Wie schnell wachsen Kinderfüße mit 8 Jahren

Wie entwickelt sich ein Kinderfuß? Prof. Dieter Rosenbaum stellt Erkenntnisse aus der eigenen Längsschnittuntersuchung „Kidfoot Münster“ vor, die seit neun Jahren den Entwicklungsverlauf von normalen Kinderfüßen beobachtet und ergänzt sie mit Ergebnissen aus der Literatur.

Der Kinderfuß und sein Erscheinungsbild sind ein häufiger Grund für Eltern, sich Gedanken darum zu machen, ob sich alles normal entwickelt oder ob Auffälligkeiten in der Form oder Funktion des Fußes Anlass zur Sorge geben sollten. So ist der Kinderorthopäde häufig gefordert, eine Abgrenzung des normalen Fußes von einer Fußdeformität vorzunehmen beziehungsweise ein Gangbild entweder als normal oder auffällig und möglicherweise therapiebedürftig zu beurteilen. Dies wird dadurch erschwert, dass im Laufe der Entwicklung durchaus einige Erscheinungsformen wie zum Beispiel der kindliche Knicksenkfuß oder ein vermehrt innenrotiertes Gangbild als Durchgangsstadium auftreten können und sich in den weiteren Reifungsprozessen wieder von selbst korrigieren oder zurückbilden. Dadurch wird eine klare Abgrenzung eines physiologischen Fußes vom pathologischen Fuß nicht in allen Fällen möglich sein, da die Situation immer altersentsprechend betrachtet werden sollte.

Embryonale Entwicklung des Fußes
Die Fußentwicklung beginnt früh in der embryonalen Entwicklung, so dass schon ab der 4. Schwangerschaftswoche erste Ansätze der Beinentwicklung erkennbar sind. In der 5. Woche zeigt eine Vorwölbung die Region der späteren Großzehe, danach bilden sich die weiteren Zehenstrahlen. In der 6. Woche beginnt die Differenzierung der Sehnen, in der 8. Woche sind Bänder als Zellverdickungen nachweisbar. Ab der 9. Woche bilden sich erste Kalksalzeinlagerungen in den Zehendiaphysen, ab dem 5. Monat erscheint ein Knochenkern im Calcaneus. Die Fußstellung ist in der 5. Woche noch ‘verdreht‘, denn die spätere Fußsohle zeigt nach oben. Ab der 9. Woche stehen die Fußsohlen in einer Art „Betstellung“ einander gegenüber; das heißt sie sind in einer Spitzfußstellung ohne Abwinkeln im oberen Sprunggelenk und die Zehen berühren sich. Unter dem zunehmenden Einfluss der Muskelkontraktionen dreht sich der Fuß während der Fetalphase weiter (Hinrichsen et al., 1994; Schilling, 1994). Während dieser Entwicklung kann es zu verschiedenen Störungen kommen, die eine Vielzahl von angeborenen (kongenitalen) kindlichen Fußdeformitäten verursachen können, die aber nicht Gegenstand dieser Zusammenfassung sein sollen.

Wachstum des Kinderfußes
Nach der Geburt entwickelt sich der Kinderfuß schnell und sobald er beginnt, das Körpergewicht zu tragen, ändert sich die Fußmorphologie (Bertsch 2004). Individuelle Charakteristika bilden sich früh aus und festigen sich bis zu einem Alter von fünf bis sech Jahren (Unger 2004, Bosch 2007). Trotzdem ist die Reifung des Fußes noch nicht komplett abgeschlossen, denn die vollständige Ossifikation des Fußskeletts kann bis zum 22. Lebensjahr dauern, wenn man die primären und sekundären Ossifikationszentren des Fußes betrachtet. Die Hälfte der endgültigen Fußlänge wird mit ein bis 1½ Jahren erreicht und die anfängliche hohe Wachstumsgeschwindigkeit nimmt bis zum 5. Lebensjahr rasch ab (Niethard, 1997). Der Fuß wächst vom fünften Lebensjahr bis zur Pubertät um zirka 0,9 Zentimeter pro Jahr, danach ist das Fußwachstum weitgehend abgeschlossen (Niethard, 1997). Der Fuß ist das erste muskuloskelettale Organ, das während der Pubertät einen Wachstumsschub erfährt. Das Wachstum des Fußes stoppt bei Mädchen mit ungefähr zwölf Jahren (ca. 3 Jahre vor Abschluss des Wachstums), bei Jungen mit 14 Jahren (Lowell & Winter, Pediatric Orthopaedics).

