Unter dem Begriff CUP-Syndrom (= Cancer of Unknown Primary, Krebserkrankung mit unbekanntem Primärtumor) wird ein sehr heterogenes Krankheitsbild zusammengefasst. Definiert ist das CUP Syndrom als ein histologisch oder zytologisch gesichertes Malignom mit unbekanntem Primärtumor nach Abschluss der primären Diagnostik. Pathogenetisch besteht ein Wachstumsvorteil der Metastasen oder auch eine fehlende Abgrenzbarkeit gegenüber dem Primärtumor, so dass letzterer nicht sicher identifizierbar ist. Show
Die Therapie orientiert sich an definierten Subtypen. Bei prognostisch günstigen Subtypen kann ein kurativer Therapieanspruch bestehen, bei prognostisch ungünstigen Subtypen ist der Therapieanspruch palliativ. 2Grundlagen2.1Definition und BasisinformationenDer Begriff CUP-Syndrom (= Cancer of Unknown Primary, Krebserkrankung mit unbekanntem Primärtumor) bezeichnet ein vielgestaltiges onkologisches Krankheitsbild. Definiert ist es als
2.2EpidemiologieDie Inzidenz liegt bei 4-15/100.000 Einwohner/Jahr, entsprechend 2–3% aller Tumorerkrankungen [1, 2, 3]. Die Mortalität beträgt 6,2 auf 100.000 [3]. Damit lag das CUP-Syndrom an 6. Stelle der Todesursachen bei bösartigen Erkrankungen in Deutschland im Jahr 2015 [3]. Der Altersgipfel liegt bei 53–62 Jahren, die Geschlechterverteilung ist ausgeglichen m:w ca. 1:1 [4]. Die Inzidenz ist in der letzten Dekade rückläufig, das Überleben in Registerdaten etwas verlängert [5]. Dies ist ein Ergebnis verbesserter Diagnostik und Therapie sowie vermutlich auch intensiverer Behandlung betagter Menschen in westlichen Ländern. 2.3PathogeneseÄtiologie und Pathogenese sind weitgehend hypothetisch. Es besteht ein Wachstumsvorteil der Metastasen gegenüber dem Primärtumor. In einigen Fällen können Primärtumor und Metastasen nicht unterscheidbar sein, z. B. bei Tumoren in Leber und Lunge. Ein Primärtumor kann spontan regredient oder unbemerkt entfernt worden sein, z. B. als „Naevus“ oder als „Adenom“. Die Stammzelltheorie des Krebses erlaubt einen Ansatz zur Erklärung des Phänomens CUP: Bei der asynchronen Teilung der maligne transformierten Stammzelle können Tochterzellen entstehen, die lokal nicht wachsen, jedoch metastasierungsfähig sind und an anderer Stelle bei günstigem Mikroenvironment Metastasen bilden [6]. Dies kann sehr früh im Krankheitsverlauf geschehen [7]. Die Tumorgenomik mit eindeutiger Dokumentation von klonaler Evolution bei verschiedenen Tumorerkrankungen untermauert diese Hypothese. Zudem kann ein Wechsel des Phänotyps vorkommen, so dass die Beziehung von Metastasen und Primärtumor nicht erkannt werden – selbst Adeno- und Plattenepithelkarzinome können aufgrund von Analysen des Mutationsspektrums gelegentlich dem gleichen Primärtumor zugeordnet werden. 2.4RisikofaktorenEin gering erhöhtes Risiko besteht bei Diabetes und bei Tumorerkrankungen in der Familie sowie bei Rauchern und Adipositas [2, 8, 9]. 3Vorbeugung und Früherkennung3.1VorbeugungSpezifische Maßnahmen gibt es aufgrund der Natur der Erkrankung mit unbekanntem Primärtumor nicht. 4Klinisches Bild4.1SymptomeDas CUP-Syndrom ist ein vielgestaltiges Krankheitsbild. Mannigfache Manifestationen sind möglich und müssen unterschieden werden. Dabei lassen sich klar abgrenzbare Subgruppen unterscheiden, die einer spezifischen Therapie bedürfen. 