Immer wieder betone ich, dass ich mich nicht zu 100 % gesund und clean ernähre, sondern auch mal Kuchen, Schokolade, Kekse und Co. esse. Das zeige ich auch immer wieder auf Instagram – in letzter Zeit ein bisschen häufiger 😉 Der Hintergrund ist einerseits natürlich, dass ich ehrlich mit dir sein möchte und nicht vortäuschen möchte, dass ich niemals ungesund essen würde. Andererseits bekomme ich aber auch immer wieder E-Mails von ganz offensichtlich essgestörten, meist sehr jungen Frauen, die sich Süßigkeiten oder auch herzhafte ungesunde Speisen wie Pizza usw. regelrecht „verbieten“ und sich zu 100 % clean oder gesund ernähren. Deshalb spreche ich heute ein ernstes Thema an, das in letzter Zeit immer häufiger seinen Weg in die Medien gefunden hat. Erst gestern Abend wurde bei Spiegel TV ein provokanter Beitrag mit dem Titel „Das große Fasten“ gesendet (Da ich hier keine Diskussion zu dem TV-Beitrag auslösen möchte: Ich teile die Meinung des Redakteurs nicht). Die Redakteure gingen der Frage nach, warum immer mehr Menschen ein kompliziertes Verhältnis zum Essen entwickeln. Menschen, die besessen davon sind, nichts „falsches“ zu essen wurden interviewt. Vor einigen Monaten war dies bereits Thema bei Sandra Maischberger: „Kein Salz, kein Brot, keine Milch – Zu viel Stress ums Essen?“. Und auch die deutsche Gesellschaft für Endokrinologie warnte vor kurzem vor dem Zwang, gesund zu essen. Orthorexia Nervosa, der Zwang, sich gesund zu ernähren und alles Ungesunde zu vermeiden, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Keine Sorge, ich werde hier nicht den Zeigefinger heben (das liegt mir ganz grundsätzlich fern) und ich werde hier auch nicht regelmäßig über Essstörungen informieren. Aber gerade diese Art der Essstörung finde ich besonders wichtig, um sie hier einer großen Leserschaft vorzustellen. Show
Qualität statt QuantitätGenau wie Magersucht oder Adipositas ist auch Orthorexie eine ernstzunehmende Essstörung. Der Unterschied zwischen Orthorexie und Mager- bzw. Fettsüchtigen oder auch Bulimie ist jedoch, dass hier nicht die Menge des Essens im Vordergrund steht, sondern seine Qualität. Den Betroffenen geht es nicht darum, abzunehmen, oder ihr Gewicht zu halten, sondern vielmehr darum, Erkrankungen durch ungesunde Ernährung vorzubeugen. Als Krankheit bzw. Essstörung anerkannt ist Orthorexie jedoch (noch) nicht. Mediziner und Ernährungswissenschaftler streiten noch darum, ob es sich dabei überhaupt um eine Krankheit handelt. Hintergrund ist unter anderem, dass diese Form der Essstörung noch nicht ausreichend erforscht ist. Da ich aber selbst Frauen kennen gelernt habe und, denen es genau so ging, habe ich keinen Zweifel daran, dass es diese Form der Essstörung gibt. Da Orthorexie bisher nicht als Krankheit anerkannt ist, ist es auch schwer einzuschätzen, wie viele Menschen sich zwanghaft gesund ernähren. Schätzungen gehen von 1-2 % der deutschen Bevölkerung aus. Männer und Frauen sollen gleichermaßen betroffen sein. Wann wird gesunde Ernährung zur Essstörung?Am Anfang steht eine gesunde, ausgewogene Ernährung im Vordergrund. Die Betroffenen entwickeln eine Besessenheit für eine eigentlich gesundheitsfördernde Ernährung – und „gesund essen“ wird zu einer ungesunden Krankheit. Ernährung als Religionsersatz quasi. Kritisch, wird es, wenn sich das ganze Leben nur noch um Essen dreht. Der amerikanische Arzt Dr. Steven Bratman (selbst ein ehemaliger Betroffener) beschrieb 1997 Orthorexie zum ersten Mal und entwickelte für sein Buch „Health Food Junkie“* einen 10-Punkte-Fragebogen, mit dem jeder überprüfen kann, ob gesundes Essen für ihn schon zum Zwang geworden ist: Der Test für Orthorexie von Steven Bratman:
