Was ist der Unterschied zwischen apostolisch und Neuapostolisch?

Die Kirche der neuapostolischen Gemeinde in Lünen im Kreis Unna ist noch ganz neu. Ende März wurde das Gotteshaus eingeweiht. Im Kirchensaal mit 256 Plätzen blinzelt die Sonne durch die Fenster, die so hoch wie das Gebäude sind. "Transparenz gehört bei uns dazu, nicht nur als architektonisches Mittel. Das viele Glas ist ein Statement", sagt der stellvertretende Leiter der Gemeinde, Jörg Lohrmann. Das war nicht immer so, weil sich die Neuapostolische Kirche über Jahre nicht nach außen artikuliert habe, sagt Katja Rakow, Religionswissenschaftlerin an der Universität Heidelberg: "In den vergangenen Jahren hat sich die Kirche geöffnet. Da ist viel passiert."

Es existiert viel Nicht-Wissen

Katja Rakow gehört zu den wenigen Wissenschaftlern, die sich in Deutschland mit der Neuapostolischen Kirche beschäftigen. Die Religionswissenschaftlerin findet, dass es sehr viel Nicht-Wissen über diese christliche Gemeinschaft gebe. Dabei ist sie eigenen Angaben zufolge mit etwa 360.000 Mitgliedern die viertstärkste christliche Konfession im Land - nach den katholischen, evangelischen und orthodoxen Christen.

In den 1990er Jahren wurde die christliche Gemeinschaft im Privatfernsehen noch als "Deutschlands unbekannteste Sekte" oder "Großsekte" bezeichnet. Doch das sei Vergangenheit, findet Rakow. "Das ist eine ganz normale Kirche, die für die Mitglieder eine enorme Bedeutung in ihrem Leben hat. Vielen mag es komisch vorkommen, dass neuapostolische Christen mehrmals in der Woche in die Kirche, zum Chor oder zu Gemeindeaktivitäten gehen." Das erscheine deshalb schon vielen Menschen ungewöhnlich, da der Durchschnittsdeutsche nur noch an Feiertagen in die Kirche gehe – sonst aber nicht, so die Religionswissenschaftlerin.

"Erst war ich ein Außenseiter"

Früher mussten sich die Gemeindemitglieder der Neuapostolischen Kirche in Lünen noch häufiger mit Vorurteilen auseinandersetzen. "Als ich Kind war, hab ich immer gesagt, ich gehe zum Geburtstag", erinnert sich Jürgen Krumm. Irgendwann habe er sich zu seinem Glauben bekannt: "Erst war ich ein Außenseiter, aber irgendwann war das kein Problem mehr." Sonntags und mittwochs bindet sich der Lüner zum Gottesdienst den Schlips für die Kirche. "Für die Gottesdienste mache ich mich schick, ja klar", sagt er. Birgit Burchardt nickt. Sie kommt mit ihrem einjährigen Sohn Tino regelmäßig in die Kirche – zum Singen, zum gemeinsamen Gebet oder zur Kinderbetreuung. "Wir sind eine ganz normale Gemeinde", sagt sie.

Die Neuapostolische Kirche kann weder der katholischen noch der evangelischen Kirche zugeordnet werden. "Es handelt sich vielmehr um eine eigenständige Entwicklung aus dem 19. Jahrhundert mit sehr schlichten Kirchen, die eher im protestantischen Spektrum zu verorten ist, während die hierarchischen Strukturen eher mit dem Katholischen zu vergleichen sind", sagt Rakow. Die neuapostolischen Gemeinden haben ihren Ursprung in der schottischen Erweckungsbewegung, welche die Kirche nach urchristlichem Vorbild erneuern wollte. Deutlichster Unterschied zu anderen Konfessionen: Neuapostolische Christen erwarten die Wiederkunft Jesu in naher Zukunft.

Im Ruhrgebiet besonders stark

Im Schmelztiegel Ruhrpott sei die Neuapostolische Kirche in NRW besonders stark, sagt Frank Schuldt, Sprecher der neuapostolischen Kirche. Die Gemeinschaft ist aber flächendeckend in ganz Deutschland vertreten. "Wir sind eben ein freies und pluralistisches Land, in dem es viele Glaubensrichtungen gibt", erklärt die Religionswissenschaftlerin aus Heidelberg. Die Menschen hätten ganz viele unterschiedliche Lebensentwürfe. Der von Jürgen Krumm orientiert sich am neuapostolischen Glauben - nicht ohne Folgen: "Das, was ich hier in der Kirche erlebe, macht mich zu einem ausgeglichenen Menschen", sagt das Gemeindemitglied.