5Diagnose5.1Diagnose-Kriterien (Histologie, Primärtumoren und Einteilung)Die Verteilung histologischer Subtypen beim CUP-Syndrom ist in Tabelle 1 zusammengefasst. Tabelle 1: Histologische Subtypen beim CUP-Syndrom [10] Histologie % Adenokarzinom 40-60 undifferenziertes Karzinom 15-30 Plattenepithelkarzinom 15-20 kleinzelliges/neuroendokrines Karzinom 3-5 andere 1-3 In jedem Fall ist die weitere Charakterisierung mittels immunhistologischer Marker erforderlich. Eine genaue Zuordnung des Primärtumors ist wegen der überlappenden und aberranten Expression von Strukturproteinen im Tumorgewebe oft dennoch nicht möglich; in fast allen Fällen gelingt jedoch eine therapierelevante Eingrenzung des Spektrums von möglichen Primärtumoren [11, 12], siehe Tabelle 2. Tabelle 2: Auswahl wichtiger immunhistochemischer Marker Marker Tumorart Expressionsmuster Organ Pan-Keratin Karzinom K 7+, K 20- Lunge, Mamma, Galle, Pankreas, Ovar, u.v.a. Vimentin Sarkom, Melanom; selten auch Karzinom (z.B. Niere, Ovar, Uterus) K 7-, K 20+ Kolon; Merkelzell, selten Magen Melan A, HMB 45 Melanom K 7+, K 20+ Pankreas, Magen, Ovar, Galle, Urothel; u.a. LCA Leukämie, Lymphom K 7-, K 20- Leber, NET, Niere, Prostata, Lunge PLAP, OCT4, SALL4 Keimzelltumor CDX2 Kolon, GI-Trakt; selten auch Ovar, Blase, Lunge HepPar-1, Arginase-1 Leber GCDFP15; Mammoglobin Mamma; Speicheldrüsen TTF-1 Lunge, Schilddrüse GATA3 Mamma, Urothel; auch Uterus, Pankreas, Schweißdrüse, u.a. Napsin A Lunge, auch papilläres Karzinom der Niere und Schilddrüse ER Mamma, Uterus; selten Niere, Ovar, Lunge, Leber, u.a. Chromogranin A; Synaptophysin neuroendokrines Karzinom Thyreoglobulin Schilddrüse K 5; p40; p63 Plattenepithelkarzinom, Urothelkarzinom WT1 Ovar; Mesothel, u.a. AR Prostata; triple neg. Mamma, u.a. PAX8 Ovar, Uterus, Niere, Urothel, Schilddrüse PSA, NXK3.1, PSMA Prostata AR – Androgenrezeptor, ER – Östrogenrezeptor, GATA – GATA binding protein, GCDFP – gross cystic disease fluid protein, HMB – human melanoma black, K – Keratin (früher: Cytokeratin), LCA – leukocyte common antigen, PSA – Prostata-spezifisches Antigen, TTF – tissue transscription factor, WT – Wilms tumor antibody; Die molekulare Charakterisierung mittels Tests zur Erfassung von Genexpressions-, DNA-Methylierungs- oder Mikro-RNA-Mustern erlauben mit 85-90% Genauigkeit die Zuordnung des möglichen Primärtumors [13, 14]. Ob dies zu besseren Behandlungsmöglichkeiten mit verbessertem Überleben führt, ist aber sehr zweifelhaft. Zumindest für die CancerTypeID-Plattform konnte kein Vorteil gezeigt werden [15, 16]. Die Anwendung von NGS-Panel-Tests zur Untersuchung von Tumorgewebe auf ‚actionable targets‘, also auf Treibermutationen sowie zur Abschätzung der Tumormutationslast (TMB – Tumor Mutation Burden), die zu therapeutischen Konsequenzen führen können, beginnt sich durchzusetzen. Genetische Alterationen finden sich in über 85% der Fälle, für aktuell zugelassene Tyrosinkinaseinhibitoren angehbare ‚targets‘ bei ca 15-20% [17, 18, 19]. Hinweise auf mögliche Sensitivität gegenüber Immuncheckpointinhibitoren sind ebenfalls häufig [20, 21, 22]. Nur bei 10-20% von Patienten mit CUP-Syndrom wird der Primärtumor