Britta Beate Schön ist bei Finanztip für sämtliche Rechtsthemen zuständig. Die promovierte Juristin und Rechtsanwältin war als Leiterin der Rechtsabteilung bei Finanzdienstleistern wie der Telis Finanz AG und der Interhyp tätig. Vorher lehrte und forschte sie in Japan als DAAD-Junior-Professorin für deutsches und Europarecht. Ihr Studium absolvierte sie in Münster, Genf, Regensburg und Leipzig. Die Autorin erreichen Sie unter [email protected]. Show
Hat ein Ehepartner aus einer früheren Beziehung oder Ehe ein Kind mit in die neue Ehe gebracht, besteht häufig für den Ehepartner mit Kindern ein Interessenwiderstreit. Auf der einen Seite will er seinen neuen Ehepartner für den Fall des eigenen Ablebens ausreichend absichern, auf der anderen Seite will er auch seinem Kind eine angemessene Beteiligung an seinem Nachlass zukommen lassen. Gleichzeitig müssen sich die Eheleute Gedanken darüber machen, wie frei der jeweils überlebende Ehepartner nach dem Tod des Erstversterbenden über das vom Erstversterbenden vererbte Vermögen verfügen können soll. Um in dieser Gemengenlage eine für alle Beteiligten vertretbare Lösung zu finden, stehen den Eheleuten nach den geltenden erbrechtlichen Gesetzesregelungen diverse Möglichkeiten offen, um sowohl die Interessen der Eheleute als auch die Interessen des oder der Kinder zu wahren: Alleinerbeneinsetzung des Ehegatten mit Vermächtnis für eigenes KindSo wäre zum Bespiel erwägenswert, wenn sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen und der mit Kindern versehene Ehegatte gleichzeitig verfügt, dass seinem Kind oder seinen Kindern für den Erbfall ein Vermächtnis zustehen soll. Dieses Vermächtnis kann sich wertmäßig auf den Pflichtteil des Kindes beschränken. Gleichzeitig kann in Erwägung gezogen werden, die Fälligkeit des Vermächtnisses zugunsten des Kindes zeitlich nach hinten zu verschieben. Auf diesem Weg kann vermieden werden, dass der überlebende Ehegatte mit dem Erbfall mit finanziellen Forderungen konfrontiert wird, die er nur schwer erfüllen kann. Soweit die Fälligkeit des Vermächtnisses auf den Todestag des überlebenden Ehegatten datiert wird, ist § 6 Abs. 4 ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz) zu beachten. Ehegatte als Vorerbe, Kind als NacherbeMan kann weiter den zunächst überlebenden Ehegatten als Vorerben einsetzen und das eigene Kind als Nacherben bestimmen. Auf das Kind als Nacherben geht dann im Nacherbfall lediglich das Vermögen seines Vaters oder seiner Mutter über. Der Vermögensanteil des Nicht-Elternteils bleibt von der Vor-/Nacherbschaft unberührt. Über dieses Vermögen kann der Nicht-Elternteil frei verfügen. Bei dieser Konstruktion sollte der Erblasser in seinem Testament oder Erbvertrag zwingend festlegen, ob und in welchem Umfang der überlebende Ehegatte als Vorerbe von den gesetzlichen Beschränkungen, die für die Vorerbschaft zum Schutze des Nacherben grundsätzlich gelten, befreit werden soll, § 2136 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Belässt es der Erblasser bei der gesetzlich vorgesehenen nicht befreiten Vorerbschaft, dann stehen dem überlebenden Ehegatten im Ergebnis nur die Erträge aus der Erbschaft des zunächst versterbenden Ehegatten. Der Bestand des Erbes ist, im Interesse des Nacherben, weitgehend vor beeinträchtigenden Verfügungen des länger lebenden Ehegatten geschützt. Kind mit Bindungswirkung als Schlusserbe benennenDas Kind könnte weiter mit Bindungswirkung zum Schlusserben (zur Gänze oder mit einer bestimmten Quote) bestimmt werden. Auf diese Weise könnte der Kindvater bzw. die Kindmutter sicherstellen, dass nach dem Ableben des länger lebenden Ehegatten das eigene Kind (auch) tatsächlich in den Genuss des Vermögens seines Vaters bzw. seiner Mutter kommt. Freilich hindert die