Pullover stricken in einem stück von unten nach oben

Wenn es ums Stricken von Pullovern und Cardigans geht, bin ich ja ein bisschen faul: Ich stricke am liebsten nahtlos in einem Stück. Das erspart mir bei Pullovern und Ärmeln eine Menge linker Maschen – die ich einfach nicht so mühelos hinkriege wie rechte Maschen – sowie das Zusammennähen von Einzelteilen. Außerdem kann ich das Teil zwischendurch anprobieren und so sichergehen, dass ich noch auf dem richtigen Weg bin. Und wenn ich schon etwas stricke, was hinterher Schlauchform hat, sehe ich nicht ein, warum ich es nicht gleich als Schlauch stricken darf.

Nun sind aber leider nicht alle Strickmuster aufs Stricken in der Runde oder auch nur in einem Stück ausgelegt. So wie heute die nahtlose Raglankonstruktion der Standard ist, waren früher einfach andere Trends bei den hippen Strickerinnen angesagt. Alle Teile eines Pullovers oder einer Strickjacke einzeln und in Reihen zu arbeiten hat durchaus und unbestreitbar Vorteile – dazu später mehr.

Es ist nur einfach nicht meine Lieblingsart zu stricken. Und gerade wenn ich mal wieder durch die älteren Musterarchive von DROPS Design blättere, bleibe ich an vielen Mustern hängen, weil sie mir sehr gut gefallen, verwerfe sie dann aber wieder nach dem ersten Blick in die Anleitung. Die Tunika „Lovely in Lace“ (DROPS 94-24) zum Beispiel hatte ich bestimmt schon fünfzig Mal offen, bevor es mir wieder einfiel: Das Teil wird in Einzelteilen gestrickt! Och nee, muss das sein?

Pullover stricken in einem stück von unten nach oben

Die gute Nachricht: es muss nicht. Man kann nämlich so ziemlich jedes Strickmuster von Einzelteilen auf Rundstrick umbasteln. Die nicht ganz so gute Nachricht: Man muss dafür ein bisschen knobeln. Wie das geht, zeige ich euch aber jetzt.

Von Einzelteilen zur nahtlosen Konstruktion

Ihr habt also eine Anleitung vor euch liegen, die euch jedes Teil einzeln stricken lassen will. Pustekuchen! Holt euch schnell Stift und Papier, dann wollen wir doch mal sehen, wer hier am Ende Teile zusammennähen muss.

Pullover stricken in einem stück von unten nach oben

1. Maschenprobe machen

Eine Maschenprobe für das Originalmuster habt ihr natürlich schon gemacht. Wenn ihr jetzt aber durch die Umwandlung in eine nahtlose Konstruktion in der Runde strickt, solltet ihr auch eine Maschenprobe in Runden machen. Gab’s dazu nicht mal was …? Klar, gab es.

2. Richtung festlegen

Wenn man einen Pullover in vier Einzelteilen strickt, strickt man die Teile meistens von unten nach oben, weil man es dann mit Halsausschnitt, Schulterkugel und dergleichen einfacher hat. Bei einem in Runden gestrickten Pullover dagegen kann es je nach Schnitt auch sinnvoller sein, von oben nach unten zu stricken. Seht euch deshalb das Muster ganz genau an und überlegt, welche Richtung besser funktioniert.

Schaut dabei besonders auf Ärmelansatz und Ausschnitt: Einen engen, runden Ausschnitt kann man meistens gut von oben nach unten stricken und ihn dabei mit ein paar verkürzten Reihen im Nacken formen. Schräge Raglanschultern funktionieren in jede Richtung. Für überschnittene Schultern kann man fast immer den Pullover von unten nach oben bis zu den Achseln in Runden stricken, dann Vorder- und Rückseite nach Originalanleitung in Reihen zu Ende stricken, an der Schulternaht zusammen abketten und dann rund um die Armöffnung neue Maschen aufnehmen, um den Ärmel in Runden zu stricken. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Pullover „Sailing“ (DROPS 168-3):

Pullover stricken in einem stück von unten nach oben

Ich persönlich finde es schon einen Gewinn, wenn ich zumindest Teile einer Anleitung in Rundstrick umwandeln kann. Aus einem flach gestrickten Ärmel mit Schulterkugel eine komplett nahtlose Konstruktion mit verkürzten Reihen zu machen kriege ich auch nicht hin – aber den Ärmel bis zur Achsel in Runden zu stricken, dann für die Schulterkugel zu Reihen überzugehen und das Ganze dann anzunähen macht mich auch schon zufrieden.

3. Mustersätze und Diagramme umschreiben

Schon klar, wenn man einen Glatt-Rechts-Pullover in Runden statt in Reihen strickt, macht man rechte Maschen, wo die Anleitung linke Maschen vorschreibt. Aber was passiert, wenn ein Lacemuster plötzlich nur noch aus Hinreihen besteht? Was ist das Vorderseiten-Äqivalent zu zwei links zusammenstricken? Wie verhält sich Patent in Runden? Schreibt euch Diagramme und Mustersätze vorab um, damit ihr nicht beim Stricken kalt erwischt werdet.