Hinweis der Redaktion: Wegen der regen Diskussion in den Kommentaren zu diesem Text werden wir uns in einem weiteren Beitrag nochmals mit der Neuapostolischen Kirche befassen. Dabei soll es auch um "Aussteiger" gehen. Wer dazu vertraulich Kontakt zur Redaktion aufnehmen will, kann sich an wenden.

Was ist der Unterschied zwischen apostolisch und Neuapostolisch?

Hauptsitz der Neuapostolischen Kirche (NAK) in Zürich, Schweiz

Sie glauben, dass die Wiederkunft Christi und die letzten Katastrophen vor dem Ende der Welt kurz bevorstehen. Sie haben Gemeinden auf der ganzen Welt, gut 9 Millionen Mitglieder und waren früher fleissig damit beschäftigt an Türen zu klingeln und anderen Menschen Kostproben ihrer Religion schmackhaft zu machen.

Falsch gedacht! Es geht eben nicht um die Zeugen Jehovas, sondern um die Neuapostolische Kirche (kurz: NAK). Obwohl beide theologisch entfernte Verwandte der christlichen Erweckungsbewegungen des 19. Jahrhunderts sind, handelt es sich um zwei völlig verschiedene Gemeinschaften: Was sie hingegen eint, ist für viele die Frage: Ist das eine “Sekte”?

Selbst Mitglied dieser Kirche während der ersten 18 Jahre meines Lebens will ich den Leserinnen und Lesern einen kurzen, umfassenden und möglichst neutralen Einblick in diese relativ unbekannte Gemeinschaft geben. Nur mit Bezug auf offizielle Kirchenliteratur und Stellungnahmen werden wir diese Frage näher beleuchten.

Frage 1: Was ist die Neuapostolische Kirche?

Wie der Name schon vermuten lässt, glaubt die NAK von neuen Aposteln geführt zu werden. Dabei ist mit „Apostel“ nicht einfach nur eine Berufung von 12 Jüngern von Jesus von Nazareth gemeint. Für neuapostolische Christen ist das “Apostelamt” eine Einrichtung, die für die Erfüllung von Gottes Plänen auf Erden unverzichtbar ist.

Zwischen 1831 und 1836 entstand im Vereinigten Königreich eine charismatische Bewegung, die glaubte, Offenbarungen direkt vom Heiligen Geist zu empfangen. Durch sie, so ihr Glaube, gab Gott der Welt wieder Apostel wie es Petrus und Paulus für die ersten Christen im römischen Reich waren.

Erste Gemeinschaft und Vorgängerin der NAK, die aus dieser Bewegung entstand, war die katholisch-apostolische Kirche. Eine Abspaltung von dieser, die sich 1863 in Hamburg löste, ebnete den Weg für die spätere Neuapostolische Kirche.

Heute hat die NAK über 9 Millionen Mitglieder weltweit und ist in Deutschland sowie in der Schweiz immer noch die viertgrößte christliche Gemeinschaft. Schwerpunkte der Verteilung liegen heute aber im südlichen Afrika.

Das erklärte Hauptziel der neuapostolischen Christen, ist es am Tag der Wiederkunft Christi — wenn also Jesus Christus alle würdigen Menschen mit zu sich in den Himmel nimmt — entrückt zu werden. Das feste Versprechen dafür finden sie in der Bibel, z.B.:

Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und seht gen Himmel? Dieser Jesus, der von euch weg gen Himmel aufgenommen wurde, wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen Himmel fahren sehen. — Apostelgeschichte 1,11 (LUT)

Wer bei der Wiederkunft von Jesus erlöst wird, darf ewig bei ihm sein, während für den Rest der Menschheit eine Zeit der Katastrophen und Verfolgungen (genannt “große Trübsal”) beginnen werde. Nach einer anschließenden Übergangszeit der Herrschaft von Jesus als König über die Menschheit folgen dann das Gericht über alle Menschen, die jemals gelebt haben, und zuletzt das Ende der Welt wie wir sie kennen.

Frage 2: Was ist eigentlich eine Sekte?

Was ist der Unterschied zwischen apostolisch und Neuapostolisch?

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Obwohl der Begriff im Bereich der Religion ständig Verwendung findet, eine einheitliche Definition würde man vergebens suchen. Im Gegenteil verwenden viele den Begriff oft nach Belieben für persönliche (Vor-)urteile und Anfeindungen.

