In welchen Stadien einer Infektion mit Viren sind Antikörper wirksam?

Es gibt verschiedene Methoden, eine HIV-Infektion zu erkennen. Wir erklären hier, weshalb wir einen Schnelltest durchführen.

Show

Nach einer HIV-Infektion nistet sich die Erbsubstanz des HI-Virus in die menschliche Zelle ein. Von dort aus kann die Erbsubstanz täglich neue Viren bilden, welche dann neue Zellen anstecken. Um sich gegen das Virus zu wehren, bildet unser Immunsystem unter anderem Eiweisse, welche gegen das Virus gerichtet sind. Diese Eiweisse nennen wir Antikörper, sie erkennen ein Oberflächenmerkmal des Virus sehr genau und sind daher für einen bestimmten Erreger sehr "spezifisch".

Um eine HIV Infektion nachzuweisen, können wir nun im Blut des Patienten entweder das Virus selbst oder seine Bestandteile nachweisen (=direkter Virusnachweis) oder wir können nach den durch den Körper gebildeten Antikörpern gegen das Virus suchen (=indirekter Virusnachweis). Der indirekte Virusnachweis (Antikörpernachweis) ist einfacher und eigentlich auch sicherer. Doch in den ersten Tagen bis Wochen einer ablaufenden Infektion hatte das Immunsystem noch keine Zeit Antikörper zu bilden. Hier versagt der indirekte Virusnachweis und wir müssen direkt das Virus (oder seine Bestandteile) nachweisen. Für den Virusnachweis verwenden wir zwei kommerzielle Methoden, entweder den Nachweis eines Virus-Kernproteins (p24) oder der Virus-Erbsubstanz (HIV-RNA).

Die Vorteile des direkten Virusnachweises sind gering. Eine HIV-Infektion mit diesem Test kann theoretisch ca. 5-8 Tage früher erkannt werden. Doch der Test  kann dann in späteren Stadien negativ werden, obwohl eine HIV-Infektion stattgefunden hat und die Antikörper nachweisbar bleiben. Wenn sich einmal Antikörper entwickelt haben, dann bleiben diese in der Regel lebenslang nachweisbar. Zwischen einer HIV-Infektion und dem Nachweis von HIV-Antikörpern kann maximal 3 Monate vergehen. Bei mehr als zwei Drittel der Infektionen sind die Antikörper jedoch schon nach 6-8 Wochen nachweisbar. Für das HIV-Testwesen gilt daher folgendes:

  • Der beste HIV-Suchtest ist der Antikörpertest

  • Der Antikörpertest kann eine HIV-Infektion wirksam ausschliessen (negatives Testresultat)

  • Die Aussage ist nicht 100%, wenn zwischen dem möglichen Infektionszeitpunkt und der Blutentnahme weniger als 3 Monate vergangen sind

  • Bei Verdacht auf eine ganz frische HIV-Infektion soll ein direkter Virusnachweis (p24 oder HIV-RNA) durchgeführt werden

HIV-Schnelltest als Suchtest
Für den Suchtest gibt es heute verschiedene Methoden. Wir verwenden einen durch das Schweizerische Heilmittelinstitut SwissMedic zugelassenen HIV-Schnelltest (Determine HIV, Abbott). Dieser Test arbeitet so zuverlässig wie ein HIV-Test, der üblicherweise in einem Routinelabor verwendet wird. Die Blutentnahme erfolgt mit einem Stich an der Fingerkuppe, ein Tropfen Blut genügt. Das Resultat des HIV-Schnelltests ist innert 15 Minuten fertig. Der Test kann eine HIV-Infektion zuverlässig ausschliessen. Die Empfindlichkeit des Tests ist praktisch 100% (z.B. Hiroyasu, JClinMicro 1999, Ferreira, AIDS 2005). In sogenannten Serokonversionsseren (Blut, welches in den ersten Wochen nach der Infektion abgenommen wurde) war der Schnelltest sogar noch früher positiv als die konventionellen Verfahren (Ketema, 2001, JAIDS).

Was heisst es, wenn ein Screeingtest positiv ausfällt?
Fällt ein Schnelltest (oder auch ein regulärer Screeningtest in einem Labor) nicht negativ sondern positiv aus, so kann dies verschiedene Gründe haben. Diese Testverfahren wurden auf hohe Empfindlichkeit getrimmt. Daher kann es vorkommen, dass ein Test einmal einen Bestandteil des normalen Blutes fälschlicherweise mit HIV-Antikörpern verwechselt. Dies kommt in unserer Erfahrung etwa 1 mal auf 2000 Testungen vor, wir sprechen dann von einem falsch positiven Testresultat. Das ist sehr selten, doch für den/diejenigen die es trifft, ist dies schlimm. Wir müssen in solchen Fällen eine HIV-Infektion mit anderen Testverfahren ausschliessen, respektive bestätigen. Für diese Bestätigungstests werden entweder andere Antikörper-Testverfahren angewendet oder man verwendet gleich den HIV-RNA Test, also ein direktes Testverfahren. Für diese Bestätigungstests gibt es keine Schnellverfahren.

Ergänzung:
Am 1.8.06 erschien im AIDS eine Metaanalyse über verschiedene HIV-Testverfahren bei der HIV-Testberatung (Huchinson , AIDS 2006). Diese Analyse kommt ebenfalls zum Schluss, dass der Schnelltest, wie wir ihn anwenden, die beste Methode für diese Anwendung ist.

  • Journal List
  • Nature Public Health Emergency Collection
  • PMC7177040

Pädiatrie. 2014 Jul 25 : 927–944.

Guest Editor (s): Georg F. Hoffmann,1 Michael J. Lentze,2 Jürgen Spranger,3 and Fred Zepp4

1Zentrum für Kinder und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Germany

2Forschungsinstitut für Kinderernährung, Dortmund, Germany

3Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Germany

4Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Germany

Abstract

Rhinoviren sind die Haupterreger der sog. Erkältungskrankheiten. Eine wichtige Rolle spielen sie auch als Auslöser von Asthmaattacken.

Es findet eine stete Kozirkulation mehrerer Serotypen statt, im gemäßigten Klima gibt es Herbst-, Winter- und Frühjahrsepidemien, die Übertragung geschieht weit häufiger über infizierte Sekrete als durch Aerosole.

Rhinoviren gehören zu den Picornaviren. Rhinoviren sind sehr kleine Viren mit einem positiven Einzelstrang-RNA-Genom ohne Lipidhülle und daher gegen Detergens enthaltende Desinfektionsmittel sehr resistent. Sie sind empfindlich gegen Umgebungs-pH außerhalb des Bereichs 5,0–7,5.

Zurzeit bilden sie zusammen mit den Enteroviren das Genus Enterovirus der Picornaviren. Serologisch lassen sich über 100 Typen unterscheiden. Kennzeichnend ist die Bindungsfähigkeit an das von den meisten Rhinoviren für die Zelladsorption genützte ICAM-1 (interzelluläres Adhäsionsmolekül).

Nach einer Inkubationszeit von 1–3 Tagen tritt Schnupfen auf, die höchste Viruskonzentration im Nasensekret nach 2–4 Tagen, wiederum nach 2–4 Tagen bei disponierten Patienten auch bronchiale Obstruktion. Es konnte gezeigt werden, dass zu dieser Zeit auch Virus-RNA im Bronchialepithel vorhanden ist. Die postinfektiöse bronchiale Hyperreagibilität korreliert mit der Dauer des Virus-RNA-Nachweises im Nasopharynx. Die Immunität ist im Wesentlichen abhängig von der nur sehr kurzen Anwesenheit sekretorischer spezifischer IgA-Antikörper. Die bei den Serotypen beobachtbare Kreuzreaktivität spiegelt sich nicht in Kreuzimmunität wider.

Contributor Information

Georg F. Hoffmann, Phone: +496221564100, Fax: +496221564339, Email: .

Michael J. Lentze, Phone: +4902282873213, Email: .

Jürgen Spranger, Email: .

Fred Zepp, Email: ed.zniam-nizideminu@ppez.

Literatur

101.1 Rhinovirus-Infektionen

  • Guilbert TW, Morgan WJ, Zeiger RS, et al. Long-term inhaled corticosteroids in preschool children at high risk for asthma. N Engl J Med. 2006;354:1985–97. doi: 10.1056/NEJMoa051378. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Jartti T, Korppi M. Rhinovirus-induced bronchiolitis and asthma development. Pediatr Allergy Immunol. 2011;22:350–355. doi: 10.1111/j.1399-3038.2011.01170.x. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Mansbach JM, Piedra PA, Teach SJ, et al. for the MARC-30 Investigators. Prospective Multicenter Study of Viral Etiology and Hospital Length of Stay in Children With Severe Bronchiolitis. Arch Pediatr Adolesc Med. 2012;166(8):700–706. doi: 10.1001/archpediatrics.2011.1669. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.2 Enterovirus-Infektionen

  • Abzug MJ, Cloud G, Bradley J, et al. National Institute of Allergy and Infectious Diseases Collaborative Antiviral Study Group. Double blind placebo-controlled trial of pleconaril in infants with enterovirus meningitis. Pediatr Infect Dis J. 2003;22(335):341. [PubMed] [Google Scholar]
  • Aktuelle Hilfestellungen und Informationen bei Enterovirus-Infektionen, insbesondere bei Poliomyelitisverdacht: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/NRZ/Polio/NLGA_Hannover.html?nn=2371012. Aufgerufen am 12. April 2012
  • Aktuelle Klassifikation der Picorna-Viren: http://www.picornastudygroup.com. Aufgerufen am 12. April 2012
  • Lo CW, Wu KG, Lin MC, et al. Application of a molecular method for the classification of human enteroviruses and its correlation with clinical manifestations. J Microbiol Immunol Infect. 2010;43:354–359. doi: 10.1016/S1684-1182(10)60056-4. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Thibaut HJ, De Palma AM, Neyts J. Combating enterovirus replication: state-of-the-art on antiviral research. Biochem Pharmacol. 2012;83:185–192. doi: 10.1016/j.bcp.2011.08.016. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.3 Influenzavirus-Infektionen

  • Bueving HJ, Bernsen RM, de Jongste JC, et al. Influenza vaccination in children with asthma: randomized double-blind placebo-controlled trial. Am J Respir Crit Care Med. 2004;169(488):493. [PubMed] [Google Scholar]
  • Landry ML. Diagnostic tests for influenza infection. Curr Opin Pediatr. 2011;23:91–97. doi: 10.1097/MOP.0b013e328341ebd9. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Osterholm MT, Kelley NS, Sommer A, Belongia EA. Efficacy and effectiveness of influenza vaccines: a systematic review and meta-analysis. Lancet Infect Dis. 2012;12:36–44. doi: 10.1016/S1473-3099(11)70295-X. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.4 Parainfluenzavirus-Infektionen

  • Johnson D Croup. Clin Evid (Online). Mar 10; 2009. pii: 0321. PMCID: PMC2907784. Aufgerufen am 13. April 2012
  • Knott AM, Long CE, Hall CB. Parainfluenza viral infections in pediatric outpatients: seasonal patterns and clinical characteristics. Pediatr Infect Dis J. 1994;13:269–273. doi: 10.1097/00006454-199404000-00005. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.5 Respiratory-syncytial-virus-Infektionen

  • Donlan M, Fontela PS, Puligandla PS. Use of continuous positive airway pressure (CPAP) in acute viral bronchiolitis: a systematic review. Pediatr Pulmonol. 2011;46:736–746. doi: 10.1002/ppul.21483. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Feltes TF, Cabalka AK, Meissner HC et al.; Cardiac Synagis Study Group (2003) Palivizumab prophylaxis reduces hospitalization due to respiratory syncytial virus in young children with hemodynamically significant congenital heart disease. J Pediatr 143: 532–540 [PubMed]
  • Gueller S, Duenzinger U, Wolf T, et al. Successful systemic high-dose ribavirin treatment of respiratory syncytial virus-induced infections occurring pre-engraftment in allogeneic hematopoietic stem cell transplant recipients. Transpl Infect Dis. 2013;15:435–40. doi: 10.1111/tid.12092. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Hartling L, Fernandes RM, Bialy L, et al. Steroids and bronchodilators for acute bronchiolitis in the first two years of life: systematic review and meta-analysis. BMJ. 2011;342:d1714. doi: 10.1136/bmj.d1714. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • IMpact-RSV Study Group (1998) Palivizumab, a humanized respiratory syncytial virus monoclonal antibody, reduces hospitalization from respiratory syncytial virus infection in high-risk infants. Pediatrics 102: 531–537 [PubMed]
  • Wang EE, Law BJ, Stephens D. Pediatric Investigators Collaborative Network on Infections in Canada (PICNIC) prospective study of risk factors and outcomes in patients hospitalized with respiratory syncytial viral lower respiratory tract infection. J Pediatr. 1995;126:212–219. doi: 10.1016/S0022-3476(95)70547-3. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Zhang L, Mendoza-Sassi RA, Wainwright C, Klassen TP. (2008) Nebulized hypertonic saline solution for acute bronchiolitis in infants. Cochrane Database Syst Rev: CD006458 [PubMed]

101.6 Masern

  • Arenz S, Schmitt HJ, Tischer A, von Kries R. Effectiveness of measles vaccination after household exposure during a measles outbreak: a household contact study in Coburg, Bavaria. Pediatr Infect Dis J. 2005;24:697–699. doi: 10.1097/01.inf.0000172900.70430.c2. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Avota E, Avots A, Niewiesk S, et al. Disruption of Akt Kinase activation is important for immunosuppression induced by measles virus. Nat Med. 2001;7:725–731. doi: 10.1038/89106. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Brodsky AL. Atypical measles: severe illness in recipients of killed measles virus vaccine upon exposure to natural infection. JAMA. 1972;222:1415–1416. doi: 10.1001/jama.1972.03210110051014. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Forni AL, Schluger NW, Robert RB. Severe measles pneumonitis in adults: evaluation of clinical characteristics and therapy with intravenous ribavirin. Clin Infect Dis. 1994;19:454–462. doi: 10.1093/clinids/19.3.454. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Gendelman KE, Wolinsky JS, Johnson RT, et al. Measles encephalitis: lack of evidence of viral invasion of the central nervous system and quantitative study of the nature of demyelination. Ann Neurol. 1984;15:353–360. doi: 10.1002/ana.410150409. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Markowitz LE, Chandler FW, Roldan EO, et al. Fatal measles pneumonia without rash in a child with AIDS. J Infect Dis. 1988;158:480–483. doi: 10.1093/infdis/158.2.480. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Perry RT, Halsey NA. The clinical significance of measles: a review. J Infect Dis. 2004;189(1):4–16. doi: 10.1086/377712. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Schönberger K, Ludwig MS, Wildner M, Weissbrich B. Epidemiology of subacute sclerosing panencephalitis (SSPE) in Germany from 2003 to 2009: a risk estimation. PLoS One. 2013;8(7):e68909. doi: 10.1371/journal.pone.0068909. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Siedler A, Mankertz A, Feil F, et al. Closer to the goal: efforts in measles elimination in Germany 2010. J Infect Dis. 2011;204(1):373–380. doi: 10.1093/infdis/jir068. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • WHO Measles vaccines: WHO position paper. Wkly Epidemiol Rec. 2009;84(35):349–360. [PubMed] [Google Scholar]

101.7 Mumps

  • Heininger U, Bonhoeffer J. Interstrain antigenic variability of mumps viruses. Clin Infect Dis. 2008;46(1):150–151. doi: 10.1086/524089. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Hviid A, Stellfeld M, Wohlfahrt J, Melbye M. Childhood vaccination and type 1 diabetes. N Engl J Med. 2004;350:1398–1404. doi: 10.1056/NEJMoa032665. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Otto W, Mankertz A, Santibanez S et al. (2010) Ongoing outbreak of mumps affecting adolescents and young adults in Bavaria, Germany, August to October 2010. Euro Surveill 15(50). pii: 19748 [PubMed]
  • Vaheri A, Julkunen I, Koskiniemi ML. Chronic encephalomyelitis with specific increase in intrathecal mumps antibodies. Lancet. 1982;2:685–688. doi: 10.1016/S0140-6736(82)90713-9. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Vandvik B, Norrby E, Steen-Johnson J, Stensvold K. Mumps meningitis: prolonged pleocytosis and occurrence of mumps-specific oligoclonal IgG in the cerebrospinal fluid. Eur Neurol. 1978;17:13–22. doi: 10.1159/000114916. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.8 Röteln