ante mortem, selbst in Autopsieserien nur in 50-85% identifiziert. Die Verteilung der Primärtumoren ist in Tabelle 3 zusammengefasst: links die Rate an tatsächlich bei der Autopsie identifizierten, rechts eine aktuelle Serie mit nicht autoptisch verifizierten Ergebnissen eines Genexpressionstests. Tabelle 3: Primärtumoren beim CUP-Syndrom Lokalisation des Primärtumors Autopsie [23] % Genexpressionstest CancerTypeID [24] % Lunge 27 12 Pankreas 24 5 Niere 8 4 Leber/Gallenwege 8 24 Genital 7 11 Kolon/Rektum 7 11 Magen 6 4 Blase/Harnwege 1 12 Mamma 1 5 andere je <1% je <3% Eine Sonderform stellen CUP-Syndrome mit zervikalen Lymphknotenmetastasen im oberen und mittleren Halsdrittel dar. Die Verteilung der Primärtumoren ist in Tabelle 4 zusammengestellt. Tabelle 4: Identifizierte Primärtumoren bei zervikalen Lymphknotenmetastasen Lokalisation des Primärtumors % Kopf-Hals-Tumore 60-80 Lunge 15-25 Schilddrüse 5-10 alle anderen zusammen <5% Das Verteilungsmuster der Metastasierung von Patienten mit CUP-Syndrom findet sich in Tabelle 5. Tabelle 5: Befallsmuster bei CUP [10] Befallsmuster % primär lokalisiert (solitär oder Befall einer Lymphknotenregion 15-25 primär disseminiert 75-85 Lymphknoten 40-45 Leber 30-40 Skelett 25-35 Lunge 30-40 Pleura 5-15 Peritoneum 5-10 ZNS 5-10 Nebennieren ~ 6% Haut ~ 4% 5.2DiagnostikDie Diagnostik erfolgt Prognose- und Therapie-orientiert. Dazu gehören Staging und Erfassung der definierten Entitäten, (siehe Tabelle 6 und Abbildung 1), Erstellung einer Arbeitsdiagnose bzw. Identifikation des Primärtumors. Wenn eben möglich, sollte eine histologische und nicht nur eine zytologische Diagnostik durchgeführt werden. Histologie, Immunhistologie und Molekularbiologie liefern Hinweise von erheblicher, therapeutischer Relevanz für die Eingrenzung des möglichen Primärtumors und Formulierung einer Arbeitsdiagnose sowie zur Therapieplanung. Materialgewinnung für die Histologie ist daher früh im Rahmen der Primärdiagnostik erforderlich. 5.2.1Erstdiagnose5.2.1.1BasisprogrammAm Beginn der Diagnostik steht ein diagnostisches Basisprogramm, siehe Tabelle 6. Tabelle 6: Diagnostisches Basisprogramm bei CUP-Syndrom Diagnostik Anmerkungen Anamnese körperliche Untersuchung bei Männern einschl. Hodenpalpitation bei Frauen einschl. Untersuchung der Mammae Gewebeprobe Histologie empfohlen, Material soll für Immunhistologie CT Thorax CT Abdomen mit Becken besser: frühzeitig PET-CT Obere Intestinoskopie Gynäkologische Untersuchung Mammographie und Mamma-Sonographie vaginale Sonographie Tumormarker LDH, AFP bei Männern zusätzlich: PSA, β-hCG Weitere Untersuchungen erfolgen gezielt nach Anamnese, Befund und Arbeitsdiagnose. Vor allem ist nach den prognostisch günstigen Gruppen zu fahnden, siehe Tabelle 7. Die Untersuchung asymptomatischer Regionen über das Basisprogramm hinaus ist nicht sinnvoll. Im Verlauf wiederholte Diagnostik trägt nicht zur Primärtumoridentifikation bei. Nur selten wird der Primärtumor im Laufe der Erkrankung symptomatisch und dann gefunden (<10%). Mit der PET-CT zu Anfang der Diagnostik gelingt ein rasches Staging, zusätzliche Schnittbilduntersuchungen mit CT und/oder MRT können häufig eingespart werden, die weitere Diagnostik kann gerichteter erfolgen. Die Identifikation des Primärtumors ist etwas häufiger möglich als mit der konventionellen CT. Eine aktuelle Metaanalyse ergibt – bei erheblicher Heterogenität der häufig retrospektiven Studien – eine Detektionsrate von 40,9% [25]. Die neuerdings verfügbare PET-MRT erzielt bei manchen Lokalisationen durch höhere Auflösung noch etwas bessere Ergebnisse [26]. 