Wie viele Chromosomen hat ein Mann

Ehrenrettung des männlichen Y-Chromosoms: Lange galt dieses Geschlechtschromosom bloß als kümmerliches Relikt, als Erbgutteil, der ohnehin bald ganz verschwinden wird. Doch gleich zwei neue Studien enthüllen nun, dass das Y-Chromosom eine weit größere Bedeutung hat als bisher angenommen. Zum einen erweisen sich einige der auf diesem Erbgutträger sitzenden Gene als bemerkenswert langlebig: Sie haben sich in Millionen von Jahren der Säugetier-Evolution kaum verändert. Zum anderen aber scheinen diese Gene weit mehr zu steuern als nur die männliche Fortpflanzung. Ihre regulierende Wirkung prägt Zellen in unserem gesamten Körper.

Das Y-Chromosom ist im Vergleich zu seinem weiblichen Gegenpart, dem X-Chromosom, ziemlich kümmerlich: Es ist nur ein Drittel so groß und enthält gerade einmal ein Fünftel so viele Gene. Im Laufe seiner 300 Millionen Jahre langen Evolution hat es hunderte von DNA-Sequenzen verloren, das ist schon länger bekannt. Dennoch hat es eine wichtige Aufgabe: Bei den meisten Säugetieren wird das Y-Chromosom gebraucht, um das Programm zu durchkreuzen, das für die Entwicklung des Standardgeschlechts sorgt – den Frauen. Erst die Gene, die auf dem männlichen Geschlechtschromosom liegen, unterdrücken dieses Programm und fördern die Ausbildung der typisch männlichen Geschlechtsmerkmale. Diese wenigen, für diese Organe und männliche Fortpflanzung zuständigen Genen galten daher bisher als Hauptgrund dafür, dass es dieses Chromosom trotz Schrumpfung noch gibt.

Zwei Forschergruppen haben die Evolution des Y-Chromosoms und seine Genzusammensetzung nun noch einmal genauer untersucht – und werfen ein neues Licht auf den unverzichtbaren Winzling. Diego Cortez von der Universität von Lausanne und seine Kollegen belegen durch einen Genvergleich von 15 Säugetieren, Beuteltieren und Vögeln, dass das männliche Geschlechtschromosom schon vor rund 180 Millionen Jahren entstand. Daniel Bellott vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und seine Kollegen verglichen die Gene des Y- und des X-Chromosoms bei acht Säugetieren, darunter dem Menschen, der Maus, dem Opossum und dem Rind. Dabei zeigte sich, dass 14 urzeitliche Gene des männlichen Geschlechtschromosoms immerhin 97 Millionen Jahre der Evolution fast unverändert überdauert haben, wie die Forscher berichten. „Und das sind nicht einfach irgendwelche Gene – sie sind die Elite“, konstatiert Laborleiter David Page. Diese Gene seien für unser Überleben extrem wichtig.

Regulierende Wirkung im gesamten Körper

So enthüllten weitere Analysen, dass auf dem Y-Chromosom ungefähr ein Dutzend Gene liegen, die zusammen mit ihren Gegenparts auf dem X-Chromosom das Ablesen der Protein-Bauanleitungen im Erbgut steuern – und dies im gesamten Körper von Männern. „Diese Gene sind an der Dekodierung und Interpretation des gesamten Genoms beteiligt“, betont Page. Wie groß ihr Einfluss auf den Körper sei, beginne man daher gerade erst zu erahnen. Das aber bedeutet, dass sich Männer und Frauen bis auf die kleinste Ebene ihres Organismus voneinander unterscheiden: Selbst ihre einzelnen Zellen in Haut, Lunge oder anderen Organen, funktionieren möglicherweise ein wenig anders. „Sie sind ähnlich, aber biologisch unterschiedlich“, sagt Bellott.

Dieser subtile Einfluss des Y-Chromosoms könnte nach Ansicht der Forscher auch erklären, warum Männer und Frauen unterschiedlich sensibel für bestimmte Krankheiten sind. Und es wirft auch ein neues Licht auf die Forschung an Zellkulturen: „Zellbiologen und Biochemiker studieren Zellen, ohne dass sie wissen oder beachten, ob diese XX oder XY sind – bisher hat niemand so richtig darauf geachtet“, erklärt Bellott. Das müsse sich zukünftig ändern, das Unisex-Modell der biomedizinischen Forschung sei überholt.