Ein unumstrittenes Merkmal dafür, was viele unter einer “Sekte” verstehen, ist jedoch die sogenannte Exklusivität oder Ausschließlichkeit. Diese liegt dann vor, wenn sich eine Gruppe als einzigen Weg zu einem für alle Menschen wünschenswerten oder verpflichtenden Ziel sehen.

In der Religion würde das bedeuten, die einzige Gemeinschaft mit Zugang zu Gott, dem ewigen Leben oder irgendeiner Form der Erlösung zu sein. Da sich eine solche Aussage anhand Literatur und Lehre jeder Religion überprüfen lässt, werde ich mich auf diese Definition konzentrieren.

In der Psychologie hat sich über die vergangenen Jahrzehnte das Konzept der “High-Control” oder “High-Demand”-Gruppen entwickelt, mit dem man Sekten nach Kontrolle der Gemeinschaft über den einzelnen Menschen einordnet. Demnach ist Sekte, wenn die Gemeinschaft ihre Mitglieder z.B. durch Gehirnwäsche dazu bringt, die Interessen der Gruppe als die eigenen im Bewusstsein zu verankern — oder Kritik an der Religion durch Freunde oder Bekannte als Gefahr für die eigene Erlösung zu empfinden.

Exkurs: Psychischer Druck in der NAK?

Nebst der schwerwiegenden Kritik ehemaliger Mitglieder haben bis heute auch Kirchenführer der NAK eingestanden, dass es im internen Umgang mit anderen Meinungen tatsächlich zu solchen Formen der psychischen Gewalt kam. Die Neuapostolische Kirche in Westdeutschland hat dafür eigens eine Beratungsstelle eingeführt.

Da sich aber Erfahrungen und Wahrnehmung solcher Vorgänge stark nach Haltung zur Kirche unterscheiden, überlasse ich eine Einschätzung an dieser Stelle den Wissenschaftlern. Einige religionspsychologische Studien mit Einbezug neuapostolischer Christen findet man bei Sussan Rößler-Namini und Sebastian Murken.

Denen zufolge könne heute gesagt werden, dass der Einfluss der NAK auf das persönliche Leben der Mitglieder merklich zurückgegangen ist; auch wenn ehemalige Mitglieder nach wie vor entgegenhalten, dass Spuren der Gehirnwäsche auch heute in Predigten der führenden Geistlichen zu erkennen seien.

Frage 3: Wie findet der Mensch nach neuapostolischer Auffassung Erlösung?

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Wie die meisten christlichen Gemeinschaften versteht auch die NAK “Erlösung” als einen Zustand ewigen Lebens bei Gott, losgelöst von allem Leid der menschlichen Existenz. Möglich wird diese Erlösung erst und nur durch den Glauben an den Opfertod von Jesus, wodurch Gott gläubigen Menschen seine Sünden vergibt.

Während bei evangelischen Gruppen die persönliche Glaubensbeziehung zu Jesus dabei die entscheidende Rolle spielt, betont die NAK ähnlich zur katholischen oder orthodoxen Kirche die Bedeutung von Gottes Stellvertretern im Amt der Kirche; sie haben den besonderen Auftrag, Menschen auf die Erlösung vorzubereiten.

Grundsätzlich öffnet die Kirche diesen Weg zu Gott der eigenen Auffassung nach durch drei zentrale Mittel, den sogenannten “Sakramenten”:

  • Die Wassertaufe als erster Schritt, um Christ zu werden
  • Das Abendmahl, bei dem Brot und Wein zur Erinnerung an den Tod von Jesus eingenommen werden
  • Die Versiegelung, die Taufe mit dem Heiligen Geist

Darüber hinaus begegnet der Mensch Gott nach neuapostolischer Lehre auch wie folgt:

  • Durch das “zeitgemäße” Wort Gottes in der Predigt, indem Gott dem Predigenden Eingebungen seiner Wahrheiten gibt
  • In der Freisprache, d.h. die Zusage der Vergebung der eigenen Sünden

Entscheidend ist hierbei, dass alle diese Vermittlungen durch die Einrichtung der Kirche (im Fall der NAK die Apostel) möglich werden:

Ich glaube, dass der Herr Jesus seine Kirche regiert und dazu seine Apostel gesandt hat und noch sendet bis zu seinem Wiederkommen mit dem Auftrag zu lehren, in seinem Namen Sünden zu vergeben und mit Wasser und Heiligem Geist zu taufen. — 4. Artikel des neuapostolischen Glaubensbekenntnisses

Frage 4: Wie unterscheidet sich die dabei NAK von anderen Kirchen?

