Oberverwaltungsgericht kippt beschränkungen in nrw einzelhandel

OVG NRW kippt Einzelhandelsbeschränkungen: Wirbel um Geschäfte-Öff­nungen in NRW

Oberverwaltungsgericht kippt beschränkungen in nrw einzelhandel

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Das OVG NRW hat die pandemiebedingten Beschränkungen des Einzelhandels aufgehoben. Wenn Kunden in Blumenläden keinen Termin bräuchten, warum dann in einem Media Markt, fragte sich das Gericht. Das Land reagiert prompt.

In NRW konnten am heutigen Montag Einzelhändler ihre Läden öffnen, als gäbe es keine Pandemie. Denn die in der aktuellen Coronaschutzverordnung des Landes enthaltenen Beschränkungen für Einzelhändler sind nach einem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) NRW rechtswidrig und wurden daher außer Vollzug gesetzt (Beschl. v. 19.03.2021, Az. 13 B 252/21.NE). Das Land hat aber bereits eine Neufassung erlassen, die ab Dienstag gelten soll.

Nach der bisher geltenden Fassung durften seit dem 8. März alle Einzelhändler wieder ihre Läden öffnen, allerdings mit unterschiedlichen Vorzeichen. Während einige Branchen wie etwa Buchhandlungen oder Blumenmärkte bloß einer Kundenbegrenzung auf eine Person pro 10 qm Verkaufsfläche unterlagen, durften andere Läden lediglich einen Kunden pro 40 qm Verkaufsfläche und auch nur nach vorheriger Terminvergabe empfangen. Hiergegen stellte ein Media-Markt-Betreiber einen Eilantrag beim OVG.

Die Logik der unterschiedlichen Anforderungen erschloss sich dem 13. Senat des OVG denn auch nicht. Wenn ursprünglich die Versorgung des Grundbedarfs der Bevölkerung als Argument herhalten konnte, um etwa Blumenläden zu öffnen, aber Elektronikmärkte nicht, hatte dies eine Logik, befand der Senat. Wenn nun allerdings alle Geschäfte öffnen dürften, ließen sich mit dieser Differenzierung die unterschiedlichen Hygienekonzepte nicht mehr begründen.

OVG: "Differenzierungen ohne einleuchtenden Grund"

Zwar leuchtete es den Richtern ein, dass in einem schrittweisen Lockerungsszenario Differenzierungen getroffen werden müssen, zumal der Verordnungsgeber sich in einer schwierigen Situation befinde und mit Prognosen arbeiten müsse. Wenn er aber differenziere, ohne dafür einen einleuchtenden Grund benennen zu können, überschreite er seinen Einschätzungsspielraum, so das OVG. Die Annahme, bestimmte Betriebe deckten wie Lebensmittelläden ebenfalls eine Art Grundbe­darf, könne für sich genommen keine anderen Öffnungsmodalitäten rechtfertigen als beim übrigen Einzelhandel. Wenn nun sämtliche Geschäfte öffnen dürften, könne das Kriterium, was im Warensortiment sei, nicht ohne weiteres begründen, warum hier verschärfte Anforderungen gelten sollten.

Der Senat erhob gleichwohl keine Einwände gegen strenge Beschränkungen des Einzelhandels überhaupt, sondern nur gegen die Ungleichbehandlung. Die Beschränkung der Grundrechte der Einzelhändler angesichts der gravierenden Folgen, die ein erneuter unkontrollierter Infektionsanstieg für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen hätte, nannte nannte er in seiner Mitteilung zum Beschluss vielmehr "voraussichtlich gerechtfertigt". Weil aber die Differenzierung mit den sonstigen Regelungen zum Einzelhandel untrennbar verbunden seien, wurden diese insgesamt außer Vollzug gesetzt.

Damit bestanden de facto zunächst keine eindeutigen rechtlichen Beschränkungen des Einzelhandels aufgrund der Pandemie. Allerdings ließ das OVG explizit die Möglichkeit offen, auch kurzfristig eine Neuregelung zu treffen, die keine unzulässigen Differenzierungen enthalte. Dies tat die Landesregierung auch unverzüglich und kündigte kurz nach Bekanntwerden des Beschlusses eine Neufassung an.