5.2.1.2Weitere Diagnostik (über das Basisprogramm hinaus)Die weitere Diagnostik orientiert sich an der Anamnese, der Lokalisation der Tumormanifestationen und an der Histologie. Empfehlungen sind in Tabelle 7 zusammengefasst. Tabelle 7: Weitere Diagnostik bei CUP-Syndrom Manifestation Anmerkungen lokal begrenzt (solitäre Metastase oder Befall einer Lymphknotenregion)
Befall zervikaler Lymphknoten
Befall axillärer Lymphknoten bei Frauen
Neuroendokrine Tumore (Grad I-II)
Neuroendokrine Tumore (Grad III)
Kolon-typisches Adenokarzinom (immunhistochemisch CK7-, CK20+, CDX2+)
alle anderen
5.3[Kapitel nicht relevant]5.4Prognostische FaktorenDie mediane Überlebenszeit bei CUP-Syndrom liegt bei 6-10 Monaten, die 1-Jahres-Überlebensraten bei 25–40%, die 5-Jahres-Überleben bei 5–15% [10, 31]. Definierte Subgruppen mit günstiger Prognose sind in Tabelle 8 zusammengefasst. Tabelle 8: Prognostisch günstige Subgruppen bei CUP-Syndrom Manifestation Anmerkungen lokale (resezierbare) Erkrankung solitäre Metastase, Befall einer Lymphknotenregion zervikale Lymphknotenmetastase eines Plattenepithel- oder undifferenzierten Karzinoms axilläre Lymphknotenmetastasen bei Frauen siehe Onkopedia Mammakarzinom der Frau inguinale Lymphknotenmetastase Peritonealkarzinose durch ein (papilläres) Adenokarzinnom bei Frauen extragonadale Keimzelltumore Männer, < 50 Jahre, wenig differenziertes Karzinom, retroperitoneal/mediastinal/pulmonal, rascher Progress, zytogenetisch i12p; siehe Onkopedia Keimzelltumoren des Mannes Neuroendokrine Tumore Kolontypisches Adenokarzinom immunhistologisch CK7-, CK20+, CDX2+ Hormonsensitive Karzinome Spezifische Histologie z. B. Melanom, Sarkom u.a. TKI-sensitive Treibermutation z.B. aktivierende EGFR-Mutation, EML4-ALK-Rearrangement, BRAF-Mutation u.a. Immunogene Tumorbiologie z.B. Mikrosatelliteninstabilität (MSI-h) oder Mismatch-Repair-Defekte (MMR) 6Therapie6.1TherapiestrukturDie Behandlungsstrategie richtet sich nach
Patienten mit CUP-Syndrom einer definierten Gruppe erhalten eine entsprechende Therapie, siehe Kapitel 6. 1. 1. und Kapitel 6. 1. 2. Die Mehrzahl der Patienten (ca 70-85%) fallen jedoch nicht darunter und werden als ‚ungünstige Manifestationen‘ zusammengefasst, siehe Kapitel 6. 1. 3. Die Therapiestruktur ist in Abbildung 1 zusammengefasst. Abbildung 1: Therapiestruktur beim CUP-SyndromACUP – Adenokarzinom, UCUP - undifferenziertes Karzinom, SqCUP – Plattenepithelkarzinom, 6.1.1Lokalisierte StadienBei solitärer Metastase oder Befall nur einer Lymphknotenregion erfolgt eine lokale radikale Therapie in kurativer Intention [10, 31]. 6.1.1.1Regional begrenzte thorakale/mediastinale LymphknotenHäufigkeit und Primärtumor Diese Manifestation ist selten. Primärtumore sind häufig pulmonal, aber auch Mammakarzinom oder extragonadale Keimzelltumoren kommen vor. In einigen Fällen ist ein Langzeitüberleben nach Operation oder kombinierter Radiochemotherapie beschrieben. Mittels Immunhistologie ist eine nähere Zuordnung des möglichen Primärtumors häufig möglich. Immer ist nach Treibermutationen zu fahnden. Ergänzende Diagnostik PET-CT und Bronchoskopie empfohlen, siehe Onkopedia Nichtkleinzelliges Lungenkarzinom. Therapie