  • Bayer WL, Sherman FE, Michaels RH, et al. Purpura in congenital and acquired rubella. N Engl J Med. 1965;273:1362–1366. doi: 10.1056/NEJM196512162732504. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Bitzan M. Rubella myelitis and encephalitis in childhood.A report of two cases with magnetic resonance imaging. Neuropediatrics. 1987;18:84–87. doi: 10.1055/s-2008-1052458. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Dwyer DE, Hueston L, Field PR, et al. Acute encephalitis complicating rubella virus infection. Pediatr Infect Dis J. 1992;11:238–240. doi: 10.1097/00006454-199203000-00014. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Enders G, Knotek F. Rubella IgG total antibody avidity and IgG subclass-specific antibody avidity assay and their role in the differentiation between primary rubella and rubella reinfection. Infection. 1989;17:218–226. doi: 10.1007/BF01639523. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Frenkel LM, Nielsen K, Garakian A, et al. A search for persistent rubella virus infection in persons with chronic symptoms after rubella and rubella immunization and in patients with juvenile rheumatoid arthritis. Clin Infect Dis. 1996;22:287–294. doi: 10.1093/clinids/22.2.287. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Tingle AJ, Allen M, Petty RE, Kettyls GD, Chantler JK. Rubella-associated arthritis. I. Comparative study of joint manifestations associated with naturalrubella infection and RA 27/3 rubella immunisation. Ann Rheum Dis. 1986;45(2):110–114. doi: 10.1136/ard.45.2.110. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.9 Metapneumovirus-Infektionen

  • Hoogen BG van den, Jong JC de, Groen J et al. (2001) A newly discovered human pneumovirus isolated from young children with respiratory tract disease. Nat Med 7: 719–724 [PMC free article] [PubMed]
  • Pavia AT. Viral infections of the lower respiratory tract: old viruses, new viruses, and the role of diagnosis. Clin Infect Dis. 2011;52(4):284–289. doi: 10.1093/cid/cir043. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Ruuskanen O, Lahti E, Jennings LC, Murdoch DR. Viral pneumonia. Lancet. 2011;377:1264–1275. doi: 10.1016/S0140-6736(10)61459-6. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.10 Slow-virus-Infektionen

  • Belay ED, Holman RC, Schonberger LB. Creutzfeldt-Jakob disease surveillance and diagnosis. Clin Infect Dis. 2005;41:834–836. doi: 10.1086/432726. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Bellini WJ, Rota JS, Lowe LE, et al. Subacute sclerosing panencephalitis: more cases of this fatal disease are prevented by measles immunization than was previously recognized. J Infect Dis. 2005;192:1686–1693. doi: 10.1086/497169. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Brown P. Human growth hormone therapy and Creutzfeldt-Jakob disease: a drama in three acts. Pediatrics. 1988;81:85–92. [PubMed] [Google Scholar]
  • Dörries K. New aspects in the pathogenesis of polyomavirus-induced disease. Adv Virus Res. 1997;48:205–261. doi: 10.1016/S0065-3527(08)60289-4. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Flechsig E, Weissmann C (2004) The role of PrP in health and disease. Curr Mol Med 4: 337–353 [PubMed]
  • Gutierrez J, Issacson RS, Koppel BS. Subacute sclerosing panencephalitis: an update. Dev Med Child Neurol. 2010;52(10):901–907. doi: 10.1111/j.1469-8749.2010.03717.x. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Hosoya M, Mori S, Tomoda A et al. (2004) Pharmacokinetics and effects of ribavirin following intraventricular administration for treatment of subacute sclerosing panencephalitis. Antimicrob Agents Chemother 48: 4631–4635 [PMC free article] [PubMed]
  • Kretzschmar H. Transmissible spongiforme Enzephalopathien (Prionkrankheiten) In: Hopf HC, Deuschl G, Diener HC, editors. Neurologie in Praxis und Klinik. 2. Stuttgart: Thieme; 1999. [Google Scholar]
  • Langer-Gould A, Atlas SW, Green AJ et al. (2005) Progressive multifocal leukoencephalopathy in a patient treated with natalizumab. N Engl J Med 353: 375–381 [PubMed]
  • Martin R, Marquardt P, O’Shea S, et al. Virus specific and autoreactive T cell lines isolated from cerebrospinal fluid of a patient with chronic rubella panencephalitis. J Neuroimmunol. 1989;23:1–10. doi: 10.1016/0165-5728(89)90065-9. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Miller C, Farrington CP, Harbert K. The epidemiology of subacute sclerosing panencephalitis in England and Wales. Int J Epidemiol. 1992;21:998–1006. doi: 10.1093/ije/21.5.998. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Nasemann JE, Schmid C, Schneider A, et al. Äußere Retinitis als Frühsymptom bei subakut sklerosierender Panenzephalitis (SSPE) Klin Monatsbl Augenheilkd. 1996;206:122–127. doi: 10.1055/s-2008-1035415. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Prusiner SB. Molecular biology of prion diseases. Science. 1991;252:1515–1522. doi: 10.1126/science.1675487. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Redfearn A, Pennie RA, Mahony JB, Dent PB. Progressive multifocal leukoencephalopathy in a child with immunodeficiency and hyperimmunoglobulinemia M. Pediatr Infect Dis J. 1993;12:399–401. doi: 10.1097/00006454-199305000-00010. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Schönberger K, Ludwig MS, Wildner M, Weissbrich B. Epidemiology of Subacute Sclerosing Panencephalitis (SSPE) in Germany from 2003 to 2009: A Risk Estimation. PLoS ONE. 2013;8(7):e68909. doi: 10.1371/journal.pone.0068909. [PMC free article] [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Steelman VM. Creutzfeldt-Jakob disease: recommendations for infection control. Am J Infect Control. 1994;22:312–318. doi: 10.1016/0196-6553(94)90019-1. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Vandersteenhoven JJ, Dbaibo G, Boyko OB, et al. Progressive multifocal leukoencephalopathy in pediatric acquired immunodeficiency syndrome. Pediatr Infect Dis J. 1992;11:232–237. doi: 10.1097/00006454-199203000-00013. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Will RG, Ironside JW, Zeidler M, et al. A new variant of Creutzfeldt-Jakob disease in the UK. Lancet. 1996;347:921–925. doi: 10.1016/S0140-6736(96)91412-9. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Zwiauer K, Forstenpointner E, Popow-Kraupp T, et al. Rapid progressive subacute sclerosing panencephalitis after perinatally acquired measles virus infections. Lancet. 1995;345:1124. doi: 10.1016/S0140-6736(95)90858-7. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.11 Virale hämorrhagische Fieber

  • Kortepeter MG, Bausch DG, Bray M. Basic clinical and laboratory features of filoviral hemorrhagic fever. J Infect Dis. 2011;204(3):810–816. doi: 10.1093/infdis/jir299. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Leroy EM, Gonzalez JP, Baize S. Ebola and Marburg haemorrhagic fever viruses: major scientific advances, but a relatively minor public health threat for Africa. Clin Microbiol Infect. 2011;17:964–976. doi: 10.1111/j.1469-0691.2011.03535.x. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Macneil A, Nichol ST, Spiropoulou CF. Hantavirus pulmonary syndrome. Virus Res. 2011;162:138–147. doi: 10.1016/j.virusres.2011.09.017. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Rothman AL. Immunity to dengue virus: a tale of original antigenic sin and tropical cytokine storms. Nat Rev Immunol. 2011;11:532–543. doi: 10.1038/nri3014. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]
  • Whitehorn J, Simmons CP. The pathogenesis of dengue. Vaccine. 2011;29:7221–7228. doi: 10.1016/j.vaccine.2011.07.022. [PubMed] [CrossRef] [Google Scholar]

101.12 Rabiesvirus-Infektionen

  • Baer GM, editor. The natural history of rabies. 2. Boca Raton: CRC; 1991. [Google Scholar]
  • Jackson AC, Wunner WH, editors. Rabies. 2. San Diego/CA, London/UK: Academic Press; 2007. [Google Scholar]
  • Roß RS, Kruppenbacher JP, Schiller WG, et al. Menschliche Tollwuterkrankung in Deutschland. Dtsch Arztebl. 1997;94:29–32. [Google Scholar]

Rhinovirus-Infektionen

Definition

Rhinoviren sind die Haupterreger der sog. Erkältungskrankheiten. Eine wichtige Rolle spielen sie auch als Auslöser von Asthmaattacken.

Epidemiologie

Es findet eine stete Kozirkulation mehrerer Serotypen statt, im gemäßigten Klima gibt es Herbst-, Winter- und Frühjahrsepidemien, die Übertragung geschieht weit häufiger über infizierte Sekrete als durch Aerosole.

Ätiologie

Rhinoviren gehören zu den Picornaviren. Rhinoviren sind sehr kleine Viren mit einem positiven Einzelstrang-RNA-Genom ohne Lipidhülle und daher gegen Detergens enthaltende Desinfektionsmittel sehr resistent. Sie sind empfindlich gegen Umgebungs-pH außerhalb des Bereichs 5,0–7,5.

Zurzeit bilden sie zusammen mit den Enteroviren das Genus Enterovirus der Picornaviren. Serologisch lassen sich über 100 Typen unterscheiden. Kennzeichnend ist die Bindungsfähigkeit an das von den meisten Rhinoviren für die Zelladsorption genützte ICAM-1 (interzelluläres Adhäsionsmolekül).

Pathogenese

Nach einer Inkubationszeit von 1–3 Tagen tritt Schnupfen auf, die höchste Viruskonzentration im Nasensekret nach 2–4 Tagen, wiederum nach 2–4 Tagen bei disponierten Patienten auch bronchiale Obstruktion. Es konnte gezeigt werden, dass zu dieser Zeit auch Virus-RNA im Bronchialepithel vorhanden ist. Die postinfektiöse bronchiale Hyperreagibilität korreliert mit der Dauer des Virus-RNA-Nachweises im Nasopharynx. Die Immunität ist im Wesentlichen abhängig von der nur sehr kurzen Anwesenheit sekretorischer spezifischer IgA-Antikörper. Die bei den Serotypen beobachtbare Kreuzreaktivität spiegelt sich nicht in Kreuzimmunität wider.

Klinische Symptome

Umgangssprachlich werden die klinischen Symptome mit Schnupfen, Erkältung oder Grippe beschrieben, je nach Ausbreitung und Auftreten von Allgemeinsymptomen. Ab dem Kleinkindesalter sind Rhinoviren die häufigsten Auslöser von obstruktive Bronchitis bzw. Asthma-Exazerbationen.

Die Diagnostik kann mit PCR aus Nasopharynxsekret (üblicherweise Multiplex-PCR bei Luftwegsinfektionen (s. unten)) durchgeführt werden.

Differenzialdiagnose

Infrage kommen Erreger von akuten Krankheiten der Atemwege, im Speziellen Influenza-, Parainfluenza- sowie Adeno- und RS-Virus-Infektion mit leichten klinischen Verläufen.

Therapie und Prognose

Die Behandlung erfolgt symptomatisch. Die prinzipielle Prognose ist gutartig, lediglich durch die Infektion ausgelöste Asthmaereignisse können gefährlich werden. Die obstruktive Bronchitis (Bronchiolitis in der englischsprachigen Literatur) ist ein eigenständiger Risikofaktor für infektausgelöste Asthma-Episoden bis ins Schulalter. Eine vorsorgliche Behandlung von Kleinkindern, die zu obstruktiver Bronchitis neigen, mit inhalativem Kortison im infektionsfreien Intervall hat sich als wirkungslos erwiesen.

Enterovirus-Infektionen

Ätiologie

Enteroviren haben ihren primären Vermehrungsort im menschlichen Darm. Relevante Krankheiten entstehen jedoch nur bei Befall weiterer Organe (ZNS, Muskeln, Herz).

Die Viren gehören zur Familie der Picornaviren. Ihr Genom besteht aus einem positiven RNA-Einzelstrang, die Hülle enthält keine Lipide. Sie sind daher sehr stabil gegen Umwelteinflüsse. Das Genus Enterovirus enthält neben den Rhinoviren (Species A–C) auch die Polioviren (3 Typen) und die eigentlichen Enterovirus-Spezies A–C. Geläufiger sind die früheren Namen: Coxsackie-Viren (Subgruppen A und B, benannt nach der Stadt der beschriebenen Ersterkrankung), ECHO-Viren (enteric cytopathogenic human orphan viruses) , anderweitig nicht zugeordnete Enteroviren 68–71 sowie das Hepatitis-A-Virus (jetzt ein eigenes Genus Hepatovirus, ehemals Enterovirus 72). Über die moderne Methode der Sequenzierung des Genoms lassen sich einerseits Stammbäume der Viren in die Vergangenheit zurückverfolgen, andererseits können fortwährende Veränderungen des Genoms dargestellt werden, die bei Replikation von RNA-Viren häufiger sind als bei DNA-Viren.

Der Übertragungsweg von Mensch zu Mensch erfolgt fäkal-oral, regelmäßig werden vermehrungsfähige Enteroviren auch in Abwässern gefunden.

Aufgrund der Polioimpfung sind in Deutschland im letzten Jahrzehnt nur noch Polio-Infektionen durch importierte Wildviren aufgetreten. Coxsackie- und ECHO-Viren haben wegen ihrer hohen Kontagiosität häufige nosokomiale Infektionen zur Folge, was besonders im Bereich der Neonatologie und bei immunsupprimierten Patienten bedeutsam ist.

Anhand der Zahlen von Polioepidemien wird geschätzt, dass von allen immungesunden Infizierten nur etwa 5 % überhaupt erkranken, 1 % mit einer Beteiligung eines Organs, das dem Organotropismus des Virus entspricht. Nur 1 % dieser Patienten erleidet bleibende Schäden oder stirbt.

Pathogenese

Die Inkubationszeit bei Enteroviren beträgt 3–6 Tage, bei einer nennenswerten Zahl von Fällen auch bis zu 35 Tage. Das erste Kranksein ist uncharakteristisch mit fieberhafter Allgemeinerkrankung und Entzündungszeichen der oberen Atemwege und des oberen Gastrointestinaltrakts. Einzig der zweigipfelige Fieberverlauf kann Hinweis auf eine Enterovirus-Infektion sein.

In dieser Zeit sind die Viren aus dem Rachen isolierbar, gegen Ende beginnt dann die Ausscheidung über den Stuhl, die einige Wochen, selten wenige Monate dauert. Dauerausscheider werden nicht gefunden.

In der ersten Krankheitsphase gelangen Viren über das lymphatische System ins Blut. Hierüber erreichen sie ihre Zielorgane. Eine Liste der Viren, die häufig für die betreffende Organmanifestation verantwortlich gemacht werden können, enthält Tab. 101.1. Es werden dort die historischen Namen benutzt, weil noch keine umfängliche Zuordnung der Erkrankungsformen zu den neu definierten Spezies vorliegt.

Krankheit Serotyp
Herpangina Coxsackie A1–10, -16, -22, seltener: Coxsackie-B- und ECHO-Viren
Pharyngitis Alle Typen
Hand-Fuß-Mund-Krankheit Coxsackie A16, seltener A5, -9, -10, B2 -5, verschiedene ECHO-Viren
Exantheme (rubeoliform, morbiliform) ECHO 4, 9, 16, Coxsackie A5, -9, B5, Enterovirus 71
Hämorrhagische Konjunktivitis Überwiegend durch Enterovirus 71
Myalgia epidemica Coxsackie B1–6, verschiedene Coxsackie-A- und ECHO-Viren
Myoperikarditis Coxsackie B1–5, ECHO 6 und 9, seltener Coxsackie-A- und andere ECHO-Viren
Seröse Meningitis Coxsackie A9, B2, -4, -5, verschiedene ECHO- und andere Coxsackie-Viren
Enzephalitis Coxsackie B5, A9, ECHO 4, 6, 9, 11, 30, Enterovirus 71
Spinale Muskellähmungen Enterovirus 70, Coxsackie A4, -7, -9, ECHO-Virus 9, 11, 30, 71
Schwere Neugeborenenkrankheiten Coxsackie B1–5, verschiedene ECHO-Viren

In der zweiten Krankheitsphase können auch seltene neurologische Manifestationen wie Guillain-Barré-Syndrom, zerebellare Ataxie sowie Orchitis und Nephritis auftreten. Der epidemiologische Zusammenhang von Coxsackie-Virus-Infektionen und Diabetes mellitus Typ I ist nicht durch direkten Organotropismus allein zu erklären. Alle Enteroviren weisen eine unterschiedlich ausgeprägte Neurotropie auf.

Klinische Symptome

Poliomyelitis

Nach dem Initialstadium mit allgemeinen Krankheitszeichen wie Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Obstipation und Bauchschmerzen folgt ein meningitisches und präparalytisch-adynamisches Stadium, dem das paralytische Stadium folgt. Das klassische Krankheitsbild der Poliomyelitis wird seltener als 10-mal pro Jahr in Deutschland gesehen. Die Ausrottung der Poliomyelitis durch Impfung ist ein wichtiges Ziel der WHO, dementsprechend ist die Sammlung und Bewertung aller schlaffen Paresen von eminenter Bedeutung. Poliomyelitis , aber auch schon jede nicht traumatisch erklärbare schlaffe Lähmung ist nach § 6 IfSG meldepflichtig.

Neben dieser typischen Krankheit sind weitere Krankheitsbilder klinisch mit hoher Sicherheit Enterovirus-Infektionen zuzuordnen.