Diese Mittel zur Erlösung finden sich einzeln betrachtet identisch oder ähnlich auch in anderen christlichen Konfessionen.

Was das neuapostolische Verständnis jedoch abhebt, ist die Bindung an das wiederhergestellte Apostelamt, das allein in der NAK existiere. Diese exklusive Rolle der NAK-Apostel stellt Kirchenoberhaupt Stammapostel Schneider in diesem Mitschnitt aus der Diskussionsrunde mit der kanadischen Kirchenjugend ab 48:20 klar:

Stammapostel Jean-Luc Schneider, geistliches Oberhaupt der NAK, u.a. über die Unerlässlichkeit des Apostelamts für die Vorbereitung auf die kommende Wiederkunft Christi

Besonders relevant wird das bei der Taufe und der Versiegelung, welche zusammen die “Wiedergeburt aus Wasser und Geist” bewirken und einen Menschen zum “Gotteskind” machen:

Durch die Heilige Versiegelung schenkt Gott dem [mit Wasser] Getauften die Gabe des Heiligen Geistes. Beide Sakramente gemeinsam bilden die Wiedergeburt aus Wasser und Geist. Durch sie erlangt der Mensch die Gotteskindschaft und ist berufen, bei der Wiederkunft Christi zur Schar der Erstlinge zu zählen — Katechismus der NAK, Kapitel 8

Es lohnt sich nochmals zu betonen, dass auch die Vergebung der Sünden — ganz im Gegensatz zu evangelischen Christen — nach Lehrmeinung der NAK in Verbindung zum Amt der Kirche steht:

Die Vollmacht, im Namen Jesu die Vergebung der Sünden zu verkündigen, liegt im Amt der Versöhnung, im Apostelamt (Joh 20,23). — Katechismus der NAK, Kapitel 12

Die Schlussfolgerung, dass zur Erlösung eines Menschen am Tag der Wiederkunft Christi folglich diese beiden Sakramente der Neuapostolischen Kirche notwendig sind, erklärte Stammapostel Schneider im selben Video (von Minute 33:37 an):

Stammapostel Jean-Luc Schneider, geistliches Oberhaupt der NAK, u.a. über die Notwendigkeit von Wassertaufe und Versiegelung zur “Wiedergeburt”

An dieser Stelle schiebt die NAK aber auch den Vorbehalt der “Souveranität Gottes” ein und unterlässt ein offenes Urteil über die endgültige Zugehörigkeit zur “Braut”, sprich der Menge aller am Tag der Wiederkunft Christi Erlösten:

Erst bei der Wiederkunft Christi wird offenbar werden, wer zur Braut des Herrn zählt. Zu den Kennzeichen derer, die zur Braut zählen werden, gehört, dass sie täglich auf die Wiederkunft Christi warten und beständig rufen: „Herr, komme bald!“ (Offb 22,17.20) — Katechismus der NAK, Kapitel 10

Frage 5: Wie stehen die Neuapostolischen grundsätzlich zu anderen Christen?

Ungeachtet der für sie hohen Bedeutung der eigenen Apostel schweigt sich die NAK nicht über die Bedeutung jener aus, die ebenfalls an Jesus als ihren Erlöser glauben:

Insofern ist nicht nur dort Kirche Christi, wo das Apostelamt wirkt — also im Erlösungswerk des Herrn [sprich der NAK]— , sondern auch in den anderen Kirchen, wo sich christlicher Glaube in der tätigen Liebe zum Nächsten, im klaren Bekenntnis zu Jesus Christus und im ernsten Bemühen um Nachfolge Christi verwirklicht, also in solchen christlichen Glaubensgemeinschaften, in denen im Gottesdienst Anbetung und Lobpreis des dreieinigen Gottes geschehen […] — Katechismus der NAK, Kapitel 6

Was genau bedeutet das?

Die “Kirche Christi” umfasst alle wahren Christen. Sie sind dazu bestimmt, letztlich durch Gott erlöst zu werden (siehe hier), wenn auch nicht notwendigerweise zum Tag der Wiederkunft Christi.

Obwohl die Zugehörigkeit zu dieser Menge als verborgen und “unsichtbar” gilt, wird anerkannt, dass die Zugehörigkeit zur NAK keine notwendige Voraussetzung ist.