Quelle:

  • Daniel Bellott (Massachusetts Institute of Technology, Cambridge) et al., Nature, doi: 10.1038/nature13206
  • Diego Cortez (University of Lausanne) et al., Nature, doi: 10.1038/nature13151

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar

Bei einem Viertel aller unfruchtbaren Männer schon lässt sich das Problem aufs verletzte Y-Chromosom zurückverfolgen: Darauf finden sich neue, schädliche Mutationen, die bei den jeweiligen Vätern dieser Männer noch nicht feststellbar waren. Sykes'' Berechnungen zufolge werden die Männer in 5000 Generationen, also in ungefähr 125 000 Jahren, von der Erdoberfläche verschwunden sein, so wie vor ihnen Dinosaurier und Riesenalken. »Das ist nicht gleich übermorgen«, räumt Sykes ein, »umgekehrt aber auch nicht unvorstellbar weit weg.«

Da trifft es sich, dass die Reproduktionsmediziner derzeit üben, gewissermaßen gegenläufig zum Abgang des männlichen Geschlechts, den Mann durch Technik zu ersetzen. Dabei wenden sie Methoden an wie das Klonen oder die Herstellung von Ersatzspermien aus weiblichem Gewebe. Läuft alles glatt, dann brauchen die Frauen der Zukunft von Männern nicht einmal mehr den Samen.

»Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich«, textete Herbert Grönemeyer. Von wegen. Sykes und Jones sehen vielmehr ein sapphisches Utopia heraufdämmern, eine Rückkehr der Menschheit zu jenem Paradies der Dichterin Sappho auf der Insel Lesbos, in dem Mädchen und Frauen sich unter Ausschluss der Männlichkeit künstlerischen und intellektuellen Vergnügungen hingaben.

Eine andere, weit erschreckendere Möglichkeit wäre, dass es am Ende ohne Männer doch nicht geht und deren chromosomaler Mangelzustand die Menschheit in den Abgrund reißt. »Wir laufen real Gefahr auszusterben«, fürchtet Sykes. Er geht davon aus, dass im Verlauf der Erdgeschichte schon viele Tiere den Artentod durch Männersiechtum gestorben sind.

Die Erkenntnisse der Biologen über den Abstieg des Mannes hallen auf geradezu unheimliche Weise wider in den Hiobsbotschaften der Soziologen. So befinden sich unter den Schurken dieser Welt, aber auch unter deren Opfern Männer weit in der Überzahl. »Gewalt ist männlich«, konstatiert der Osnabrücker Soziologe und Autor Dieter Otten****.

Massaker, Mord und Totschlag gehen fast ausschließlich auf das Konto der Männer, aber auch die Organisierte Kriminalität, den Sex-Tourismus, den sexuellen Missbrauch und den Hooliganismus dominieren sie. In Deutschland sind selbst bei Betrug in 99 Prozent der Fälle Männer die Täter.

In einem Stadtteil im Süden Londons, so haben Forscher ausgerechnet, muss die Gesellschaft für junge Angehörige männlichen Geschlechts jährlich 6000 Euro pro Kopf für Gefängnis, Gesundheitsversorgung und von ihnen angerichtete Schäden berappen. Ein Mädchen verursacht durchschnittlich gerade mal ein Zehntel der Kosten.

Der Anteil junger Männer mit kriminellen Neigungen werde zudem immer größer, klagt Otten. Über ein Drittel sei zu offenem gesetzwidrigem Handeln bereit. Das sei eine Entwicklung mit dramatischen Folgen: »Ohne moralisch integere, beruflich hoch motivierte, leistungsfähige und sozial engagierte Frauen«, resümiert der Soziologe, »wäre das ökonomische, soziale und politische System der westlichen Demokratien längst gescheitert.«

Überhaupt sehen die Sozialwissenschaftler - völlig unabhängig von den Ergebnissen der Biologen - das vermeintlich so mächtige und überlegene Geschlecht in vielerlei Hinsicht im Hintertreffen. »Wir Männer sind da, wo die Frauen vor 30 Jahren waren«, meint beispielsweise Barney Brawer, Leiter des »Boys'' Project« an der Tufts University im amerikanischen Boston. »Vor unseren Augen spielt sich eine ungeheure Krise von Männern und Jungen ab«, warnte der Psychologe schon 1998, damals noch an der Harvard University. »Es gab eine außerordentliche Verschiebung in der Plattentektonik der Geschlechter; unsere ganze alte Denke muss überprüft werden.«