Herpangina

Verantwortliche Erreger sind Coxsackie- und ECHO-Viren. Typisch ist plötzlich einsetzendes hohes Fieber mit 1–2 mm im Durchmesser messenden Bläschen, später Geschwüren am harten und weichen Gaumen mit einem umgebenden Erythem. Gleichzeitig bestehen im Bereich der Effloreszenzen deutliche Schmerzen. Die Krankheit dauert 4–6 Tage.

Hand-Fuß-Mund-Krankheit

Im Mund werden Ulzera von einigen Millimetern Durchmesser mit einem roten Hof gefunden, Wangenschleimhaut und Zunge sind gleichermaßen befallen. An den Palmarseiten von Händen und Füßen werden Papeln, nach wenigen Stunden Pusteln von 3–5 mm gefunden. Es bestehen Juckreiz und ein leichtes lokales Ödem.

Pleurodynie

Die Pleurodynie (Bornholmer Krankheit , Myalgia epidemica ) beginnt mit hohem Fieber und ist gekennzeichnet durch schwerste krampfartige Schmerzen in der oberen Bauchmuskulatur. Im Deutschen wird der Schmerz auch beschrieben als „Teufelsgriff“.

Akute hämorrhagische Konjunktivitis

Epidemien betreffen eher ältere Erwachsene, können jedoch auch Kinder einbeziehen. Die Krankheit beginnt fulminant mit deutlicher Beeinträchtigung des Sehens (Tränenfluss, Keratitis und Fremdkörpergefühl durch Konjunktivalfollikel).

Die masern- oder rötelnartigen Hauterscheinungen treten meist in sommerlichen Epidemien auf, desgleichen grippeartige oder pharyngeale Verlaufsformen, die ZNS-Krankheiten, wie seröse Meningitis, Enzephalitis, Paralyse, sowie die schwer verlaufende Myokarditisform kommen eher sporadisch vor.

Diagnose

Akute tiefe Atemwegsinfektionen im Alter bis zu 4 Jahren werden zu etwa 20 % durch Enteroviren verursacht. Klinisch stellen sie keine Besonderheiten dar. Spezifisch ist der Nachweis von Virus (PCR, Anzüchtung) an üblicherweise virusfreien Körperstellen oder Liquor. Ausscheidung von Virus mit dem Stuhl ist nicht beweisend für die Krankheitsursache, außer bei gleichzeitigem Anstieg des neutralisierenden Serumantikörpertiters aus einem Serumpaar des Patienten.

Differenzialdiagnose

Für die ZNS-Symptome, insbesondere schlaffe Lähmungen, müssen Guillain-Barré-Syndrom oder periphere Neuritiden abgegrenzt werden. Auch für die anderen Organmanifestationen müssen differenzialdiagnostisch toxische, parainfektiöse und vaskulitische Ursachen in Betracht gezogen werden.

Therapie

Luftwegs- und Darminfektionen werden symptomatisch behandelt. Für die Poliomyelitis konnte gezeigt werden, dass eine Ruhigstellung des Patienten die Prognose verbessert. Pleconaril (Virostatikum, ein oral applizierbarer Capsidblocker) kann bei lebensgefährlicher Erkrankung eingesetzt werden.

In den sehr seltenen Fällen von chronischer Meningitis bei antikörperdefizienten Patienten war die intrathekale Gabe von Antikörpern (7 s-IgG) hilfreich.

Verlauf und Prognose

Die Prognose für das allgemeine Krankheitsgefühl zu Beginn der Enterovirus-Infektion und für die Verläufe mit leichten Symptomen an Atemwegen und Gastrointestinaltrakt ist sehr gut.

Bei der Polio wie bei den schweren Organmanifestationen der übrigen Enterovirus-Infektionen ist die Prognose am ehesten aus dem persönlichen Krankheitsverlauf ablesbar. Lediglich bei den systemischen Enterovirus-Infektionen von Neugeborenen ist eine hohe Letalität von etwa 50 % voraussagbar.

Prophylaxe

Gegen Polioviren stehen wirksame Impfstoffe zur Verfügung.

Influenzavirus-Infektionen

Epidemiologie

Influenzaviren rufen Krankheiten der Atemwege hervor mit hoher Morbidität und auch im Kindesalter bedeutsamer Letalität.

Influenza ist eine hoch kontagiöse Krankheit, die hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. Dies geschieht im gemäßigten Klima überwiegend in der Winterzeit. Influenza Typ A verläuft pan- und epidemisch, Typ B epidemisch, Typ C tritt überwiegend sporadisch auf. Der Antigenwandel bei Typ A geschieht langsam durch Punktmutationen (Antigendrift) oder durch Austausch des gesamten Gens (Antigenshift). Bedeutsam ist, dass menschenpathogene Typ-A-Viren ihre Gene mit denen für andere Warmblütler spezifischen Influenzaviren austauschen können. Nach einer ersten winterlichen Pandemie (dieser Begriff ist zurzeit für den Ausbreitungsmodus definiert, nicht für die Morbidität) erfolgt meist während eines guten Jahrzehnts die nahezu vollständige Durchseuchung der Weltbevölkerung.

Ein Netz von WHO-Laboratorien überwacht das Auftauchen neuer Stämme und gibt jeweils zu Jahresbeginn anhand der Einschätzung der kommenden Virusentwicklung eine Empfehlung zur Zusammenstellung der aktuellen Impfstoffe für die nächste Wintersaison.

Ätiologie

Influenzaviren sind Orthomyxoviren. Die RNA liegt als negativer, segmentierter Einzelstrang vor, von einem Schlauch des Nukleokapsidproteins eingehüllt. Die eigentliche polymorphe Hülle des Virus enthält das Hämagglutinin (H) sowie die Neuraminidase (N) . Das Kapsidantigen bestimmt den Typ (A, B, C), die Eigenschaften der Hülle den Subtyp. Die Bezeichnung der Viren erfolgt nach einer Formel, z. B. A/Hongkong/1/68 (H3N2). Dabei ist A der Typ, der Ortsname der Fundort, die Ziffer 1 die laufende Nummer des Isolierungsjahres (68), H3N2 gibt die Subtypenkomposition wieder.

Pathogenese

Die Inkubationszeit beträgt 2–3 Tage. Die Infektion betrifft die Epithelien der Atemwege und ist zytotoxisch. Damit verschwindet die Zilienfunktion in der obersten Zellschicht und bakterieller Superinfektion wird der Weg bereitet. Virusausscheidung besteht für etwa 1 Woche bei Typ A und für 2 Wochen bei Typ B und C.

Klinische Symptome

Die Virusgrippe beginnt schlagartig mit hohem Fieber und Zeichen der Atemwegsinfektion wie Schnupfen, Pharyngitis und Husten, dazu Glieder- und Kopfschmerzen; diese bei Erwachsenen typische ILI = influenza like illness wird bei Kindern je jünger, desto seltener angetroffen.

Zwar sind in der Epidemiezeit bis zu 25 % der hospitalisationspflichtigen Pneumonien durch Influenza bedingt, die primäre hämorrhagische und die schwere bakterielle Sekundärpneumonie sind im Kindesalter jedoch selten.

Diagnose

Goldstandard ist die Anzüchtung aus Rachenspülwasser. In Nichtepidemiezeiten wird die therapieleitende Diagnose durch PCR aus dem Nasopharynxsekret gestellt. In Epidemiezeiten genügt die typische Klinik. Seit der H1N1-Pandemie sind auch verlässliche Schnelltests auf dem Markt.

Differenzialdiagnose

Aufgrund der ähnlichen klinischen Befunde kommen differenzialdiagnostisch Infektionen mit Parainfluenzavirus, Adenovirus, RS-Virus, Rhinoviren, Mycoplasma pneumoniae (Multiplex-PCR) sowie Coronavirus (SARS) in Betracht.

Therapie

Eine spezifische antivirale Therapie gegen Typ A ist mit Amantadin während der ersten beiden Krankheitstage möglich. In der symptomatischen Therapie ist die Verwendung von Salicylaten wegen der Gefahr eines Reye-Syndroms kontraindiziert. Die Neuraminidasehemmer Zanamivir (inhalativ) und Oseltamivir (oral) wirken gegen Typ A und B und können auch zur Prophylaxe eingesetzt werden. Beide Produkte sind für das Säuglingsalter hinsichtlich Dosierung und Sicherheit allerdings nur eingeschränkt untersucht.

Verlauf und Prognose

Influenzaviren lösen bei Kindern mit Asthma bronchiale Exazerbationen aus, ein Risiko für einen schweren klinischen Verlauf haben Kinder mit angeborenen Herzfehlern, bronchopulmonaler Dysplasie, zystischer Fibrose und neuromuskulären Krankheiten. Bekannte, häufig auftretende Komplikationen sind bakterielle Otitis media und Pneumonie. Diese und andere bakterielle Folgekrankheiten sind zu vermuten, wenn 3–4 Tage nach Krankheitsbeginn noch keine klinische Besserung zu beobachten ist.

Seltene Komplikationen sind Myositis, Myokarditis, ZNS-Befall und toxisches Schocksyndrom sowie das Reye-Syndrom .

Bei nicht vorerkrankten Patienten, die die Krankheit ohne Komplikation durchmachen, ist eine Restitutio ad integrum zu erwarten.

Prophylaxe

Wegen des Wechsels der antigenen Eigenschaften der Viren ist eine jährliche, bei Pandemien punktuelle Neuformulierung der Zusammensetzung des Impfstoffes unumgänglich. Kinder mit chronischen Erkrankungen, insbesondere Asthma sollten jährlich geimpft werden. Neben den bekannten Totimpfstoffen stehen seit 2012 hierfür auch adjuvantierte Influenzaimpfstoffe und attenuierte Lebensimpfstoffe mit höherer Wirksamkeit im Kindesalter zur Verfügung. Die Neuraminidasehemmer stehen erst in der zweiten Reihe (u. a. bei Antigen-Shift).

Parainfluenzavirus-Infektionen

Epidemiologie

Parainfluenzaviren verursachen im frühen Kindesalter in der Regel gutartige Krankheiten der Atemwege, am häufigsten Laryngotracheitis (Pseudokrupp).

Ein begrenzter Schutz vor schwerer Erkrankung besteht durch diaplazentar übertragene mütterliche, neutralisierende Antikörper. Der Erkrankungsgipfel für Parainfluenza 3 liegt in der Altersgruppe 6–24 Monate, der für Parainfluenza 1 und 2 im 3.‒5. Lebensjahr. Typ 1 und 2 zeigen ein saisonales Auftreten im Herbst und Frühwinter in einem meist 2-jährigen Zyklus, Typ 3 eher ein endemisches Verhalten.

Ätiologie

Parainfluenzaviren sind Paramyxoviren mit negativ orientierter, unsegmentierter Einzelstrang-RNA, darum das Nukleokapsid, im Virus selbst das L-Protein (RNA-Polymerase), Phospho- und Matrixprotein. Die Hüllproteine sind eine Hämagglutinin-Neuraminidase (HN) und ein Fusionsprotein (F). Die Familie der Parainfluenzaviren enthält 4 Typen (1–4), von denen die ersten 3 auch in Nagern und Meerschweinchen gefunden werden, der letzte nur beim Menschen. Obwohl es auch primär animale Paramyxoviren gibt, ist ein entsprechender Genaustausch wie bei Influenzaviren nicht üblich.

Pathogenese

Die Infektionsübertragung erfolgt durch Tröpfchen, die Inkubationszeit beträgt 2–4 Tage. Das Virus vermehrt sich in den Epithelien der Atemwege. Die entzündliche Immunreaktion bestimmt ganz wesentlich das Krankheitsbild. Bakterielle Folgeinfektionen wie Otitis media oder Bronchopneumonie sind selten.

Die Virusausscheidung für Parainfluenzavirus Typ 1 dauert im Durchschnitt 1 Woche, bei den anderen Typen 2 Wochen. Immunität ist am engsten verkoppelt mit IgA-Schleimhautantikörpern gegen HN- und F-Protein.

Klinische Symptome

Die Parainfluenzaviren verursachen etwa 50 % der Fälle von Hospitalisation mit Laryngotracheitis (Pseudokrupp) und bis zu 30 % der Fälle von Bronchiolitis und Viruspneumonie. Parainfluenza 1 ist am häufigsten für die Laryngotracheitis verantwortlich, die übrigen Manifestationen werden von den Typen 1‒4 in gleicher Häufigkeit ausgelöst; sie umfassen Rhinitis, Pharyngitis, Bronchitis und bei Asthmatikern die Auslösung von Asthmaanfällen. Geringes Fieber ist die Regel, allgemeines Kranksein fehlt. Die mittlere Krankheitsdauer beträgt 3–4 Tage.

Diagnose

Die Diagnose erfolgt durch Multiplex-PCR.

Differenzialdiagnose

Vergleichbare Krankheiten entstehen durch Influenza-, Adeno-, RS- und Metapneumo-Viren. Die wichtigste klinische Differenzialdiagnose der Laryngotracheitis ist die Epiglottitis.

Therapie

Die Therapie ist symptomatisch. Bei der Laryngotracheitis ist die systemische Kortisongabe und Adrenalin-Inhalation erwiesenermaßen wirksam, Atemluftanfeuchtung aus Erfahrung. Nur wenige Kinder benötigen Sauerstoff-Supplementation, weniger als 1 % eine Intubation.

Verlauf und Prognose

Der Verlauf ist kurz bis sehr kurz. Bleibende Schäden durch die lokale Infektion sind nicht beschrieben, können jedoch indirekt durch Hypoxämie auftreten. Beim Pseudokrupp halten die Krankheitserscheinungen 1–2 Nächte an. Dann sollte auch das Fieber verschwunden sein. Bei fortbestehendem Fieber und Krankheitssymptomen besteht der Verdacht auf eine bakterielle Superinfektion, häufig durch Branhamella catarrhalis. Allgemeine Entzündungsparameter sind für diesen Zustand nur wenig sensitiv.

Prophylaxe

Impfstoffe liegen zurzeit nicht vor.

Respiratory-Syncytial-Virus-Infektionen

Epidemiologie

Respiratory syncytial virus (RSV) ist der wichtigste Erreger von Krankheiten der Atemwege im 1. Lebensjahr, besonders der Bronchiolitis und der obstruktiven Bronchitis.

Epidemiologie

Diaplazentar übertragene mütterliche Antikörper schützen in den ersten 4–6 Lebenswochen vor schweren Erkrankungen, subklinische Schleimhautinfektionen können gleichwohl vorkommen. Im 1. Lebenshalbjahr treten die Bronchiolitis sensu strictu und die RS-Virus-Pneumonie am häufigsten auf, danach das Krankheitsbild der obstruktiven Bronchitis (in der englischsprachigen Literatur: bronchiolitis). Die Krankheit tritt gehäuft in den Wintermonaten auf, üblicherweise dominiert der Subtyp A, in größeren Abständen treten Subtyp-B-Epidemien auf. Antikörper gegen das Virus haben am Ende des 1. Lebensjahrs mehr als 50 % aller Kinder, zum Ende des 2. Lebensjahrs nahezu alle entwickelt. Da die Empfänglichkeit jedoch von der Anwesenheit von Schleimhautantikörpern abhängig ist, treten nahezu jährlich neue Infektionen auf, üblicherweise jedoch mit geringerer Morbidität, lediglich bei Asthmatikern können Anfälle ausgelöst werden.

Ätiologie

Das RS-Virus gehört zur Familie der Paramyxoviren und zum Genus der Pneumoviren, zusammen mit dem RSV des Rindes und der Ziege. Das Genom besteht aus einem negativen Einzelstrang von RNA und kodiert für 10 virale Proteine: das Nukleokapsid entsteht durch Assoziation von Nukleoprotein, Phosphoprotein und L-Protein, die Verbindung zur Lipidhülle schaffen die Matrixproteine. Die Lipidhülle selbst entstammt der Wirtszelle, daraus hervor ragen das SH-Protein sowie das Glyko- (G-) und das Fusionsprotein (F). Anhand des Glykoproteins lassen sich 2 Virussubgruppen unterscheiden, das Fusionsprotein ist wesentliches Ziel von neutralisierenden Antikörpern.

Pathogenese

Das RS-Virus schädigt die infizierten Zellen zunächst funktionell (Synzytienbildung), die wesentliche Rolle in der Pathogenese kommt der Immunantwort des Wirts zu. Es ist auch für den Menschen gezeigt worden, dass Antikörper gegen die Nichthüllproteine nicht nur nicht neutralisierend wirken, sondern auch einen deutlichen Risikofaktor für einen schweren klinischen Verlauf darstellen. Diese Konstellation ist z. B. gegeben nach einer sehr frühen Infektion, bei dem der Organismus eher Antikörper gegen diese Proteinantigene als gegen die glykosylierten Hüllantigene bildet. Eine Typ-1-allergische Reaktion, durch spezifische IgE-Antikörper vermittelt, ist prinzipiell möglich, erklärt aber nicht die lymphomonozytären Infiltrate, die zusammen mit der im Verlauf entstehenden Epithelnekrose in den schwer verlaufenden Krankheitsfällen zur Verstopfung der Bronchien und Bronchiolen führen.

