Meister gleich master

Warum sollten sich junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk entscheiden? Sven Kronewirth von der HWK Trier hat mit uns über die Chancen für junge Menschen im Handwerk gesprochen.

Was macht die Ausbildung im Handwerk für junge Menschen attraktiv?
Sven Kronewirth:
Die Ausbildung im Handwerk ist praxisnah und vielseitig. Bei 130 Ausbildungsberufen im Handwerk insgesamt, von denen rund 80 auch im Bezirk Trier erlernbar sind, ist für jeden etwas dabei. Das Bildungssystem in Deutschland hat eine weltweit einzigartige Besonderheit: berufliche (betriebliche) und akademische Ausbildung sind gleichwertig! Handwerk ist keine Notlösung für irgendetwas anderes, das nicht geklappt hat, sondern eine attraktive und anspruchsvolle Alternative, die den eigenen Fähigkeiten und Interessen möglicherweise einfach am besten entspricht. Dabei spielt der Schulabschluss zu Beginn der Ausbildung eine untergeordnete Rolle, sofern die Motivation und die so genannten „soft skills“ (Zuverlässigkeit, Interesse, Leistungsbereitschaft etc.) stimmen, diese bietet aber vielfältige Perspektiven für Weiterentwicklung sowie Fach- und Führungsverantwortung.

Azubis mit Berufsreife können durch die Ausbildung ihre Mittlere Reife erhalten, mit Mittlerer Reife ist über den Meisterbrief der Hochschulzugang auch ohne Abitur möglich, und Abiturienten, die übrigens die Ausbildung von vornherein um 1 Jahr verkürzen können, finden eine praxisorientierte Alternative zum Studium, wo sie ihre Kreativität und Fähigkeiten bestmöglich zur Entfaltung bringen können. Die Gleichwertigkeit von Ausbildung und Studium bedeutet, dass das Ziel das wesentliche Entscheidungskriterium sein darf und nicht der Weg dorthin. Manche Zielberufe erfordern ein Studium und das ist gut so, aber Studieren um des Studierens willen führt zu eben jenen „Studienzweiflern“, die aktuell – um ein paar Jahre Erfahrungen reicher – vielfach den 2. Weg ins Handwerk wählen. Allen Gesellen steht der Weg zur Meisterprüfung offen und damit die Möglichkeit der Selbständigkeit, der eigene Chef zu sein, selbst auszubilden und den eigenen Betrieb zu führen.
Die demografische Entwicklung tut ihr Übriges: guter Fachkräftenachwuchs ist im Handwerk bei prall gefüllten Auftragsbüchern gesucht wie nie, und viele Betriebe suchen in den nächsten Jahren nach einem Betriebsnachfolger!

Es scheint, dass momentan noch ein veraltetes Bild von Handwerksberufen vorherrscht. Ist dem so?
Sven Kronewirth:
Leider scheint eine handwerkliche Ausbildung bei vielen Schülern und Eltern nicht gerade als modern und zeitgemäß zu gelten. Dabei müssen sich die Handwerksbetriebe längst auf einem Markt bewähren, der von Qualitätsansprüchen, Hightech und exklusiven Kundenwünschen geprägt ist. Vielen Handwerksberufen hängt zu Unrecht ein schlechtes Image an, weil längst veraltete Vorstellungen ihre Wahrnehmung bestimmen. Die Berufe des Bauhauptgewerbes zum Beispiel erscheinen vielen unattraktiv, werden mit Anspruchslosigkeit und Körperschäden in Verbindung gebracht, obwohl „der Bau” eine hervorragend geregelte Ausbildung, komplett mit stimmiger Ausbildungsvergütung und Beschäftigungsgarantie aufweist. Die Handwerkskammer Trier setzt gemeinsam mit den Handwerksorganisationen verstärkt auf Ausbildungsbotschafter, junge, erfolgreiche Azubis, Gesellen oder Meister, die mit ihrem Beispiel mit Vorurteilen gegenüber Handwerksberufen aufräumen sollen. Und warum nicht auch einmal die handwerklichen Fertigkeiten der Nationalmannschaften im Bauhauptgewerbe beim Bundesleistungswettbewerb, den Euro oder World Skills beim Mauern, Zimmern oder Stuckziehen bewundern?