Der soziale Abstieg des Mannes hat nichts mit dem biologischen zu tun und mag ein vorübergehendes Phänomen sein - verglichen mit dem Verfall des Y-Chromosoms in jedem Fall nur ein Wimpernschlag in der Geschichte der Menschheit. Und doch führt auch er dazu, dass der Mann mittlerweile nicht mehr als Rambo gesehen wird, sondern als eher schwächliches Geschöpf wie früher nur das Weib.

Den Trägern des Y-Chromosoms gibt die Natur offenbar eine große Bürde mit auf den Weg: In den westlichen Ländern sterben Männer im Durchschnitt sechs Jahre früher als Frauen. Gleichgültig ob Herzinfarkt, Krebs oder Tod im Straßenverkehr - alle großen Geißeln scheinen bevorzugt Männer dahinzuraffen; eine schlüssige Erklärung hierfür suchen die Mediziner noch.

Die Lebensgefahr dräut früh: »Dass Jungs im Übermaß als Opfer von Unfällen enden«, analysiert der Londoner Psychiater Sebastian Kraemer, »scheint Teil eines Musters schlechter Wahrnehmung und motorischer Steuerung zu sein, was zu einer Fehleinschätzung von Risiken führt.«

Beim Heranwachsenden verändere sich einfach nur die Art des Risikos, meint Kraemer: »Das führt dann eher zu gefährlichen Experimenten mit Drogen und Alkohol oder zu Gewalt gegen sich selbst und andere.« Suchtkrankheiten, vor allem Drogenmissbrauch, diagnostizieren die Ärzte viel häufiger bei Männern.

Außen hart und innen ganz weich - erheblich mehr Männer als Frauen töten sich selbst. Im Jahr 2000 begingen in Deutschland 2934 Frauen Selbstmord - unter den Männern waren es 8131.

Auch in puncto Lernen und Fleiß ergibt sich ein Missverhältnis. In jedem Schuljahr bleiben mehr als doppelt so viele Jungen wie Mädchen sitzen. Von den Schülerinnen schaffen mittlerweile 26,6 Prozent das Abitur; bei den Jungen gelingt das nur 21 Prozent.

Der Londoner Genetiker Steve Jones führt diese Trends auf den Einfluss der Umwelt zurück (siehe Interview Seite 158). Zugleich aber hätten die Männer von Geburt an einen biologischen Makel, den sie nie mehr wettmachen könnten. Die Träger des Y-Chromosoms »haben es von ihren Genen her schwerer, mit einer nachteiligen Umwelt zurechtzukommen«.

Männliche und weibliche Menschenembryonen sind - abgesehen von ihren Geschlechtschromosomen - in den ersten sechs Wochen ihrer Entwicklung in nichts voneinander zu unterscheiden. Beide haben in ihrem Innern ein Paar noch unreifer Keimdrüsen und zwei primitive Kanalsysteme, aus denen sich die unterschiedlichen Geschlechtsorgane entwickeln können.

Dann jedoch tritt jenes schicksalhafte Gen in Aktion, das das Weib zum Manne macht. Schlicht SRY (die Abkürzung von »Sex-determining Region of the Y-Chromosome") tauften es die beiden Entdecker Peter Goodfellow und Robin Lovell-Badge, die ihren Kollegen Page bei der Jagd nach dem Männermacher-Gen überholt hatten.

Welche Zauberpotenz in dem unscheinbar kleinen SRY steckt, offenbarten die beiden Biologen in einem staunenswerten Tierversuch: Sie spritzten das SRY-Gen in befruchtete Eizellen der Maus und pflanzten diese in Leihmütter ein.

Unter den 93 Babys, die auf die Welt kamen, hielten sie Ausschau nach einem Wesen, das sich wie ein perfektes Männchen benahm, aber wie ein Weibchen zwei X-Chromosomen trug. Tatsächlich stießen sie in der Nagerbrut auf solch eine Kreatur. In ihr hatte das SRY-Gen seine Macht entfaltet und einem weiblichen Embryo einen wohlgeformten Hoden beschert.

