Bei welchem Blutbild wird die Schilddrüse getestet?

Ein großes Blutbild bieten nicht alle Hausärzte an. Dabei gibt es Aufschluss über viele mögliche Erkrankungen. Wann ist die umfangreiche Laboruntersuchung sinnvoll?

Für ein Blutbild genügt eine einfache Blutprobe vom Patienten. Die anschließende Auswertung im Labor gestaltet sich hingegen sehr komplex – insbesondere beim großen Blutbild. Während das kleine Blutbild die Zahl und Gestalt der roten Blutkörperchen sowie die Konzentration des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) umfasst, schließt das große Blutbild zusätzlich die weißen Blutkörperchen ein. Diese spielen eine wichtige Rolle für das Immunsystem. Im Labor werden sie aufgeschlüsselt in Monozyten, Lymphozyten und Granulozyten, weshalb Mediziner vom Differenzialblutbild sprechen.

Großes Blutbild informiert über Infektionen oder Mangelzustände

Das große Blutbild gibt dem Arzt genauere Hinweise auf mögliche Erkrankungen des Patienten – zum Beispiel auf Infektionskrankheiten, Erkrankungen der Leber oder Niere oder auf eine Schilddrüsenfehlfunktion. Auch über Mangelzustände verschafft das große Blutbild Klarheit, indem es über Nährstoffe im Blut wie Mineralstoffe, Vitamine und Eiweiße Auskunft gibt.

Gesetzliche Krankenkassen erstatten Blutbild nicht

Ein großes Blutbild erstellt am besten der Internist. Welche Blutwerte er im Labor bestimmt, hängt davon ab, über welche möglichen Erkrankungen der Patient Bescheid wissen möchte. Die Kosten für die Auswertung eines Blutbilds, ob klein oder groß, erstatten lediglich private Krankenkassen. Gesetzlich Versicherte ab 35 Jahren haben dafür alle zwei Jahre Anspruch auf eine Blutuntersuchung, die Leberwerte, Cholesterin und den Blutzucker beinhaltet.

Quelle: Internisten im Netz

Was sind Schilddrüsenwerte?

Die Hormonproduktion der Schilddrüse wird in einer Wechselbeziehung mit der Hirnanhangdrüse dem jeweiligen Bedarf angepasst. Die Schilddrüsenwerte im Blut zeigen deshalb nicht nur an, wie die Schilddrüse selbst arbeitet, sondern auch, ob und wie gut der Regelkreis funktioniert.

Man unterscheidet zwischen dem in der Hirnanhangdrüse produzierten TSH („zentraler Schilddrüsenwert“) und den in der Schilddrüse produzierten Hormonen T3 und T4 („periphere Schilddrüsenwerte“).

TSH-Wert

TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon = Thyreotropin) wird von der Hirnanhangdrüse ausgeschüttet und gelangt mit dem Blut zur Schilddrüse. Es regt dort die Jodaufnahme und die Produktion von T4 und T3 an. Steigt die Konzentration dieser beiden Schilddrüsenhormone im Blut an, sinkt die Bildung von TSH, weil die Schilddrüse weniger stimuliert werden muss. Hirnanhangdrüse und Schilddrüse stehen so in einer Wechselbeziehung.

Mehr über dieses lesen Sie im Beitrag TSH-Wert!

T3 und T4

T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin, L-Thyroxin) sind im Blut zum größten Teil an sogenannte Transportproteine gebunden. Allerdings kann nur ungebundenes, also „freies“ T3 und T4 (präzise Bezeichnung: fT4 und fT3) im Körper als Botenstoff wirken. Dabei ist fT3 ist das wirksamere der beiden Schilddrüsenhormone. T4 dient vor allem als Vorstufe (Prohormon) für T3. Es wird in den Körperzellen bedarfsabhängig in T3 umgewandelt.

Die biologische Halbwertszeit von T3 beträgt etwa 19 Stunden: Nach dieser Zeitspanne ist die Hälfte der ursprünglichen Hormonmenge abgebaut. Dagegen hat T4 eine biologische Halbwertszeit von etwa 190 Stunden. Zudem zirkuliert im Blut ungefähr dreimal so viel T4 wie T3.

