Krankgeschrieben darf der Arbeitgeber zum Gespräch bitten

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Arbeitsrecht

Krankgeschrieben – was heisst das?

Lesezeit: 8 Minuten

Krankheiten und Unfälle verursachen nicht nur körperliches Ungemach, sondern oft auch Probleme mit dem Arbeitgeber. Was Sie über Rechte und Pflichten bei Arbeitsunfähigkeit wissen müssen.

Krankgeschrieben darf der Arbeitgeber zum Gespräch bitten

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Kündigungsschutz

Darf man mir kündigen, solange ich arbeitsunfähig bin?
Eine Zeitlang sind Sie bei ganzer oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit vor einer Kündigung geschützt Arbeitsunfähigkeit Krank… und gekündigt. Es gelten folgende Kündigungssperrfristen (ab Beginn der Arbeitsunfähigkeit): 30 Tage im 1. Dienstjahr, 90 Tage vom 2. bis und mit 5. Dienstjahr, 180 Tage ab 6. Dienstjahr.

Eine Kündigung, die der Arbeitgeber während dieser Perioden ausspricht, ist ungültig. In einem solchen Fall sollte der Chef per eingeschriebenen Brief auf seinen Fehler aufmerksam gemacht werden und der Arbeitnehmer weiter seine Arbeitsleistung anbieten (siehe Musterbrief unten). Nur so erhielten Sie weiterhin bis zur ordentlichen Vertragsauflösung den Lohn, auch wenn der Chef Ihr Arbeitsangebot ablehnt und Sie freigestellt werden Kündigung Was gilt bei Freistellung?.

Sobald die Sperrfrist jedoch abgelaufen ist oder Sie wieder hundertprozentig arbeiten können, ist eine Kündigung erlaubt – selbst wenn Sie noch in ärztlicher Behandlung sind. Tritt die Arbeitsunfähigkeit erst während der Kündigungsfrist ein, steht diese während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit still – längstens bis zum Ablauf der Sperrfrist. Das Arbeitsverhältnis verlängert sich entsprechend und endet dann am darauffolgenden Monatsende.

Musterbrief «Verlängerung der Kündigungsfrist wegen Arbeitsunfähigkeit» bei Guider

Wer während der Kündigungsfrist krank wird oder verunfallt, sollte den Arbeitgeber notfalls selber darauf hinweisen, dass sich dadurch das Arbeitsverhältnis verlängert. Beobachter-Abonnenten erhalten hierfür eine nützliche Mustervorlage «Verlängerung der Kündigungsfrist wegen Arbeitsunfähigkeit», die man per Einschreiben dem Arbeitgeber überreichen kann.

Kündigungsfrist

Ich habe selbst gekündigt und bin kurz darauf für drei Wochen krank geworden. Mein Arbeitgeber meint, ich müsse die verpasste Zeit nacharbeiten. Stimmt das?
Nein, das müssen Sie nicht. Da Sie selbst gekündigt haben, ändert die Krankheit nichts an der Dauer der Kündigungsfrist. Eine Verlängerung der Kündigungsfrist Kündigungsfrist Krank – muss ich nacharbeiten? hätte nur stattgefunden, wenn die Kündigung vom Arbeitgeber ausgegangen wäre.

Mitwirkungspflicht

Die Krankentaggeldversicherung meines Arbeitgebers will von mir eine Vollmacht, um Einblick in medizinische Unterlagen von Ärzten, Versicherungen und Behörden nehmen zu können. Muss ich das unterschreiben?
Sie haben gegenüber der Versicherung eine Mitwirkungspflicht. Das heisst, Sie müssen gewährleisten, dass der Versicherer überprüfen kann, ob er seine Leistungen zu Recht erbringt. Das kann er in der Regel nur, wenn Sie ihn bevollmächtigen, die massgebenden Akten einzusehen.

Sie können vom Versicherer aber Einzelvollmachten verlangen und erteilen. So sehen Sie transparent, welche Informationen der Versicherer bei welcher Stelle über Sie einholen möchte. Eine weitere, aber eventuell heikle Möglichkeit wäre, die Vollmacht einzuschränken, wenn Sie Ihnen zu weit geht. Sie können beispielsweise nur den Vertrauensarzt des Versicherers ermächtigen, sich beim behandelnden Arzt zu informieren. Besprechen Sie das aber mit dem Versicherer und handeln Sie eine Lösung aus. Sonst riskieren Sie, dass der Versicherer die Leistungen einstellt – mit der Begründung, Sie hätten Ihre Mitwirkungspflicht verletzt.

