Wie wahrscheinlich ist ein blackout in deutschland 2022

Nehmen russische Hacker deutsche Energieversorgung ins Visier?

Doch nicht nur Nachschubprobleme beim Gas und ein gestiegener Bedarf an Strom könnten eine Rolle spielen in einem "Blackout"-Szenario. Auch mögliche Hackerangriffe stellen ein Problem dar, mit dem man rechnen muss. So stellt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) seit Beginn des Ukraine-Kriegs eine "erhöhte Bedrohungslage" für Deutschland fest. Es habe bereits "einzelne, gezielte Angriffe gegen Unternehmen und Organisationen" gegeben. Dabei komme den Branchen Strom, Gas und Mineralöl eine außergewöhnliche Relevanz zu. "Der Sektor Energie stellt somit aktuell ein besonders atttraktives Angriffsziel für Cyber-Attacken dar", hieß es in einer Mitteilung. Das BSI hat daher zu erhöhter Wachsamkeit und Reaktionsbereitschaft aufgerufen.

Auch der Bundesverfassungsschutz sieht seit Kriegsbeginn in der Ukraine "eine neue Dimension" der Bedrohungslage. "Deutschland muss sich speziell auch gegenüber Cyberangriffen verstärkt wappnen", heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht. Russische Nachrichtendienste zeigten die "Bereitschaft zur Sabotage".

Bundesamt rät: Für den Fall der Fälle Vorräte anlegen

Ganz unabhängig vom anstehenden Winter sowie möglicher Hackerangriffe ist ein längerer Stromausfall ein Szenario, mit dem sich viele Forschende beschäftigen. Praktisch alles hängt an der Stromversorgung. Das Bundesamt für Katastrophenhilfe und Bevölkerungsschutz ruft deswegen schon lange dazu auf, Lebensmittel und Wasser für einige Tage vorrätig zu haben, nur für den Fall der Fälle.

Wenn von Problemen bei der Stromversorgung die Rede ist, fällt inzwischen sehr häufig der Ausdruck "Blackout". Expertinnen und Experten warnen jedoch davor, das Wort inflationär zu benutzen. "Nicht jeder Stromausfall ist ein Blackout", betont etwa Christoph Maurer vom Lehrstuhl für Elektrische Energiesysteme an der Universität Erlangen-Nürnberg. Ein wirklicher Blackout sei schon ein "absolutes Krisenszenario", nämlich ein großflächiger, ungeplanter und sehr viele Verbraucher betreffender Stromausfall, der dann auch sehr schwierig zu beheben ist. Die Folgen können katastrophal sein.

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Ein katastrophaler Stromausfall ist sehr selten

Ein solcher Blackout ist ein sehr seltenes Ereignis, so etwas hat es in Deutschland und Bayern seit Jahrzehnten nicht gegeben, betont auch der Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW). Selbst im November 2006, als nach der Abschaltung einer Stromleitung wegen der Durchfahrt eines Kreuzfahrtschiffs europaweit der Strom ausfiel, mit Millionen betroffener Haushalte zwischen Portugal und Deutschland, war die Versorgung überall nach weniger als einer Stunde wiederhergestellt. Damals waren auch nur Teile Bayerns, vor allem in Franken betroffen.

Kein Anzeichen für Blackout in diesem Winter

Ein echter Blackout mit katastrophalen Ausmaßen ist auch in diesem Winter nicht zu erwarten, hier ist sich ein Großteil der Experten einig. Ingenieur Maurer sieht "keine Anzeichen dafür". Die Bundesnetzagentur hält auf BR-Anfrage ein solches Szenario für "sehr unwahrscheinlich". Und auch Ökonomin Karen Pittel, Energiefachfrau beim Münchner ifo-Institut, bestätigt das.

Bundesnetzagentur rüstet sich für Krisenmanagement

Sie fügt jedoch hinzu: Kürzere, regionale Stromausfälle seien in der derzeitigen Situation durchaus zu befürchten. Das sieht auch die Bundesnetzagentur so: "Auch stundenweise krisenhafte Situationen im Stromsystem sind nach Einschätzung der Bundesnetzagentur im Winter 22/23 sehr unwahrscheinlich, diese können aber nie vollständig ausgeschlossen werden." Um für diesen Fall vorzusorgen, will die Behörde jetzt ein zweites Krisenzentrum einrichten, um für den "unwahrscheinlichen Fall" gerüstet zu sein, dass die Netzagentur gleichzeitig eine Gasmangellage und eine größere Stromversorgungskrise managen muss.

Stresstest zeigt Risiko für angespannte Lage

Grundlage dieser Einschätzungen ist der so genannte "Stresstest" der großen Strom-Übertragungsnetzbetreiber für den nächsten Winter. Für den Großteil Bayerns ist dabei das Unternehmen Tennet mit Zentrale in Bayreuth zuständig. Eine Tennet-Sprecherin bestätigt auf BR-Anfrage, dass es im Winter in einzelnen Stunden "zu einer äußerst angespannten Lage im Stromnetz kommen kann". In "einzelnen, besonders kritischen Szenarien" könne es "in einzelnen Stunden auch zu einer Lastunterdeckung in Deutschland kommen".