Welche Möglichkeiten ergeben sich durch und nach der Ausbildung im Handwerk für die Azubis?
Sven Kronewirth:
Durch die Ausbildung in einem Betrieb der Wirtschaft ist man in diesen Betrieb eingebunden. Der Meister bzw. die Gesellen übernehmen Verantwortung für den Ausbildungserfolg und unterstützen den Azubi zum Beispiel bei der Vorbereitung auf die Prüfung. Überbetriebliche Grund- und Fachlehrgänge in den Berufsbildungs- und Technologiezentren der Handwerkskammer oder anderen überbetrieblichen Bildungsstätten ergänzen die fachpraktische Ausbildung. Die fachtheoretische Beschulung findet in einer Berufsbildenden Schule statt. Bei Schwierigkeiten können kostenfrei verschiedene Angebote der Bundesagentur für Arbeit, etwa die ausbildungsbegleitenden Hilfen in Anspruch genommen werden.

Das Handwerk bildet seinen eigenen Nachwuchs aus. In der Regel gibt es direkte Anschlussperspektiven im eigenen Ausbildungsbetrieb. Wer beim Gesellenbrief nicht aufhören möchte, für den gibt es berufsspezifische Weiterqualifizierungsmöglichkeiten, zum Techniker/ Polier oder Selbständigkeit mit einem eigenen Betrieb. Der Weg zum Meister kann über das Meister-BAFöG und den Meisterbonus I und II gefördert werden.

Was für einen Stellenwert hat der Meisterbrief im Handwerk?
Sven Kronewirth:
Der Meisterbrief stellt die höchste praktische Qualifizierungsstufe im Handwerk dar. Sie beinhaltet fachtheoretische, fachpraktische, betriebswirtschaftliche und arbeitspädagogische Kenntnisse, einen Betrieb als Inhaber zu führen und eigene Azubis auszubilden. Auch ohne Selbstständigkeit qualifiziert der Meisterbrief für fortgeschrittene Fach- und Führungsaufgaben in der freien Wirtschaft. Nach dem Deutschen Qualifizierungsrahmen (DQR) ist der Meister auf Stufe 6 offiziell einem Bachelorabschluss an einer Hochschule oder Universität gleichgestellt. Seit 2020 darf er sich deshalb „Bachelor professional” nennen.

Ein Handwerksgeselle, der nach drei(einhalb) Jahren Ausbildung und möglicherweise einiger Gesellenzeit die Meisterprüfung ablegt, sollte vor allem praktisch auf einem ganz anderen Stand sein als der Abiturient, der seine Bachelorprüfung nach sechs Semestern Hochschule absolviert. Hier wird der verpflichtenden Zugangsvoraussetzung Abitur, die es beim Weg über die duale Berufsausbildung nicht gibt, formal Rechnung getragen. Umgekehrt bedeutet ein beliebiger Meisterbrief die uneingeschränkte Hochschulzugangsberechtigung, unabhängig davon, mit welchem Schulabschluss die Ausbildung angetreten wurde. Als Meister besteht die zusätzliche Möglichkeit, sich zum Betriebswirt nach der Handwerkordnung fortzubilden. Diese Aufstiegsfortbildung ist mit Stufe 7 des DQR einem Masterabschluss gleichgestellt.
Eine direkte Vergleichbarkeit ist dabei schwierig.

Text: Sabrina Lambers Foto: privat

Wie nennt man einen Meister?

Personen, die eine Meisterprüfung erfolgreich abgelegt haben, sind berechtigt, sich mit Bezug auf das jeweilige Handwerk als „Meisterin“ oder „Meister“ zu bezeichnen und sie in vollem Wortlaut oder auch in Kurzform (z. B. „Mst. “, „Mst.in“ oder „Mstin“) vor ihrem Namen zu führen.

Was bedeutet MST in?

„Meisterin“ oder in Kurzform „Mst. “, bzw. „Mst.in“ oder „Mst.in“ vor dem Namen zu führen. Der Titel darf in allen öffentlichen Urkunden eingetragen werden.