Bei Immunsupprimierten wird die Morbidität durch die ungehemmte Virusvermehrung und Zellzerstörung bestimmt.

Klinische Symptome

Die Inkubationszeit bis zur pulmonalen Erkrankung beträgt 3–5 Tage, zuvor können Krankheitszeichen an den oberen Atemwegen auftreten. Die Bronchiolitis im strengen Sinne bietet das Bild einer stummen Überblähung. Die jungen Säuglinge (2–6 Monate) fallen auf durch „geräuschlose“ Tachypnoe, schlechte periphere Kreislaufperfusion und Trinkunfähigkeit. Sie sind in der akuten Krankheitsphase auch gefährdet durch Apnoen. Patienten mit obstruktiver Bronchitis (4–24 Monate) bieten klinisch exspiratorisches Giemen, inspiratorisch mehr oder minder deutliches Einziehen. Feinblasige Rasselgeräusche lassen sich sowohl bei der Bronchiolitis als auch bei der Pneumonie auskultieren. Fieber ist ein inkonstantes Krankheitszeichen. Bei allen Erkrankten besteht die Gefahr einer Hypoxämie. Hyperkapnie ist Zeichen einer schweren Erkrankung, die der Intensivüberwachung und Therapie bedarf.

Schwer immunsupprimierte Patienten, z. B. solche nach Organtransplantationen, können an RSV-Pneumonien mit hoher Letalität erkranken.

Diagnose

Die ätiologische Diagnose kann durch immunologischen Schnelltest auf Antigen im Nasopharynxsekret gestellt werden. RSV wird bei allen Multiplex-PCR für Luftwegsinfektionen miterfasst. Laborbefunde (Blutbild, CRP) sind uncharakteristisch. Zur Erfassung der Krankheitsschwere soll eine Blutgasbestimmung erfolgen. Bei typischem Krankheitsbild und fehlendem Verdacht auf klinische Komplikationen kann auf ein Röntgenbild der Lunge verzichtet werden.

Differenzialdiagnose

In den ersten beiden Lebensjahren kommen als differenzialdiagnostisch wichtige Erreger Metapneumo-, Parainfluenza-, Influenza-, Adenoviren und Chlamydien in Betracht. Hinsichtlich der Asthmaauslösung bei Klein- und Schulkindern auch Rhinoviren und Mycoplasma pneumoniae.

Therapie

Die Therapie der Bronchiolitis und der obstruktiven Bronchitis erfolgt symptomatisch. Gesichert wirksam ist die Sauerstoff-Supplementation, die Adrenalin-Inhalation, die Inhalation von hyperosmolarer Kochsalzlösung und wahrscheinlich die Kombination von systemischem Kortikoid mit inhalativem Adrenalin sowie die CPAP-Atemunterstützung (10.1007/978-3-642-41866-2_151). Die meisten der genannten Studien sind an Patienten durchgeführt worden, bei denen eine RSV-Ätiologie gesichert war. Die RS-Virus-Pneumonie, insbesondere bei immunsupprimierten Patienten, kann auch parenteral mit Ribavirin behandelt werden (30 mg/kg KG in 3 Dosen am 1. Tag, 15 mg/kg KG/Tag an den folgenden Tagen – analog zu Fallserien bei Erwachsenen). Der monoklonale Antikörper Palivizumab ist zur Therapie nicht geeignet.

Verlauf und Prognose

Verlauf und Prognose der RSV-Infektion haben sich in den vergangenen Jahren durch die angemessene Anwendung intensivmedizinischer Techniken deutlich verbessert. Die Mortalität bei nicht vorerkrankten hospitalisierten Patienten beträgt unter 1 %, diejenige von Patienten mit Vorerkrankungen (Herzfehler, bronchopulmonale Dysplasie) etwa 1,5 %.

Die obstruktive Bronchitis in den ersten 2 Lebensjahren hat für sich genommen keinerlei prädiktiven Wert für die Entstehung eines Asthma bronchiale. Dieses hat lediglich eine erhöhte Inzidenz bei pulmonal schwer Erkrankten und bei Patienten aus atopischen Familien.

Prophylaxe

Extrem wichtig, besonders für die Prävention von nosokomialen Infektionen, sind Hygienemaßnahmen (10.1007/978-3-642-41866-2_91). Für Patienten mit hohem Morbiditäts- und Letalitätsrisiko (sehr unreife Frühgeborene, Kinder mit bronchopulmonaler Dysplasie und Herzfehlern) ist eine Prophylaxe im Winter mit monatlicher Immunglobulininjektion möglich (Palivizumab). Für die Anwendung liegen in Österreich, Deutschland und der Schweiz unterschiedliche Empfehlungen der pädiatrisch-infektiologischen und pädiatrisch-kardiologischen Gesellschaften vor.

Masern

Definition

Masern sind eine systemische Virusinfektion von hoher Kontagiosität und mit einem hohen Manifestationsindex. Die Krankheitsmanifestationen sind primär Fieber, Exanthem und katarrhalische Symptome. Häufige Komplikationen betreffen das Zentralnervensystem (Enzephalitis) und weitere Organsysteme (u. a. Myokarditis, Pneumonie).

Epidemiologie

Masern sind weltweit verbreitet. Der Mensch ist der einzige Wirt. Durch konsequente Impfprogramme konnten Masern in einigen Ländern fast vollständig eliminiert werden (Nord- und Südamerika, Schweden und Finnland). Aufgrund immer noch bestehender mangelnder Durchimpfungsraten vor allem in den „alten“ Bundesändern (2. Masern-Impfung) sowie Einschleppung aus anderen Ländern treten Masern in Deutschland immer wieder in größeren Epidemien auf. Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt über Tröpfchen, in seltenen Fällen aerogen durch Luftzug über weitere Entfernungen. Die Patienten sind 3–5 Tage vor Ausbruch des Exanthems bis 4 Tage danach infektiös. Die Inkubationszeit beträgt 8–12 Tage. Nach überstandener Krankheit besteht lebenslange Immunität. Die passive Immunität bei Säuglingen, deren Mütter die Krankheit durchmachten, hält etwa 6 Monate lang an.

Ätiologie

Das Masernvirus ist ein umhülltes, einzelsträngiges RNA-Virus aus der Familie der Paramyxoviren im Genus Morbillivirus. Es gibt nur einen Serotyp. Das Virus ist lympho- und neurotrop und besitzt einen ausgeprägten immunsuppressiven Effekt.

Pathogenese

Die Eintrittspforten des Virus sind der Nasen-Rachen-Raum oder die Konjunktiven. Nach initialer Virusvermehrung im oberen Respirationstrakt kommt es 2–4 Tage p.i. zur primären Virämie. Dadurch wird das Virus in entferntere lymphatische Organe abgesiedelt, z. B. in Tonsillen, Thymus, Milz, Knochenmark, Lymphknoten, Peyer-Plaques u. a., wo eine massive Virusvermehrung stattfindet. Etwa 7 Tage p.i. erfolgt von hier aus die sekundäre Virämie mit Virusaussaat in Schleimhäute, Haut und kleine Gefäße. Das Masernvirus hat die Fähigkeit, Zellen zu fusionieren, wodurch mehrkernige Riesenzellen (Synzytien) mit häufig >100 Kernen auftreten.

Die Prodromi mit Fieber und katarrhalischen Symptomen (8–12 Tage p.i.) signalisieren den Beginn der immunologischen Abwehrreaktion. Auch das Exanthem ist Folge der Auseinandersetzung zwischen virusspezifischen T-Zellen und virusinfizierten Epithel- und Endothelzellen. Spezifische Antikörper scheinen bei der Überwindung der akuten Phase keine Rolle zu spielen. Kinder mit isoliertem humoralem Immundefekt (Agammaglobulinämie) überstehen Masern komplikationslos.

Masern gehen immer mit einer vorübergehenden, 4–6 Wochen dauernden Immunschwäche einher. Hauttests vom verzögerten Typ (Tuberkulinprobe!) werden vorübergehend negativ. Infolge der Immunschwäche kann es zu bakteriellen Zweitinfektionen oder zur Aktivierung chronischer Krankheitsprozesse (früher auch Reaktivierung von Tuberkulose) kommen.

Die Pathogenese der para-(post-)infektiösen Masernenzephalitis ist bisher nicht geklärt. Histopathologisch finden sich im Gehirn perivaskuläre Demyelinisierungen und perivaskuläre Lymphozyteninfiltrate. Virale Antigene oder RNA-Sequenzen lassen sich aber nicht nachweisen. Deshalb wird zurzeit ein immunologischer Pathomechanismus vermutet, der allerdings bisher nicht bewiesen wurde.

Klinische Symptome

Die Krankheit beginnt mit hohem Fieber und uncharakteristischen katarrhalischen Symptomen wie Schnupfen, Halsschmerzen, Heiserkeit und bellendem Husten (Prodromalstadium). Die Patienten sind aufgrund einer Konjunktivitis und einer milden Keratitis ausgesprochen lichtscheu. Gleichzeitig, oder 1–2 Tage später, treten feine, kalkspritzerartige Stippchen, bevorzugt an der Wangenschleimhaut gegenüber den Molaren, auf (Koplik-Flecken) . Außerdem entwickelt sich ein fleckiges, dunkelrotes Enanthem am weichen Gaumen. Nach leichtem Fieberabfall geht das Prodromalstadium nach 3–4 Tagen unter erneutem hohem Fieberanstieg in das Exanthemstadium über. Das makulopapulöse Exanthem beginnt hinter den Ohren und im Gesicht und breitet sich weiter zentrifugal über den ganzen Körper bis zu den Füßen aus. Nach dem 3. Exanthemtag folgen bei unkomplizierten Verläufen rasche Entfieberung und Abblassen des Exanthems. Meist besteht eine generalisierte Lymphadenopathie, wobei auch die hilären, paratrachealen und mesenterialen Lymphknoten betroffen sind. Bei ca. 50 % der Infizierten treten pathologische EEG-Veränderungen auf, die später in den allermeisten Fällen verschwinden.

Mitigierte Masern treten bei jungen Säuglingen auf, die noch maternale Antikörper besitzen und auch bei Kindern nach Gabe von Immunglobulinen.

Atypische Masern werden heutzutage nur noch bei jungen Erwachsenen beobachtet, die in ihrer Kindheit mit Maserntotimpfstoffen immunisiert wurden und die daraufhin nur eine Teilimmunität entwickelten. Charakteristisch für atypische Masern: sehr hohes Fieber, ein distal an den Extremitäten beginnendes und sich zentripetal ausbreitendes Exanthem und hartnäckige pneumonische Infiltrate.

Bei Patienten mit angeborenen oder erworbenen T-Zell-Defekten (z. B. DiGeorge-Syndrom, symptomatische HIV-Infektion) kann das Exanthem völlig fehlen („weiße Masern“). Es entwickelt sich eine Riesenzellpneumonie, die fast immer zum Tode führt.

Bei Patienten unter massiver Immunsuppression wurde außerdem eine besondere Enzephalitisform beobachtet (measles inclusion body encephalitis, MIBE) , die auf direkter Virusinvasion beruht, sich aber – im Gegensatz zur subakuten sklerosierenden Panenzephalitis – bereits nach einer Latenz von 5 Wochen bis 6 Monaten klinisch manifestiert.

Komplikationen

Am häufigsten sind bakterielle Sekundärinfektionen, vor allem Bronchopneumonien, Otitis media und Diarrhöen. Die früher gefürchtete Masernbronchiolitis bei Kleinkindern und die Laryngotracheobronchitis (Masernkrupp) werden heutzutage nur noch selten beobachtet. Weitere Komplikationen betreffen das ZNS. Fieberkrämpfe treten in bis zu 2 % der Fälle auf. Die Masernenzephalitis (Häufigkeit 1:500–1:2000) tritt bevorzugt am 3.‒9. Tag nach Exanthembeginn auf. Typisch sind Bewusstseinsstörungen (Somnolenz, Koma), zerebrale Krampfanfälle, neurologische Herdsymptome (Hemiplegien, Hirnnervenparesen) und gelegentlich auch myelitische Symptome. Die Masernenzephalitis hat auch heute noch eine Letalität von 30 % und eine Defektheilungsrate von über 30 %.

Eine weitere, sehr seltene Komplikation ist die subakute sklerosierende Panenzephalitis Abschn. 101.10.

Diagnose

Im Rahmen einer Epidemie wird die Diagnose meistens klinisch gestellt. Ein typischer Laborbefund ist die Leukopenie mit Erniedrigung sowohl der Granulozyten als auch der Lymphozyten. Bei Einzelerkrankungen sollte die Diagnose serologisch bestätigt werden. Das masernspezifische IgM ist in der Regel bereits nach den ersten 3 Exanthemtagen mittels Enzymimmunassay (ELISA) nachweisbar.

Bei trotz Impfung an Masern Erkrankten ist nur ein 4-facher Titeranstieg im IgG-ELISA oder im Hämagglutinationshemmtest (HHT) diagnosesichernd. Bei Geimpften findet sich oft keine IgM-Antwort. In fraglichen Fällen, z. B. bei immunsupprimierten Patienten, Verdacht auf Riesenzellpneumonie oder MIBE, ist zur Diagnosestellung der Virusdirektnachweis erforderlich, und zwar mittels PCR oder Virusisolierung aus Lymphozyten, bronchoalveolärer Lavage, Urin, Liquor oder Hirnbiopsie.

Die Diagnose einer Masernenzephalitis beruht allein auf dem zeitlichen Zusammentreffen der Enzephalitis mit einer akuten Maserninfektion (IgM-Nachweis!), da sich im Liquor in der Regel weder das Virus noch eine intrathekale Antikörpersynthese nachweisen lässt.

Zum diagnostischen Vorgehen bei Verdacht auf subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) (Abschn. 101.10).

Therapie

Es gibt keine etablierte antivirale Therapie. Da das Virostatikum Ribavirin die Virusreplikation in vitro hemmt, wurde in Einzelfällen Ribavirin i.v. zusammen mit Immunglobulinen bei der Masernpneumonie eingesetzt. Es gibt allerdings keine kontrollierten Studien.

In Entwicklungsländern wird von der WHO die Gabe von Vitamin A bei akuten Masern empfohlen (Dosierung: Säuglinge 1-mal 100.000 IE p.o.; Kleinkinder und ältere Kinder 1-mal 200.000 IE p.o.). Hintergrund ist, dass bei Vitamin-A-Mangel Masern sehr schwer verlaufen können. Durch diese Maßnahme konnte die Letalität beträchtlich gesenkt werden.

Bakterielle Zweitinfektionen erfordern den Einsatz von Antibiotika.

Prophylaxe

Alle Kinder mit Ausnahme von Patienten mit angeborenen oder erworbenen Störungen der zellulären Immunität sollten unbedingt 2-mal gegen Masern geimpft werden (10.1007/978-3-642-41866-2_10).

Durch den Lebendimpfstoff kann auch der Ausbruch von Wildmasern wirksam unterdrückt werden, wenn die Impfung innerhalb der ersten 3 Tage nach Exposition erfolgt (Riegelungsimpfung).

Bei abwehrgeschwächten Patienten und chronisch kranken Kindern ist die Masernprophylaxe auch mit humanen Immunglobulinen möglich. Durch Gabe von 0,25–0,5 ml/kg KG Standard-Ig i.m. (oder 1–2 ml/kg KG eines i.v. zu verabreichenden normalen Immunglobulins) innerhalb von 2–3 Tagen nach Kontakt lässt sich mit relativ großer Wahrscheinlichkeit vermeiden, dass diese Patienten an Masern erkranken, insbesondere wenn die eingesetzten Präparate hohe Masern-spezifische Antikörperkonzentrationen aufweisen. Bei späterer Gabe bis zum 6. Tag ist noch Mitigierung der Krankheit möglich.

Inkubierte Patienten sind im Krankenhaus ab dem 7. Tag p.i. bis zum 5. Exanthemtag zu isolieren.

Prognose

Masern sind immer eine ernste und gefährliche Krankheit. Komplikationen wie die Enzephalitis treten bei einem unter durchschnittlich 1000 Erkrankten auf, in einem unter 700–1000 Fällen führt die Infektion zum Tode. Todesfälle kommen besonders im Säuglingsalter, bei älteren Menschen und besonders bei immundefizienten Patienten vor. Die Krankheit verläuft besonders schwer in Entwicklungsländern bei unterernährten Kindern. Während man früher davon ausging, dass die Subakute Sklerosierende Panenzephalitis etwa einmal unter 80.000–100.000 Erkrankten auftritt, sprechen aktuelle Daten dafür, dass diese immer letale Spätkomplikation wesentlich häufiger (1 in 1700–3500 Fällen) zu erwarten ist. Namentlich sind zu melden der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an Masern.

Mumps

Definition

Mumps (Parotitis epidemica) ist eine hoch kontagiöse, systemische Virusinfektion mit einem niedrigen Manifestationsindex. Die häufigsten Krankheitsmanifestationen sind Parotitis, aseptische Meningitis und Orchitis.