Andererseits betont die NAK auch an dieser Stelle nochmals deutlich, dass sie sich als Erlösungswerk des Herrn deutlich vom Rest des Christentums unterscheidet. Erneut steht dabei ihre Apostel im Mittelpunkt. Allein sie haben den Auftrag und Vollmacht, Menschen auf den Tag der Wiederkunft Christi vorzubereiten.

Der Dienst der Apostel zielt darauf ab, das Erlösungswerk des Herrn zu erbauen und zur Vollendung zu führen. […] Das Apostolat ist für die gesamte Kirche Christi gegeben; es hat die Aufgabe, das Heil in Jesus Christus den Menschen anzubieten (Apg 13,47). — Katechismus der NAK, Kapitel 6

Auch wenn sie im Katechismus keine weitere Erwähnung findet, nimmt die NAK seit einigen Jahren und einer langen Zeit anfänglicher Ablehnung an der überkonfessionellen Zusammenarbeit in ökumenischen Plattformen teil.

Frage 6: Was geschieht mit den Menschen, die am Tag der Wiederkunft Christi keine Erlösung finden?

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Wie oben bereits ausgeführt unterscheidet die NAK zwischen der Zukunft vor dem Tag der Wiederkunft Christi und der restlichen Zeit bis zum Ende der Welt, wie auch viele andere Christen die Offenbarung des Johannes auslegen.

Tatsächlich verschwinden nach neuapostolischer Auffassung die Unterschiede zwischen den Christen, z.B. sobald die Menschheit beim Endgericht ein für alle mal in gut und böse eingeteilt wird:

Maßgeblich für das Urteil wird die Stellung sein, die der Mensch letztlich zu Christus einnimmt. Wer ihn ablehnt und nicht „geschrieben [ist] in dem Buch des Lebens“, verbleibt im Elend der Gottferne. Diejenigen, die im Endgericht Gnade finden, werden Bewohner von Gottes neuer Schöpfung sein und dürfen ewige Gemeinschaft mit ihm haben. — Katechismus der NAK, Kapitel 10

Da die neuapostolischen Christen jedoch hoffen, schon zu den am Tag der Wiederkunft Christi Erlösten zu gehören, wären sie selbst von diesem Endgericht ausgenommen. In der Tat ist die alleinige Existenz der NAK ihrer Vorstellung nach unser aller Schutz vor diesen bevorstehenden Gottesstrafen:

Solange das Erlösungswerk des Herrn [d.h. die NAK] auf Erden ist, bleibt die irdische Schöpfung unter einem besonderen Schutz Gottes (Offb 7,3). Nach der Wiederkunft Christi beginnt eine Zeit, in der die Menschen und die Schöpfung der Macht Satans ausgesetzt sind; alles wird leiden unter den damit verbundenen Verhältnissen. — Katechismus der NAK, Kapitel 10

Frage 7: Schließt die Neuapostolische Kirche gewisse Menschen aus?

Dies ist mit Sicherheit eine umstrittene und heikle Frage, da viele Kritiker der Kirche hier einen großen Unterschied zwischen Theorie und Wirklichkeit sehen. Bleiben wir vorerst bei der überprüfbaren Theorie.

Zweifellos hat die Neuapostolische Kirche in den vergangenen Jahrzehnten Mittel der Kontrolle über den Zugang zu ihren Sakramenten abgeschafft. Das vielleicht wichtigste Beispiel ist wohl Hans Urwyler, Stammapostel und Kirchenführer von 1978 bis 1988, der Ausschlüsse vom Sakrament des Abendmahls für Homosexuelle, sexuell “Unzüchtige” wie Ehebrecher oder andere aufhob — ein ehemaliger Zustand, den die NAK nicht bestreitet.

Trotzdem finden sich auf dem Papier noch Spuren aus dieser Zeit. Beispielsweise dürfen Menschen, die die Kirche verlassen haben oder mussten, der Form nach auch heutzutage nicht am Abendmahl der Kirche teilnehmen, falls sie nicht den Wiedereintritt anstreben.

Durch den Austritt bzw. den Ausschluss aus der Neuapostolischen Kirche erlischt zugleich die Zulassung zum Heiligen Abendmahl. Mit dem Wiedereintritt in die Neuapostolische Kirche wird die Wiederzulassung zum Heiligen Abendmahl erteilt. — Katechismus der NAK, Kapitel 8

Mitgliedern der NAK werden ihrerseits vor der Teilnahme am Abendmahl einer anderen Konfession indirekt gewarnt:

Neuapostolische Christen sollten bedenken, dass sie sich durch eine dauerhafte Teilnahme an der Abendmahlsfeier anderer Kirchen im Grunde zu deren Lehre bekennen. — Katechismus der NAK, Kapitel 8

Darüber hinaus findet sich in der offiziellen Theologie (!) der NAK keine Rechtfertigung zur Ächtung oder Meidung von Kritikern oder ehemaligen Mitgliedern, wie es bei anderen als “Sekten” bezeichneten Gemeinschaften wie den Zeugen Jehovas (“Gemeinschaftsentzug”) oder Scientology (“Disconnection”) eindeutig der Fall ist.