Entwicklungsunterschiede beim Fuß nach Geschlecht und Alter
Anthropometrische Daten von Pheasant (1988), aber auch die Daten aus unserer eigenen Untersuchung zeigen, dass die Fußlänge von Mädchen und Jungen sich bis zu einem Alter von etwa 11 Jahren kontinuierlich entwickelt und ab da das Fußlängenwachstum der Mädchen langsamer wird, die Jungen also ab da ­eine größere Fußlänge entwickeln. Ähn­liches gilt für die Vorfußbreite.
Die Breite des Mittelfußes bleibt allerdings relativ konstant, was dazu führt, dass der so genannte Fußformindex, der sich aus dem Verhältnis der minimalen Mittelfußbreite zu der Fußlänge (trunkiert, das heißt ohne Berücksichtigung der Zehen), mit zunehmendem Alter abnimmt. Damit beschreibt dieser Parameter die zunehmende Aufrichtung des Fußes und die Ausbildung des Fuß-längsgewölbes.
Dieser Fußformindex ist nach unseren Beobachtungen bei Jungen höher als bei Mädchen, d.h. dass Jungen bei gleicher Fußlänge einen breiteren Mittelfußkontakt haben, also eher zu einem platteren Fuß tendieren (Unger 2004).

„Kidfoot Münster“
Obwohl schon vielfältige Informationen zum Wachstum und zur Reifung des kindlichen Fußes in Bezug auf die Entwicklung des Gangbildes vorlagen, sah Sutherland in seinem Review (1997) noch wissenschaftlichen Handlungsbedarf: „Both growth and central nervous maturation control the gait changes up until 3.5 – 4 years. How­ever, growth alone explains the majority of the changes through the remainder of the growing years. … A fertile field of investigation is open.“ (Sutherland, “The development of mature gait”, Gait & Posture 6 (1997): 163 – 170). [4]
Diese Aussage bestätigte uns in unserer Absicht, die normale Kinderfußentwicklung in einer longitudinalen Studie zu untersuchen und so eine Normdatenbasis zu erstellen. 1999 starteten wir das „Kidfoot Münster“ Projekt (Abb. 1), dass wir mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft fortführen konnten. In diesem Jahr werden die letzten turnusmäßigen Untersuchungen abgeschlossen sein.

Probanden
Ziel unserer Studie war es, die Entwicklung der kindlichen Fußform und Fußfunktion in einer großen Gruppe normaler Kinder vom Laufbeginn bis zu einem Alter von zehn Jahren pros­pektiv, longitudinal zu untersuchen.
Mittels Pedobarographie, also der Messung der Belastung unter der Fußsohle, sollten die intra- und interindividuellen Charakteristika von Wachstum und Entwicklung evaluiert werden. In die Studiengruppe wurden knapp über 100 Mädchen und Jungen aus Münster und Umgebung aufgenommen, die frei von bekannten orthopädischen oder neurologischen Problemen waren. Bei der ersten Messung sollten sie in der Lage sein, einige Meter selbstständig zu gehen, was bei diesen Kindern in einem durchschnittlichen Alter von 15,3 Monaten möglich war (Tab. 1).
Die Kinder kamen zu insgesamt 17 Messterminen, die im ersten Jahr nach Laufbeginn alle drei Monate (U1 bis U5), im Vorschulalter alle sechs Monate (U6 bis U13) und im Schulalter einmal pro Jahr (U14 bis U17) stattfanden.
Im Laufe der Zeit brachen nur wenige Kinder die Studienteilnahme ab (z. B. wegen Umzug der Familie in eine andere Stadt). Begonnen wurden die Messungen in 1999 und da die letzten Probanden erst später rekrutiert wurden, werden die letzten 10-Jahres-Messungen in diesem Jahr abgeschlossen.