Zwar sind diese männlichen Mäuse mit zwei X-Chromosomen unfruchtbar. Doch das focht das SRY-Männchen nicht an. Als die Forscher es mit Weibchen in einem Käfig ließen, paarte es sich in den nächsten sechs Tagen viermal - eine Frequenz, die auch einem normalen Mäuserich zur Ehre gereicht.

Beim Menschen wird das SRY-Gen in der siebten Schwangerschaftswoche auf dem Y-Chromosom angeschaltet - aber nur für ein paar Stunden. Diese kurze Episode ist folgenreich: Das SRY-Protein stellt die Weiche unumkehrbar in Richtung Mann. Dazu haftet es sich in der Zelle an bestimmte DNS-Sequenzen und aktiviert sie so. Eine Kaskade molekularer Signale kommt in Gang. Ungefähr in der zwölften Schwangerschaftswoche formt sich die Genitalregion zu Hoden und Penis, fortan wirken auf Körper und Hirn männliche Hormone ein (siehe Grafik Seite 154).

Die Substanz, die kräftig aus dem fötalen Hoden strömt, ist hochwirksam: Testosteron. Das Hormon fördert die Ausprägung der inneren männlichen Geschlechtsorgane wie Vorsteherdrüse und Samenleiter. Ein Teil des Testosterons wird in ein Hormon mit besonders hoher Klopfzahl verwandelt: in das Dihydro-Testosteron. Dieser Supertreibstoff lässt den Penis sprießen und den Hodensack weiter wachsen, in

welchen die Hoden wandern. Diese anatomische Geschlechtsumwandlung ist in der 20. Schwangerschaftswoche abgeschlossen - Eltern können von jetzt an das kleine Glied ihres Sohnes im Ultraschallbild erkennen.

Für Gesundheit und Wohlbefinden offenbart diese Metamorphose von Eva zu

Adam allerdings eine Tragödie. Denn in vielerlei Hinsicht ist der männliche Fötus anfälliger als der weibliche.

Um am Ende auf ein halbwegs ausgewogenes Verhältnis zwischen den Geschlechtern zu kommen, begünstigt die Natur ganz am Anfang die Schwachen: Bei der Befruchtung kommen auf 100 weibliche Leibesfrüchte 120 männliche - vermutlich deshalb, weil die Spermien mit dem mickrigen Y-Chromosom weniger Ballast schleppen müssen und deshalb schneller schwimmen können als die Samenfäden mit unversehrtem X-Chromosom. Wenigstens einmal hat hier das männliche Geschlecht die Nase vorn.

Dann jedoch beginnt der Fluch des Y-Chromosoms zu wirken. »Die männliche Poleposition wird sofort in Frage gestellt«, schreibt Psychiater Kraemer im »British Medical Journal«. Erlebt die werdende Mutter Krisen, Trauer oder auch ökonomische Katastrophen wie Arbeitslosigkeit, dann führt dieser Stress dazu, dass in der Fruchtblase vor allem männliche Föten zu Grunde gehen.

Ralph Catalano von der University of California in Berkeley hat dieses Phänomen jetzt am Beispiel der deutschen Wiedervereinigung bestätigt gefunden. 1990 brach die ostdeutsche Wirtschaft zusammen - was dem Land 1991 ein historisches Tief in der Rate der geborenen Jungen bescherte. Rein rechnerisch und nach Berücksichtigung anderer denkbarer Faktoren fehlten immerhin 743 männliche Föten.

Den subtilen Stresseffekt hatten Demoskopen auch nach dem schlimmen Erdbeben 1998 im japanischen Kobe registriert. Danach kamen 1,5 Prozent weniger Jungen zur Welt als in den Jahren zuvor. Dass umgekehrt nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland mehr Knaben geboren wurden, erklären Forscher hingegen mit einem anderen Effekt: Soldaten auf Heimaturlaub und ihre Frauen versuchten offenbar ganz gezielt und in hoher Frequenz, an den fruchtbaren Tagen Nachwuchs zu zeugen - was auf Grund der schnell schwimmenden Y-Spermien zu etwas mehr Jungen führt.

