Mein dein das sind doch bürgerliche kategorien

So formulierte es einst ein sprechendes Känguru, das der Autor und Kabarettist Marc-Uwe Kling zum Leben erweckt hat.

Meins – deins? Es war ihnen alles gemeinsam.

So sah es die Gemeinde in Jerusalem in den Schilderungen der Apostelgeschichte. Von Kängurus werden die ersten Christen noch nichts gewusst haben. Wohl aber von der Idee, dass eigener Besitz nur dann von Wert und von Nutzen ist, wenn man ihn teilt. Da wurden Ländereien und Häuser verkauft und man gab jedem, was er nötig hatte. Nicht, weil ein Gesetz es so gewollt hätte, sondern mit Weite im Herzen und den Worten Jesu im Ohr: Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr hindurchgeht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt. (Mk 10,25)

Und sie waren ein Herz und eine Seele.

Hach, das klingt harmonisch, oder?

Fast zu harmonisch. Aus der Perspektive unserer heutigen, materialistisch geprägten Gesellschaft klingt es fast naiv.

Und man muss sagen: Dieses urchristliche Sozialexperiment ist de facto gescheitert. Schon wenige Verse weiter liest man davon, wie der Erlös vom Verkauf eines Ackers doch zum Teil in die eigene Tasche wandert und von Spannungen unter den ersten Christen.

Der Geist ist willig, aber das Herz hängt an den Dingen.

Meins – deins, so soll es sein und bleiben. 

Ich glaube, dass wir gut daran tun, die Zustände in der Jerusalemer Urgemeinde nicht als Utopie und als unerreichbaren Idealzustand abzutun und wegzulächeln. Das wäre zu einfach!

Die Bibel ist kein Märchenbuch, in dem ein Herz und eine Seele glücklich und einträchtig leben bis an ihr Lebensende. Die Bibel ist mehr, anders. Sie ist Trösterin und Helferin, Zeugnis und Botin.

Und manchmal ist sie auch ein Stachel. Unbequem und direkt dort, wo es weh tut.

Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte. So sollte es sein. Heute, überall. Dass es so eben gerade nicht ist, zeigt, dass wir Texte wie diesen brauchen.

Mit "Die Känguru Chroniken" hat Kabarettist Marc-Uwe Kling einen Nerv getroffen. Nun findet der Bestseller seinen Weg ins Kino, verkommt dort aber zu einer uninspirierten Greatest Hits-Revue. Ob euch der Film trotzdem gefallen könnte, verrät unsere Kritik.

Es war natürlich eine Frage der Zeit, bis die erfolgreiche (Hör-)Buchreihe um das Känguru und den Kleinkünstler Marc-Uwe ihre Filmumsetzung erhielt. Durch die enge Beteiligung von Autor Marc-Uwe Kling bleibt die Verfilmung dem Stil der Vorlage weitestgehend treu und auch an eine neue Känguru-Stimme muss man sich nicht gewöhnen. Doch die Darstellung des Kängurus war natürlich ein Wagnis, immerhin blieb es zuvor jedem Leser (und Hörer) selbst überlassen, wie realistisch man sich das Känguru vorstellen wollte.

Tatsächlich kann das animierte Beuteltier optisch überzeugen. Die Animation reißt einen nie aus der Handlung raus und erfüllt ihren Zweck, hier gab man sich also ausreichend Mühe. Problematisch hingegen ist die Handlung selbst. Die Bücher aus der "Känguru"-Reihe bestehen hauptsächlich aus amüsanten Situationen, nicht aber aus einer größeren Geschichte, die sich als roter Faden durch die Kapitel zieht. Für "Die Känguru Chroniken" musste nun also eine Story her.

Diese fällt jedoch äußerst uninspiriert aus. Der Immobilienhai Jörg Dwigs, der als Kombination aus Donald Trump-Verschnitt und AFD-Politiker problemlos als klares Feindbild für das kommunistische Känguru zu erkennen ist, will große Teile des Wohnblocks, in dem Marc-Uwe und das Känguru leben, für den Bau seines Dwigs-Towers abreißen. Bei dem Versuch, dieses Unterfangen aufzuhalten, kommen die beiden jedoch immer wieder mit dem Gesetz und einer Gruppe Nazis in Konflikt.

Kenner des ersten Känguru-Romans werden gerade zu Beginn des Films viele Situationen wiedererkennen, die 1:1 aus der Vorlage übernommen wurden. Auch bekannte Zitate wie "Ach. Mein, dein. Das sind doch alles bürgerliche Kategorien." werden wiederholt, als wären es Greatest Hits, die einfach nicht ausgelassen werden dürfen. Anfangs setzt man zudem stark auf Meta-Witze, in denen darauf eingegangen wird, dass es sich hier um einen Film handelt. Eine nette Idee, die jedoch recht bald wieder fallen gelassen wird.

Marc-Uwe und sein Mitbewohner wider Willen, das Känguru, erinnern ein wenig an Herrn Taschenbier und das Sams. Allerdings ist das Känguru natürlich Sams ohne Mehrwert, was bleibt sind frech-ironische Kommentare. Währenddessen verliert sich der selbsternannte Anarchist Marc-Uwe über weite Strecken in seiner Lethargie und so verschenkt man einiges an Konfliktpotenzial. Letztendlich ist es nämlich eigentlich recht egal, dass Marc-Uwes Mitbewohner ein sprechendes Känguru ist und der Film legt seinen Fokus stattdessen auf die schwache Story.

Einige gelungene Wortwitze hier und da reichen nicht aus, um einen über die knappe 90-minütige Laufzeit zu unterhalten. So dürfte das Känguru durch diese Verfilmung kaum neue Fans gewinnen, wobei zumindest Kinder über die simpel gestrickte Handlung hinwegsehen dürften und somit genügend Spaß haben werden. Ältere Zuschauer erkennen hingegen schnell, dass Marc-Uwe und sein Känguru in der Welt der Bücher und Lesungen besser aufgehoben sind.

Das Känguru: Deutschlands Deadpool?

Während es zunächst noch so aussieht, als würde "Die Känguru Chroniken" das Filmmedium auf kreative Art nutzen und auf die Schippe nehmen, gibt man sich allzu schnell mit einer uninspirierten Geschichte zufrieden. Wer das Känguru generell für den Heiland der modernen deutschen Komik hält, dürfte hier wohl oft genug ein Auge zudrücken, alle anderen müssen sich auf 90 sehr lange Minuten gefasst machen,