Epidemiologie

Das Mumpsvirus ist ubiquitär. Der Mensch ist das einzige Erregerreservoir. Vor der Impfära lag das Prädilektionsalter für Mumps zwischen dem 2. und 15. Lebensjahr. Jungen erkranken häufiger als Mädchen. Nach Einführung der Mumpsvakzine ging die Häufigkeit drastisch zurück. In den letzten Jahren kam es immer wieder zu lokalen Ausbrüchen (zuletzt Nordbayern 2010) bevorzugt bei jungen Erwachsenen in Schulen, Gemeinschaftseinrichtungen oder Sportvereinen. Die Übertragung erfolgt vor allem aerogen durch Tröpfchen und durch direkten Kontakt. Der Speichel ist hoch kontagiös. Die Patienten sind 3–5 (–7) Tage vor Auftreten der Parotitis bis maximal 9 Tage danach infektiös. Die Inkubationszeit variiert zwischen 12 und 25 Tagen und beträgt im Durchschnitt 16–18 Tage. Mumps hinterlässt eine lebenslange Immunität. So genannte Zweitinfektionen haben meist andere Ursachen.

Ätiologie

Das Mumpsvirus ist ein umhülltes RNA-Virus aus der Familie Paramyxoviridae im Genus Paramyxovirus. Es existieren 6 Genotypen.

Pathogenese

Die Eintrittspforte ist der obere Respirationstrakt. Nach initialer Virusvermehrung in den Schleimhäuten und regionalen Lymphknoten kommt es zu einer Virämie mit sekundärer Infektion von Speicheldrüsen, Tränendrüsen, Schilddrüse, Brustdrüsen, Pankreas, Testes, Ovarien und Nieren. Auch Innenohr, Gelenke, Herz und Leber können betroffen sein. Virale Neuroinvasion ist die Regel! Bis zu 70 % der Mumpsfälle zeigen eine Liquorpleozytose ohne die typischen Zeichen der Mumpsmeningitis.

In den infizierten Organen finden sich diskrete, virusbedingte Parenchymschäden. Diese lösen heftige entzündliche Reaktionen aus. Die Krankheitssymptome werden vermutlich hauptsächlich durch die immunologischen Wirtreaktionen verursacht, wobei spezifische T-Zellen eine entscheidende Rolle spielen. Sind die immunologischen Abwehrfunktionen gestört, wie bei Patienten unter zytostatischer/immunsuppressiver Therapie, verläuft die Infektion in den allermeisten Fällen subklinisch.

Mumps ist in den meisten Fällen eine akute, selbstlimitierende Krankheit. Chronische Verläufe wurden nur vereinzelt beschrieben.

Nach Mumps können zwar in vereinzelten Fällen transitorische Glukoseverwertungsstörungen und Inselzellantikörper auftreten, nach heutiger Auffassung besteht dennoch kein direkter, kausaler Zusammenhang zwischen Mumps und Diabetes mellitus Typ 1.

Klinische Symptome

Mumps zeigt eine große Variabilität im klinischen Erscheinungsbild und in der Reihenfolge der Organmanifestationen. In bis zu 50 % der Fälle verläuft die Infektion entweder klinisch stumm oder unter dem Bild einer grippalen Infektion mit Fieber und leichten katarrhalischen Symptomen. Nur in ca. 30–40 % der Fälle tritt 16–18 Tage nach Infektion eine bilaterale oder (weniger häufig) unilaterale Parotitis auf, begleitet von Fieber über 3–4 Tage. Nicht selten sind auch die anderen Speicheldrüsen betroffen. Bei der Inspektion der Mundhöhle findet sich häufig eine Rötung und Schwellung der Mündung des Ductus parotideus. Eine Pharyngitis fehlt fast immer.

Häufig besteht auch eine Pankreatitis. Sie äußert sich klinisch durch Appetitlosigkeit, Erbrechen, Oberbauchschmerzen, Stearrhö, mitunter transitorische Glukosurie und Acetonurie. Serumamylase und -lipase sind erhöht.

In ca. 4–6 % der Fälle kommt es zu einer aseptischen (serösen) Meningitis . Sie kann bereits eine Woche vor Ausbruch oder bis zu 3 Wochen nach Beginn der Parotitis manifest werden oder (nicht selten) isoliert auftreten. Bei jeder aseptischen Meningitis sollte deshalb an eine Mumpsinfektion gedacht werden!

Die Mumpsorchitis manifestiert sich erst während oder nach der Pubertät bei bis zu 30 % der mumpsinfizierten Adoleszenten und jungen Männer. Sie beginnt in der Regel am Ende der 1. Krankheitswoche unter erneutem Fieberanstieg mit starker Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit der Hoden (meist einseitig). Eine vorangehende Parotitis kann auch fehlen.

Weitere seltene Manifestationen sind: Mumpsenzephalitis mit Bewusstseinsstörungen, zerebralen Krampfanfällen, Hirnnervenlähmungen und Hemiplegien, Oophoritis, Thyreoiditis, Uveitis, Myokarditis und Arthritis.

Eine Mumpsinfektion im ersten Drittel der Schwangerschaft kann zum Absterben der Frucht und zum Abort führen. Eine Mumpsembryopathie ist nicht bekannt.

Diagnose

Die akute Infektion kann durch die Bestimmung spezifischer IgM-Antikörper mittels ELISA nachgewiesen werden. In besonderen Fällen ist auch die Virusanzucht aus Rachenspülwasser, Speichel, Liquor, Urin oder Biopsiematerial möglich oder der Nachweis mumpsspezifischer Nukleotidsequenzen mittels PCR. Bei Mumpsmeningitis zeigt der Liquor eine mäßige lymphozytäre Pleozytose (10–2000 Zellen/µl) bei normalem bis leicht erhöhtem Eiweiß und normalem bis leicht erniedrigtem Liquorzucker. Im Liquor treten 2–3 Wochen später virusspezifische oligoklonale Mumpsantikörper auf als Ausdruck einer intrathekalen Immunreaktion.

Differenzialdiagnose

Infrage kommen Parotitiden anderer viraler (Parainfluenzavirus Typ 1 und 3, Zytomegalievirus, EBV, Coxsackie-Viren) oder bakterieller Genese, ferner entzündliche und neoplastische Lymphknotenvergrößerungen und bei Mumpsmeningitis sine parotitide aseptische Meningitiden anderer viraler oder bakterieller Genese (Borreliose). Rezidivierende Parotisschwellungen haben mit Mumps nichts zu tun. Sie sind meistens durch Stenosen der Ausführungsgänge bedingt oder kommen bei Immundefekten (z. B. HIV) vor.

Therapie

Eine spezifische Therapie existiert nicht. Auch eine symptomatische Behandlung ist selten erforderlich. Bei schweren Verläufen (Mumpsenzephalitis, Orchitis) sind u. U. Kortikosteroide indiziert.

Prophylaxe

Alle Kinder und seronegative Adoleszenten und Erwachsene sollten gegen Mumps geimpft werden (10.1007/978-3-642-41866-2_10). Spezielle Immunglobuline zur passiven Immunisierung stehen nicht zur Verfügung. Gemeinschaftseinrichtungen dürfen 9 Tage nach Beginn der Parotitis wieder besucht werden.

Seit 29.3.2013 besteht namentliche Meldepflicht für Mumps nach § 6 und § 7 Infektionsschutzgesetz.

Prognose

Mumps hat im Allgemeinen eine gute Prognose. Nach Mumpsmeningitis kann in 1:10.000 Fällen eine Innenohrschwerhörigkeit auftreten, oft nur partiell oder unilateral. Auch die Mumpsenzephalitis kann bleibende Schäden wie Hemiparesen oder Hydrocephalus internus aufgrund einer Aquäduktstenose verursachen. Nach Mumpsorchitis kann es zu einer einseitigen Hodenatrophie kommen; Sterilität ist jedoch selten.

Röteln

Definition

Röteln sind eine akute systemische Virusinfektion, die mit Fieber, Lymphadenopathie und Exanthem einhergeht.

Epidemiologie

Der Mensch ist das einzige Erregerreservoir. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfchen oder direkten Kontakt (zur vertikalen Übertragung in der Schwangerschaft 10.1007/978-3-642-41866-2_31). Die Patienten sind bereits 7 Tage vor Auftreten des Exanthems bis 7 Tage danach infektiös. Der genaue Zeitpunkt der Infektion ist daher bei Rötelnkontaktpersonen oft schwer bestimmbar. Vor der Impfära lag der Altersgipfel der Infektion bei den 5- bis 9-Jährigen. Bei nach Einführung der Impfung zunächst unzureichenden Durchimpfungsraten verschob sich der Infektionszeitpunkt ins höhere Lebensalter zu den Adoleszenten und jungen Erwachsenen. In Deutschland besitzen 5–10 % der Frauen im gebärfähigen Alter keine spezifischen Antikörper.

Heute werden Röteln gemeinsam mit Masern und Mumps als Kombinationsimpfstoff verimpft, die Durchimpfungsrate liegt zwischenzeitlich für die erste Impfung im 11.-15. Lebensmonat über 90 %. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 14–21 Tage. Röteln hinterlassen eine lebenslange Immunität. Reinfektionen kommen in seltenen Fällen vor.

Ätiologie

Das Rötelnvirus ist ein umhülltes, einzelsträngiges RNA-Virus aus der Familie der Togaviridae im Genus Rubivirus. Das Virus ist lymphotrop, mitunter neurotrop und nur geringfügig oder gar nicht zytopathogen. Im Gegensatz zu Masern kommt es nach Röteln zu keiner vorübergehenden Immunsuppression.

Pathogenese

Die Eintrittspforte des Virus ist der obere Respirationstrakt. Nach initialer Virusvermehrung in der Mukosa kommt es lymphogen zur Infektion der zervikalen und okzipitalen Lymphknoten. Infektiöses Virus kann frühestens 7–9 Tage p.i. im Blut und im Nasopharyngealsekret nachgewiesen werden. Im Rahmen der Virämie gelangt das Virus auch in die Haut und andere Organe, z. B. die Gelenke. Das Exanthem ist Ausdruck der immunologischen Interaktion.

Klinische Symptome

In 25–50 % der Fälle verläuft die Infektion klinisch stumm. Bei symptomatischen Verläufen kommt es ca. 7 Tage p.i. zu einer symmetrischen Schwellung der zervikalen und nuchalen Lymphknoten mit mäßigen Allgemeinsymptomen (Prodromi) wie leichtem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Halsschmerzen und Konjunktivitis. Einige Tage später folgt dann ein zartrosa gefärbtes, kleinfleckiges Exanthem, das hinter den Ohren beginnt und sich rasch über den Körper ausbreitet. Verläufe ohne Exanthem, aber mit Fieber und Lymphadenopathie, sind möglich.

Bei bis zu 50 % der Fälle kann eine transitorische Polyarthralgie/Polyarthritis auftreten. Finger- und Kniegelenke sind bevorzugt betroffen. Die Beschwerden, die durch direkte Erregerinvasion und/oder Ablagerung von Immunkomplexen bedingt sind, verschwinden in der Regel nach einigen Wochen. Ob sich daraus gelegentlich eine chronische Polyarthritis entwickeln kann, ist Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion.

Weitere Komplikationen sind die postinfektiöse, thrombozytopenische Purpura (Häufigkeit 1:3000) und die akute Rötelnenzephalitis in einer Häufigkeit von 1:6000. In sehr seltenen Fällen wurde auch eine progressive Rötelnpanenzephalitis (PRP) als Folge einer postnatalen Rötelninfektion beobachtet (Abschn. 101.10).

Die Hauptkomplikation von Röteln bei Schwangeren ist die Rötelnembryofetopathie (10.1007/978-3-642-41866-2_31).

Diagnose

Wegen der Ähnlichkeit mit anderen viralen und nichtviralen Exanthemen ist die klinische Diagnose oft schwierig. Charakteristische Blutbildveränderungen (Leukopenie mit relativer Lymphozytose und Auftreten von Plasmazellen) können von diagnostischer Bedeutung sein. Ansonsten muss die Infektion serologisch bestätigt werden. Beweisend ist ein 4-facher Titeranstieg im Hämagglutinationstest aus 2 Serumproben oder der Nachweis von rötelnspezifischem IgM mittels Enzymimmunassay (ELISA). Je nach Empfindlichkeit der Testmethode sind spezifische IgM-Antikörper mitunter bis zu 1 Jahr im Serum nachweisbar. Um zwischen einer primären Infektion und der seltenen Reinfektion bei Schwangeren zu unterscheiden, stehen spezielle Tests zur Verfügung. Bei der akuten Rötelnenzephalitis findet man im Liquor eine leichte lymphozytäre Pleozytose. Das Liquoreiweiß ist normal. Virale RNA und oligoklonale Banden lassen sich in der Regel nicht nachweisen.

Differenzialdiagnose

Die klinischen Symptome der Röteln sind oft wenig charakteristisch und leicht mit anderen exanthematischen Krankheiten durch Parvo-, Masern-, Entero- , Adeno-, Epstein-Barr-Viren oder Mykoplasmen sowie mit Scharlach zu verwechseln.

Therapie

Es gibt keine spezifische antivirale Therapie.

Prophylaxe

Alle Jungen und Mädchen sollten 2-mal entsprechend den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission gegen Röteln geimpft werden (Rötelnimpfung 10.1007/978-3-642-41866-2_10). Hinzu kommt die Überprüfung der Rötelnserologie bei allen Frauen im gebärfähigen Alter. Bei Seronegativen ist eine Impfung mit Erfolgskontrolle geboten. Ein Titer von >1:32 im Hämagglutinationshemmtest gilt als sicherer Schutz.

Ob eine Rötelninfektion durch passive Immunisierung (z. B. nach Rötelnkontakt in der Frühschwangerschaft) verhindert werden kann, ist unsicher.

Kinder mit Röteln werden im Krankenhaus bis zum 7. Tag nach Exanthembeginn isoliert. Säuglinge mit konnatalen Röteln müssen bis zum Ende des 1. Lebensjahrs als infektiös betrachtet werden.

Seit 29.3.2013 besteht namentliche Meldepflicht für Röteln nach § 6 und § 7 Infektionsschutzgesetz.

Prognose

Postnatal erworbene Röteln sind fast immer eine milde, gutartig verlaufende Infektionskrankheit, auch bei Patienten unter immunsuppressiver/zytostatischer Therapie. Lediglich bei Rötelnenzephalitis kann es zu Todesfällen oder Defektheilungen kommen.

Metapneumovirus-Infektionen

Definition

Humane Metapneumoviren wurden 2001 bei der Aufarbeitung von eingefrorenen Nasopharynxsekreten von Kindern entdeckt, für deren Bronchiolitis beziehungsweise obstruktive Bronchitis bis dahin kein Erreger hatte nachgewiesen werden können.

Epidemiologie

Metapneumoviren treten in Winter-Epidemien auf. Im Säuglings- und Kleinkindesalter sind sie durchschnittlich für etwa 5 % der Hospitalisierungen aufgrund von Luftwegsinfektionen verantwortlich. Die Durchseuchung erfolgt etwas später als bei RS-Virus. Mit 4 Jahren haben alle Kinder ‒ serologisch nachweisbar ‒ mindestens eine Infektion durchgemacht.

Ätiologie

Metapneumoviren sind Paramyxoviren mit Verwandten im Tierreich, die aber keine bisher bekannten Genaustausche haben.

Pathogenese

Die Infektion und akute Erkrankung entspricht – soweit bekannt – den Wegen und Mechanismen des RS-Virus. Lediglich die Dauer der nachfolgenden bronchialen Hyperreagibilität ist kürzer. Umstritten ist, ob die Erkrankungen, an den Metapneumoviren in Form von Ko-Infektionen mit den differenzialdiagnostisch gelisteten Viren beteiligt sind, schwerer als singuläre Infektionen ablaufen.

Klinische Symptome

Wesentliche Erkrankungsformen sind die Bronchiolitis/obstruktive Bronchitis, gefolgt von Laryngotracheitis und grippeähnlichen Erkrankungen.

Diagnose

Moderne Multiplex-PCR zur Diagnostik von frühkindlichen Atemwegserkrankungen weisen auch dieses Virus nach.

Differenzialdiagnose

RS-, Influenza-, Parainfluenza- und Adeno-Viren sowie alle neu entdeckten Atemwegsviren sind zu differenzieren.

Therapie

Die Therapie erfolgt symptomatisch. Bei lebensgefährlichen Erkrankungen besteht aufgrund von In-vitro-Daten die Option der Ribavirin-Behandlung.

Verlauf und Prognose

Der durchschnittliche klinische Verlauf ist etwas milder als bei RSV. Die langfristige Prognose hinsichtlich der Entstehung von Asthma erscheint ebenfalls günstiger.

Prophylaxe

Impfstoffe liegen zurzeit nicht vor.

