Lehm und ton das gleiche

Lehm und ton das gleiche

Beispiele für Baustoffe, die im Wesentlichen aus Ton bestehen. Fotos: Wienerberger

Die meisten Menschen wissen, wie sich Ton an den Händen anfühlt. Irgendwann hat schließlich jeder im Kindergarten oder in der Schule schon mal getöpfert. Ton ist uns also in gewissem Maße vertraut: als weiche, erdige Masse, die man zu Gegenständen aller Art plastisch verformen kann und die sich dann – nach einem Brennvorgang im Ofen – in harte Keramik verwandelt. Doch solche sinnlichen Erfahrungen bedeuten nicht, dass wir auch wirkliches Know-how über das Material besitzen. Oder wisst Ihr etwa, woraus Ton überhaupt besteht und wie er entstanden ist? Nein? Die Antwort bietet unser Fachwissenbeitrag.

Die meisten werden noch wissen, dass Ton ein Material ist, das in der Erdkruste natürlich vorkommt und dort oberflächennah abgebaut werden kann. Nun besteht die Erdkruste zum größten Teil aus unterschiedlichen Gesteinsschichten, die wiederum aus verschiedenen Mineralien zusammengesetzt sind. Zu den häufigsten Mineralien, die sich in fast allen Steinsorten nachweisen lassen, gehören Quarz, Glimmer und Feldspat.

Im Laufe der Zeit verwittern auch härteste Steine durch die Einwirkung von Wind, Wasser und jahreszeitlichen Temperaturdifferenzen. In der Erdgeschichte wurden auf diese Weise schon ganze Gebirge abgetragen. Und umgekehrt entstanden auch wieder neue Steinformationen, indem Verwitterungsreste durch fließendes Wasser an andere Orte transportiert wurden, wo sie zunächst neue Ablagerungsschichten und nach Millionen von Jahren auch neue Gebirgszüge formten.

Die Rolle des Feldspats

Durch die Verwitterung zerfallen große Gesteinsblöcke irgendwann in kleinere Teilchen – es bilden sich also zum Beispiel Kiese und Sand. Oder eben Ton. Denn auch der gehört zu den Zerfallsprodukten ursprünglicher Steine. Dabei entsteht Ton durch die Zersetzung von Feldspaten. Diese Mineraliengruppe besteht immer aus Verbindungen von Aluminium mit Silizium. Chemisch betrachtet sind Feldspatmineralien also Aluminiumsilikate. Sie bestehen aus einem Kristallnetz, das im Wesentlichen aus SiO4– und AlO4-Molekülen aufgebaut ist. Zwischen diese Hauptbausteine können noch weitere Elemente eingefügt sein, zum Beispiel Natrium, Kalzium oder Kalium.

Feldspate gehören zu den Mineralien, die besonders anfällig für die Zersetzung durch Wasser sind. Der dabei entstehende Ton besteht aus sehr feinkörnigen Mineralien (Korngröße kleiner als 0,002 mm). Bei natürlichen Tonschichten, die noch relativ viel Wasser enthalten, ist das Material weich und plastisch formbar – also so, wie wir es aus dem Werkunterricht kennen. Trockener Ton ist dagegen fest, spröde und relativ brüchig. Er handelt sich dann um Tonstein.

Baustoffe aus Ton

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Die Ockerbrüche bei Roussillon (Südfrankreich bestehen aus Ton mit hohem Eisenoxid-Anteil. Foto: TiM Caspary / www.pixelio.de

In der Baustoffindustrie gehört Ton zu den wichtigsten Rohstoffen. Er ist zum Beispiel die Basis für Dach- und Mauerwerkziegel sowie für Fassaden- und Pflasterklinker. Diese Produkte bestehen aus gebranntem Ton, also aus Keramik. Allerdings wird für ihre Herstellung in der Regel kein reiner Ton verwendet. Der hat nämlich die Eigenschaft, dass er beim Trocknen stark schrumpft und durch den Brennprozess extrem hart wird. Härter als es für die genannten Produkte sinnvoll ist. Für Ziegelprodukte wird der Ton deshalb meist mit verschiedenen Zusatzstoffen vermengt, durch die er die Eigenschaften erhält, die von den Herstellern gewünscht sind.