Wirkung von T3 und T4

Schilddrüsenhormone steuern auf vielfache Weise den Stoffwechsel, indem sie in den Körperzellen auf die Synthese verschiedener Eiweißstoffe Einfluss nehmen. Außerdem fördern sie in bestimmten Organen die Hormonausschüttung, zum Beispiel in der Bauchspeicheldrüse und der Nebenniere. Im Kindesalter sind die Schilddrüsenhormone für Wachstum und Hirnentwicklung von großer Bedeutung. Zusammengefasst sind die wichtigsten Wirkungen der Schilddrüsenhormone folgende:

  • Steigerung der Stoffwechselaktivität in Ruhe (Grundumsatz) und damit des Sauerstoffverbrauchs
  • Förderung der Eiweißsynthese, des Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsels
  • Regelung des Wärmehaushalts und der Körpertemperatur
  • Verstärkung der Wirkungen der Stresshormone Noradrenalin und Adrenalin (Herzfrequenz und Blutdruck steigen und das Herz schlägt schneller)
  • Förderung des Wachstums, vor allem des Nerven- und Skelettsystems in der Embryonal- und Kindesentwicklung
  • Steigerung der Cholesterin-Ausscheidung

Wann werden die Schilddrüsenwerte bestimmt?

Bestimmt werden die Schilddrüsenhormone bei folgenden Fragestellungen:

  • Liegt eine Schilddrüsenunterfunktion oder eine Schilddrüsenüberfunktion vor?
  • Ist bei einer Über- oder Unterfunktion der hormonelle Regelkreis mit der Hirnanhangdrüse gestört?
  • Liegt eine Unterfunktion der Hirnanhangdrüse vor?
  • Ist die Schilddrüse entzündet?
  • Wird eine Schilddrüsenunterfunktion mit den richtigen Hormonmengen behandelt?

Des Weiteren wird vor jeder Operation (Narkoseverträglichkeit!) sowie vor jeder radiologischen Untersuchung mit jodhaltigen Kontrastmitteln das TSH bestimmt. Dieser Wert allein reicht hier in der Regel aus, weil er sich bei Störungen der Schilddrüsenfunktion ebenfalls ändert.

Blutwerte: Schilddrüse und Hirnanhangdrüse

Schilddrüsenwerte werden in unterschiedlichen Einheiten angegeben, entweder in Menge (Einheiten, engl. Units = U) pro Volumen oder in Gewicht pro Volumen. Bei Erwachsenen gelten folgende Schilddrüsen-Normalwerte:

Schilddrüsenwert

Normalwert (Blutserum)

TSH-basal

0,27 - 4,20 µIU/ml

freies T3 (fT3)

2,5 - 4,4 ng/l (3,9–6,7 pmol/l)

Gesamt-T3

0,8 - 1,8 µg/l (1,2–2,8 nmol/l)

freies T4 (fT4)

9,9 - 16 ng/l (12,7–20,8 pmol/l)

Gesamt-T4

56 - 123 µg/l (72–158 nmol/l)

Diese Referenzbereiche können sich allerdings von Labor zu Labor unterscheiden, da diese unterschiedliche Messmethoden verwenden. Bei Kindern gelten altersabhängig höhere Normwerte, bei Älteren tendenziell niedrigere.

In der Praxis bestimmt der Arzt nicht immer alle Schilddrüsenwerte. Zum Ausschluss einer primären Schilddrüsenstörung genügt beispielsweise der TSH-Wert. Außerdem sind die Werte der freien Schilddrüsenhormone aussagekräftiger, als die Gesamtwerte, da nur erstere biologisch aktiv sind. Um eine Schilddrüsenunterfunktion festzustellen, bestimmt der Arzt üblicherweise die Werte von TSH und fT4. Für die Diagnose der Schilddrüsenüberfunktion, sind TSH, fT4 und fT3 wichtig.

Wann sind die Schilddrüsenwerte erhöht oder erniedrigt?

Normale Schilddrüsenwerte sprechen für eine normal funktionierende Schilddrüse und einen intakten Regelkreis. Ärzte sprechen dabei von Euthyreose. Veränderte Werte liegen vor allem dann vor, wenn die Schilddrüse zu wenig oder zu viel Schilddrüsenhormone produziert (Unter-/Überfunktion).