Methoden
Zur Beurteilung der Fußbewegung und Fußbelastung wurden plantare Druckverteilungsmessungen beim Barfußgehen mit einer kapazitiven Druckverteilung-Messplattform (EMED ST-4/XT; Novel GmbH München) durchgeführt. Die Kinder sollten möglichst frei gehen, aber eine Begleitung durch die Eltern wurde vor allem bei den jüngeren Kindern akzeptiert. Ziel war es, dass die Probanden mit ausreichend Anlauf wiederholt über die Platte liefen, bis insgesamt fünf Wiederholungsmessungen pro Fuß aufgezeichnet waren.
Die Verarbeitung und Analyse der Daten erfolgte mit kommerzieller Software (novel database pro, Novel GmbH). Der Fußabdruck wurde in die folgenden fünf Fußregionen unterteilt:
– M01    Rückfuß;
– M02    Mittelfuß;
– M03    Vorfuß;
– M04    Hallux;
– M05    Laterale Zehen.
Zur Beschreibung der Fußbelastung wurden folgende Parameter für den gesamten Fuß und die fünf Fußregionen berechnet:
– CA: Contact Area = Kontaktfläche
(in % der Kontaktfläche des gesamten Fußes);
– MF: Maximum Force = Maximalkraft (in % des Körpergewichts);
– PP: Peak Pressure = Spitzendruck (kPa);
– CT: Contact Time = Kontaktzeit (in % der gesamten Kontaktzeit);
– FTI:Force-Time Integral = Kraft-Zeit-Integral (in % des gesamten Kraft-Zeit-Integrals).

Erste Ergebnisse
Die Entwicklung einer normalen Ab-rollbewegung mit initialem Fersenkontakt und Abstoß von der (Groß-)Zehe kann gut mit Hilfe der Ganglinie (gait ­line) überprüft werden. Hier werden sehr schnell nach Beginn des freien Gehens Veränderungen deutlich, die zum einen zeigen, dass der Fuß, der anfänglich flach oder mit dem Vorfuß aufgesetzt wird, in der Regel schon im Laufe des ­ersten Jahres nach Laufbeginn die Entwicklung eines „heel-toe“-Abrollmusters aufweist. Außerdem zeigt der Verlauf der Ganglinie, dass der anfänglich „unruhige“ Verlauf, der auf ein noch unsicheres Abrollen in der Einbeinstandphase hindeutet, zunehmend harmonischer erscheint, wenn die Kontrolle der Gangbewegung und des labilen Gleichgewichts beim Gehen sich verbessert. Ferner zeigen sich schon früh individuelle Unterschiede in den plantaren Belastungsmustern, die die unterschiedlichen Entwicklungsverläufe, aber auch auf das Ausbilden unterschiedlicher Fußformen belegen. So richtet sich bei einigen Kindern das Fußlängsgewölbe schon nach einem halben Jahr Lauferfahrung deutlich erkennbar auf, während andere Kinder auch noch nach einem Jahr einen breiteren Mittelfußkontakt aufweisen, der auf eine langsame Aufrichtung des Längsgewölbes oder auch auf die Entwicklung eines Plattfußes hinweisen kann. Dagegen zeigen einige Kinder in jungen Jahren ein so stark ausgebildetes Längsgewölbe, dass das Belastungsmus­ter hohlfüßig erscheint. Diese Entwicklung ist allerdings nach einiger Zeit oft rückläufig, so dass sich die Frage stellt, ob der Hohlfuß ein ‘Durchgangsstadium’ in der Entwicklung darstellt, das mit zunehmendem Wachstum wieder abnimmt.

Norm-Daten
Wie ein einzelner Fuß(-abdruck) zu beurteilen und in Bezug auf ,die Norm‘ ­einzuordnen ist, kann nun mithilfe der ­bisher veröffentlichten Normdaten verglichen werden, die über die Jahre vervollständigt wurden. Hierzu wurde die Entwicklung der verschiedenen Parameter unserer Untersuchungen im zeitlichen Verlauf dargestellt. Mit Hilfe der Mediane und Perzentile kann so der Streubereich für das entsprechende Alter dargestellt werden (Abb. 2 – 5). Hier wird schon deutlich, dass der Kinderfuß sich bis zum Ende unseres Beobachtungszeitraums zwar noch längenmäßig entwickelt (Abb. 2), aber die Mittelfußbreite konstant bleibt beziehungsweise eher abnimmt (Abb. 3). Dadurch kommt es zu einer Abnahme des Fußformindex (Abb. 4), der sich aber nach zirka 60 bis 72 Monaten Lauferfahrung nicht weiter verändert. Allerdings wird der Streubereich im Laufe der Zeit größer, was auf die individuelle Ausprägung der Fußform mit der gesamten Bandbreite vom Hohlfuß bis zu einem Plattfuß hinweist. Die höchsten Druckwerte unter dem Kinderfuß steigen über den gesamten Beobachtungszeitraum an (Abb. 5), zeigen aber nur eine geringe Abhängigkeit vom Körpergewicht [5, 6]. Die Autoren machen in der von ihnen beobachteten ­Altersspanne von vier bis sieben Jahren vor allem die Fußfunktion für Unterschiede in den Druckwerten verantwortlich, während aus unserer Sicht allerdings auch die Fußform einen Anteil hat.