Wobei der Ausdruck „reiner Ton“ ohnehin irreführend ist. Denn auch in der Natur kommen reine Tonablagerungen nur selten vor. Dadurch erklären sich auch die unterschiedlichen Farben, die Tonerde haben kann. So deutet rostbrauner Ton auf einen hohen Eisenanteil hin. Chloreinlagerungen bewirken dagegen eine Grünfärbung, und wenn die Tonmasse von brauner bis schwarzer Farbe ist, dann ist meist das Metall Mangan im Spiel. Der reinste Ton, der in der Natur vorkommt, ist die so genannte Porzellanerde (Kaolin). Diese eisenfreie, weiße Substanz wird – wie ihr Name schon sagt – unter anderem zur Herstellung von Porzellan verwendet. Beim Brennen wird diese Tonsorte sehr hart und glasig. Aber das ist für Porzellan eben ein gewollter Effekt.

Lehm und ton das gleiche

Gemahlene Lehmerde in der Produktion des Herstellers Claytec.

Schon seit Urzeiten nutzt der Mensch die natürliche Bodenart Lehm als Baustoff. Das Spektrum reicht von traditionellen Lehmbausteinen über monolithische Wände aus Stampflehm bis hin zu modernen Putzen, Farben und Plattenwerkstoffen auf Lehmbasis. Bei vielen dieser Produkte dient der Lehm als Bindemittel, der pflanzliche Zusatzstoffe wie zum Beispiel Stroh zusammenhält. Doch was genau versteht man eigentlich unter Lehm und was unterscheidet Lehmboden von Tonerde?

Wie im Fachwissenbeitrag über Ton bereits erwähnt, kommt Tonerde in der Natur selten in reiner Form vor. In der Regel sind noch weitere Elemente in das Material eingelagert (meist Metalle), die dem Boden unter anderem seine charakteristische Farbe verleihen. So sorgt etwa Eisenoxid für die typisch rot-braune Farbe vieler Tone. Solche Einlagerungen sind aber nicht die einzige Form von „Verunreinigungen“, die man bei natürlicher Tonerde vorfindet. Noch viel häufiger haben sich die Tonminerale mit anderen Bodenarten vermischt – zum Beispiel mit Sand. Durch solche Vermischungen ist auch das entstanden, was wir als Lehm bezeichnen.

Sand – Ton – Schluff

Sand ist wie Ton eine Bodenart, die ursprünglich durch die Verwitterung von größeren Gesteinformationen entstanden ist. Während Sand allerdings aus relativ großen Quarzkörnern besteht (0,063 mm bis 2 mm), sind die Tonminerale deutlich kleiner (Korngröße: kleiner als 0,002 mm). Sie sind das Produkt der Zersetzung feldspatreicher Gesteine. Feldspat ist ein relativ zersetzungsanfälliger Bestandteil vieler Steinsorten. Vielerorts wurde er in Millionen von Jahren durch Naturprozesse so stark zermahlen, dass am Ende nur noch eine sehr feine Körnung übrig blieb, die man weder mit bloßem Auge sehen noch mit dem Tastsinn fühlen kann. Das sind die bereits genannten Tonminerale.

Aufgrund seiner Feinkörnigkeit ist Ton ein bindiger Boden – seine Bestandteile „kleben“ also relativ fest aneinander. Er ist daher auch deutlich wasserundurchlässiger als Sand und speichert viel mehr Feuchtigkeit. Sand dagegen kennen wir als unverfestigte Bodenart. Wer hat nicht schon mal am Strand seine einzelnen Körner durch die Hand rieseln lassen? Doch es gibt noch eine andere Bodenart, die an dieser Stelle von Bedeutung ist: so genannter Schluff. Der besteht aus Mineralien mit Korngrößen zwischen 0,002 mm und 0,063 mm. Er liegt damit also genau zwischen Sand und Ton. Mit seiner typischen Korngröße gehört Schluff noch zu den unverfestigten, nicht bindigen Bodenmaterialien.

Um es noch einmal zu betonen: Der Begriff Schluff bezieht sich auf die Korngröße des Materials. Er ist keine Bezeichnung für ein bestimmtes Gesteinsmineral. Oder anders ausgedrückt: Ein Schluffboden kann aus unterschiedlichsten Mineralien bestehen, die sich aber durch eine Korngröße zwischen 0,002 mm und 0,063 mm auszeichnen.

