Audi 100 lenkstockschalter alle gleich

Er hat diese zwei bekannten elektrischen Macken, der Audi 100 Typ 43. Entweder hängt das 3 Euro teure Entlastungsrelais fest oder der Lenkstockschalter (die Kombination aus Blinker, Warnblinker, Lichtschalter und Wischerhebel an der Lenksäule) verschluckt den fließenden Strom irgendwo. Das Relais (im extrem hilfsbereiten und sehr freundlichen Typ 43 Forum waren sich einige SICHER, dass hier der Fehler liege) habe ich schnell getauscht, der schwarze Kasten für diese kleinen elektromagnetischen Helferchen und die wenigen Sicherungen wartet im Motorraum gut zugänglich auf seine Begutachtung. Das war’s nicht 🙁 Also widme ich meine fehlersuchende Aufmerksamkeit wieder einmal dem kleinen Hebelkonglomerat hinter dem Lenkrad. Weil irgend ein Audi Ingenieur im damaligen zukunftsweisenden Technologieträger den Laststrom für die vorderen H4 Scheinwerfer nicht wie längst bei anderen Herstellern üblich über ein Relais, sondern einfach so direkt durch den Lichtschalter geplant hatte.

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Ab dafür

Für Nicht-Physiker: Der fließende Strom ist der Teiler aus der (in diesem Fall Licht-)Leistung und der Bordspannung von 12 Volt. Wenn also die beiden 55Watt Lampen leuchten und ich zusätzlich noch das Fernlicht anschalte (zwei mal 60Watt), teile ich insgesamt 230 Watt durch 12 Volt und komme allein fürs Licht vorn auf rund 19 Ampère, die sich mitten durch den Schalter an der Lenksäule quetschen. Das fühlt sich warm an? Stimmt, und kein vernünftiger Kupfer- oder Messingkontakt macht das jahrzehntelang mit, also runter mit dem Lenkrad und raus mit dem Lenkstockschalter. Ersteres ist beim Audi 100 schnell bewerkstelligt, wenn man weiß wie. Der cockpitfarbene Deckel für die Schalter der Hupe muss furchtlos mit kräftigen Fingern abgezogen werden. Beim ersten mal bricht gern ein Nippel des einen Hupknopfes ab, beim zweiten mal dann der des anderen. Hurra. Jetzt noch ran an die dicke Mutter und runter mit dem Teil.

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Formschön und ohne Elektronik

♫ Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da.
Er bringt uns Obst, heihussassa.
Macht die Blätter bunter,
wirft die Äpfel runter,
heijahussassa, der Herbst ist da. ♫
Obst? Äpfel? Vielleicht in meinem Gärtchen in Kiel, hier werfe ich nur das zeitgenössisch colorierte Volant runter von der starren Stange. Kein Airbag, der mir um die Ohren fliegen kann, keine fipseligen Microschalter, die Radios oder Freisprecheinrichtungen bedienen und keine Steuergeräte, die hinterher neu angelernt werden müssen, damit das Auto überhaupt losfahren mag. Nur ein blaues Lenkrad und zwei geriffelte Hupschalter, denen nun jeweils ein kleiner Nuppsi hinten dran fehlt und die deshalb ein bisschen schief drin sitzen. Schon liegt der Lenkstockschalter mit seinen vier Hebelchen ungeschützt frei und freut sich darauf, nach Lösen einer kleinen Schelle im Inneren ausgetauscht zu werden.

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Es schlägt sein letztes Stündchen

Ein bisschen schade ist das schon…. Bei diesem neckarsulmer Mittelklasse-Schätzchen neigen die Kunststoff-Hebelchen im Laufe der Jahrzehnte dazu, vor dem Sonnenlicht zu kapitulieren und unansehnlich blass und grau zu werden. Die bei meinem alten Dottore irgendwie nicht. Die sind noch so schön kackbraun, wie sie aus dem Werk kamen. Mit ganz viel Zeit und Geduld könnte ich mich natürlich daran machen, den originalen Lenkstockschalter zu öffnen und die Kontakte zu reinigen oder neu zu löten. Der gleiche Ingenieur, der damals aber den Laststrom der Scheinwerfer von der Batterie zwischen den Beinen des Fahrers hindurch direkt zu den Glühlampen veranlasste wird auch beschlossen haben, dass der diensthabende Schalterkasten dafür nicht verschraubt, sondern genietet wird. Auf Nieten aufbohren habe ich heute echt keine Lust, denn der Herbst ist da ♫

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Mit ruhiger Hand

Das gebraucht erworbene Tauschteil aus dem Forum ist laut Vorbesitzer einwandfrei in Ordnung, er habe es noch an seinem 5D ausprobiert. Ich hoffe das sehr, denn mein letzter Schaltertauschversuch (ich hab das alles schon mal gemacht) endete damit, dass zwar das Licht wieder ging, die Blinker und die Scheibenwischer dafür aber nicht mehr. Sie erinnern Sich *klick*? Es war Sommer (bitte Peter Maffay im Kopf haben – jetzt!), und ich brauchte eher die Blinker als das Abblendlicht, also baute ich wieder alles zurück und schwieg mich darüber aus 🙁 Okay, Uhrenvergleich: Zeitaufwand bisher 12 Minuten. Der Schalter ist getauscht und steckt wieder in seinem blauen Plastikkasten auf der Lenksäule. Ich bin in aufkommender Feierlaune.
♫ Der Herbst, der Herbst, der Herbst ist da.
Er bringt uns Wein, heihussassa.
Nüsse auf den Teller,
Birnen in den Keller,
heijahussassa, der Herbst ist da. ♫
Nüsse (mein Werkzeug) und Birnen (die ausgebauten Teile) wandern später in Kofferraum, Keller und Garage, der Wein kommt heute Abend – aber nur wenn das jetzt auch alles funktioniert. Zündung an, Licht an und erwartungsvoll ab nach vorn vors Auto 🙂

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Ich bin geblendet

Hahaaa!!!! 😀 Das Abblendlicht blendet wieder, die Blinker blinken und später, als das Lenkrad an seinem Platz steckt hupt auch die Hupe! Geil. Sie finden das total banal? Ich nicht, ich freu mich immer ganz doll wenn Sachen, die seit ’ner Ewigkeit nicht funktioniert haben (und seien sie noch so selbstverständlich wie die ein Abblendlicht) wieder das tun, wofür sie mal bestimmt waren. Jetzt kann er endlich kommen, der Herbst. Und der Spaß. Und so. Die ganze Aktion hat rund 15 Minuten gedauert, war höchst befriedigend und ich habe auch nur zwei kleine Kreuzschlitzschrauben übrig behalten. Mein erster Schritt in das Projekt „Winter-Audi“ ist getan, als nächstes muss der Vergaser überarbeitet werden – und dann geht die Konservierung mit schmierigem, klebrigem Wachs los. Aber das ist eine andere Geschichte. Prost ♫