Manchmal produziert aber auch die Hirnanhangsdrüse unzureichend TSH (und andere Hormone). Man spricht dann von einer Hirnanhangsdrüsen-Insuffizienz. Sehr selten kann ein Tumor in der Hirnanhangsdrüse auch zu viel TSH produzieren. Ist der TSH-Wert verändert, bestimmt man auch T3 und T4. Dabei ergeben sich bei verschiedenen Krankheiten jeweils typische Konstellationen der Schilddrüsenwerte:

TSH erhöht, T3 und T4 erniedrigt

Diese Konstellation spricht für eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Werte von T3 und T4 sind erniedrigt, weil die Schilddrüse zu geringe Mengen der beiden Hormone produziert. Als Reaktion darauf versucht die Hirnanhangsdrüse mit einer erhöhten Ausschüttung von TSH die Schilddrüsenfunktion zu steigern. Eine Schilddrüsenunterfunktion tritt hauptsächlich bei autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen (wie Hashimoto-Thyreoiditis) auf.

TSH erniedrigt, T3 und T4 erhöht

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) sind die peripheren Schilddrüsenwerte zu hoch. Daraufhin drosselt die Hirnanhangsdrüse die TSH-Produktion. Erhöhte T3- und T4-Werte treten bei folgenden Erkrankungen auf:

  • Morbus Basedow oder Schilddrüsenentzündungen im akuten Schub
  • autonom hormonproduzierendes Schilddrüsenadenom („heißen Knoten“ )
  • Schilddrüsenvergrößerung (Struma, "Kropf")

TSH erhöht/erniedrigt, T3 und T4 normal

Bei einer beginnenden (latenten) Schilddrüsenunterfunktion oder Schilddrüsenüberfunktion ist die Schilddrüse ebenfalls gestört. Die T3 und T4 Werte sind jedoch (noch) normal, weil die Hirnanhangsdrüse entsprechend gegensteuert, indem sie die TSH Werte erhöht beziehungsweise erniedrigt.

TSH erniedrigt, T3 und T4 erniedrigt

Diese Werte-Konstellation weist auf die seltene Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse hin (genauer: Hypophysenvorderlappen-Insuffizienz). Sie müsste eigentlich mehr TSH bilden, wenn T3 und T4 zu niedrig sind. Bei einer Hirnanhangsdrüsen-Unterfunktion ist das jedoch nicht möglich.

Möglicherweise liegt auch eine Funktionsstörung im Hypothalamus vor. Mit Hilfe des Botenstoffs TRH (Thyreotropin Releasing Hormone) stimuliert diese Steuerzentrale im Zwischenhirn die Hirnanhangsdrüse, woraufhin diese TSH ausschüttet. Fehlt TRH, sinkt folglich auch TSH und damit der Reiz auf die Schilddrüse.

TSH normal/erhöht, T3 und T4 erhöht

Bei einer Überfunktion der Hirnanhangsdrüse passiert genau das Gegenteil: Die Hirnanhangsdrüse drosselt die TSH Ausschüttung nicht, wenn die T3 und T4 Werte steigen. Manchmal produziert sie sogar noch mehr TSH (etwa wegen eines Tumors), dann ist auch der TSH Wert im Blut erhöht. Wie die Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse ist auch die Überfunktion sehr selten.

Noch eine weitere Erkrankung kann sowohl TSH, als auch T3 und T4 Werte erhöhen: Die Schilddrüsenhormonresistenz. Bei dieser sehr seltenen erblichen Krankheit ist das Gen des T3-Rezeptors verändert und defekt.

Es kann auch sein, dass der Wert von nur einem der Hormone T3 oder T4 verändert ist. Im Frühstadium einer Schilddrüsenüberfunktion beispielsweise, ist T3 erhöht, T4 jedoch nicht. Bei extremem Jodmangel ist T3 erhöht, aber T4 erniedrigt.

Wichtig: Veränderte Schilddrüsenwerte werden nicht immer durch eine Erkrankung, sondern manchmal auch durch bestimmte Medikamente verursacht. So kann etwa die TSH-Ausschüttung durch den Gerinnungshemmer Heparin reduziert und durch bestimmte Wirkstoffe gegen psychiatrische Erkrankungen (wie Haloperidol) gesteigert werden.

