Hilfe wenn nichts mehr geht

Hilfe wenn nichts mehr geht

#Stress am 12.10.2020 aktualisiert am 14.10.2020

"Man kann immer nochmal anfangen, auch mit 52"

Hilfe wenn nichts mehr geht

Wenn die Symptome auf einen Burnout hindeuten, steckt meist mehr dahinter als Erschöpfung. Bei Belinda Hoffmann war es ein schleichender Prozess. Die Powerfrau aus Ludwigsburg hat daraus aber lehrreiche Schlüsse gezogen und sich ganz neu erfunden.

Von einem Moment auf den anderen ging plötzlich nichts mehr. Das hat die ehemalige Kriminalbeamtin Belinda Hoffmann (52) am eigenen Leib erlebt: Burnout und Depression. Wie es der Yoga-Lehrerin dennoch gelingt, neue Kraft zu schöpfen, was sie aus der Krankheit gelernt hat und wie sie in die Zukunft blickt, lesen Sie im GESUNDNAH-Interview.

Die Ursachen für eine Überlastung

Belinda Hoffmann hat immer funktioniert – viel Sport, viel Stress, eine erfolgreiche Karriere als Kriminalbeamtin. Es allen recht machen, immer stark bleiben, dabei hatte sie sich und ihre eigenen Bedürfnisse komplett aus den Augen verloren. Zeit für sich, die gab es kaum. Das war irgendwie schon okay so. Yoga diente stets als Ausgleich für die Überlastung. Aber das Leben und eigene Ansprüche ändern sich. Mit Ende dreißig lernte sie ihren Mann kennen. Nach der Hochzeit kam der späte Kinderwunsch, aber eigener Nachwuchs blieb aus. Der Druck wurde größer. Auch eine Hormonbehandlung verlief erfolglos. Dank Adoption können sich die Hoffmanns heute zwar stolz Großfamilie nennen, aber diese Zeit hinterließ tiefe Spuren bei Belinda Hoffmann. Selbstzweifel kamen auf. Zum ersten Mal fühlte sich die sonst so taffe, selbstbewusste Frau hilflos: „Ich hatte das Gefühl, die Kontrolle über meinen Körper und mein Leben zu verlieren.“ Fehler suchte sie damals stets bei sich. „Ich hatte viele Selbstzweifel zu dem Zeitpunkt. Das ist heute zum Glück anders.“

Burnout: Anzeichen ernst nehmen

Mutter dreier Kinder, Kriminalbeamtin, ein eigenes Haus und eine hilfebedürftige Mutter: Belinda Hoffmann wollte alles unter einen Hut bringen. „Irgendwann habe ich gar nicht mehr auf mich geachtet und nur noch funktioniert.“ Doch eines Tages fielen ihr auf der Arbeit selbst solche Tätigkeiten, denen sie sonst mit so viel Freude nachging, zunehmend schwerer. „Ich wurde sprichwörtlich zur grauen Maus, saß nur da und konnte mich kaum noch konzentrieren. Eigentlich hätte ich die Symptome besser deuten müssen. So hätte ich den Zusammenbruch vielleicht verhindern können.“ Zu den Anzeichen, die Hoffmann hätte ernster nehmen sollen, zählen…

  • Schlafstörung
  • Konzentrationsschwäche
  • Kreislaufproblem
  • Gereiztheit
  • häufige grippale Infekte
  • eine Reizdarm-Diagnose
  • schließlich der zunehmende soziale Rückzug
  • Antriebslosigkeit
  • Schnelle Erschöpfung
  • Gefühl der Leere

Burnout – wie fühlt sich das an?

Es passierte in der Nacht. Schlafen konnte Frau Hoffmann schon seit vielen Jahren nicht mehr richtig. Eine Nacht mit mehr als fünf Stunden Schlaf gab es selten. Da kam urplötzlich dieses unglaublich beklemmende Gefühl. „Alles fühlte sich schwer an, vor allem auf der Brust lagerte unendlich viel Druck. Als wenn sich alles Schlechte in meinem Leben plötzlich in mir ausbreiten wollte.“ Starr vor Angst konnte sie sich nicht bewegen und nicht um Hilfe rufen. Sie wusste: Jetzt muss sich etwas ändern. Sie zog die Reißleine, wie sie sagt. Nach dieser nächtlichen Panikattacke rief sie drei enge Vertraute an und begab sich in ärztliche Behandlung. Der Arzt stellte eine mittelgradige bis schwere Depression fest. „Ich bin von Anfang an ganz offen mit meiner Krankheit umgegangen und habe im Kampf gegen die Krankheit viel Unterstützung von meiner Familie und meinen Freunden bekommen."