Krankentaggeldversicherung bei Kündigung

Man hat mir nach Ablauf der Sperrfrist gekündigt, obwohl ich immer noch krank bin. Zahlt die Krankentaggeldversicherung weiter?
Das hängt vom Versicherungsvertrag ab. Endet der Versicherungsschutz beim Austritt und sind Sie arbeitslos, können Sie die Krankentaggeldversicherung des bisherigen Arbeitgebers in eine Einzelversicherung überführen. Sie erhalten dann weiterhin das versicherte Taggeld, müssen allerdings die teuren Prämien aus der eigenen Tasche bezahlen.

IV: Früherfassung

Ich bin gesundheitlich stark angeschlagen und befürchte, dass ich nicht mehr in meinen anstrengenden Beruf zurückkehren kann. Was tun?
Wenn Sie schon länger als 30 Tage arbeitsunfähig sind, sollten Sie sich bei der zuständigen IV-Stelle zu einer sogenannten Früherfassung anmelden. Die IV wird mit Ihnen Kontakt aufnehmen und abklären, ob ohne geeignete Massnahmen eine Invalidität droht. Dabei wird auch geprüft, ob es beim jetzigen Arbeitgeber Beschäftigungsmöglichkeiten für Sie gibt oder ob Ihnen ein anderer Arbeitsplatz vermittelt werden kann. Massnahmen der Frühintervention sind zum Beispiel Anpassung des Arbeitsplatzes, Kurse, Arbeitsvermittlung oder Berufsberatung. Können Sie nicht mehr ins Erwerbsleben eingegliedert werden, stellt sich die Frage nach einer Rente Invalidenversicherung Das müssen Sie über die Invalidenrente wissen.

Achtung: Die Früherfassungsmeldung ist nicht das gleiche wie der IV-Antrag. Um keine Leistungen zu verlieren, sollten Sie den IV-Antrag auf Eingliederung oder Rente spätestens in den ersten sechs Monaten Ihrer Arbeitsunfähigkeit einreichen.

Überbrückung bis zur IV-Rente

Ich bin dauernd arbeitsunfähig geworden und habe meine Stelle verloren. Der Antrag auf eine IV-Rente läuft. Wo bekomme ich bis zum Entscheid der IV finanzielle Unterstützung?
Wenn Sie dennoch zu mindestens 20 Prozent, mindestens versuchsweise, in einer leidensangepassten Tätigkeit arbeitsfähig sind, sollten Sie sich während der Wartezeit bei der Arbeitslosenversicherung Jobverlust Haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld? anmelden. Das schadet Ihren Chancen auf eine IV-Rente nicht. Denn zwischen Invaliden- und Arbeitslosenversicherung besteht eine Koordination, die verhindern soll, dass Invalide in ein finanzielles Loch fallen. Bis zum Entscheid über allfällige Rentenansprüche ist vorerst die Arbeitslosenversicherung zuständig. Sollte sich später herausstellen, dass Sie Anspruch auf eine IV-Rente haben, rechnet die IV zuerst mit der Arbeitslosenversicherung ab. Das heisst, die Renten, die Ihnen für die Zeit des Taggeldbezugs zustehen, werden für die Rückzahlung an die Arbeitslosenkasse verwendet.

Können Sie jedoch gar nicht arbeiten, sind Sie nicht vermittelbar und erhalten von der Arbeitslosenversicherung keine Vorschussleistungen. Kommen Sie wegen fehlender Krankentaggelder oder geendeter Lohnfortzahlung in eine finanzielle Notlage, können Sie Sozialhilfe Sozialhilfe Beantragen – Welche Rechte habe ich? beantragen.

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Was darf der Arbeitgeber bei Krankheit fragen?

Die Art der Krankheit und ihre medizinische Ursache gehen den Arbeitgeber nichts an. Die Frage nach dem Gesundheitszustand ist zwar erlaubt, muss aber nicht beantwortet werden. Wegen der Geschlechterdiskriminierung unzulässig ist die Frage nach einer Schwangerschaft oder deren Planung.

Bin ich verpflichtet ans Telefon zu gehen wenn ich krankgeschrieben bin?

Muss der Kranke ans Telefon gehen? Bredereck: Es gibt keine Verpflichtung, Anrufe des Chefs entgegen zunehmen. Es sei denn, es bestehen hier ganz dringende Notfälle oder entsprechende vertragliche Verpflichtungen. Aber auch hier muss der Arbeitnehmer nicht ständig das Telefon beobachten, ob der Chef anruft.

Sind Krankengespräche erlaubt?

Krankengespräch während der Krankheit? Während der Arbeitsunfähigkeit ist in der Regel niemand verpflichtet, an einem Krankengespräch teilzunehmen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Wir sagen: Das gilt genauso für Beamte.

Kann der Arbeitgeber Krankheit überprüfen lassen?

Kann der Arbeitgeber eine Krankschreibung anzweifeln? Das Bundesarbeitsgericht hat am 8. September 2021 entschieden, dass der Arbeitgeber eine Krankschreibung des Arbeitnehmers anfechten kann, wenn er Umstände darlegt, die ernsthafte Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers begründen.