Was tun wenn man nicht nach Hause kommt?

Es ist normal, dass sich Eltern in einer so bewegten Zeit wie der Pubertät zeitweilig überfordert fühlen. Massive und regelmässige Verletzungen von Regeln sind jedoch für Eltern eine grosse zusätzliche Herausforderung. Es gilt, trotz allem konsequent und überlegt zu reagieren. Lassen Sie den Kontakt zum Teenager nicht abbrechen und nehmen Sie bei Bedarf Hilfe in Anspruch.

«Ich kenne mein Kind gar nicht mehr». Dieser Satz einer Mutter spricht manchen Teenager-Eltern aus dem Herzen. Plötzlich werden Regeln gebrochen und Gespräche verweigert, von einem respektvollen Umgang ist nichts mehr zu spüren.

So richtig schwierig wird es, wenn der Sohn oder die Tochter zum Beispiel über Nacht nicht nach Hause kommt, extrem risikobereit ist, die Schule verweigert, regelmässig Alkohol oder andere Drogen konsumiert, stiehlt oder ausreisst. Dann sind Eltern begreiflicherweise der Verzweiflung nahe.

Wenn Eltern überfordert sind...

Weshalb Eltern auf Grenzüberschreitungen reagieren müssen

Eltern sollten jedoch auf keinen Fall resignieren und gleichgültig werden oder sogar aufgeben. Setzen sie keine Grenzen, suchen die Jugendlichen oft selbst danach und überschreiten dabei massiv das gesunde Mass des Ausprobierens.

Eltern müssen deshalb bei Grenzüberschreitungen geeignet reagieren. Sie müssen ihrem Kind sagen, was sie davon halten, welche Sorgen sie sich machen, welche Gefahren sie sehen.

Auch wenn es so wirkt, als wollten Jugendliche von den Eltern nichts mehr wissen, hat deren Meinung dennoch Bedeutung.

Wie reagieren bei massiven Regelverletzungen?

Versuchen Sie, nicht aus der Wut heraus loszuschreien. Ihr Kind soll jedoch merken, wie Sie sich fühlen. Dabei ist zentral, dass Sie die eigenen Gefühle beschreiben – vermeiden Sie Vorwürfe, Beschuldigungen und lange Schimpftiraden. Sagen Sie Ihrem Kind kurz und klar, wie es Ihnen gerade geht. Beschreiben Sie Ihre Wut, Ihre Enttäuschung, Ihre Sorgen (mehr dazu in «Wie spreche ich mit meinem Teenager»).

Es kann vorkommen, dass man sich im Streit nur noch schwer kontrollieren kann. Ziehen Sie sich dann unbedingt zurück und verlassen Sie das «Schlachtfeld». Nehmen Sie das Thema später wieder auf, wenn Sie sich etwas beruhigt haben. Der Psychologe Haim Omer nennt dies «Schmiede das Eisen, wenn es kalt ist». Konflikte können so besser geklärt werden.

Lassen Sie sinnvolle Konsequenzen folgen. Diese sollen in Zusammenhang mit der Grenzüberschreitung stehen und darauf abzielen, dass Ihr Kind Verantwortung für sein Handeln übernimmt und positiveres Verhalten lernt. Mehr Infos im Artikel «Bis hierhin … und nicht weiter!»

Konsequenzen sind sinnvoll. Im Gegensatz dazu sind Drohungen, Bestrafungen oder körperliche Gewalt keine «klare Grenzsetzung». Sie wirken sich auf die Beziehung zwischen Eltern und Kind negativ aus. Es ist aber wichtig, dass Eltern auch bei Konflikten in Kontakt und im Gespräch bleiben.

Versuchen Sie zu verstehen, welche Ursachen hinter den Regelverletzungen stehen. Vielleicht finden Sie heraus, was helfen könnte, um weitere zu vermeiden. Überprüfen Sie, ob die Regeln noch angemessen sind, welche Freiräume und wieviel Verantwortung Sie Ihrem Kind geben. Weitere Tipps auf «Das traue ich meinem Kind zu» sowie «Mehr dürfen? Mehr müssen!»