Auch gibt es keine Vorgaben, wann ein Mitglied aus der Kirche ausgeschlossen werden muss. Das Mittel der Exkommunikation existiert jedoch und findet auch noch heute Anwendung. Zudem kam es in den vergangenen Jahren immer wieder vor, dass Funktionäre der Kirche bei Abweichungen von der Lehrmeinung von ihrem Amt enthoben wurden.

Frage 8: Wie kann man neuapostolische Christen folglich einordnen?

Als jemand, der dieser Gemeinschaft selbst 18 Jahre angehört hat, ist es letztlich ein Ding der Unmöglichkeit, eine abschließende Antwort auf diese Frage zu finden.

Die Frage — Sekte, ja oder nein? — wird auch schwieriger, je stärker sich Lebensgestaltung der Mitglieder und Aussagen der geistlichen Führung unterscheiden. Niemand käme heute wohl noch auf die Idee, irgendeinen getauften Katholiken zu beschuldigen, wenn man wenig von einer Aussage des Papstes hält. Egal wie groß oder klein man diesen Unterschied für Anhänger der NAK einschätzt, ist er in den letzten Jahrzehnten wohl erkennbar gewachsen.

Kein Zweifel kann daran bestehen, dass die Neuapostolische Kirche ihre Apostel für unverzichtbar hält, um eine kleine, auserwählte Gruppe in naher Zukunft mit Jesus zusammenzubringen. Wer nicht dazu gehört, hat dann wenig gutes für die Zukunft zu erwarten. Dies kann man durchaus als sektenhaft bezeichnen, da sich die NAK so als besonderen und von anderen Konfessionen unverwechselbaren Weg zu Gott sieht. Einige betonen aber auch, dass sich die NAK in dieser Eigenwahrnehmung nicht allzu sehr von der römisch-katholischen Kirche unterscheidet.

Selbst beim Christentum an sich kann man ähnlich argumentieren:

Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. — Johannes 14,6 (LUT)

In jedem Fall rufe ich dazu auf, die religiöse Weltanschauung eines Menschen nicht alleine nach offiziellen Aussagen ihrer oder seiner Gemeinschaft zu bewerten. Stattdessen sollten deren oder dessen persönliche Standpunkte entscheidend sein.

Schließlich weiß ich aus eigener Erfahrung: Kein Gläubiger sieht sich selbst als Sektenmensch. Und jede wirkliche Sekte hat leichtes Spiel ihre Mitglieder fester an sich zu binden, wenn man solchen Menschen das Gefühl gibt, wegen ihrer oder seiner Zugehörigkeit anderswo ohnehin keine verständnisvollen Freunde finden zu können.

Was ist der Unterschied zwischen katholisch und Neuapostolisch?

Die neuapostolischen Gemeinden haben ihren Ursprung in der schottischen Erweckungsbewegung, welche die Kirche nach urchristlichem Vorbild erneuern wollte. Deutlichster Unterschied zu anderen Konfessionen: Neuapostolische Christen erwarten die Wiederkunft Jesu in naher Zukunft.

Was versteht man unter Neuapostolisch?

Die Neuapostolische Kirche (NAK) ist eine christliche, trinitarische und prämillenaristische Religionsgemeinschaft, die sich als Wiederherstellung urchristlicher Verhältnisse zur Zeit der biblisch überlieferten Apostel betrachtet. Folglich nimmt die NAK in Anspruch, von neuen Aposteln geführt zu werden.

Was heißt apostolisch auf Deutsch?

Bedeutungen: [1] Christliche Religion: alles, was unmittelbar oder mittelbar auf die Apostel zurückgeht. [2] Katholische Kirche: päpstlich.

Ist apostolisch katholisch?

Die Katholisch Apostolische Kirche – Gemeinde Gottes (nl. Katholiek Apostolische Kerk – Gemeente Gods) ist eine christliche Glaubensgemeinschaft. Sie zählt zu den apostolischen Gemeinschaften. Seit 2009 nennt die Gemeinschaft sich Allgemeine Kirche (Algemene Kerk).