6.1.1.2Solitäre inguinale LymphknotenHäufigkeit und Primärtumor Diese Manifestation ist selten, dann häufig auf einen lokoregionären Primärtumor zurückzuführen. Ergänzende Diagnostik Dermatologische Untersuchung, gynäkologische Untersuchung, urologische Untersuchung, Proktoskopie, ggf. Zystoskopie; Histologie/ Immunhistologie (Ausschluss eines amelanotischen Melanoms bzw. eines Weichteilsarkoms), HPV-Status im Tumorgewebe Therapie
6.1.1.3Solitäre HirnmetastaseHäufigkeit und Primärtumor Die Identifikation des Primärtumors gelingt in 50–75% der Fälle. Meist handelt es sich um ein Lungenkarzinom, seltener um ein Mammakarzinom. Ergänzende Diagnostik MRT-Schädel (auch zum Ausschluss weiterer Metastasen), PET-CT; histologische Sicherung und Immunhistologie obligat. Therapie [32, 33]:
6.1.1.4Solitäre LungenmetastaseHäufigkeit und Primärtumor Selten, meist multipel. Die Abgrenzung zum primären Lungenkarzinom ist oft schwierig. Therapie Therapie:
6.1.1.5Solitäre KnochenmetastaseHäufigkeit und Primärtumor Selten, meist multipel. Bei Osteolysen sollte insbesondere nach Lungen- und Nierenzellkarzinom, bei osteoplastischen Anteilen insbesondere nach Mamma- bzw. Prostatakarzinom, aber auch Magenkarzinom gesucht werden. Ergänzende Diagnostik Histologische Sicherung! (DD Plasmozytom, M. Paget, primäre Knochentumoren, u.a.) Therapie
6.1.1.6Solitäre LebermetastaseHäufigkeit und Primärtumor Selten, meist multipel [35]. Differenzierte neuroendokrine Karzinome (Karzinoid!) haben eine günstige Prognose. Therapie [36]
6.1.1.7Solitäre Metastase eines malignen MelanomsHäufigkeit und Primärtumor Solitäre Lymphknotenmetastasen eines malignen Melanoms weisen bei unbekanntem Primärtumor eine bessere Prognose auf als bei bekanntem Primärtumor [37]. Bei 55% der Patienten sind BRAF-Mutationen nachweisbar [38] mit entsprechender Behandlungsoption. Therapie
6.1.1.8Solitäre Haut- oder Weichteilmetastase außer Melanom einschl. MerkelzelltumorHäufigkeit und Primärtumor Selten; Lungen- oder Mammakarzinom häufigste Primärtumore, DD seltene Tumoren, besonders Merkelzelltumor [39]. Therapie
6.1.1.9Zervikale LymphknotenmetastasenHäufigkeit und Primärtumor
Therapie [27, 42]
Einen Überblick zum Vorgehen bei CUP im Kopf-Hals-Bereich nach Neck Dissection gibt Tabelle 9. Tabelle 9: Vorgehen nach Neck Dissection bei Kopf-Hals-CUP [adaptiert nach 43, 44] pN1 Nachsorge o. unilaterale RT pN2a unilaterale RT (+/- platinbasierte Chemotherapie bei ECE+) pN2b unilaterale oder bilaterale RT pN2c, pN3, R1 bilaterale RT + platinbasierte Chemotherapie RT – Radiotherapie, ECE – extrakapsuläre Extension Häufigkeit und Primärtumor
Therapie [45]
6.1.1.10Axilläre Lymphknotenmetastasen bei FrauenHäufigkeit und Primärtumor Sie stellen bei Frauen einen definierten Sonderfall des CUP-Syndroms dar. Diagnostik und Therapie wie bei nodal positivem Mammakarzinom (gegebenenfalls bis zum Beweis des Gegenteils – Immunhistologie!).