Wann braucht es Hilfe von aussen?

Sich bei grosser Unsicherheit und Überforderung Hilfe zu holen, ist kein Akt der Schwäche. Im Gegenteil: Es zeigt, dass Sie alles daran setzen, Ihre Verantwortung als Eltern wahrzunehmen. Denken Sie an Ihr Auto: Vielleicht können Sie die Pneus selber wechseln, aber bei grösseren Problemen gehen Sie auch in die Werkstatt.

Ein Unbekannter hat in der vergangenen Woche eine 70-jährige Frau überfallen. Erst nach einer Stunde wurde sie schwer verletzt gefunden. Die Seniorin ging spät abends von einem Konzertbesuch nach Hause. Ein junger Mann versuchte ihr von hinten die Handtasche zu entreißen. Die Seniorin konnte die Handtasche festhalten, stürzte aber unglücklich zu Boden und zog sich dabei eine schwere Kopfverletzung zu. Sie wurde zufällig von einem Passanten entdeckt, der mit seinem Hund Gassi ging.

Seit dem Überfall kann sie nicht mehr richtig schlafen, nachts wagt sie es nicht mehr alleine nach Hause zu gehen. Noch heute zittern ihr die Hände, wenn sie an den Vorfall zurückdenkt. Klar: Nach diesem Fall hat sie Angst, nachts allein nach Hause zu gehen.

Eine schreckliche Vorstellung, wenn mir das jetzt auch passieren würde? Mit dieser Erinnerung, die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen will, bin ich als Frau nachts allein unterwegs durch die Stadt. Denn auch hier ist auf den Nebenstraßen kaum noch jemand anzutreffen. Jeder kennt dieses unangenehme mulmige Gefühl, wenn die Angst nachts hochkommt, und man beruhigt sich immer mit denselben Worten: “Wird schon schiefgehen. Warum sollte mir gerade jetzt etwas passieren.“ Wie viele mögen diesen Gedanken schon nachts auf ihrem Heimweg gehabt haben?

Mit viel Unsicherheit und Angst geht es nachts allein nach Hause

 

Oft verunsichern Dunkle und einsame Straßen und führen zu Angst, wenn man nachts nach Hause kommen möchte.

„Es ist ja nicht mehr weit“, lenkt man sich selbst von der aufsteigenden Angst nachts ab und geht möglichst ruhig weiter. Vorbei an angetrunkenen Männern an einem Kiosk. Eine Ampel, die einfach nicht grün werden will und vorbei an einem einsamen Radfahrer, der auch nur sicher nach Hause möchte.

Dann ruft man sich all die gut gemeinten Ratschläge in Erinnerung, die man schon einmal gehört hat: Ruf jemanden an, klingle an einer Tür. Oder, was man jetzt gar nicht braucht: Geh nachts einfach nicht alleine nach Hause. Doch was nützen einem jetzt diese Ratschläge? Im Notfall wird wahrscheinlich doch keiner mitten in der Nacht die Tür öffnen. Um diese Uhrzeit wird man keinen der Freunde auf dem Handy erreichen, weil sie tief und fest schlafen. Geschweige denn, dass man überhaupt so schnell eine Nummer wählen kann.

Tapfer gehe ich weiter, zusammen mit den vermeintlich guten Ratschlägen. Die Straßen sind nur spärlich beleuchtet und der Bürgersteig dank parkender Autos derart schmal, dass man sich zwischen Gebüsch und Fahrzeugen hindurchschlängeln muss.

In Gedanken gehe ich kurz meine Security-Checkliste durch: Haustürschlüssel in der Jackentasche? Handy in der Handtasche? Unübersichtliche und potenziell bedrohliche Punkte auf dem Weg?