Niemand ist mit der Krankheit allein

„Ich wollte die Ursache für meine Krankheit unbedingt ergründen. Eine Reha hat mir dabei geholfen, die eigene Schwäche und meine Depression zu akzeptieren.“ Schnell merkte sie, dass sie mit der Krankheit nicht allein dasteht. Das machte ihr Mut, und noch heute geht Belinda Hoffmann regelmäßig zur Psychotherapie. Dort lernt sie, schlechte Gedanken und Selbstzweifel zu überwinden. Mit ihrer Therapeutin habe sie einen Notfall-Plan aufgestellt: „Wenn es mir mal ganz schlecht geht oder gar lebensmüde Gedanken aufkommen, habe ich drei Notfallkontakte. Die wissen Bescheid. Rufe ich unter unserem ausgemachten Codewort an, brauche ich ihre Aufmerksamkeit ganz dringend, jemanden, der einfach zuhört und für mich da ist bis die Gedanken fort sind. Ich musste die Nummern noch nie anrufen, aber der Gedanke daran hilft mir, stark zu bleiben.“

Jetzt bin ich dran!

Belinda Hoffmann bezeichnet sich selbst als „eine trockene Depressive“ – von einer endgültigen Heilung will sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht sprechen. Aber sie blickt positiv in die Zukunft. Zurzeit macht sie eine Ausbildung zum Lifecoach und will anderen mit ihrer Erfahrung in Zukunft ein Gewinn sein. Aus der eigenen Krise etwas Gutes zu ziehen und anderen damit zu helfen, ist ihr großes Ziel. „Man kann immer nochmal anfangen, auch mit 52.“ Viel Yoga und mehr Zeit für die eigenen Bedürfnisse sorgen für mehr Gelassenheit und Ruhe in ihrem Alltag. Der offene Umgang mit der Krankheit sowieso. „Ich habe gelernt, dass man nicht drei Leben gleichzeitig leben kann und dass man Unterstützung annehmen darf. Ich sorge einfach für mehr Gemütlichkeit in meinem Leben.“ Morgens steht sie vor der Familie auf, meditiert und macht Yoga. „Früher hätte ich Wäsche gemacht und abgewaschen. Aber die Zeit nehme ich mir jetzt nur für mich!“

Wenn du Hilfe brauchst und den Erfahrungsaustausch mit anderen suchst, unterstützt dich deine AOK vor Ort bei der Suche nach einer passenden Selbsthilfegruppe. Wer bereits unter depressiven Symptomen leidet, findet Hilfe bei einem Arzt oder Psychotherapeuten. Zusätzliche Unterstützung bietet moodgym – ein Online-Selbsthilfeprogramm mit nachgewiesener Wirkung.

Wie gestresst bist du?

Mach unseren AOK-Stresstest und finde heraus, ob du gefährdet bist. Aber Vorsicht: Unser Burnout-Test ersetzt keinesfalls einen Arztbesuch!

So hilft die AOK in Baden-Württemberg

Mit speziellen Gesundheitskursen der AOK Baden-Württemberg kannst du gezielt daran arbeiten, konstruktiver mit Stress umzugehen und diesen abzubauen. Die Angebote der AOK dienen allerdings zur reinen Prävention, liegt bereits eine Depression vor, solltest du dich unbedingt in psychologische und ärztliche Behandlung begeben.

Informationen zum Gesundheitsangebot der AOK findest du hier.

Auch interessant: Der AOK-Podcast für mehr Achtsamkeit im Leben.

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Stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl, indem Sie lernen, öfter mal "Nein" zu sagen. Autogenes Training und Yoga helfen dabei, in der eigenen Mitte zu bleiben. Auch das Lavendel-Bad am Abend oder ein Tee aus Melissenblättern, Hopfenzapfen und Lavendelblüten kann zur Entspannung beitragen.

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