Therapie bei Adeno- oder undifferenziertem Karzinom [28]
Therapie bei Plattenepithelkarzinom
6.1.2Fortgeschrittene Stadien6.1.2.1Extragonadale KeimzelltumorenHäufigkeit und Primärtumor Kriterien: Männer, < 50 Jahre, wenig differenziertes Karzinom, retroperitoneal/ mediastinal/pulmonal, rascher Progress, Isochromosom i12p. Therapie [10]
6.1.2.2Neuroendokrine TumoreHäufigkeit und Primärtumor Ein unbekannter Primärtumor ist bei Metastasen eines gut differenzierten neuroendokrinen Karzinoms nicht selten, bis zu 20%. Der Spontanverlauf meist günstig, häufig treten multiple Leber-, seltener Lungen- oder Skelettmetastasen auf [48]. Mittels spezifischer Immunhistologie und Genexpressionsdiagnostik lässt sich fast immer der Typ ‚pankreatischer NET‘ vom Typ ‚Darm-NET‘ unterscheiden und so auch häufig der Primärtumor lokalisieren [46]. Ergänzende Diagnostik 68-Gallium-Somatostatin-Rezeptor-PET-CT; hormonelle Diagnostik auf endokrin aktive NET, s. ENETs-Leitlinie NET [29] Therapie
Häufigkeit und Primärtumor Kleinzellige neuroendokrine Karzinome können in den verschiedensten Organen entstehen. Ein unbekannter Primärtumor ist ein seltener Sonderfall. Es besteht eine relativ hohe Chemotherapie-Sensitivität. Therapie [10, 48]
6.1.2.3Frauen mit Peritonealkarzinose durch ein AdenokarzinomKriterien weibliches Geschlecht, Peritonealkarzinose, keine weiteren Metastasen ± maligner Pleura-/Perikarderguss ± retroperitoneale Lymphknotenmetastasen. Patientinnen mit typischer Histologie (serös-papilläres Adenokarzinom) sollten nicht mehr als CUP-Syndrom, sondern als „primär peritoneales Adenokarzinom“ klassifiziert werden [49]. Die Prognose ist ungünstiger als bei primärem Ovarialkarzinom [50]. Therapie:
6.1.2.4Hormonsensitives KarzinomWeitere Kriterien Mammakarzinom in der Anamnese (auch vor Jahrzehnten), axillärer Lymphknotenbefall, supraklavikulärer Lymphknotenbefall, maligner Pleuraerguss, (gemischt osteolytische-osteoplastische) Skelettmetastasierung, immunhistologisch: Hormonrezeptor-, HER2-, Mammaglobin A, GCDFP-15 oder GATA3-Expression [12]. Therapie
Weitere Kriterien osteoplastische Skelettmetastasierung, Positivität im PSMA-PET-CT, immunhistologisch Nachweis von NKX3.1 oder PSA [12]. Therapie
6.1.2.5Kolontypisches Adenokarzinom (immunhistologisch CK7-, CK20+, CDX2+)Weitere Kriterien Lebermetastasen und/oder Peritonealkarzinos Therapie [51]
6.1.2.6CUP mit identifizierter Treibermutation
Therapie
6.1.2.7CUP mit immunogener TumorbiologieMikrosatelliteninstabilität (MSI-h) oder Defekte in Mismatch-Repair-Enzymen (MMR) führen zu einer sehr hohen somatischen Mutationslast in verschiedensten Primärtumoren mit hohem Ansprechen auf eine Therapie mit Pembrolizumab. Untersuchungen bei CUP im Hinblick auf andere Prädiktoren für ein mögliches Ansprechen auf eine Immuncheckpointblockade (z.B. PD1/PDL1-Expression, Tumor-infiltrierende Lymphozyten, Tumormutationslast u.a.) können die Therapie leiten [20, 21, 22, 52]. Therapie
6.1.3Prognostische ungünstige ManifestationenKriterien disseminierte Metastasierung entweder multipel in einem Organ (Leber, Lunge, Skelett, Pleura- oder Peritonealkarzinose) oder in verschiedenen Organsystemen, keine Zugehörigkeit zu den definierten Gruppen, siehe Kapitel 5. 4. Prognose und Kapitel 6. Therapie). Diese ‚ungünstigen Manifestationen‘ machen 70-85% der CUP-Situationen aus! Therapie Das Therapieziel ist palliativ, d.h. Verlängerung des Lebens / Erhalt oder Verbesserung der Lebensqualität. Bei der Wahl der Chemotherapie ist entscheidend, dass die Therapie den Chemotherapie-sensitivsten denkbaren Ausgangstumor miterfasst. Bei der Auswahl der Chemotherapie, z.B. Kombinationstherapie oder Monotherapie, ist eine Orientierung an Alter, Komorbidität, funktionellem Status und Therapiewunsch analog einem geriatrischen Assessment sinnvoll. Eine Übersicht über das weitere Vorgehen gibt Abbildung 1. 6.1.3.1Adenokarzinom (ACUP) / undifferenziertes Karzinom (UCUP)Erstlinientherapie