Wer einen der Punkte bejahen kann, ist nicht gleich essgestört. Wenn du aber 4 oder 5 dieser Fragen mit “ja” beantworten kannst, ist es Zeit mehr Gelassenheit in Bezug auf Ihre Ernährung zu zeigen. Wenn Sie alle Fragen bejahen hast du bereits eine Besessenheit für gesunde Lebensmittel entwickelt. Quelle: Dr. Steven Bratman Mögliche Folgen des ZwangsWer sich zwanghaft gesund ernährt, neigt dazu, abzumagern und seine sozialen Kontakte zu vernachlässigen. Viele versuchen zudem, die Menschen in ihrem Umfeld zu „bekehren“ und von ihren „gesunden“ Ernährungsgewohnheiten zu überzeugen. Mit den Freunden essen gehen oder gemeinsames Kochen werden vermieden. Menschen, die sich nicht gesund ernähren, fühlen sie sich überlegen. Folgen können außerdem Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Antriebslosigkeit, eingeschränktes Leistungsvermögen sein. Betroffenen kann ich nur raten, einen Arzt oder Psychologen aufzusuchen. Alle anderen möchte ich mit diesem Artikel einfach für diese Art von Essstörung sensibilisieren und noch einmal verdeutlichen, dass sich niemand zu 100 % gesund ernähren muss und dass kleine Ausnahmen durchaus in Ordnung sind. Die Balance muss stimmenWichtig ist eine gesunde Balance zwischen gesunder Ernährung und Besessenheit – das Leben soll schließlich auch noch Spaß machen. Wenn ich bei Instagram sehe, dass junge Mädels tage- oder wochenlang nur noch Bananen essen (25-30 Stück pro Tag – #bananaisland) und das als „gesund“ anpreisen, kann ich nur verständnislos den Kopf schütteln und den „entfolgen“-Button drücken. Nicht nur, dass sie ihrer eigenen Gesundheit damit schaden – auch der Verantwortung gegenüber ihren (oft sehr jungen) „Followern“ gegenüber sind sich viele offensichtlich nicht bewusst. Ich hoffe deshalb, dir macht gesunde Ernährung auch einfach so viel Spaß, wie mir, und dass der Genuss nicht zu kurz kommt und deine Lebensqualität nicht leidet. Und dass du an deinem Geburtstag nicht auf ein leckeres Stück Kuchen verzichtest – nur Möhrchen knabbern ist alles andere als gesund! 😉 Denn unsere Ernährung sollte keinen starren Regeln unterliegen oder dogmatisch sein, sondern vielmehr flexibel sein und Spaß machen! Ich freue mich auf deine Meinungen zu diesem wichtigen Thema! Anzeige Teilen:
Ich bin Hannah Frey, Gesundheitswissenschaftlerin, Bloggerin und Kochbuch- und Ernährungsratgeber-Autorin. Ich helfe dir dabei, dich auch im stressigen Alltag mit wenig Aufwand gesund zu ernähren. Ich möchte dich zu einem gesunden Leben motivieren und inspirieren. Deshalb findest du hier jede Menge schnell zubereitete, einfache und alltagstaugliche Rezepte aus natürlichen Zutaten und ohne raffinierten Zucker – aber mit 100 % Geschmack! Facebook Instagram Pinterest Youtube Rss 38 Kommentare zu „Der Zwang, gesund zu essen: Orthorexia Nervosa“
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