Im Krieg wie im Frieden verschiebt sich während der Schwangerschaft die ursprüngliche Rate von 100 zu 120 Embryonen merklich zum Nachteil der Y-Träger: Zum Zeitpunkt der Geburt sind auf 100 Mädchen nur noch 105 Jungen übrig geblieben. Und jene, die durchkommen, sind weiterem Ungemach ausgesetzt. Alle erdenklichen Schrecken der Geburtsmedizin treffen Knaben überproportional: Frühgeburtlichkeit, Gehirnschäden, Lähmungen sowie angeborene Fehlbildungen der Genitalien und Gliedmaßen kommen unter ihnen häufiger vor als unter Mädchen.

Auch was die allgemeine Entwicklung angeht, hinken die Knaben hinterher. Ihre Gehirne sind zwar bei der Geburt schwerer, offenbar jedoch nicht wirklich fertig für diese Welt. Mädchen jedenfalls werden mit einem Reifegrad geboren, den Jungen erst nach vier bis sechs Wochen erreichen.

Ausgerechnet das Männlichkeitshormon Testosteron scheint Adams Niedergang zu befördern. Möglicherweise verkürze der Stoff das Leben ganz erheblich, erklärt der Biologe Ian Owens vom Imperial College in London. Das zumindest legt der langjährige Vergleich von kastrierten und unversehrten Männern nahe: Jene, die ohne Hoden und damit ohne Testosteron auskommen mussten, lebten durchschnittlich 13 Jahre länger.

Und je früher die Kastration durchgeführt worden war, desto größer war ihr lebensverlängernder Effekt. Das Männlichkeitshormon schwächt die Immunabwehr des Körpers. Vermutlich drosselt es die Energiezufuhr in das Immunsystem, damit der Mann seine Kraft für andere Aktivitäten gebrauchen kann. Hirsche beispielsweise röhren, dass man sie kilometerweit hört - doch zugleich sind viele von ihnen verseucht mit Parasiten. Der ungute Einfluss des Testosterons auf die Körperabwehr wurde durch die Vergleichsstudie mit den Kastraten bestätigt. Die erhöhte Todesrate der normalen Männer ging nämlich vor allem auf das Konto von Infektionskrankheiten - nicht etwa auf das von Gewalt oder Unfällen.

Wenn der Mann schon am eigenen Hormon erkrankt, warum ist er dann nicht längst ausgestorben, wie alle Geschöpfe, die sich nicht ausreichend an neue Umweltbedingungen anpassen konnten? Oder anders herum: Warum ist er überhaupt erst entstanden?

Die Antwort lautet, natürlich: Sex.

Öde hat alles einmal begonnen auf Erden: mit einzelligen Wesen, die sich endlos selbst kopierten, Sexualität kannten sie nicht. Dann, vor etwa einer Milliarde Jahren, muss irgendwie, irgendwann, irgendwo jener Akt zum ersten Mal vollzogen worden sein, der die Welt so nachdrücklich verändern sollte: Zwei Zellen verschmolzen miteinander und tauschten ihr Erbgut aus - der Sex war geboren.

Die Neuerung setzte sich durch, ziemlich rasch sogar. Heute scheint, um die sexuelle Fortpflanzung zu gewährleisten, der Natur keine Inszenierung zu aufwendig, keine Mühe zu groß.

Der britische Zoologe und Autor Matt Ridley hat sich einmal gefragt, wo die Menschheit heute wäre ohne Sex. Sein ernüchterndes Ergebnis: »Wir würden uns mühelos vermehren, aber weder Königreiche errichten noch Kathedralen.« Weder würden Blumen Blüten, Pollen und Staubbeutel hervorbringen in einer sexlosen Welt, noch färbten sich Brünette zu Blondinen, die Wüste bei Gizeh wäre Sandbrache ohne Pyramiden. Nie zöge durch die Lüfte der Klang von Sonaten oder Symphonien, und wenn die Evolution es überhaupt bis hin zu den Vögeln geschafft hätte, dann könnten diese mit Sicherheit nicht singen.

Doch all die Pracht hat einen hohen Preis. Das Leben der sexuellen Spezies erscheint, verglichen mit jungfräulich sich fortpflanzenden Arten, unglaublich kräftezehrend. Aus ökonomischer Sicht sogar unsinnig: Eine Hälfte der Population, beim Menschen also die Männer, muss jahre-, oder gar jahrzehntelang aufgezogen, gepäppelt und ernährt werden - und all das nur, um irgendwann einmal ein paar Samen zu spenden.