Plötzlich Schritte. Sie reißen mich aus meinen Gedanken. Die Schritte hallen in der dunklen Nacht im Gleichschritt mit den eigenen. Ich erhöhe mein Schritttempo. Die Person hinter mir auch. Meine Gefühle überschlagen sich. Was soll ich tun? Es ist doch nicht mehr weit bis nach Hause.

 

Ohne Angst nachts nach Hause kommen

Eine Freundin hat ihn schon, einen kleinen Notrufknopf. Sie hatte erzählt, dass sie dadurch sofort mit einer Notrufzentrale verbunden ist, mit der sie sprechen kann, und die direkt Hilfe zusendet, egal wo sie sich gerade aufhält.

Das könnte ich jetzt auch gebrauchen. Ich würde den Finger auf den Knopf legen und direkt drücken, wenn mir jemand zu nahekommt. Als Frau nachts allein unterwegs und doch nicht allein. Die Schritte kommen immer näher und bald ist er auf gleicher Höhe mit mir. Mein Herz schlägt aufgeregt, Angst durchzuckt meinen Körper. Was wird passieren?

Frauen haben immer öfter Angst nachts allein nach Hause zu gehen

Es ist eine erschreckende Umfrage: Mehr als die Hälfte der Frauen glaubt, dass Deutschland für sie unsicherer geworden ist. 58 Prozent gaben in einer Emnid-Umfrage für „Bild am Sonntag“ an, dass öffentliche Orte heute für sie weniger sicher seien als früher.

Auch eine im März 2017 durchgeführte Umfrage zum Sicherheitsempfinden in Nordrhein Westfalen zeigt, dass 42 Prozent der Frauen sich auf den Straßen von Nordrhein Westfalen unsicher fühlen.

Bei vielen Frauen hat sich das Sicherheits-Gefühl seit eineinhalb Jahren, und speziell nach Silvester 2016 in Köln, stark verändert. So spricht die 44 Jahre alte Melanie D. aus Köln. Seit ihrer Jugend ist sie als Mädchen und Frau abends immer vorsichtig und wachsam gewesen. Sie habe mit Ende 20 in Berlin gelebt und ist dort auch nachts alleine nach Hause gegangen bzw. U-Bahn gefahren. „Ich habe mich allerdings nie unwohl gefühlt. Heute würde ich sowas nicht mehr machen.“, erzählt Melanie.

Nachts nach Hause zu kommen ist für Frauen mit Angst und Unsicherheit verbunden

 

Silvester in Köln hat vieles verändert, die Angst nachts allein nach Hause zu gehen ist bei Frauen gestiegen.

Unsicherheit ergreift Frauen in Deutschland immer mehr. Nach der Silvester-Nacht in Köln fängt bei vielen das Kopfkino an. Damals sind Frauen beraubt und belästigt worden. Ein Kopfkino von grauseligen Szenen spukt seitdem durch viele Köpfe, besonders bei Frauen, die nachts allein unterwegs sind.

Ja, auch bei mir. Die angstvollen Gedanken nehmen immer mehr Raum ein. „Nur schnell nach Hause in die Sicherheit meiner vier Wände.“ Ich gehe immer schneller. Doch dann die rote Ampel. Stehenbleiben oder noch schnell rüber laufen? Da höre ich schon die Schritte und sehe den Schatten. Mit den Fingern berühre ich den Hausschlüssel. Warum habe ich nicht auch diesen Notrufknopf daran?

Der Mann kommt immer näher. Was soll ich tun? Doch plötzlich erkenne ich ihn. Es ist mein Nachbar. Auch er war noch spät unterwegs und hatte keine Lust auf die Bahn zu warten. Erleichtert begrüße ich ihn. Die letzten Meter gehen wir zusammen, und ich bin unendlich erleichtert. Doch eins weiß ich jetzt: Wenn ich ausgeschlafen habe, gehe ich zu meiner Freundin und frage sie nach dem mobilen Notruf. So etwas werde ich mir auch zulegen, damit ich beim nächsten Mal wieder ruhiger nachts alleine nach Hause gehen kann.

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