  • Zum Artikel: Das Blackout-Experiment: Eine Familie zieht den Stecker

Europäische Perspektiven

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  • Zum Artikel "EBU-Projekt Europäische Perspektiven"

Gegenmaßnahmen der Netzbetreiber

Um das zu verhindern, schlagen die Übertragungsnetzbetreiber eine Reihe von Maßnahmen vor. Neben dem viel diskutierten Weiterbetrieb von Kernkraftwerken ist das die Aktivierung aller konventionellen Reservekraftwerke in Deutschland, der Versuch, weitere Kraftwerke im Ausland unter Vertrag zu nehmen, und der so genannte "witterungsabhängige Freileitungsbetrieb". Das bedeutet, bei kaltem Wetter mehr Strom durch Hochspannungsleitungen zu schicken als normalerweise erlaubt, weil sie durch die Umgebung gekühlt werden.

Der Strom könnte kontrolliert unterbrochen werden

Wenn all dies nicht ausreicht, müssen die Netzbetreiber jedoch als letztes Mittel zu "kontrollierten Lastabschaltungen" greifen. Das bedeutet: Verbraucher werden mit Vorankündigung geplant vom Netz genommen, möglicherweise für einige Stunden. Für diesen Fall empfiehlt eine Tennet-Sprecherin schon jetzt: "Wenn wir vor Abschaltungen warnen, sollte man sich entsprechend vorbereiten, aber die Ruhe bewahren. Der Strom kommt zeitnah wieder!" Ob solche Notabschaltungen tatsächlich bei Haushalten geplant werden oder eher bei Großverbrauchern wie Industriebetrieben, muss die Bundesnetzagentur entscheiden.

In solchen Fällen gibt es bei der Sicherheit der Stromversorgung keinen Unterschied zwischen Stadt und Land, sagt Detlef Fischer vom Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) auf BR-Anfrage. Nur falls das Stromnetz tatsächlich zusammengebrochen wäre, gäbe es beim so genannten "Schwarzstart" einen Vorteil in der Nähe existierender Kraftwerke.

Stromsparen kann das Netz stützen

Fischer kann sich auch vorstellen, dass an Tagen mit kritischer Lage im Stromnetz die Bevölkerung öffentlich dazu aufgerufen wird, in gewissen Stunden Strom zu sparen. Solche konkreten Appelle gab es in anderen Ländern bereits. In Japan etwa hatte das Wirtschaftsministerium im Sommer die Nutzer aufgefordert, den Stromverbrauch zwischen 15 und 18 Uhr einzuschränken, um eine mögliche Stromkrise zu vermeiden. In Ländern wie den USA sind Stromausfälle ohnehin ein relativ häufiges Ereignis.

Bisher ist Bayerns Stromversorgung besonders sicher

In Bayern dagegen ist die Stromversorgung bisher auch im deutschlandweiten Vergleich besonders zuverlässig. Und sie ist in den vergangenen Jahren trotz des immer höheren Anteils von schwankender Erzeugung aus Wind- und Sonnenenergie sogar noch zuverlässiger geworden. Im Jahr 2020 fiel in Bayern durchschnittlich 8,64 Minuten lang der Strom aus. Das ist der niedrigste Wert seit 2008.

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Wegen der Energiekrise treibt der Bund den Ausbau von Solar- und Biogas-Anlagen voran und will die Förderbedingungen ändern.

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Die wichtigsten Infos zum Blackout

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Wann ist mit Blackout zu rechnen?

Ob der geplante Atomaustieg Ende 2022 aufgeschoben wird, ist noch offen. Bereits beschlossen ist, dass zusätzliche Kohlekraftwerke bereitstehen sollen, befristet bis 31. März 2024.

Kann es in Deutschland zu einem Blackout kommen?

Ein Stromausfall in Deutschland im kommenden Winter ist laut Experten eher unwahrscheinlich.

Wird es einen Stromausfall geben 2022?

Der BLACKOUT 2021 In Deutschland – KANN VERHINDERT WERDEN. Im Jahr 2022 sollen alle deutschen Kernkraftwerke abgeschaltet sein. Weiterhin soll bis zum Jahr 2038 schrittweise aus der Kohleverstromung ausgestiegen werden.

Wie wahrscheinlich ist ein kompletter Stromausfall in Deutschland?

Stromversorgung: Droht der Blackout – Wie oft kommen Stromausfälle in Deutschland vor? Der Bundesnetzagentur wurden 2020 bundesweit exakt 162.224 Stromausfälle in 868 Stromnetzen bekannt, etwa 2400 mehr als 2019.

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