Meinung Traurig, aber wahr
Warum Eintracht Frankfurt absteigen wird
Veröffentlicht am 15.03.2016 | Lesedauer: 3 Minuten
Das hat Niko Kovac mit Eintracht Frankfurt vor
Der frühere Bundesliga-Spieler Niko Kovac ist neuer Trainer von Eintracht Frankfurt. Kovac soll die Eintracht vor dem Abstieg retten, sein Bruder Robert kommt als Co-Trainer mit.
Quelle: Die Welt/Reuters Sport
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Eintracht Frankfurt vermittelt den Eindruck, sie tun nichts gegen, sondern eine Menge für den Abstieg. Auch die Kovac-Brüder sind ein Fehlgriff. Für einen Mann ist die miese Perspektive extra schade.
Bei Eintracht Frankfurt hat man den Eindruck, sie tun nichts gegen, sondern eine Menge für den Abstieg. Und ich bin mir sicher: Sie werden ihn auch nehmen, den Fahrstuhl nach unten.
Ich erkenne neuerdings weder eine Philosophie noch Ideen auf dem Feld und schon gar keine Überzeugung, die meinen Eindruck noch entkräften könnte, dass neben Hannover 96 in Eintracht Frankfurt ein zweiter echter Traditionsverein im Mai in die Zweite Liga abstürzt.
Sehr schade finde ich das, unnötig sowieso. Vor allem unter Trainer Thomas Schaaf hatte ich die Eintracht nach einigen Egal-Jahren wieder lieb gewonnen. Offensiv-Fußball, oft Spektakel, vorne wie hinten – und am Saisonende Platz neun. Respekt, dachte ich.
Das war vor zehn Monaten. Dann vergraulten sie Schaaf.
Eintracht Frankfurts Führung haderte mit Erwartungshaltung
Heribert Bruchhagen, der Vorstandschef, hatte bis zuletzt versucht zu vermitteln. Zwischen den Journalisten und Schaaf, zwischen Teilen des Aufsichtsrats und Schaaf. Doch der Trainer hatte genug, wollte sich nicht mehr ständig erklären und rechtfertigen. Ihn nervte die unrealistische Erwartungshaltung. Bruchhagen verglich diese mit den hochhaushohen Bankentürmen der Metropole, haderte mit dem „Selbstverständnis als Handels- und Finanzstadt“.
Zweimal Ex und weg: Die vormaligen Eintracht-Trainer Thomas Schaaf (l.) und Armin Veh
Quelle: picture alliance / augenklick
Man möchte meinen: Das haben sie nun davon. Mit Armin Veh wurde die Eintracht wieder farb- und erfolglos. Zuletzt siebenmal in Folge kein Sieg, dann musste Veh gehen. Er hätte in meinen Augen nie eine zweite Amtszeit bekommen dürfen. Das habe ich schon gesagt, als sie am Rande des Champions-League-Finales in Berlin 2015 seine Rückkehr austüftelten.
Für Veh übernahmen die Kovac-Brüder und verloren auch das achte Spiel in Serie – 0:3 in Gladbach. Die Eintracht gab in dem Spiel bis zur Halbzeitpause keinen einzigen Torschuss ab, ein Novum in dieser Saison. Der Kader wirkt in vielen Bereichen planlos zusammengestellt. Die fünf Winterzugänge haben Frankfurt bisher nur zahlenmäßig verstärkt.
Ich halte Niko Kovac und seinen Bruder Robert wieder nicht für die richtige Wahl. Ein erfahrener Szenekenner wäre die zwar weniger kreative, aber erfolgversprechendere Lösung gewesen.
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Niko Kovac beginnt seine erste Amtszeit als Cheftrainer einer Vereinsmannschaft mitten im Abstiegskampf, dem Auge des Fußballorkans. Zeit fürs Umsetzen kluger Konzepte bleibt jetzt ebenso wenig wie zum Kennenlernen der Spieler. Wer tickt wie? Vor allem in den bevorstehenden Extremsituationen ist die Antwort auf diese Frage zu kennen wichtig.
Darum wird Heribert Bruchhagen der Liga fehlen
Ich glaube, die Kovac-Brüder wären für einen Neustart mit Vorbereitung, Testspielen und Zeit zum Justieren eine tolle Lösung gewesen. Jetzt halte ich sie für fehlbesetzt. Nur, auch klar: Die zwei mussten zugreifen.
Die Arbeit von Heribert Bruchhagen habe ich über Jahre sehr bewundert, erst Recht seine unverbiegbare Haltung. Wenn er sich in diesem Sommer zurückzieht, wird er, der unermüdliche Kämpfer für Gerechtigkeit, fehlen.
Keinem Konflikt, ob nach unten oder nach oben, ging er aus dem Weg. Auch zum x-ten Mal, wenn andere längst aufgesteckt hatten, wies er auf gefährliche Entwicklungen hin. „Bringt ja eh nichts“, gab es für ihn nicht.
Wenn Heribert Bruchhagen eines nicht verdient hat, dann einen Abstieg zum Abschied. Doch der Fußball, und das weiß er, kann eben nicht nur schön, sondern auch gnadenlos grausam sein. Fehler, vor allem in Serie, bestraft der Fußball brutal. Und deswegen, so bitter das ist, wird es die Eintracht dieses Mal dann auch erwischen.
Heribert Bruchhagen (M.) bei der Vorstellung von Trainer Niko Kovac (l.). Seit 2003 ist der heute 67-Jährige Vorstandschef bei Eintracht Frankfurt
Quelle: dpa