In vielen Fällen wird eine Behandlung analog dem vermuteten Primärtumor durchgeführt. Dies kann sinnvoll sein, ist aber nicht evidenzbasiert. Eine Ausrichtung an den Ergebnissen durch genetisches Profiling mit einem 92-Gen-Test ergab in zwei randomisierten Studien keinen Vorteil für eine ‚personalisierte‘, am mutmaßlichen Primärtumor orientierten Therapie gegenüber empirischer Chemotherapie [15, 16]. Epigenetisches Profiling zeigt in einer retrospektiven Untersuchung einen moderaten Vorteil gegenüber einer empirischen Chemotherapie [13]. In aller Regel ist derzeit aufgrund der besseren Evidenz eine empirische Chemotherapie vorzuziehen. Details zu den Regimen finden sich im Anhang Therapieprotokolle. Zweitlinientherapie [10, 57, 58, 59] Es gibt keine überzeugenden Studien für die Zweitlinientherapie [10]. Die wenigen vorliegenden Untersuchungen geben Auskunft über kleine Zahlen selektierter Patienten. Folgende Regime zeigen eine z.T. geringe Effektivität:
In der zweiten Linie ist zudem immer eine empirische Therapie anhand der Arbeitsdiagnose zu überlegen. Die Untersuchung auf spezifische Treibermutationen kann Basis einer Zweitlinienbehandlung sein, (siehe Kapitel 6.1.2.6), ebenso wie Hinweise auf eine immunogene Tumorbiologie Grundlage einer Therapie mit Immuncheckpointinhibitoren, siehe Kapitel 6.1.2.7. Details zu den Regimen finden sich im Anhang Therapieprotokolle. Zielgerichtete Therapie (monoklonale Antikörper, Tyrosin- oder Multikinaseinhibitoren, u.a.) Es liegen nur einzelne Studien vor, die unter Verzicht auf ‚qualifizierende‘ Biomarker bei CUP zielgerichtete Substanzen eingesetzt haben. Die Chemotherapiekombination Carboplatin und Paclitaxel wurde in einer Untersuchung kombiniert mit Erlotinib und Bevacizumab, in einer weiteren Untersuchung mit Belinostat, einem HDAC-Inhibitor. Richtungsweisende Vorteile zeigten sich nicht, ebenso wenig wie bei einer Erhaltungstherapie mit Gefitinib. Eine aktuelle deutsche Studie zeigt keinen Stellenwert für Cetuximab in Kombination mit Chemotherapie [61]. Eine chinesische Untersuchung ergibt einen moderaten Vorteil einer Behandlung mit Sunitinib bei ossärer Metastasierung [62]. Insgesamt kann für eine Therapie mit monoklonalen Antikörpern bzw. zielgerichteten Substanzen ohne Nachweis einer entsprechenden qualifizierenden Tumorbiologie keine Empfehlung gegeben werden. Ganz anders kann es aussehen bei Nachweis signifikanter Treibermutationen, siehe Kapitel 6.1.2.6. Eine entsprechende internationale Studie unter deutscher Leitung rekrutiert seit 2018 [63]. Therapie mit Immuncheckpointinhibitoren Die Mutationslast, Mikrosatelliteninstabilität und Expression von PDL1 ist Gegenstand aktueller Studien bei CUP. In Einzelfällen ist in der Zweitlinientherapie ein Therapieversuch mit PD1-/PDL1-Antikörpern zu rechtfertigen, bei MSI-h oder MMR-Defizienz bereits in der ersten Linie, siehe Kapitel 6.1.2.7. 6.1.3.2Plattenepithelkarzinom (squamous cell carcinoma) – SqCUPDie Histologie erlaubt keinen Rückschluss auf den Sitz des primären Plattenepithelkarzinoms. HPV-Nachweis in den Metastasen ist bei primär gynäkologischen Malignomen die Regel, kommt aber auch bei Kopf-Hals-Tumoren nicht selten vor [64]. Bei zervikalen Lymphknotenmetastasen ist bei HPV-Nachweis ein Primärtumor im Oropharynx hochwahrscheinlich, siehe Kapitel 6.1.1.9. In zahlreichen Studien zum CUP-Syndrom werden Plattenepithelkarzinome ansonsten wie Adeno- und undifferenzierte Karzinome behandelt, so dass eine Aussage über den Erfolg dieser Therapie bei plattenepithelialer Histologie aufgrund deren Seltenheit nicht möglich ist. Therapie