Veränderte Schilddrüsenwerte: Was tun?

Wenn ein Schilddrüsenwert oder mehrere Schilddrüsenwerte verändert sind, sollte ein Endokrinologe (Facharzt für Hormonerkrankungen) weitere Untersuchungen einleiten, um die Ursache zu ergründen.

Meistens wird zunächst eine Sonographie (Ultraschall-Untersuchung) der Schilddrüse durchgeführt, um deren Struktur genauer zu begutachten. Dabei lassen sich Veränderungen von Größe und Beschaffenheit aufdecken. Durch eine sogenannte Szintigrafie kann zudem die Stoffwechselaktivität der Schilddrüse bestimmt werden. Manchmal muss die Schilddrüse auch punktiert werden, um eine Gewebeprobe zu gewinnen – beispielsweise bei Krebsverdacht.

Wurde die Ursache der veränderten Schilddrüsenwerte gefunden, kann in vielen Fällen eine Therapie mit Medikamenten begonnen werden.

Autoren- & Quelleninformationen

Wissenschaftliche Standards:

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern geprüft.

Vorlage:

Dr. med. Karlheinz Zeilberger

Autoren:

Dr. med.  Andrea Reiter

Dr. med. Andrea Reiter ist freie Autorin der NetDoktor-Medizinredaktion.

Bei welchem Blutbild wird die Schilddrüse getestet?

Eva Rudolf-Müller

Eva Rudolf-Müller ist freie Autorin in der NetDoktor-Medizinredaktion. Sie hat Humanmedizin und Zeitungswissenschaften studiert und immer wieder in beiden Bereich gearbeitet - als Ärztin in der Klinik, als Gutachterin, ebenso wie als Medizinjournalistin für verschiedene Fachzeitschriften. Aktuell arbeitet sie im Online-Journalismus, wo ein breites Spektrum der Medizin für alle angeboten wird.

Quellen:

  • Classen, M. et al.: Innere Medizin, Elsevier/Urban & Fischer Verlag, 6. Auflage, 2009
  • Dormann, A. et al.: Laborwerte, Elsevier Verlag, 8. Auflage, 2021
  • Herold, G.: Innere Medizin, Selbstverlag/De Gruyter, 2021
  • Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin: Schilddrüsendiagnostik, Stand: Januar 2003, unter: www.nuklearmedizin.de (Abrufdatum: 26.03.2021)
  • Leitlinie Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin: Erhöhter TSH-Wert in der Hausarztpraxis, Stand: Juni 2016, unter: www.degam.de (Abrufdatum: 26.03.2021)

Wird beim großen Blutbild die Schilddrüse getestet?

Die Schilddrüse gibt stetig eine bestimmte Menge an Hormonen ins Blut ab. Daher lässt sich mithilfe einer Blutuntersuchung ermitteln, welche Hormonmengen die Schilddrüse produziert. Mit Bluttests können die Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) sowie das Hirnanhangsdrüsen-Hormon TSH bestimmt werden.

Welche Blutwerte sind wichtig bei Schilddrüsenuntersuchung?

Die wichtigsten Blutwerte für eine Schilddrüsenuntersuchung sind der TSH-Wert, der Wert der Schilddrüsenhormone und der Schilddrüsenantikörper:.
der TSH-Wert (schilddrüsenstimulierendes Hormon).
das freie T3 (fT3).
das freie T4 (fT4).
TPO-AK (Antikörper gegen Thyreoperoxidase).
TG-AK (Antikörper gegen Thyreoglobulin).

Kann mein Hausarzt meine Schilddrüse untersuchen?

HAUSARZT: BASISUNTERSUCHUNG Daher ist in der Regel der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Hat dieser den Verdacht, dass die Schilddrüse ihren Job nicht richtig erfüllt, kann er durch bestimmte Basisuntersuchungen eine Schilddrüsenerkrankung diagnostizieren.

Wann Blutabnahme bei Schilddrüse?

Eine Messung ist frühestens nach acht Wochen sinnvoll, da der TSH-Wert mindestens so viel Zeit benötigt, um sich auf einen konstanten Wert einzupendeln. Ist die Dosierung etabliert, genügen halbjährliche, später jährliche TSH-Verlaufskontrollen.