Slow-virus-Infektionen

Definition

Es handelt sich um chronische Infektionen des Zentralnervensystems mit den folgenden Charakteristika:

  • monate- bis jahrelange Inkubationszeit,

  • zum Exitus letalis führender, langsam progredienter Krankheitsverlauf,

  • Beschränkung der Infektion auf eine Spezies und ein Organ bzw. Organsystem.

Aufgrund erregerspezifischer Merkmale werden 2 Gruppen von Krankheiten unterschieden:

  • die subakuten chronischen Enzephalomyelitiden und

  • die subakuten spongioformen Enzephalopathien (Prionkrankheiten) .

Die erste Gruppe, die durch konventionelle Viren hervorgerufen wird, umfasst die subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), die progressive Rötelnpanenzephalitis (PRP) und die progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML). Zur zweiten Gruppe gehören die klassische und die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK), das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom (GSS) und die fatale familiäre Insomnie (FFI).

Aufgrund biochemischer, molekularbiologischer und genetischer Befunde wird heute davon ausgegangen, dass diese Krankheiten nicht durch ein Virus, sondern durch ein „infektiöses Protein“ (proteinaceous infectious agent; Prion) hervorgerufen werden.

Subakute sklerosierende Panenzephalitis

Definition

Die Subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist eine chronisch-progrediente, entzündliche Krankheit des ZNS bei Kindern und Jugendlichen, die durch eine persistierende Maserninfektion hervorgerufen wird.

Epidemiologie

Die SSPE kommt weltweit in allen untersuchten ethnischen Gruppen vor. Die Angaben über die Häufigkeit sind sehr variabel. In England und Wales wurde für den Zeitraum von 1970–1989 ein Risiko von 4 Fällen pro 100.000 masernerkrankte Kinder berechnet. Nach neueren Untersuchungen scheint das Risiko mit 6,5–11 Fällen pro 100.000 Masernerkrankte wesentlich höher zu sein. Eine aktuelle Untersuchung aus Deutschland kommt sogar zu dem Ergebnis, dass das Risiko bei 1 Fall pro 1700–3300 Erkrankten liegt. Aus dieser Studie geht auch hervor, dass zwischen 2003 und 2009 insgesamt 31 Menschen mit einer SSPE dokumentiert behandelt wurden. Jungen sind 3-mal so häufig betroffen wie Mädchen.

Zwischen der vorausgegangenen Maserninfektion und dem Krankheitsbeginn liegen in der Regel 5–10 Jahre. Das durchschnittliche Erkrankungsalter wird mit 8–11 Jahren angegeben. Der jüngste bisher beschriebene Patient erkrankte nach einer perinatalen Infektion im Alter von 4 Monaten. In Ländern mit einer konsequenten Impfpolitik und einem drastischen Rückgang der natürlichen Masern ist die SSPE fast verschwunden.

Ätiologie und Pathogenese

Molekulargenetische Untersuchungen zeigen eindeutig, dass es sich bei dem im Gehirn persistierenden Virus um das Masernvirus handelt. Infolge von Mutationen ist allerdings die virale Genexpression eingeschränkt. Es werden relativ große Mengen der internen viralen Proteine (Nukleokapsid, Phosphorprotein) produziert, während das Matrixprotein und die äußeren Proteine (Fusionsprotein, Hämagglutinin) entweder gar nicht oder in nur sehr kleinen Mengen exprimiert werden. Das Virus scheint sich als infektiöser Nukleokapsidkomplex von Zelle zu Zelle auszubreiten, möglicherweise über Synapsen. Vollinfektiöses Virus wird nicht gebildet.

Wie das Virus in das ZNS gelangt und wodurch die lange Inkubationszeit zwischen der akuten Maserninfektion und dem Ausbruch der SSPE bestimmt wird, ist nach wie vor nicht klar. Fast immer lässt sich anamnestisch eine vorausgegangene Maserninfektion erfassen. Bei einem hohen Prozentsatz (ca. 50 %) der an SSPE Erkrankten erfolgte die Maserninfektion vor dem 2. Lebensjahr. Weitere Risikofaktoren sind nicht bekannt. Es gibt bisher keine Hinweise für einen spezifischen zellulären oder humoralen Immundefekt. Im Gegenteil, Patienten mit SSPE besitzen in der Regel hohe Titer an neutralisierenden Antikörpern, die man sowohl im Serum als auch im Liquor oder im Hirngewebe nachweisen kann.

Neuropathologie

Der neuropathologische Befund zeigt diffuse und perivaskuläre, entzündliche Infiltrate, Proliferationen von Makro- und Mikroglia sowie ausgeprägte Entmarkungsbereiche. Ein weiterer charakteristischer Befund sind intranukleäre Einschlusskörperchen in Glia- und Ganglienzellen, in denen sich immunhistochemisch oder elektronenmikroskopisch Masernnukleokapside nachweisen lassen. Zytopathogene Effekte mit Riesenzellbildung liegen im Gehirn nicht vor.

Klinische Symptome

Die Krankheit zeigt eine große Variabilität hinsichtlich ihrer klinischen Manifestationen, Dauer und Intensität. Typischerweise werden 4 Krankheitsstadien beobachtet. Die Erkrankung beginnt mit Veränderungen der Persönlichkeit und des Verhaltens, ältere Kinder fallen beispielsweise durch Verschlechterung der schulischen Leistungen oder Verlust früher erworbener Fähigkeiten auf. Mitunter finden sich in diesem Stadium charakteristische Augenhintergrundveränderungen als Folge der zentralnervösen Masernvirus-Infektion. Die zweite Stufe der SSPE ist durch massive, wiederkehrende Myoklonien (abrupt einsetzende rhythmische Zuckungen an einzelnen Gliedern oder am ganzen Körper), Krampfanfälle und Demenz gekennzeichnet. In der dritten Phase entwickeln die Patienten Muskel-Steifigkeit, extrapyramidale Symptome (Bewegungsstörungen ähnlich Parkinson)und progressive Teilnahmslosigkeit. Der letzte Abschnitt der Erkrankung geht mit (Wach-)Koma, vegetativem Ausfall oder akinetischen Mutismus (Schweigen – Kommunikationslosigkeit) einher.

In ca. 80 % der Fälle finden sich charakteristische EEG-Muster (Radermecker-Komplexe): periodische, hochvoltige Slow-wave-Komplexe, die nach Intervallen von 3,5–12 s wiederkehren.

Die Krankheit führt meistens innerhalb von 3–5 Jahren nach Krankheitsbeginn zum Tode; es gibt jedoch auch sehr rasch progrediente und extrem langsame Verläufe. In ca. 5 % der Fälle werden auch Spontanremissionen beobachtet.

Diagnose

Die Diagnose basiert auf der klinischen Symptomatologie, den charakteristischen EEG-Veränderungen und dem Nachweis hoher Titer masernvirusspezifischer Antikörper in Serum und Liquor. Der Liquor zeigt eine normale Zellzahl und ein normales Gesamteiweiß, aber immer eine starke Zunahme der γ-Globuline. Das Liquor-IgG ist oligoklonal und besteht zu 70–80 % aus masernvirusspezifischen Antikörpern. Das Virus lässt sich weder im Serum noch im Liquor nachweisen.

Therapie

Es existiert bisher keine spezifische Therapie. Der therapeutische Effekt von Isoprinosine und Interferon ist umstritten. Steroide führen meist zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes. Intrathekal verabreichtes Ribavirin kann möglicherweise zu einer klinischen Besserung führen.

Prophylaxe

Die Masernimpfung schützt mit großer Sicherheit vor dem Auftreten einer SSPE.

Progressive Rötelnpanenzephalitis

Es handelt sich bei der Progressiven Rötelnpanenzephalitis (PRP) um eine chronisch-progrediente, entzündliche Krankheit des ZNS, die als Folge einer konnatalen oder einer postnatal erworbenen Rötelninfektion auftritt. Die Krankheit ist extrem selten mit nicht mehr als 10 publizierten Fällen in der Weltliteratur.

Aus welchem Grund das Rötelnvirus im ZNS persistiert und später reaktiviert wird, ist nicht bekannt. Ein spezifischer Immundefekt liegt nicht vor.

Die neurologischen Symptome, die in der Regel 8–12 Jahre nach Infektion auftreten, zeigen große Ähnlichkeit mit denen einer SSPE. In Serum und Liquor lassen sich in Analogie zur SSPE hohe Titer rötelnvirusspezifischer Antikörper nachweisen. Im Unterschied zur SSPE zeigt der Liquor meistens eine mäßige lymphozytäre Pleozytose.

Die Prognose der Krankheit ist ungünstig. Es existiert keine spezifische Therapie.

Progressive multifokale Leukenzephalopathie

Definition

Die Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) ist eine stets tödlich verlaufende, subakute demyelinisierende Krankheit bei Patienten mit schwerer Immuninsuffizienz. Die Krankheit wurde vereinzelt bei Kindern mit angeborenen Immundefekten beschrieben. Vor Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie trat sie hauptsächlich bei Kindern und Erwachsenen mit fortgeschrittener HIV-Infektion auf. Möglicherweise kann die Therapie mit den monoklonalen Antikörpern Natalizumab und Efalizumab, die bei der Behandlung der multiplen Sklerose bzw. schwerer Psoriasis vulgaris erfolgreich eingesetzt werden, die Entwicklung einer PML induzieren.

Ätiologie und Pathogenese

Der Erreger ist das Papovavirus JC. Das Virus ist weit verbreitet. Die Seroprävalenzen betragen bei Einschulung ca. 50 % und im Erwachsenenalter ca. 80–90 %. Die Infektion verläuft bei immunkompetenten Individuen immer asymptomatisch. Bei Patienten mit schwerer Immuninsuffizienz, wobei vor allem das T-Zell-System betroffen ist, kommt es infolge von Primärinfektion bei Kindern oder lokaler Reaktivierung bei Erwachsenen zur zytolytischen Infektion der Oligodendrozyten mit nachfolgender Demyelinisierung. Die Entmarkungsherde sind frei von entzündlichen Infiltraten.

Klinische Symptome

Die klinischen Symptome sind in den meisten Fällen sehr unspezifisch. Systemische Entzündungszeichen wie Fieber und Akute-Phase-Proteine fehlen immer. Die Krankheit beginnt schleichend mit Wesensveränderung, kognitiven Dysfunktionen und motorischen Störungen in Form von Ataxien, Hemiparesen und bulbären Symptomen. Die Krankheit führt meistens innerhalb von 12–24 Monaten zum Tode.

Wenn bei einem Patienten mit schwerer Immuninsuffizienz neurologische Auffälligkeiten auftreten, sollte immer an eine PML gedacht werden!

Diagnose

Die Methode der Wahl ist der Nachweis Papovavirus-JC-spezifischer Sequenzen im Liquor mittels PCR. Der Liquor ist ansonsten unauffällig.

Wegen des hohen Durchseuchungsgrades sind serologische Nachweisverfahren in den allermeisten Fällen nicht aussagekräftig.

Therapie

Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung.

Übertragbare spongiforme Enzephalopathien

Definition

Übertragbare spongiforme Enzephalopathien (Prionkrankheiten) sind infektiöse, neurodegenerative Krankheiten des ZNS, die nach kurzem klinischem Verlauf innerhalb von 2 Monaten bis 2 Jahren zum Tode führen. Dazu gehören beim Menschen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Scrapie beim Schaf und die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE).

Epidemiologie

Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) tritt mit einer Häufigkeit von 1:1 Mio. Einwohner weltweit auf. Man unterscheidet zwischen einer sporadischen (ca. 90 %) und einer familiären Form (ca. 10 %, verursacht durch Mutationen im Prion-Protein, PrP). Bis auf wenige Ausnahmen sind ältere Menschen betroffen (Altersgipfel bei 65 Jahren). Die Inkubationszeit beträgt in der Regel 10 (–30) Jahre. CJK ist keine ansteckende Krankheit im üblichen Sinn. Der Erreger wird von den Erkrankten nicht ausgeschieden. Lediglich nach therapeutischen Eingriffen wie Dura-mater- oder Hornhauttransplantationen, nach Verwendung kontaminierter Instrumente und nach Therapie mit erregerhaltigen Wachstumshormonen wurde von einer Übertragung berichtet. Infektionen durch Blut und Blutprodukte von Erkrankten sind bisher nicht bekannt geworden.

Neben der seit Langem bekannten klassischen Form wurde 1996 erstmalig eine neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nvCJK) bei Patienten in England beschrieben. Unter den Betroffenen waren Jugendliche und junge Erwachsene. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich bei dieser neuen Variante um eine durch Verzehr von prionenverseuchtem Rindfleisch hervorgerufene BSE-Infektion beim Menschen handelt.

Ätiologie

Die übertragbaren spongiösen Enzephalopathien haben gewisse Ähnlichkeit mit Viruskrankheiten. Virale Nukleinsäuren wurden aber bisher in erregerhaltigen Präparationen nicht gefunden. Nach heutiger Auffassung handelt es sich bei den infektiösen Erregern um Prionen, infektiöse Eiweißmoleküle mit einem Molekulargewicht von 28.000 und der Fähigkeit zur Selbstreplikation ohne eigenes nukleinsäurehaltiges Genom.

Prionprotein oder Präamyloid ist bei Mensch und Tier in der „gesunden“ Isoform ein normaler Membranbestandteil von Neuronen, Astrozyten und anderen Zellen. Die Prionhypothese geht davon aus, dass aus dieser Form durch Konformationsänderung eine infektiöse abnorme Isoform (Prionprotein vom Scrapietyp) hervorgehen kann. Mutationen scheinen diese Umlagerung zu begünstigen. Offenbar kann der „Erreger“ seine pathologische Konformation auf normales Präamyloid weitergeben und so zur Pseudovermehrung des infektiösen und krankmachenden Prinzips führen. Die abnorm gefalteten infektiösen Prionproteine sind außerordentlich stabil. Sie weisen vor allem eine hohe Hitze-, Detergenzien- und Strahlenresistenz auf und lassen sich weder durch Formalin noch durch Alkohol inaktivieren.

Histopathologie

Durch die Vermehrung des infektiösen „Erregers“ im Gehirn kommt es zum Absterben von Neuronen, zu ausgeprägter astrozytärer Gliose und zur Bildung von Mikrovesikeln. Dadurch entsteht eine schwammartige Auflockerung des Hirnparenchyms. Charakteristisch sind ferner regional unterschiedliche Ablagerungen von Amyloid. In den Plaques lassen sich die abnormen Prionproteine mit monoklonalen Antikörpern immunhistochemisch nachweisen. Die neue Variante der CJK geht mit besonders auffälligen und extensiven Amyloidablagerungen einher. Im Gegensatz zur klassischen CJK wurde bei der nvCJK auch verändertes Prionprotein außerhalb des Gehirns im Körper nachgewiesen, z. B. in den Tonsillen und in der Milz. Bemerkenswert ist das Fehlen jeglicher lokaler (und systemischer) Entzündungsreaktionen. Die Infektion führt offenbar zu keiner immunologischen Abwehrreaktion.

Klinische Symptome

Im Frühstadium der klassischen CJK stehen psychopathologische Symptome im Vordergrund: Gedächtnis-, Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen, erhöhte Reizbarkeit und ängstlich agitierte oder depressive Zustandsbilder. Im weiteren Verlauf zeigt sich immer deutlicher eine progrediente Demenz. Hinzu kommen vielfältige neurologische Symptome wie Myoklonien, visuelle oder zerebellare Veränderungen, pyramidale und extrapyramidale Symptome. Mitunter finden sich typische EEG-Veränderungen in Form von periodischen scharfen Wellen. Das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom und die tödliche familiäre Insomnie sind besondere klinische Verlaufsformen der CJK.

Diagnose

Die Diagnose wird in der Regel nach klinischen Symptomen und dem EEG-Befund gestellt. Gestützt wird die Diagnose durch den Nachweis von neuronalen Destruktions- und glialen Aktivierungsmarkern im Liquor (neuronenspezifische Enolase, Proteine 14-3-3, S100-β-Protein). Die genannten Marker sind allerdings nicht spezifisch für die CJK. Ansonsten ist der Liquor unauffällig. Eine definitive Diagnose kann nur durch die Untersuchung von Hirngewebe gestellt werden. Bei Verdacht auf die neue Form der CJK sollte eine Tonsillenbiopsie erwogen werden. Bei der familiären Form kann der Mutationsnachweis im Prion-Gen die Diagnose sichern.

Therapie

Es gibt bisher keine wirksame Therapie.

Prophylaxe

Iatrogene Übertragungen durch chirurgische Instrumente können durch adäquate Dekontaminationsmaßnahmen vermieden werden (10.1007/978-3-642-41866-2_91).

Prionenverseuchte Nahrungsmittel dürfen auf keinen Fall in den Verkehr gebracht werden. Das kann nur durch rigorose Kontrollen von Tierhaltung und Futtermittelwirtschaft vermieden werden.

Virale hämorrhagische Fieber

Definition

Es handelt sich um teilweise schwer verlaufende, hoch fieberhafte Virusinfektionen, die durch multisystemische, grippeähnliche Allgemeinsymptome und hämorrhagische Diathese charakterisiert sind.