Was ist Lehm?

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Verarbeitung von modernem Lehmputz. Foto: Claytec

Und was hat das alles mit unserem Thema Lehm zu tun? Ganz einfach: Lehmboden ist ein natürliches Gemisch von Sand, Schluff und Ton, wobei die drei Zutaten etwa in gleichen Anteilen vorkommen. Die Tonminerale dienen in dieser Mischung als Bindemittel, sie sorgen also dafür, dass aus Sand und Schluff ein Boden entsteht, der deutlich bindiger und weniger wasserundurchlässig als Sand ist. Zugleich ist Lehm aber nicht so bindig, verformbar und wasserundurchlässig wie Tonerde. Wie gesagt: Für das Ausmaß der Bindigkeit ist letztlich die Korngröße entscheidend. Je mehr winzige Tonminerale die Erde enthält, umso bindiger ist sie.

So weit die Theorie. In der Praxis ist es allerdings gar nicht immer so einfach, Sand-, Lehm- und Tonböden voneinander zu unterscheiden. Die Grenzen sind oft fließend. So gibt es in der Natur zwar mehr oder weniger reine Sandböden, aber eben auch solche mit Tonmineral-Anteilen von bis zu 20 %. Man spricht dann von lehmigen Sanden. Umgekehrt gibt es auch sandige Lehme, bei denen der Tonanteil nur etwa 20 bis 30% ausmacht, während der Rest des Bodens eben aus Sand und Schluff besteht. Schwere Lehme wiederum haben einen Anteil an Tonmineralien von etwa 40 bis 50%. Bei einem Anteil von über 50% spricht man dann von einem Tonboden.

Mehr Infos zu den Grundstoffen des Bauens finden Sie in der Übersicht!


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Über den Autor Roland Grimm ist seit Februar 2013 freier Journalist mit Sitz in Essen und schreibt regelmäßig Fachwissen-Artikel für BaustoffWissen. Zuvor war er rund sechs Jahre Fachredakteur beim Branchenmagazin BaustoffMarkt und außerdem verantwortlicher Redakteur sowie ab 2010 Chefredakteur der Fachzeitschrift baustoffpraxis. Kontakt:


Überblick: Moderne Lehmbaustoffe

Im Baustoff Know-how über Lehmböden sind wir bereits darauf eingegangen, woraus das Naturmaterial an sich besteht. Die Baustoffindustrie verwandelt den Rohstoff dann in unterschiedlichste Produkte. Das Spektrum reicht von Lehmmörtel und Faserlehm über Lehmsteine und Lehmbauplatten bis hin zu Stampflehm. ...

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Ist Ton aus Lehm?

Lehm ist eine Mischung aus Sand (Partikel > 63 µm), Schluff (Partikel > 2 µm) und Ton (Partikel < 2 µm). Er entsteht entweder durch Verwitterung aus Fest- oder Lockergesteinen oder durch die unsortierte Ablagerung der genannten Bestandteile. Er stellt einen der ältesten Baustoffe der Welt dar.

Was genau ist Ton?

Ton ist ein natürlich vorkommendes, vorwiegend anorganisches Material, das hauptsächlich aus Tonmineralen besteht, bei ausreichenden Wassergehalten generell plastisch verformbar ist und spröde wird, wenn es getrocknet oder gebrannt wird.

Was ist das Material Ton?

Ton ist das Zersetzungsprodukt von Feldspat, es sind Mineralien, die aus Verbindungen von Aluminium und Silizium bestehen und in einem Kristallnetz angeordnet sind. Dabei können noch weitere Elemente eingefügt sein, wie zum Beispiel: Natrium, Kalzium, Kalium oder andere Übergangsmetalle.

Wie erkenne ich Ton?

Bodenart bestimmen: Fingerprobe am Boden.
Sand fühlt sich körnig, rau und kratzend an. Er haftet nicht in den Fingerrillen..
Schluff fühlt sich samtig-mehlig an und ist kaum bindig. Wenn man Schluff verschmiert, glänzt die Schmierfläche nicht. ... .
Ton fühlt sich klebrig an und ist stark bindig. Deswegen ist er gut formbar..