4. Randmaschen eliminieren

Einzelteil-Strickmuster haben das, was unsere Freundinnen aus der Nähwelt als „Nahtzugabe“ bezeichnen: Einen kleinen Rand, der beim Zusammennähen der Naht einen Boden bietet. Für die nahtlose Variante solltet ihr diese Maschen aus dem Muster werfen, sonst hat euer Pullover am Ende mehr Luft als erwartet. In der Regel sehen Anleitungen eine Masche an jeder Seite als Randmasche an.

5. Rundenanfänge auswählen.

Wenn man in Reihen strickt, ist die Sache meistens klar: Man fängt am rechten Ende an, hört am linken Ende auf und dreht die Arbeit dann. In der Runde aber muss man sich überlegen, wo der Anfang ist. Keine Raketenwissenschaft, aber auch hier erspart euch eine kurze Überlegung im Vorfeld viel Kummerpotenzial bei der Umsetzung.

6. Geistige Generalprobe

Bevor ihr endlich loslegt, solltet ihr noch mal die ganze Anleitung in der neuen Form durchgehen. Haut alles hin? Im Idealfall strickt ihr ganz einfach die Anweisungen der Originalanleitung in neuer Reihenfolge. Das kann leicht unübersichtlich werden, etwa wenn ihr dadurch gleichzeitig einen Mustersatz verfolgen, Schulterschrägen umsetzen und einen Halsausschnitt formen müsst. Man sollte deshalb alles vorher einmal im Geiste durchgegangen sein oder es sogar nochmals neu aufgeschrieben haben. Und dann kann es endlich losgehen!

Nahtlose Konstruktionen in Einzelteile zerlegen

„Jeder Jeck ist anders“, sagt man bei mir zu Hause gern. Und so gibt es durchaus Strickerinnen, die lieber Einzelteile arbeiten und zusammennähen und sich über all die nahtlosen Konstruktionen ärgern. Sie haben nicht unrecht: Die einzelnen Teile stricken sich schneller und wirken dadurch motivierender als viele Nahtlosteile mit ihren endlosen Runden.

Beim Zusammennähen kann man auch noch mal viel Einfluss auf die spätere Passform nehmen und verleiht dem Strickstück zusätzliche Stabilität. Nähen in Einzelteilen hat seine Berechtigung, da beißt die Maus keinen Faden ab. Und ein Modell wie „Sweet Lady Blue“ (DROPS 0-830) würde sogar ich flach stricken. Wenn ich für ein Muster in kraus rechts dann linke Maschen stricken muss, fühle ich mich immer vom Schicksal betrogen.

Pullover stricken in einem stück von unten nach oben

In Sachen Maschenprobe, Richtung festlegen und Diagramm-Umdenken gilt das gleiche wie oben beschrieben. Und genau wie oben muss man sich für das Stricken in Einzelteilen überlegen, was in der neuen Strickweise funktioniert und was nicht: Raglanschrägen kann man auch mit Nähten erzielen, eine Rundpasse dagegen eher nicht. Als Besonderheit kommt aber noch hinzu, dass man jetzt wieder Randmaschen hinzufügen muss, damit man beim Zusammennähen nicht an Umfang verliert. (Nachtrag: Man kann seine Einzelteile auch während des Strickens miteinander verbinden. Wie das geht, erklärt Nina im Beitrag I ♥ Intarsia! ganz unten.)

Ansonsten ist ein Umschreiben von Strickmustern in diese Richtung eher einfacher als andersherum. In den meisten Fällen kann man genau dort, wo eine Nahtlos-Anleitung einen Maschenmarker setzen lässt, das Strickteil enden lassen – meist sind das nämlich genau die Schulterschrägen, die Innenseiten der Ärmel und die Seiten des Körpers.

Was ist top down stricken?

Beim "top-down" Stricken beginnst Du Dein Strickstück am Halsausschnitt und arbeitest "in einem Stück" nach unten zum Bündchen. Dadurch entällt das Zusammennähen der Einzelteile, Schnitt und Fall des Strickstücks sind besonders weich.

Was ist ein top down Pullover?

Bei der Top-Down-Methode wird ein Pullover/ein Cardigan/ein Pullunder von oben am Halsauschnitt nach unten bis zum Bündchen an einem Stück gestrickt. Dabei werden die Schulterzunahmen gleichmässig verteilt.

Wo gibt es kostenlose Strickanleitungen?

Die Handarbeitsbranche hat einen eigenen Verband: die Initiative Handarbeit. Diese bietet auf ihrer Internetseite immer wieder Strickanleitungen kostenlos an. Die Modelle sind in der Regel hier und nur hier zu finden und stammen von Jungdesignern und aus Modellserien der Initative.

Wie stricke ich eine Rundpasse?

In Reihen 1 Masche rechts, 1 Masche links im Wechsel, in den Rückreihen die Maschen stricken wie sie erscheinen. Grundmuster: Glatt rechts. In Runden nur rechte Maschen stricken. In Hinreihen rechte Maschen und in Rückreihen linke Maschen stricken.