Was nutzen diese Daten?
Wenn man die Daten eines einzelnen Probanden mit vergleichbarer Messtechnik und -methodik erfasst hat, können sie entsprechend des Alters in die passenden Diagramme eingeordnet werden und man kann überprüfen, wo im Streubereich dieses Parameters sie liegen, ob sie also nahe am Median der Normgruppe, im Randbereich der oberen oder unteren Perzentile oder schon außerhalb des Bereichs unserer bisherigen Probandendaten liegen. Somit kann beurteilt werden, ob ein Proband für sein Alter normale oder auffällige Daten bezüglich des Fußwachstums und der Fußbelas­tung aufweist.

Wachstumsgeschwindigkeit
In Kooperation mit einem Kollegen in Japan (Todd Pataky von der Shinshu University) haben wir unsere Daten in Bezug auf die Wachstumsgeschwindigkeit untersucht. Dazu wurden die individuellen Druckverteilungsmuster eines jeden Probanden zu jedem Messtermin zunächst auf ein Standardformat gebracht (Transformation mittels einer nicht-linearen Deformation), um so eine Vergleichbarkeit der Datensätze zu erzielen. Dann wurden für jeden Probanden berechnet, welches Ausmaß an ‘Deformation‘ der Druckverteilungsmus­ter von einem zum nächsten Messtermin notwendig war, um diese Veränderung zu erzielen. Dieses Maß an Verformungsenergie war dann ein Indiz dafür, wie stark sich die plantare Fußbelastung veränderte. Wenn man nun diese Verformungsenergie im Laufe des Beobachtungszeitraums betrachtet (Abb. 6), so wird deutlich, dass anfänglich große Veränderungen stattfinden, diese Veränderungen aber mit der Zeit deutlich abnehmen, so dass schon nach wenigen Jahren Lauferfahrung beziehungsweise in einem Alter von vier bis fünf Jahren anscheinend die meisten morphologischen Veränderungen der Fußentwicklung vollzogen sind. Auch wenn das Wachstum – wie oben angeführt bis zum Alter von zwölf beziehungsweise 14 Jahren – weiter fortschreitet, ist die individuelle Fußform des heranwachsenden Kindes/Jugendlichen vergleichsweise früh zu erkennen.

Schlussfolgerungen
– Der Kinderfuß entwickelt sich schnell während der ersten beiden Jahre des freien Gehens, aber in diesem Alter zeigen die Kinder schon individuell unterschiedliche Entwicklungen.
– Die normale Abrollbewegung mit initialem Fersenkontakt entwickelt sich in der Regel schon im ersten Jahr nach Laufbeginn.
– Die „Entwicklungsgeschwindigkeit“ verlangsamt sich nach zirka vier bis fünf Jahren. Die individuell charakteristische Fußform entwickelt sich schon früh bis zu einem Alter von zirka sechs Jahren; danach verändert sich die Fußform nicht mehr sehr stark, lediglich die Größe nimmt weiter zu.
– Ein „Auswachsen“ von Fußproblemen ist nach diesem Alter eher unwahrscheinlich. Daher sollte nicht zu lange abgewartet werden; auffällige Fußdeformitäten, die in einem Alter ab sechs Jahren diagnostiziert werden, sollten aktiv angegangen und zum Beispiel mit Fußgymnastik oder -training therapiert werden, um die aktive muskuläre Stabilisierung des Fußes zu verbessern.«

Danksagung
Unser Dank gilt den Probanden und ihren Eltern für die ausdauernde und treue
Unterstützung, sowie den Mitarbeitern Helga Raape, Carola Bertsch, Heidi
Unger, Kerstin Bosch und der Deutschen Forschungsgemeinschaft für sieben Jahre
finanzielle Unterstützung.

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5. Größentabelle Schuhgrößen Kinder.

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In den ersten drei Jahren wachsen Kinderfüße um bis zu 1,5 Millimeter pro Monat. Das entspricht einem Fuß-Wachstum von bis zu drei Schuhgrößen im Jahr!

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Schuhgröße bei Kindern – Umrechnen und Tabellen nach Alter.

Welche Schuhgröße bei Kindern in welchem Alter?

Größentabelle EU – UK.