Wer krank ist, kann nicht gekündigt werden? Falsch! Die Kündigung wegen Krankheit ist zwar selten, die Hürden dafür liegen hoch. Aber rechtlich ist die krankheitsbedingte Kündigung durchaus zulässig. Riskant wird es für Arbeitnehmer, die dauerhaft und chronisch erkranken sowie Mitarbeiter, die häufig oder länger als sechs Wochen krank sind. Wir erklären, unter welchen Voraussetzungen die krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist – und wie Sie sich dagegen wehren können… Show
Die krankheitsbedingte Kündigung ist eine Form der personenbedingten Kündigung. Bedeutet: Der Arbeitnehmer hat sich nicht falsch verhalten. Vielmehr liegt der Kündigungsgrund in seiner Person selbst. Bei der Kündigung wegen Krankheit ist das der Fall, wenn der Arbeitnehmer beispielsweise wegen eines schweren Unfalls (z.B. Amputation), einem chronischen Leiden (Bandscheibenvorfall) oder häufigen Erkrankungen dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen zu erbringen. Wegen einer Erkältung oder Grippe kann niemand gefeuert werden. Auch wer sich ein Bein bricht, hat nichts zu befürchten. Selbst wenn er oder sie deswegen länger ausfällt. Damit die Kündigungen wegen Krankheit zulässig ist, muss es sich um eine andauernde Arbeitsunfähigkeit handeln. Allerdings sind laut Bundesarbeitsgericht auch Entlassungen aufgrund häufiger Kurzerkrankungen in den vergangenen drei Jahren möglich. Wann darf Arbeitgeber wegen Krankheit kündigen?Die krankheitsbedingte Kündigung zählt zu den ordentlichen Kündigungen. Heißt: Fällt das Arbeitsverhältnis unter den Kündigungsschutz, muss der Arbeitgeber gesetzliche (und vertragliche) Kündigungsfristen einhalten und einen zulässigen Kündigungsgrund nennen und nachweisen. Andernfalls ist die Kündigung unwirksam. Damit das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar ist, muss der Betrieb regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen und der Mitarbeiter länger als sechs Monate beschäftigt sein (sogenannte „Wartezeit“). Der Kündigung wegen Krankheit muss übrigens keine Abmahnung vorausgehen. Die ist als Warnsignal gedacht, damit der Mitarbeiter sein Verhalten ändern kann. Das ist bei einer schweren Erkrankung nicht möglich, weshalb der Arbeitgeber zuvor auch nicht abmahnen muss. Voraussetzungen für Kündigung wegen KrankheitDie gesetzlichen Hürden für eine Kündigung wegen Krankheit liegen in Deutschland hoch. Der Arbeitgeber darf krankheitsbedingt nur kündigen, wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind. Liegt nur eine davon nicht vor, ist unzulässig oder kann diese vor dem Arbeitsgericht nicht glaubwürdig belegt werden, ist die Kündigung insgesamt unwirksam. Die Prüfung einer krankheitsbedingten Kündigung verläuft daher immer nach folgendem Schema: 1. Negative PrognoseEntscheidendes Kriterium für eine krankheitsbedingte Kündigung ist die sogenannte Negativprognose. Bedeutet: Die Beeinträchtigung der Arbeitsleistung ist nicht nur vorübergehend. Vielmehr ist auch in Zukunft keine (gesundheitliche) Besserung zu erwarten. Der Mitarbeiter ist also aufgrund der Krankheit nicht in der Lage, seinen Arbeitsvertrag zu erfüllen. Arbeitnehmer können aber versuchen, die negative Prognose zu widerlegen, indem sie zum Beispiel den Arzt von der Schweigepflicht entbinden. 2. InteressenbeeinträchtigungDie betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers müssen durch den Ausfall des Mitarbeiters „erheblich“ beeinträchtigt sein. Eine solche Interessenbeeinträchtigung kann zum Beispiel gegeben sein, wenn der Betriebsablauf massiv gestört wird, weil die fehlende Leistung nicht ausgeglichen werden kann. Etwa bei Fachspezialisten. Auch wenn dem Unternehmen deutliche finanzielle Belastungen entstehen, kann das die wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigen. 3. VerhältnismäßigkeitGrundsätzlich ist die Kündigung das letzte Mittel – die „ultima ratio“. Der Arbeitgeber muss deshalb zuvor prüfen, ob es nicht auch „mildere Mittel“ und die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung gibt. Zum Beispiel eine Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, der den körperlichen Möglichkeiten entspricht oder eine Weiterbildung und Umschulung. Erst wenn alle milderen Mittel ausgeschlossen werden können, kann die personenbedingte Kündigung gerechtfertigt sein. 4. InteressenabwägungBei der krankheitsbedingten Kündigung muss das Interesse des Arbeitgebers an der Entlassung das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung überwiegen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Kosten für eine (behindertengerechte) Umrüstung des Arbeitsplatzes unwirtschaftlich sind oder der Ausfall zu lange dauert. Kurz: Es darf dem Arbeitgeber nicht zuzumuten sein, den Mitarbeiter weiterzubeschäftigen. Allerdings sind dabei auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter des Arbeitnehmers sowie soziale Härten (Kinder, Unterhaltspflichten) zu beachten. Die Beweislast liegt hier beim Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer kann umgekehrt eigene Vorschläge einbringen, muss im Zweifelsfall aber eine schlechtere Position akzeptieren (siehe: Änderungskündigung). Anzeige Hol dir 17 geniale Tipps, mit denen Du einfach & schnell mehr Gehalt bekommst