Diese hilft dem Antragsteller und seinem Media-Markt allerdings nicht: Das Land kündigte an, die Verordnung erweitere nun die Beschränkung, nur einen Kunden auf 40 Quadratmeter Ladenfläche und nur mit Termin zu empfangen, kurzerhand auf Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte. Blumenhändler dürfen ihre Kunden aber weiterhin auch auf kleinerer Verkaufsfläche empfangen, sofern sie nur verderbliche Ware und hierfür benötigtes Zubehör verkaufen.

mam/LTO-Redaktion

Kunden stehen in einer Schlange vor einem mit Luftballons geschmückten Laden in der Fußgängerzone von Bielefeld. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat viele Corona-Beschränkungen im Einzelhandel für NRW außer Kraft gesetzt.

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Kunden stehen in einer Schlange vor einem mit Luftballons geschmückten Laden in der Fußgängerzone von Bielefeld. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat viele Corona-Beschränkungen im Einzelhandel für NRW außer Kraft gesetzt.

© Quelle: Friso Gentsch/dpa

Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat am Montagvormittag viele geltende Corona-Beschränkungen im Einzelhandel außer Kraft gesetzt. Kundenbegrenzungen pro Quadratmeter galten nicht mehr – auch das Erfordernis der Terminbuchung entfiel kurzzeitig. Am Nachmittag verabschiedete die nordrhein-westfälische Landesregierung die Regelungen mit einer überarbeiteten Verordnung neu.

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Düsseldorf. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat die vom Oberverwaltungsgericht Münster aufgehobenen Corona-Beschränkungen im Einzelhandel mit einer Überarbeitung der Corona-Verordnung wieder in Kraft gesetzt.

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Für Schreibwarengeschäfte, Buchhandlungen und Gartenmärkte bedeutet die Neuregelung schärfere Auflagen, wie das NRW-Gesundheitsministerium am Montag mitteilte. Am Montagvormittag hatte das Gericht viele Corona-Beschränkungen im Einzelhandel für NRW außer Kraft gesetzt.

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© Quelle: Reuters

Kurzzeitig galten im gesamten Einzelhandel im bevölkerungsreichsten Bundesland keine Kundenbegrenzung pro Quadratmeter mehr – und auch das Erfordernis der Terminbuchung entfiel. Die Beschränkungen hatten in ihrer bisherigen Ausgestaltung gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen, so das Gericht.

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Es betonte, bei der Pandemiebekämpfung bestehe zwar ein Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers. Es sei auch zulässig, schrittweise zu lockern. Das Land habe es deshalb grundsätzlich für Geschäfte wie den Lebensmitteleinzelhandel bei den bisherigen Regelungen belassen dürfen, während für andere Betriebe vorläufig nur eine reduzierte Kundenzahl zugelassen werde.

Doch überschreite das Land seinen Spielraum, wo ein einleuchtender Grund für eine weitere Differenzierung fehle. Dies sei der Fall, soweit nunmehr auch Buchhandlungen, Schreibwarenläden und Gartenmärkte mit ihrem gesamten Sortiment unter vereinfachten Bedingungen – also etwa ohne Terminbuchungen – betrieben werden dürften, Modegeschäfte oder Elektronikketten jedoch nicht. Eine Filialen der Elektronikkette Media Markt hatte in Münster geklagt.

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Der Senat hatte allerdings in seiner Entscheidung auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es dem Land freigestellt sei, kurzfristig eine Neuregelung zu treffen, die keine unzulässigen Differenzierungen enthalte. Die von Media Markt geltend gemachten grundlegenden Bedenken an der Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen für den Einzelhandel teilte der Senat nicht.

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Insbesondere sei die Beschränkung der Grundrechte der Einzelhändler angesichts der gravierenden Folgen, die ein erneuter unkontrollierter Anstieg der Neuansteckungen für Leben und Gesundheit vieler Menschen hätte, voraussichtlich gerechtfertigt.

RND/dpa