Anordnung einer Schlusserbschaft den überlebenden Ehegatten nicht daran, zu Lebzeiten über das ererbte Vermögen zu verfügen. Eheleute, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, sollten weiter immer bedenken, dass es jeder Ehepartner durch Ausschlagung der Erbschaft in der Hand hat, erbrechtliche Anordnungen zu durchkreuzen und nach der Ausschlagung den Zugewinn und den so genannten kleinen Pflichtteil nach § 1371 Abs. 2 BGB geltend zu machen. Dies kann man rechtssicher nur durch einen in einem Ehevertrag erklärten Verzicht auf Zugewinnansprüche und einen gleichzeitig erklärten Pflichtteilsverzicht vermeiden. Im Alter einen neuen Partner zu finden, hat sich immer mehr zu einer Selbstverständlichkeit entwickelt. Die Senioren von heute sind sehr selbstbewusst darin, ihr Recht auf Zweisamkeit zu leben. Mancher heiratet ein zweites oder drittes Mal. Manche Seniorin zieht mit dem neuen Partner ohne Trauschein zusammen. Ganz wie die Jungen. Doch wie die Jungen machen sich auch die Senioren oft wenig Gedanken darum, was geschehen soll, wenn einer der Partner stirbt. Das ist keine Frage, mit der man sich gern beschäftigt und doch ist es eine Wichtige. Es gibt viele Dinge zu klären, vor allem, wenn man selbst entscheiden will, wie es weitergeht. Schließlich hat jeder seine eigenen Vorstellungen davon, was mit seinem Erbe einmal geschehen soll. An die Kinder ist zu denken, an Enkelkinder, aber auch daran, wie der Lebensgefährte abgesichert werden soll. Vor allem möchte man Klarheit schaffen und will nicht, dass die Hinterbliebenen um das Erbe streiten. Man möchte, dass es gerecht und fair zugeht. Zum Beispiel soll der zurückbleibende, neue Lebensgefährte nach dem eigenen Tod nicht schlechter dastehten Doch leider geht das nicht von allein. Rechtzeitige Vorsorge und klare Formulierung des letzten WillensIm Dickicht der Paragrafen gibt es - wie so oft - keine Patentlösung. Dazu sind die Biografien zu unterschiedlich. Häufig haben beide Lebenspartner Kinder aus vorangegangenen Ehen. Es ist ein verständlicher Wunsch, dass das eigene Vermögen letztendlich den eigenen Kindern und nicht denen des neuen Ehepartners zufällt. Doch aufgrund der gesetzlichen Erbfolge bei Ehepaaren ist das nicht automatisch gesichert. Der neue Ehepartner erbt bei der Zugewinngemeinschaft (Regelfall) grundsätzlich die Hälfte. Die eigenen Kinder erben die andere Hälfte des Nachlasses zu gleichen Teilen. Stirbt der neue Ehepartner, so geht die von ihm geerbte Hälfte in voller Höhe auf dessen Kinder über. Insoweit gehen die eigenen Kinder also leer aus. Viele wollen aber sicherstellen, dass ihr oft mühsam Erspartes ihren eigenen Kindern erhalten bleibt und nicht an die Kinder des neuen Ehepartners geht. Dies kann durch ein Testament erreicht werden. So kann etwa dem überlebenden Ehegatten testamentarisch ein Nießbrauchsrecht am Nachlass vermacht werden, Erben werden aber die eigenen Kinder. Das Nießbrauchsrecht ermöglicht es dem überlebenden Ehegatten, den Nutzen des Nachlasses für sich zu verwenden. Dies sind etwa die Mieteinnahmen, Zinserträge, Wohnungsrechte an einer Wohnung und so weiter. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten erhalten die eigenen Kinder das Vermögen ihres Elternteils. So ist der überlebende Ehegatte versorgt, die Substanz des Vermögens bleibt aber den eigenen Kindern erhalten. Möchte man auch den Kindern des neuen Ehegatten etwas zukommen lassen, kann man diese mit einem Vermächtnis bedenken. Der überlebender Ehegatten als Vorerbe, die eigenen Kinder als NacherbenNach dem Tod des überlebenden Ehegatten erben dann die eigenen Kinder. Wird der überlebende Ehegatte als so genannter „befreiter Vorerbe“ eingesetzt, kann er auch eingeschränkt über die Substanz des Vermögens verfügen. Die eigenen Kinder erben dann das, was nach dem Tod des neuen Erblassers noch vom Vermögen ihres Elternteils übrig ist. Viele Senioren wählen statt der Ehe die Form der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Wie wirkt sich nun die gesetzliche Erbfolge bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft aus? Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erben nach der gesetzlichen Erbfolge nur die Verwandten aber nicht der neue Lebensgefährte. Hat der Lebensgefährte eigene Kinder, so erben nur die Kinder des Erblassers, nicht aber der Lebenspartner. Der Lebensgefährte hat nach dem Tod des Erblassers keinerlei Erbansprüche, selbst wenn er mit dem Erblasser bereits 20 Jahre oder noch länger zusammengelebt, ihn vielleicht sogar jahrelang gepflegt hat. Lebt der Lebensgefährte im Haus des Erblassers, muss er bei Verlangen der Erben unter Umständen sogar ausziehen. Wie die Versorgung des Lebensgefährten nach dem eigenen Tod sichern?Die Frage stellt sich natürlich auch andersrum, also was ist zu tun, damit man selbst im Falle des Todes des Lebensgefährten abgesichert ist? Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft können einander per Testament oder Erbvertrag als Erben einsetzen oder sich durch ein Vermächtnis begünstigen. Dabei müssen sie aber die Pflichtteilsansprüche ihrer Kinder berücksichtigen. Die Kinder beziehungsweise andere Pflichtteilsberechtigte können nicht vollständig enterbt werden. Auch in solch einem Fall haben sie so genannte Pflichtteilsansprüche in Höhe ihres halben Erbteils. Diese müssen bei der Gestaltung des Testaments mit berücksichtigt werden. Die Partner können ihren Lebenspartner bereits durch Schenkungen zu Lebzeiten absichern. Schon bei der Gestaltung des Schenkungsvertrages sollten etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche der Kinder berücksichtigt werden. Soweit ein Lebensgefährte bereits mit seinem vorherigen Ehepartner eine testamentarische Verfügung oder einen Erbvertrag geschlossen hat, muss geprüft werden, ob und inwieweit dieser einer neuen, testamentarischen Verfügung oder einer Schenkung entgegensteht. Auch an die extreme finanzielle Belastung des nichtehelichen Lebensgefährten durch die Erbschaftssteuer ist zu denken. Während der überlebende Ehegatte einen Freibetrag von 307.000 Euro hat, hat der überlebende Lebensgefährte nur einen Freibetrag von 5.200 Euro. Das darüber liegende Vermögen unterliegt der Erbschaftssteuer. Dabei unterliegt das ererbte Vermögen des Lebensgefährten einem weitaus höheren Steuersatz als das des überlebenden Ehegatten. Scheidung und Kinder aus erster Ehe - ohne Testament kann viel passieren!In der Praxis kommt es immer wieder zu tragischen Situationen: Auf einer gemeinsamen Autofahrt mit seinem Kind kommt es zu einem Unfall, der Lebensgefährte verstirbt augenblicklich. Sein Kind verstirbt erst ein paar Tage später im Krankenhaus. Ohne Testament ist das Kind alleiniger Erbe, nach dem Tod des Kindes ist dessen Mutter, also die geschiedene Ehefrau, Alleinerbin. Die Lebensgefährtin geht leer aus, über das Kind geht das gesamte Vermögen an die geschiedene Ehefrau des Verstorbenen. Dieses Ergebnis ist meistens nicht gewollt. Lebt der nichteheliche Lebensgefährte im Haus des Erblassers, können die Erben grundsätzlich seinen Auszug verlangen. Nach dem obigen Beispiel kann die Ex-Gattin die Lebensgefährtin aus dem Haus des verstorbenen Lebenspartners klagen. Um dies zu vermeiden, kann dem Lebensgefährten testamentarisch beispielsweise ein Wohnrecht vermacht werden. Daher ist es sinnvoll sich rechtzeitig über die eigene Absicherung und die des Lebenspartners Gedanken zu machen sowie darüber, inwieweit eigenes Vermögen auf die eigenen Kinder übergehen soll. 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