Geschätzte 277 Millionen Menschen weltweit sahen bei der Krönung von Queen Elizabeth am 2. Juni 1953 zu. Ein Novum, das Geschichte schrieb. Doch trotz des bahnbrechenden Blickes hinter die Kulissen, verfolgten die Zuschauer:innen eigentlich nur die schöne Fassade. Den BBC-Kameras entging die ein oder andere amüsante Panne.
Siebzig Jahre saß Queen Elizabeth, †96, auf dem britischen Thron, wodurch sie das am längsten amtierende britische Staatsoberhaupt war. Als ihr Vater König George nach 15 Jahren Amtszeit starb, wurde aus Prinzessin Elizabeth die Queen – obwohl ihre Krönung noch ganze 16 Monate auf sich warten ließ.
Queen Elizabeth: Darum wurde sie so spät gekrönt
Elizabeth erfuhr vom Tode ihres Vaters auf einer gemeinsamen Commonwealth-Reise mit ihrem Mann Prinz Philip, †99. Als die traurige Nachricht um die Welt ging, hielt sich das Paar in Kenia auf.
Elizabeth betritt nach dem vorzeitigen Abbruch ihrer Commonwealth-Reise wieder englischen Boden und ist in diesem Moment bereits Queen Elizabeth. Nach dem Tod ihres Vaters König George wird sie unter anderem vom britischen Premierminister Winston Churchill (1874-1965) in Empfang genommen.
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Doch bis Elizabeth die Krone aufs Haupt gesetzt wurde, musste die junge Frau noch lange warten. Die Trauer um den beliebten Monarchen und die umfangreichen Vorbereitungen für eine Krönung geboten eine angemessene Verweildauer bis zu ihrem großen Tag. Genügend Zeit, um das historische Ereignis bis ins kleinste Detail zu planen.
Eine Krönung mit glänzenden PR-Absichten
Perfektion war das Zauberwort der Stunde. Nichts sollte schiefgehen an jenem geschichtsträchtigen Tag, der die Bedeutung der Monarchie den Briten und Mitgliedern der Commonwealth-Staaten nachdrücklich verdeutlichen sollte. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg litten große Teile der Bevölkerung unter Armut. Erst 1954 wurden die letzten Lebensmittel-Rationierungen aufgehoben und die Staatskasse galt als bankrott. Der Glanz der Monarchie sollte alle Entbehrungen überstrahlen und Hoffnung geben für die Zukunft.
Ein Druck, der nicht nur auf Elizabeth lastete, sondern auch auf den Schultern aller Beteiligten an der Krönungszeremonie. Doch ausgerechnet sie selbst legte die Latte für das Jahrhundert-Event noch höher. Elizabeth unterstützte die Idee, ihre Krönung live von der BBC übertragen zu lassen. Ein weltweites Ereignis, das es in dieser Form noch nie gegeben hatte.
Ein Blick hinter die Kulissen
Der Glanz der Krone, eine junge Königin, strahlend vor Anmut und Würde, und eine zutiefst feierliche und religiöse Zeremonie bildeten die Zutaten für eine neue Geschichtsschreibung in der Außendarstellung des Königshauses. Transparenz und Nahbarkeit sollten vermittelt werden, aber auch die Unantastbarkeit des Königshauses aus Gottes Gnaden.
Doch unfehlbar sind auch die britischen Royals nicht. Hinter den Kulissen der pompösen Inszenierung verlief längst nicht alles so reibungslos, wie es auf den Bildschirmen den Eindruck machte. Das gestand die Queen selbst bei einem BBC-Interview zu ihrem 65. Krönungsjubiläum im Jahr 2017.
"Ich konnte mich überhaupt nicht mehr bewegen"
Die Fahrt in der goldenen Kutsche aus dem 18. Jahrhundert zur Westminster Abbey sei "schrecklich" gewesen, erklärte sie in der Dokumentation "The Coronation". Sie habe praktisch nur auf Sprungfedern gesessen, die mit Leder überzogen waren. "Ich konnte mich überhaupt nicht mehr bewegen".
Die unbequeme Fahrt in der Kutsche ist Queen Elizabeth als "schrecklich" in Erinnerung geblieben.
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Das sollte sich beim Gang in die Abtei nicht wesentlich ändern. Ihre prunkvollen Gewänder brachten die junge Königin fast zum kompletten Stillstand, wie der Schriftsteller und Rundfunksprecher Hugo Vickers in der "Mail on Sunday" im Jahr 2017 anlässlich des 65. Krönungsjubiläums der Queen berichtete. Der Stoff verhedderte sich in den dicken Teppichen der Abtei, wie sie sich selbst erinnert. Später galt es, die schwere Krone auf dem Kopf zu balancieren. Es muss eine Nervenzerreißprobe für sie gewesen sein.