6.2[Kapitel nicht relevant]6.3Besondere Situationen6.3.1SkelettmetastasierungTherapie
Eine besondere Situation liegt vor bei Wirbelsäulenmetastasen mit Rückenmarkkompression: onkologischer Notfall! Die Prognose ist ungünstig, insbesondere bei gleichzeitigem Nachweis viszeraler Metastasen und wenn der Pat. nicht mehr gehen kann. Eine umgehende Operation oder Radiatio kann ein Transversalsyndrom häufig verhindern [65]. 7[Kapitel nicht relevant]8Verlaufskontrolle und Nachsorge8.1[Kapitel nicht relevant]8.2NachsorgeEvidenzbasierte Richtlinien für das CUP-Syndrom liegen nicht vor. Aufgrund der Vielgestaltigkeit des Krankheitsbildes sind detaillierte Empfehlungsgrade nicht sinnvoll. Grundsätzlich gilt:
9Literatur
10Aktive StudienCUPISCO: AIO-assoziierte Studie, multizentrisch, international, randomisiert, Ziel 960 Patienten: A Phase II, Active-Controlled, Multicenter Study Comparing The Efficacy & Safety of Targeted Therapy or Cancer Immunotherapy Guided by Genomic Profiling vs. Platinum Based Chemotherapy in Patients with Cancer of Unknown Primary Site who Have Received Three Cylcles of Platinum Doublet Chemotherapy, MX39795 [63] Zunächst 3 Zyklen empirische Chemotherapie, parallel NGS-Panel-Test. Nach 3 Zyklen bei objektiver Remission oder stabiler Erkrankung Randomisierung: Fortsetzung empirische Chemotherapie vs. Therapie nach Treibermutation bzw. Immuncheckpointblockade. Bei Progress: Therapie nach Treibermutation bzw. Immuncheckpointblockade Sponsor: Roche. LKP: Prof. Dr. Alwin Krämer, Heidelberg
CheCUP: AIO-assoziierte Studie, multizentrisch, national, Ziel 960 Patienten: A Phase II Multicenter Study To Evaluate the Efficacy and Safety of Nivolumab plus Ipilimumab in Patients with Cancer of Unknown Primary Site who are Relapsed After or Refractory to Platinum-based Chemotherapy Wann ist ein Lymphknoten auffällig?Geschwollene Lymphknoten (Lymphadenopathie, Lymphadenitis) zeigen, dass das Immunsystem aktiv ist und gegen Krankheitserreger kämpft. So sind die Lymphknoten zum Beispiel bei Erkältungen oder Röteln oft deutlich und schmerzhaft tastbar. Dauerhaft vergrößerte Lymphknoten können aber auch auf Krebs hinweisen.
Was ist eine LK Metastase?Unter dem Begriff der Lymphknotenmetastase versteht man die Absiedelung von bösartigen Krebszellen in einem Lymphknoten und die daraus resultierende Vergrößerung des betroffenen Lymphknotens.
Wie lange lebt man mit Lymphknotenmetastasen?Anzahl und Größe der infizierten Lymphknoten sind mit der 15-Jahres-Überlebensrate verbunden. Je mehr infiziert sind, desto schlechter ist die Prognose. 3. Die Entfernung der Lymphknotenmetastasen scheint sich positive auf die 15-Jahres-Überlebensrate auszuwirken.
Wie schlimm ist lymphknotenkrebs?Unter Lymphknoten- oder Lymphdrüsenkrebs verstehen Fachleute eine bösartige Tumorerkrankung des Lymphsystems. Meistens befällt der Krebs die Lymphknoten und die Milz. Über das Blut-Lymphsystem kann er jedoch streuen und andere Organe befallen. Unbehandelt verläuft Lymphknotenkrebs immer tödlich.
|