Epidemiologie

Je nach Erreger besteht eine unterschiedliche geografische Verbreitung. Die Art der Übertragung ist nicht bei allen hämorrhagischen Fiebern (HF) bekannt. Während gewisse HF nur durch Vektoren auf den Menschen übertragen werden, können andere HF nosokomiale oder Laborinfektionen bedingen. Die häufigsten HF sind Dengue- und Gelbfieber.

Ätiologie

Als Erreger von HF wurden mindestens 12 verschiedene einsträngige RNA-Viren identifiziert. Sie werden den 4 Familien Arenaviridae, Bunyaviridae, Flaviviridae und Filoviridae zugeordnet (Tab. 101.2). Die zu den ARBO-Viren (arthropode-borne viruses) gehörenden Arena-, Bunya- und Flaviviren werden durch Insekten übertragen und vermehren sich in diesen sowie in Wirbeltier und Mensch.

Krankheit Virus (Familie) Endemiegebiete Reservoir Übertragung
Lassa-Fieber Lassa (Arenaviren) Westafrika Ratte Inhalation infektiöser Sekrete; Mensch-zu-Mensch, nosokomiale und Laborinfektionen
HF mit renalem Syndrom Hantaan (Bunyaviren) Asien Nagetiere (Ratten, Mäuse): Brandmaus (Apodemus agrarius), Wanderratte (Rattus norvegicus), Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis) Exkrete
Seoul Kosmopolitisch
Belgrad Zentraleuropa
Nephropathia epidemica Puumula (Bunyaviren) Skandinavien, Mitteleuropa Wühlmäuse (Clethrionomys)
Nichtkardiogenes Lungenödem (Hantaan-Virus-Lungensyndrom) Sin nombre (Bunyaviren) Nordamerika Nagetiere, Hirschmäuse (Peromyscus maniculatus) Exkrete
Dengue Dengue (Flaviviren) Südostasien, Ozeanien, (sub-) tropisches Amerika Infizierte Menschen, Affen Mücken (Aedes aegypti)
Gelbfieber Gelbfieber (Flaviviren) Afrika, Südamerika Infizierte Menschen, Affen Mücken (Aedes aegypti)
Ebola Ebola (Flaviviren) Sudan, Zentral- und Westafrika Unbekannt (Primaten?) Enger ungeschützter Kontakt (Blut, Sekrete), nosokomiale und Laborinfektionen
Marburg Marburg (Filoviren) Zentralafrika Unbekannt (Primaten?) Enger ungeschützter Kontakt (Blut, Sekrete), nosokomiale und Laborinfektionen
Omsker HF Omsk (Filoviren) Zentralsibirien, Rumänien Zecken Zeckenstich
Kyasanur-Wald-Fieber Kyasanur Forest (Filoviren) Indien (regional begrenzt) Zecken Zeckenstich

Pathogenese

Bei den schweren Krankheitsformen spielen Kapillarendothelschäden und Störungen der Hämostase eine wichtige Rolle. Die ablaufenden Mechanismen sind nicht genau bekannt. Am besten untersucht wurde die Infektion mit Dengue-Virus (s. unten und Abb. 101.1).

In welchen Stadien einer Infektion mit Viren sind Antikörper wirksam?

Klinische Symptome und Verlauf

Infektionen mit HF-Viren zeigen ein breites klinisches Spektrum. Dieses reicht von der häufigen asymptomatischen Infektion oder milden Form bis zum seltenen schweren Krankheitsbild mit multisystemischen, grippeähnlichen Symptomen, hämorrhagischer Diathese, Schock und disseminierter intravasaler Gerinnung. Typische Laborbefunde sind Leuko- und Thrombozytopenie sowie Thrombozytenfunktionsstörungen und Hämokonzentration.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Bei den typischen Formen von HF lässt sich die Diagnose anhand von Klinik und Reiseanamnese stellen. Die Diagnose wird durch Nachweis des Erregers im Blut und in Sekreten während der Akutphase und/oder serologisch gesichert. Leichte Verlaufsformen von HF sind klinisch schwierig von anderen viralen Infektionen abzugrenzen.

Therapie

Eine spezifische Therapie mit dem Virostatikum Ribavirin kann nur bei Lassa-Fieber, dem argentinischen, dem Hantaan- und dem Kongo-Krim-HF mit Erfolg durchgeführt werden. Bei der Marburg-Virus-Krankheit kann Hyperimmunserum (Rekonvaleszentenserum) versucht werden. Schockprophylaxe und -therapie sowie Korrektur der hämorrhagischen Diathese und von Störungen des Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts müssen in jedem Fall vorgenommen werden.

Prophylaxe

Impfungen gibt es bislang nur gegen Gelbfieber. Kleidung sowie Insektenvertreibungsmittel und Moskitonetze können vor Mücken- und Zeckenstichen schützen. Die Kontrolle von Vektoren durch Versprühen von Insektiziden oder durch Eindämmung der Brutplätze für Mücken bzw. Dezimierung von infizierten Nagern hat nur teiweise Erfolg gebracht. Bei Patienten mit Lassa-, Ebola- oder Marburg-Fieber ist wegen der Gefahr nosokomialer Infektionen und Laborinfektionen auf strikte Isolation bzw. Sicherheitskautelen bei der Verarbeitung von Patientenproben zu achten.

Prognose

Sie ist je nach HF verschieden. Die Letalität schwerer Verläufe kann bis zu 84 % betragen.

Dengue-Virus-Infektionen

Epidemiologie

Weltweit sind die meisten durch Arthropoden übertragenen Infektionskrankheiten Dengue-Virus-(DV-) Infektionen . Die Wirte des DV sind Menschen, niedere Primaten und Mücken. Auf den Menschen wird DV durch die in urbanen und ländlichen Gebieten lebenden Mücken Aedes aegypti und A. albopticus übertragen. Die Weibchen ernähren sich zur Tageszeit mit Spitzen am Morgen und späten Nachmittag. Nach einer Blutmahlzeit bei einem virämischen Wirt kann die Mücke das Pathogen unmittelbar oder erst nach 8–10 Tagen, während derer sich das DV in den Speicheldrüsen des Vektors vermehrt, auf einen anderen Wirt übertragen. Infizierte Mücken bleiben Zeit ihres Lebens infektiös und können das DV in ihren Eiern auf die nächste Generation übertragen.

Die Inzidenz von DV-Infektionen nimmt in den tropischen Regionen Asiens, Afrikas sowie Zentral- und Südamerikas zu. Dies wird auf die wachsende Verbreitung des Vektors A. aegypti zurückgeführt, die sich aus dem Mangel an effektiven Programmen zu dessen Eingrenzung, erhöhter Flugreisetätigkeit und dem Zuwachs der urbanen Bevölkerung in den „Megastädten“ Südostasiens ergibt. Man schätzt, dass weltweit pro Jahr 100 Mio. Infektionen mit dem DV erfolgen. Von 1986–1990 wurden der Weltgesundheitsorganisation 15.940 Todesfälle nach Infektion mit DV gemeldet.

Infektionen mit DV kommen in endemischer und epidemischer Form vor. Frühere Epidemien erzeugten vorwiegend unkomplizierte Verläufe mit hohem Fieber sowie starken Kopf- und Rückenschmerzen. In den vergangenen Jahren wurden in Ländern mit lang andauernder Aktivität des DV erstmals HF-Epidemien verzeichnet. In mehreren Ländern Europas wurden „importierte“ Fälle von DV-Infektionen beobachtet.

Ätiologie

Das Dengue-Virus gehört zusammen mit dem japanischen Enzephalitis- und dem Gelbfiebervirus zum Genus der Flaviviriden, einer Gruppe von rund 70 Vertretern von Viren mit einsträngiger, positiv gerichteter RNA. Die Mehrzahl dieser Viren wird durch Arthropoden übertragen. Wichtige Ausnahmen bilden das Hepatitis-C-Virus und die Pestiviren. In der Natur zirkulieren 4 verschiedene Serotypen (1–4) des DV und deren verschiedene Biotypen. Das Hauptstrukturprotein der Virushülle ist an den biologischen Hauptfunktionen der Viruspartikel wie Zelltropismus, Fusion an der Wirtszellmembran und Induktion von die Hämagglutination hemmenden, neutralisierenden sowie schützenden Antikörpern beteiligt.

Pathogenese

Sie ist für das HF unklar. Eine Infektion mit einem DV-Serotyp hinterlässt lebenslange homologe, jedoch nur limitierte heterologe Immunität. Da die meisten Patienten mit Dengue-hämorrhagischem Fieber (DHF) vor dessen Auftreten Kontakt mit einem oder mehreren Serotypen von DV hatten, geht man heute hauptsächlich von der Hypothese aus, dass eine vorangehende DV-Infektion die erhöhte Vermehrung des Erregers in mononukleären Leukozyten begünstigt (Abb. 101.1). Ein solches Phänomen wird antikörperabhängige Verstärkung der Infektion genannt.

Auf die Elimination von mit DV infizierten Zellen zielende Immunantworten können die Ausschüttung von Zytokinen mit Vaso- und Prokoagulanzienaktivität sowie von Interferon-γ und die Aktivierung von Komplement zur Folge haben (Abb. 101.1). Die Gefäßpermeabilität wird erhöht. Dies führt zu Hämokonzentration, vermindertem Blutvolumen, schlechter Gewebsperfusion sowie ausgeprägter Hypoxie und Schock. Die Ursachen für die Hämorrhagie scheinen komplex zu sein. Sie wird durch Thrombozytopenie, mikrovaskulären Schaden, Plättchendysfunktion und/oder disseminierte intravasale Gerinnung hervorgerufen.

Die pathologischen Befunde bei DHF sind Vaskulitis der kleinen Gefäße der Weichteile und inneren Organe, Lymphknotenhyperplasie, fokale Nekrosen in Milz, Leber und Knochenmark sowie Reifungsstop der Megakaryopoese. Makroskopisch finden sich petechiale Blutungen, Ekchymosen und Effusionen in Pleura- und Peritonealhöhle.

Die epidemische Verbreitung des DHF suggeriert, dass gewisse ethnische Gruppen empfänglicher bzw. resistenter gegenüber der Infektion sind.

Klinische Symptome und Verlauf

Die Infektion mit DV kann inapparent verlaufen oder sich als Dengue-Fieber (DF), DHF oder Dengue-Schocksyndrom (DSS) manifestieren. Alter, Geschlecht, Ernährungs- und Immunstatus scheinen die Variation der klinischen Bilder mitzubestimmen. Während die Infektion mit DV beim jungen Säugling meist nur ein mildes Krankheitsbild verursacht, können Säuglinge von immunen Müttern bei Verlust passiv erworbener mütterlicher Antikörper DHF und DSS entwickeln. Immunkompetente Mädchen im Alter von 7–12 Jahren sind für DHF am meisten gefährdet. Eine vertikale Übertragung von DV von der infizierten Mutter auf das Kind in der Zeit um den Geburtstermin ist beschrieben.

Dengue-Fieber

Das Dengue-Fieber (DF) manifestiert sich rund 4 Tage nach Mückenstich mit Fieber und einem diskreten makulösen oder makulopapulösen Exanthem. Eine Unterscheidung gegenüber anderen Virusinfektionen ist oft nicht möglich. Es erfolgt eine rasche Erholung. Bei schwererem DF steigt das Fieber rasch bis über 39 °C und hält 5–6 Tage an. Die Fieberkurve ist typischerweise biphasisch mit Rückkehr zu normalen Temperaturen zur Halbzeit der Krankheit. Das Fiebermaximum wird meist in den letzten 24 h vor der definitiven Entfieberung erreicht. Die Patienten wirken krank und leiden an Kopf- und retroorbitalen Schmerzen, Arthralgien und Myalgien. Einzelne Patienten beklagen heftigste Rücken-, Hals- und Bauchschmerzen. Das anfängliche Exanthem wandelt sich um zum diffusen Erythem mit verstreuten aufgehellten Arealen („weiße Inseln in einem roten Meer“).

Lethargie, Anorexie und Nausea ebenso wie Hepatomegalie können auftreten. Splenomegalie liegt selten vor. Die Thrombozytenzahl kann vermindert (<100 G/l), die Serumwerte der Alaninaminotransferase können erhöht sein (<100 IE/l). Eine Abgrenzung gegenüber anderen viralen oder gar bakteriellen Infektionen und dem Kawasaki-Syndrom kann schwierig sein. Die Patienten erholen sich innerhalb von 7–10 Tagen.

Dengue-hämorrhagisches Fieber

Die Inkubationszeit des Dengue-hämorrhagischen Fiebers (DHF) ist nicht bekannt. Es beginnt mit hohem Fieber und vielen der Symptome von DF. Schwindel und Lethargie sind jedoch ausgeprägter. Erhöhte Gefäßpermeabilität und abnorme Blutgerinnung können zu Hypovolämie und Hypotension und in schweren Fällen zu hypovolämischem Schock und inneren Blutungen führen. Die hämorrhagischen Komplikationen manifestieren sich in der Regel in den ersten 3 Tagen als an Stamm, Gliedern und Axillae verstreute Petechien. Diese können auch durch einen Rumpel-Leede-Test ausgelöst werden. Blutungen an Punktionsstellen sind die Regel, Blutungen in Magen-Darm-Trakt, Nase und Zahnfleisch sind möglich.

Nach 2–7 Tagen kann Kreislaufinsuffizienz eintreten. Der Patient wird unruhig und zeigt Schweißausbrüche und kalte Extremitäten. Pleuraerguss und Aszites können entstehen. Diese klinischen Zeichen sind fast diagnostisch für DHF.

Laboruntersuchungen zeigen Thrombozytenzahlen ≤20 G/l und – abhängig von Hämokonzentration und Schweregrad des Schocks – Erhöhung des Hämatokrits um ≥20 %, Hypalbuminämie sowie leicht erhöhte Serumkonzentrationen von Alaninaminotransferase und Harnstoff. Die partielle Prothrombin- und die Thrombinzeit können verlängert sein. Hypofibrinogenämie und Komplementverbrauch korrelieren mit der Schwere des Krankheitsverlaufs. Bei adäquater Therapie endet diese Phase innerhalb von 24–48 h.

Dengue-Schocksyndrom

Das Dengue-Schocksyndrom (DSS) ist die Folge des Austritts von Plasma in den extravaskulären Raum. Schneller und schwacher Puls, Hypotension, kalte Extremitäten und Unruhe stellen sich ein. Disseminierte intravasale Gerinnung kann auftreten.

Neuerdings werden vermehrt neurologische Manifestationen als eigenständige Entität beobachtet. Die Isolation von DV aus Liquor cerebrospinalis und Hirnparenchym deutet auf eine infektiöse Enzephalitis.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Die Diagnose der Infektion mit DV muss sich mangels spezieller Laboruntersuchungen vielerorts auf die Klinik stützen (Tab. 101.3). Die Laboruntersuchungen beinhalten den Nachweis des DV im Blut während der Akutphase oder den Nachweis von spezifischen Antikörpern. Die Identifikation des Virus mit PCR oder Kultur ist möglich.

Klinische Kriterien Laborkriterien
Fieber Thrombozytopenie
Hepatomegalie Hämokonzentration (Anstieg Hämatokrit ≥20 %)
Hämorrhagische Manifestationen wie Petechien, Ekchymosen, Effusionen in Pleura- oder Peritonealhöhle und Magen-Darm-Blutung Nachweis von Dengue-Virus mittels Kultur, Moskitoinokulationstechnik oder Amplifikation viraler RNA durch PCR
Schockzeichen Nachweis von Antikörpern gegen Dengue-Virus

Die am häufigsten angewendete serologische Untersuchung ist der Hämagglutinationshemmtest. Bei Primärinfektion liegen die Titer in der Akutphase in der Regel <1:20. Serokonversion oder ein 4-facher Titeranstieg innerhalb von 3–4 Wochen beweisen eine Primärinfektion. Im Gegensatz dazu sind sekundäre Infektionen durch einen raschen Anstieg der spezifischen Antikörper in den ersten Krankheitstagen gekennzeichnet. Antikörpertiter >1:1280 bereits in der Akutphase sprechen für eine kurz zuvor erfolgte Infektion mit DV. Neuerdings können mittels verschiedener kommerziell erhältlicher Tests in der Akutphase spezifische IgM nachgewiesen werden.

Therapie

Die Behandlung des DF ist supportiv und besteht in Bettruhe, adäquater Flüssigkeitszufuhr sowie Kontrolle des Fiebers und der Schmerzen mittels Antipyretika bzw. Analgetika. Salicylate sind wegen möglicher Verstärkung der Blutungsneigung kontraindiziert. Bei DHF/DSS ist das Hauptproblem eher der Flüssigkeits- als der Blutverlust. Demnach sind therapeutische Maßnahmen auf die Erhaltung von Blutvolumen und -druck auszurichten. Dabei sind Ringer-Laktat-Lösung für Kinder mit mittelschwerem DSS und 6 % Hydroxyethylstärke für Kinder mit schwerem DSS am besten geeignet.