Viel praktischer und schneller, so scheint es, würde sich eine Art durchsetzen, wenn

alle ihre Vertreter Nachkommen produzierten - schließlich ergäbe das auf einen Schlag doppelt so viel Nachwuchs.

Zudem treibt die Natur erstaunlichen Aufwand, um das Triebleben des männli-

chen Geschlechts zu bereichern: Wie viele Knospen muss ein Hirsch im Lauf seines Lebens von den Büschen raspeln, um sich irgendwann mit einem Sechzehnender-Geweih im Nebenbuhler verhakeln zu können? Was kosten die langen Schwanzfedern den Pfau? Was ist der Preis von Goldkettchen, Ferraris und Brioni-Anzügen?

Wozu also solche Verschwendung? Eigentlich funktioniert die Evolution wie ein erfahrener Großkapitalist - Investments, die sich nicht lohnen, werden abgestoßen. Hunderte Wissenschaftler haben darüber gegrübelt, wie der von ihnen mit dem Begriff »doppelte Kosten für Männchen« bezeichnete Mehraufwand wieder reinzuholen sei.

Der britische Naturforscher Charles Darwin (1809 bis 1882) fand als einer der Ersten eine Antwort: Neue Wesen, die sich von ihren Eltern unterscheiden, könnten sich schneller und damit besser an eine veränderte Umwelt anpassen. Die Neukombination von Erbgut, hieß es dann ein Jahrhundert später, diene dem Zweck, eine Spezies vor der Ansammlung genetischer Defekte zu schützen. Denn die Gene mutieren über die Generationen, Fehler schleichen sich ein. Da kann es sehr hilfreich sein, wenn jedes Chromosom in doppelter Ausfertigung - einmal von der Mutter, einmal vom Vater - vorliegt. Wenn das eine versagt, kann die intakte Zweitversion den Job übernehmen.

Inzwischen gehen viele Forscher davon aus, dass vor allem Einzeller, Bakterien und Viren - jedenfalls nicht Schlangen, Äpfel oder Frauen - schuld waren am sexuellen Sündenfall der Welt. Krankheitserreger können nämlich, wenn sie einmal das Immunsystem einer Art überlistet haben, diese flott und problemlos ausradieren - sofern diese aus ungeschlechtlich entstandenen und deshalb genetisch weitgehend identischen Individuen besteht.

Der Genetiker Jones vergleicht die Evolution mit einem Kartenspiel: »Wenn Sie immer dasselbe Blatt ziehen, sagen wir drei Asse und einen König, dann wird es Ihnen sehr gut ergehen. Aber wenn Ihr Gegner eines Tages plötzlich und unerwartet vier Asse zieht, dann wird er gewinnen.« Als klassisches Beispiel nennt Jones die Hungersnot in Irland, die in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts wütete. Damals bauten die Iren große Mengen von ein und derselben Kartoffelsorte an. Der Pilz, der die Pflanzen befiel, raffte die Ernte dahin; die Iren verhungerten in Massen.

Die einzige Chance, Parasiten und Erregern zu entgehen, liegt darin, das Erbgut in Eizelle und Spermium immer wieder neu zu mischen oder, wie es in der Fachsprache der Genetiker heißt: zu rekombinieren. Sex ist nichts anderes als dieses Vermischen des genetischen Materials.

Zwar existieren im ungeheuren Formenparadies der Erde auch Geschöpfe, die sich ungeschlechtlich vermehren. Im Tierreich ist es zum Beispiel eine bestimmte Echsengattung, die gewissermaßen aus sich selbst sprossen kann, per Jungfernzeugung also. Und das Wasser bewohnende Rädertier »Philodina roseola«, einen halben Millimeter klein, überlebt männchenlos, ohne Sex, jetzt schon seit Dutzenden von Jahrmillionen. Manche Wesen wiederum wechseln mühelos zwischen sexueller Vervielfältigung und der männerlosen Fortpflanzung hin und her, so etwa die Blattlaus.

Aber mindestens 99,9 Prozent aller Tiere haben sich, wohl für immer, auf Sex verlegt. Und zu diesem Zweck kamen die Männchen ins Spiel. »Solche Lebewesen sind zwar kostspielig und ineffektiv«, seufzt der Genetiker Jones, »aber wenn sie erst einmal entstanden sind, wird man sie nicht wieder los.« Die Männer sind für den Gelehrten nichts anderes »als genetische Brücken zwischen den weiblichen Linien«.

