend. Wer es überhaupt so lange aushält – ohne fremde Hilfe übrigens kaum möglich – erlebt jetzt Halluzinationen. Auch Angstzustände, Paranoia und depressive Verstimmungen sind möglich.

Was tun wenn man die Nacht durchgemacht hat?

Diese 11 Tipps werden Ihnen helfen..
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