Prophylaxe

Eine Impfung ist nicht bekannt. Deshalb kann bisher die Ausbreitung von DF und DHF einzig durch Kontrolle der Vektorpopulationen mittels Anwendung von Insektiziden und Eindämmung der Brutplätze für A. aegypti wie stehende Gewässer und Wasserbehälter eingeschränkt werden.

Prognose

Die Letalität von DHF variiert in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit supportiver Maßnahmen zwischen 1 % und 30 %.

Gelbfieber

Epidemiologie

Infektionen mit dem Gelbfiebervirus haben seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts zugenommen und kommen vereinzelt endemisch in Südamerika und Afrika vor (Tab. 101.2). Die WHO schätzt die Anzahl der Fälle auf rund 200.000 pro Jahr. Es gibt 2 Typen von Übertragungszyklen:

  • Im Dschungelzyklus wird das Gelbfiebervirus zwischen Affen durch verschiedene Vektoren übertragen. Menschen werden nur zufällig infiziert.

  • Dagegen wird im Stadtzyklus das Virus von infizierten auf empfängliche Menschen durch die Mücke A. aegypti übertragen.

Periodisch treten hyperendemische und epidemische Übertragungen bei empfänglichen Bewohnern von ländlichen Dörfern oder Städten auf.

Klinische Symptome und Verlauf

Nach einer Inkubationszeit von 3–6 Tagen treten Fieber, Ikterus, Kopfschmerzen, Nausea, Myalgien und Rückenschmerzen auf. In den meisten Fällen verläuft die Krankheit mild. Sie beschränkt sich auf die initialen Symptome und dauert nur wenige Tage. Rund 15 % der Infizierten entwickeln schwere Verläufe mit mehreren Phasen. Die akute Phase dauert rund 3 Tage. Labortests zeigen Leukozytose, Proteinurie, abnorme Leberfunktionstests und erhöhte Prothrombinzeit. Nach einer kurz dauernden Remission kommt es bei einzelnen dieser Patienten zu einer Verschlechterung mit sich verstärkendem Ikterus, gastrointestinalen und generalisierten Blutungen, Enzephalopathie, Niereninsuffizienz und Myokarditis.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Die Verdachtsdiagnose muss aufgrund der Anamnese und der klinischen Symptome gestellt werden. Differenzialdiagnostisch müssen andere Virusinfektionen einschließlich Virus-Hepatitiden und hämorrhagischer Fieber sowie Leptospirose und Typhus in Betracht gezogen werden. Die Diagnose des Gelbfiebers wird gesichert durch den Nachweis des Virus im Blut oder durch den Nachweis spezifischer IgM während der Akutphase. Ein 4-facher Titeranstieg der Antikörpertiter im Häamagglutinationstest oder in der Komplementbindungsreaktion gilt ebenfalls als beweisend.

Therapie

Es gibt keine kausale Therapie. Die intensive supportive Behandlung kann lebensrettend sein.

Prophylaxe

Die beste Prophylaxe ist die Impfung (10.1007/978-3-642-41866-2_10).

Geeignete Kleidung, Insektenvertreibungsmittel sowie die Benutzung von Moskitonetzen können vor Mückenstichen schützen.

Prognose

Ein letaler Ausgang wird bei 5 % aller symptomatischen Fälle und bei 25–50 % der Fälle mit schweren Symptomen beobachtet. Kinder unter 10 Jahren zeigen fatale Verläufe in bis zu 84 %. Späte Todesfälle ereignen sich infolge kardialer Komplikationen oder chronischen Nierenversagens.

Hantavirus-Infektionen

Ätiologie

Im Gegensatz zu den übrigen Mitgliedern der Familie der Bunyaviridae werden Hantaviren nicht über Vektoren, sondern über kontaminierte Aerosole auf den Menschen übertragen. Die 5 bekannten menschenpathogenen Hantaviren verursachen im Wesentlichen 2 Krankheiten, die unterschiedlich schwer verlaufen (Tab. 101.4).

Virus/Serovar Krankheit Schweregrad Endemiegebiet Reservoir
Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS)
Hantaan Koreanisches HF, epidemisches HF Schwer China, Korea, Ostsibirien Brandmaus (Apodemus agrarius)
Seoul HFRS Mäßig Ostasien Wanderratte (Rattus norvegicus)
Dobrova/Belgrad HFRS Schwer Südosteuropa Gelbhalsmaus (Apodemus flavocillis)
Puumula Nephropathia epidemica Leicht Nord-, Ost-, Südosteuropa, selten Mitteleuropa Wühlmäuse (Clethrionomys)
Hantavirus-bedingtes pulmonales Syndrom (HPS)
Sin nombre Pulmonales Syndrom Schwer Nordamerika Hirschmäuse (Peromyscus)

Klinische Symptome

Das hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) beginnt mit akutem Fieber, Schüttelfrost, Myalgie und Krankheitsgefühl. In einer zweiten Phase treten Schock und Blutungen hinzu, im Blut findet man Thrombopenie und Gerinnungsstörungen. Die dritte Phase ist durch eine Oligurie gekennzeichnet, Lungen- und Hirnödem, Kreatininanstieg und Elektrolytstörungen stehen im Vordergrund. Es folgt eine Phase der Polyurie und schließlich die Rekonvaleszenz, wobei eine chronische Niereninsuffizienz persistieren kann.

Die Nephropathia epidemica ist eine leichte Verlaufsform des HFRS, schwerste Formen werden durch Hantaviren in Ostasien und im ehemaligen Jugoslawien beobachtet.

Das Hantavirus-bedingte pulmonale Syndrom (HPS) wurde erstmals 1993 im Südosten der USA bekannt. Es beginnt mit Fieber und Myalgien, denen nach 4–5 Tagen eine Steigerung der vaskulären Permeabilität in der Lunge folgt. Es kann innerhalb weniger Stunden zum Lungenversagen kommen. Werden Schock und Hypoxie überlebt, kommt es innerhalb weniger Tage zur Restitutio ad integrum.

Besteht der Verdacht auf eine Hantavirus-Infektion, lässt sich die Diagnose oft serologisch (spezifisches IgM) sichern. Neben einer intensivmedizinischen Supportivtherapie ist bei HFRS eine spezifische Therapie mit Ribavirin indiziert (initial 30 mg/kg kG, dann 15 mg/kg KG alle 6 h für 4 Tage, schließlich 7,5 mg/kg KG alle 8 h für 3–6 Tage). Bei der leicht verlaufenden Nephropathia epidemica ist Ribavirin nicht indiziert.

Ebola- und Marburg-Fieber

Epidemiologie

Die Endemiegebiete des Ebola-Virus liegen im Sudan und in Zentral- und Westafrika, jene des Marburg-Virus in Zentralafrika (Tab. 101.2). Die Übertragungsmechanismen und die Reservoirs dieser Viren sind noch unbekannt. Die Übertragung von Mensch zu Mensch kann durch direkten Kontakt mit infektiösem Blut, hauptsächlich in Krankenhäusern, geschehen.

Klinische Symptome und Verlauf

Beide Krankheiten beginnen nach einer Inkubation von 2–21 Tagen plötzlich mit heftigen Kopfschmerzen, Myalgien, Konjunktivitis und Fieber. Es folgen rasche Verschlechterung des Bewusstseinszustandes, Pharyngitis, Bauchschmerzen, Nausea und Erbrechen. Nach mehreren Tagen offenbart sich am Stamm ein feinfleckiges, erhabenes Exanthem, das bei Überlebenden schuppend wird. Unkontrollierte mukokutane und gastrointestinale Blutungen, Schock und Multiorganversagen führen meist innerhalb von 6–9 Tagen zum Tod.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Beide hämorrhagischen Fieber müssen aufgrund der klinischen Symptome vermutet werden. Bei Ikterus und Hämatemesis ist eine Verwechslung mit Gelbfieber möglich. Blut und Gewebe (Hautbiopsie) können auf virales Antigen mittels Enzymimmunassay oder elektronenmikroskopisch untersucht werden. Serologische Untersuchungen sind wegen möglicher Kreuzreaktionen zu Paramyxoviren zuweilen schwierig zu interpretieren. Neuere Tests zum Nachweis virusspezifischer IgM sind zuverlässiger.

Therapie

Sie besteht in supportiven Maßnahmen. Die Gabe von Hyperimmunseren (Rekonvaleszentenseren) kann versucht werden.

Prophylaxe

Besondere Vorsichtsmaßnahmen sind bei Kontakt mit Indexfällen und bei Verarbeitung von Blut- und Sekretproben dieser Individuen im Labor geboten, da sehr hohe Infektiosität besteht.

Lassa-Fieber und südamerikanische hämorrhagische Fieber

Klinische Symptome und Verlauf

Bis zu 90 % der Infektionen verlaufen asymptomatisch. In Endemiegebieten machen schwere Krankheitsbilder bis zu 20 % der Einweisungen in pädiatrische Kliniken aus. Die Krankheit beginnt mit Fieber, Kopfschmerzen, Unwohlsein, Arthralgien, Rückenschmerzen, Husten und Pharyngitis. Bei Einweisung bestehen meist Thorax- und Bauchschmerzen sowie Erbrechen. Rasches Fortschreiten zu Hypotension, Enzephalopathie, erhöhter Gefäßpermeabilität mit Effusionen und peripheren Ödemen sowie Blutungen an Schleimhäuten und inneren Organen ist möglich.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Die Schwere des Krankheitsbildes muss ein HF vermuten lassen und erlaubt die Abgrenzung gegenüber anderen viralen Infektionen. Laboruntersuchungen zeigen erhöhte Leberenzyme und Gerinnungsstörung. Nachweis des Erregers oder virusspezifischer IgM sichern die Diagnose.

Therapie

Bei Lassa-Fieber ist der frühzeitige Therapiebeginn mit Ribavirin entscheidend (initial 30 mg/kg KG, dann 15 mg/kg KG alle 6 h für 4 Tage, schließlich 7,5 mg/kg KG alle 8 h für weitere 6 Tage). Demgegenüber ist die Wirkung von Ribavirin bei den südamerikanischen HF nicht bewiesen. Supportive Maßnahmen (s. oben) sind notwendig.

Prognose

Unbehandelt beträgt die Letalität bis 55 % und behandelt bis 20 %. Schwangere und Neugeborene sind besonders gefährdet. Die Schädigung des 8. Hirnnervs kann zu den Spätkomplikationen Tinnitus und sensorineuraler Schwerhörigkeit führen.

Rabiesvirus-Infektionen

Definition

Rabies (Tollwut, Lyssa) ist eine durch infizierte Tiere übertragene, in Stadien ablaufende, obligat tödliche Enzephalitis.

Epidemiologie

Rabies kommt weltweit vor. Man unterscheidet eine vorwiegend silvatische („den Wald betreffend“) Form mit Wildtieren als wichtigstem Erregerreservoir (Fuchs, Wolf, Dachs, Marder, Waschbär, Fledermaus) von einer urbanen Form (hauptsächlich Hund), wobei letztere in Entwicklungsländern dominiert. Neben den genannten Spezies können noch andere Säugetierarten wie die Katze als Vektor fungieren, sie stellen aber kein Erreger-Reservoir dar.

Theoretisch kann jedes Säugetier Tollwut übertragen, andere Wirbeltiere (Fische, Vögel, Reptilien, Amphibien) können aber nicht infiziert werden. Die Übertragung des Virus auf den Menschen erfolgt durch direkte Inokulation von erregerhaltigem Speichel mittels Biss- oder Kratzwunde in die Haut oder auf die intakte Schleimhaut. Sehr selten erfolgte eine Infektion durch eine Organtransplantation oder durch Aerosole.

Infizierte Tiere sind bis zu 4 Tage vor den ersten Krankheitszeichen infektiös, in wenigen Ausnahmefällen ist eine Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen beschrieben.

Mikrobiologie

Rabies wird hervorgerufen durch einsträngige RNA-Viren aus der Familie der Rhabdoviridae, Genus Lyssavirus. Die Tollwut wird praktisch ausschließlich von Rabies-Virus Serotyp 1 (klassisches Rabiesvirus) hervorgerufen, wenige Fälle sind durch Serotyp 5, 6 oder 7 (European bat lyssavirus 1 u. 2, Australian bat lyssavirus) verursacht worden.

Pathogenese

Meist durch Biss eines infizierten Tieres übertragen, vermehrt sich das Virus an der Eintrittspforte in Muskelzellen und nach Eintritt in periphere Nerven in Nervenzellen. Der Erreger wandert dann entlang von Nervenfasern zu den Spinalganglien. Dort findet eine weitere Replikation statt. Das Virus breitet sich dann in Richtung ZNS aus. Während der von Erregerstamm, Infektionsdosis, Grad der lokalen Innervation und Nähe zum ZNS abhängigen Inkubationszeit kann die Krankheit noch durch Impfung verhindert werden. Ist das Virus ins ZNS übergetreten, lässt sich der Krankheitsprozess nicht mehr aufhalten. Dort führt seine Vermehrung klinisch zu einer rasch progredienten Enzephalitis. Schließlich kommt es zur zentrifugalen Streuung des Virus vor allem in die Speicheldrüsen, aber auch in andere Organe. Nach natürlicher Infektion kann eine Immunreaktion nicht stattfinden, da das Virus im Nervensystem den immunkompetenten Zellen nicht zugänglich ist.

Klinische Symptome und Verlauf

Während der Inkubationszeit von durchschnittlich 20–90 Tagen gibt es außer der evtl. vorhandenen Wunde keine Symptome. Mit dem Viruseintritt in das Nervensystem treten im 1. Stadium Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, Übelkeit, Erbrechen, Fieber als Prodromi auf. Rund die Hälfte der Patienten klagt in diesem Stadium über Schmerzen und Parästhesien an der Bissstelle.

Das akute neurologische 2. Stadium beginnt 2–10 Tage nach dem Prodromalstadium mit Zeichen einer Infektion des ZNS und dauert 2–7 Tage. Man unterscheidet 2 Formen.

  • Bei der „wilden“ oder „rasenden Wut“ stehen Hyperaktivität mit Rennen und Beißen, Halluzinationen und bizarrem Verhalten im Vordergrund. Nach Stunden oder Tagen wechseln derartige Phasen mit Ruheperioden, die durch verschiedenartige Reize unterbrechbar sind. Hydrophobie und Aerophobie – Trinkversuch oder Luftzug führt zu Spasmen von Larynx, Pharynx, Diaphragma – , Fieber, Faszikulationen, Hyperventilation, fokale oder generalisierte Krampfanfälle kennzeichnen dieses Stadium, das entweder mit dem plötzlichem Tod oder mit generalisierten Lähmungen endet.

  • Die „stille Wut“ entwickeln 20 % der Patienten – hier stehen Fieber, Kopfschmerzen und Lähmungen im Vordergrund. Der initial voll orientierte Patient wird langsam komatös.

Das 3. Stadium (Koma) dauert Stunden bis Monate. Es tritt meist rasch der Atemstillstand ein. Unter intensivmedizinischen Maßnahmen sind vielfältige Komplikationen beschrieben, z. B. Hirndrucksteigerung, inadäquate ADH-Sekretion, Diabetes insipidus, autonome Dysregulation mit Bluthochdruck, Hypotension, Arrhythmie, Atemversagen und Hypoxämie.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Vor Erreichen des ZNS-Stadiums ist Rabies klinisch nicht diagnostizierbar. Differenzialdiagnostisch sind Tetanus, Psychosen, Poliomyelitis, Guillain-Barré-Krankheit und Enzephalitiden anderer Ursache zu bedenken. Nuchale Hautbiopsie, Speichel, Liquor, Blut und eine post mortem gewonnene Hirnbiopsie ermöglichen die mikrobiologische Sicherung der Diagnose mittels direkter Immunfluoreszenz, Virusanzüchtung, Tierversuch oder Antikörpernachweis.

Therapie

Eine spezifische Therapie ist nicht bekannt.

Prophylaxe

Zur Immunprophylaxe 10.1007/978-3-642-41866-2_10. Die Impfung von Haustieren wie auch Programme zur Impfung von Wildtieren haben in Westeuropa und den USA die Zahl der Tollwutfälle reduziert. Tollwutverdächtige Haustiere sollten 10 Tage lang beobachtet werden, um Verhaltensauffälligkeiten zu erkennen. Bei Wildtieren oder bei konkretem Tollwutverdacht wird eine fluoreszenzserologische Untersuchung des Gehirns vorgenommen.

Bisswunden durch tollwutverdächtige Tiere sollten unverzüglich mit Wasser gespült und mit Seife oder Detergenzien ausgewaschen werden. Die Versorgung mit Wundnähten sollte frühestens nach lokaler Infiltration mit spezifischem Immunglobulin erfolgen. Die frühestmögliche aktive Immunisierung ist lebensrettend.

Prognose

Sobald das Koma eingetreten ist, beträgt die mittlere Überlebenszeit 1‒2 Wochen. Nur in einigen wenigen gut dokumentierten Fällen wurde die Krankheit überlebt, wenn auch mit gravierenden neurologischen Defiziten.