Doch es sollte noch turbulenter werden – und das ausgerechnet bei der Salbung der Königin. Ein Akt, der als so heilig gilt, dass er nicht von den TV-Kameras übertragen wurde. Auch die Zuschauer:innen in der Abtei durften diesen Teil der Zeremonie nicht bezeugen. Ein Baldachin schützte die Queen vor den Blicken der Anwesenden, getragen von vier Rittern des Hosenbandordens. Ihre wichtige Rolle allerdings führten die Auserwählten offenbar weniger geschickt aus als gefordert.
Bei ihrer Aufgabe als Träger des schützenden Baldachins während der Salbung der Queen sollen sich die vier Ritter des Hosenbandordens nicht sehr geschickt angestellt haben.
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Purzelnde Sandwiches und knappe Hosen
Auch in den Reihen der anwesenden Adligen geriet so manche Hand ins Zittern. Beim rituellen Aufsetzen des ein oder anderen Krönchens sollen hier und da einige liebevoll verpackte Sandwiches aus den Ausbuchtungen der edlen Kopfzierden gefallen sein. Acht Stunden lang übertrug die BBC die Krönung. Drei Stunden mussten die geladenen Gäste allein beim Gottesdienst durchhalten. Ein kleiner Snack zwischendurch glich einem Überlebenspaket.
Die gruppendynamischen kleinen Verfehlungen gehörten jedoch sicher nicht zu den nachhaltigsten Schammomenten des historischen Tages. Einen viel beachteten Auftritt sicherte sich indes der 25. Lord Mowbray, Segrave und Stourton (1895–1965), als er nach der Huldigung der neuen Königin beim ehrerbietigen Rückwärtsgehen ins Stolpern geriet. Ein holpriger Eindruck, den bei solch einer Gelegenheit wohl niemand hinterlassen möchte. Als der Erzbischof von Canterbury, Geoffrey Fisher (1887-1972), ihn später gegenüber der Königin als "das komische Stück in der ganzen Prozedur" aufs Korn nahm, stimmte die Monarchin gerne zu und erklärte in ihrer ganz eigenen humorigen Art: "Mit Mottenkugeln und Hermelinstücken, die in alle Richtungen fliegen."
Iain Tennant (1919-2006), ein schottischer Geschäftsmann und alter Freund der königlichen Familie, machte seiner Aufgabe als Platzanweiser bei der Zeremonie alle Ehre – bis er sich nach getaner Arbeit auf einem Stuhl niederließ. Ein schneller "Ratsch" und schon war der Podex fast freigelegt. Seine Hose war gerissen, doch auch für diese Herausforderung war der huldvolle Adel bestens präpariert: "Wenn Sie Nadel und Faden wollen, ich habe eins in meiner Krone", rief ihm eines der gekrönten Häupter im Zuschauerraum zu.
Ein Gläschen Gin für den Nachhauseweg
Prinzessin Alice, Gräfin von Athlone (1883-1981), teilte ihre Kutsche mit Prinzessin Marie Louise (1872-1956). Bevor es nach der Zeremonie wieder in das Gefährt ging, trank Letztere ein großes Glas Wasser.
Ein Trugschluss, denn bei dem klaren Getränk aus einer dargereichten Flasche handelte es sich offenbar nicht um den einfachen Durstlöscher, sondern um einen ordentlichen Schluck Gin. Ein Stimmungsaufheller, der prompt zu Gleichgewichtsstörungen führte und sie auf der Rückfahrt fast aus dem Gefährt katapultierte. Auch die funkelnde Tiara sei dabei in Schieflage geraten, heißt es.
Trotz der Pannen: Die Krönung bleibt unvergessen
Doch trotz aller Pleiten, Pech und einiger Pannen sah die Welt durch die Kameras der BBC das, was die Monarchie seit jeher versprach: Den Glanz der Krone, der das Alltägliche mit aller seiner Pracht überstrahlt. Eine Wirkung, die in den vergangenen 70 Jahren nicht an Strahlkraft verloren hat – und Queen Elizabeth unsterblich macht.
Verwendete Quellen: bbc.co.uk/ TV-Dokumentation "The Coronation", dailymail.co.uk, The Royal Collector’s Edition: “Queen Elizabeth II: Das Magazin zum 95. Geburtstag Ihrer Majestät”
Gala
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