(Dauer: 60+ Minuten, deine Anmeldung ist 100% kostenlos.) Jetzt rechtzeitig Platz sichern! Beispiele für zulässige krankheitsbedingte KündigungenJede Erkrankung ist anders, verläuft anders, endet anders. Das muss auch bei der Kündigung wegen Krankheit berücksichtigt werden. Vor dem Arbeitsgericht landen meist vier Fallgruppen:
Sonderfälle
Wann ist die Kündigung wegen Krankheit unwirksam?Die krankheitsbedingte Kündigung hebelt den Kündigungsschutz nicht vollständig aus. Bestimmte Personengruppen und Bedingungen müssen auch weiterhin berücksichtigt werden:
Kündigungsfristen bei krankheitsbedingter KündigungBei der Kündigung wegen Krankheit gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen. Zudem können längere Fristen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag vereinbart sein. Nach § 622 BGB Abs. 2 verlängern sich die gesetzlichen Fristen mit der Dauer der Beschäftigung des Mitarbeiters. Die maximale Kündigungsfrist für Arbeitgeber beträgt sieben Monate (nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit): Krankheitsbedingte Kündigung während der Probezeit?Während der Probezeit besteht kein Kündigungsschutz. Der greift erst nach sechs Monaten (Wartezeit) – selbst wenn die Probezeit kürzer dauern sollte. In diesen sechs Monaten können beide Seiten – Arbeitnehmer und Arbeitgeber – ohne Angabe von Gründen und binnen zwei Wochen kündigen. Ob die Kündigung krankheitsbedingt war, muss der Arbeitgeber also gar nicht angeben. Der Anlass – etwa häufiges Krankmelden – ist auch unerheblich. Kündigung wegen Krankheit erhalten: Wie reagieren?Jede Kündigung ist zunächst ein Schock. Erst recht, wenn Sie zuvor angenommen haben, die Krankheit würde Sie vor einer Kündigung schützen. Trotzdem müssen Sie den Rausschmiss nicht akzeptieren und können sich sogar dagegen wehren. So reagieren Sie richtig:
Habe ich Anspruch auf eine Abfindung?Bei einer Kündigung hoffen viele Arbeitnehmer auf eine Abfindung, um die finanziellen Folgen des Jobverlusts zu verringern. Dabei handelt es sich aber um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers. Ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht nicht. Allenfalls bei einer betriebsbedingten Kündigung oder einer entsprechenden Betriebsvereinbarung bestehen Chancen. Ansonsten bleibt die Abfindung reine Verhandlungssache. Was passiert mit dem Arbeitslosengeld?Wer personenbedingt oder krankheitsbedingt gekündigt wird, muss in der Regel keine Sperrfrist beim Arbeitslosengeld befürchten. Die bis zu 3-monatige ALG-Sperre ist nach § 159 SGB III nur erlaubt, wenn sich sich der Arbeitnehmer „versicherungswidrig“ verhält. Bei der Kündigung wegen Krankheit ist dem Mitarbeiter aber in der Regel kein Verschulden vorzuwerfen. Umso wichtiger ist, dass Sie sich sofort nach Erhalt der Kündigung bei der Arbeitsagentur arbeitslos melden. Nur so sichern Sie rechtzeitig den vollen Anspruch auf das Arbeitslosengeld und riskieren keine Leistungskürzungen. Was andere Leser dazu gelesen haben
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Wie oft ist es normal im Jahr krank zu sein?Durchschnittlich zwischen zwei bis fünf Erkältungen jährlich deuten bei erwachsenen Menschen auf keine außergewöhnliche Immunschwäche hin, bei Kindern gelten bis zu acht „kleine Infekte“ (wie z. B. Erkältungen, Mandelentzündungen oder Magen-Darm-Infekte) als normal.
Wie viel krank sein ist normal?Arbeitnehmer 2019 10,9 Tage krank gemeldet
2019 waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland durchschnittlich 10,9 Arbeitstage krank gemeldet. Ab dem Jahr 2008 bis 2016 war ein moderater Anstieg der Krankheitstage zu beobachten.
Was passiert wenn ich zu oft krank mache?Ist ein Arbeitnehmer zu oft arbeitsunfähig, kann dies zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung für den Chef werden. Es gibt zwar keine starre Fehlquote als Grundlage für krankheitsbedingte Kündigungen.
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