Männer sind also von der Natur erfunden worden als Vehikel, um Gene von der Mutter zur Gattin zu tragen und so das weibliche Erbgut zu durchmischen. Adam, der mit der Rippe, war nicht erster Mensch, sondern bloßer Frauenverkuppler.

Nur selten reduziert die Natur den Mann auf seine tatsächliche Rolle - wie etwa im Fall einiger Anglerfische. Treu, aber beinahe gänzlich zur Bedeutungslosigkeit verdammt, heftet sich bei diesen Tiefseefischen der unscheinbare männliche Winzling an die ungleich größere Gattin. Verkümmert zu kaum mehr als Genitalien, klebt er sein Leben lang am Körper des Weibchens, klinkt sich in ihren Blutkreislauf ein, nährt sich von ihr und kann am Ende nur noch eines: Samen absondern, wenn es dem Weibe pläsiert.

Aus Sicht von Parasitologen gleichen Männchen eher einer Seuche, die das Weibchen befällt. Die Befruchtung einer Eizelle mutet an wie der Überfall eines Schmarotzers: Das Spermium bohrt sich wie ein Virus in die Eizelle und nutzt deren Ressourcen, um seine eigene DNS von ihr kopiert zu bekommen. Das Ei, ausgestattet mit allen Nährstoffen, trägt die männlichen Gene weiter - allein auf Kosten der Mutter.

Der Beitrag des Vaters war einzig die Produktion einer winzigen Samenzelle, die zu nichts anderem taugt, als mit letzter Kraft die Eizelle zu penetrieren. Da dieses Prinzip - kleine Geschlechtszelle verschmilzt mit großer Zelle, die einen Embryo herstellen kann - sich überall in der belebten Welt beobachten lässt, dient allein der Umstand, dass ein Wesen solche Minizellen produziert, dem Biologen als Definition für das Geschlecht: Männlich ist alles, was Spermien produziert.

Und wie wird ein Geschöpf zum Samenspender? Die Natur hat eine Fülle unterschiedlichster Mechanismen hervorgebracht, die das Geschlecht festlegen. Beim Igelwurm »Bonellia« etwa wird eine Larve, die auf ein Weibchen trifft zu einem Männchen - widrigenfalls wird sie zu einem Weibchen. Beim Mississippi-Alligator wiederum bestimmt die Temperatur im Gelege das Geschlecht. Das Weibchen baut Hügelnester aus Blättern und Zweigen, die von Bakterien zersetzt werden, wobei Wärme entsteht. Ist es 32 bis 33 Grad warm, entstehen in den Eiern durchweg Männchen, bei Temperaturen unter 31 Grad nur Weibchen.

Was dem Alligator die Verwesungshitze, ist dem Menschen und anderen Säugetieren das Y-Chromosom. Durch eine Mutation ist es vor rund 300 Millionen Jahren aus einem normalen Chromosom entstanden und bestimmt seither das Geschlecht. Dabei erging es dem Chromosom wie einem leckgeschlagenen Frachter auf hoher See. Teile der Ladung wurden verschoben, gingen zu Bruch oder schlitterten über Bord. Auf seiner Odyssee hat sich das einst komplett ausgestattete Chromosom in das heute so beklagenswerte Schrumpfprodukt verwandelt.

Die Ähnlichkeit zwischen dem X- und dem Y-Chromosom hat sich derart verflüchtigt, dass die beiden nicht mehr in der Lage sind, genetisches Material miteinander auszutauschen, abgesehen von zwei winzigen Regionen an den Spitzen (siehe Grafik Seite 152). Während sich X-Chromosomen in Frauen nach wie vor rekombinieren, steht das Y-Chromosom nun ohne richtigen Partner da und schrumpft einer ungewissen Zukunft entgegen. Biologen taten das Chromosom schon früh als genetisches Ödland ab, auf dem kaum mehr Gene überdauern könnten.

Wenn überhaupt, dann vermuteten Gelehrte wenig Gutes auf dem Y-Chromosom. Ganz im Gegenteil: Manche hielten es jahrelang sogar für ein »Mörderchromosom«. Der Trugschluss geht zurück auf eine Untersuchung in der Sicherungsanstalt für gemeingefährliche Verbrecher im schottischen Carstairs. Genetiker hatten unter den Häftlingen ungewöhnlich viele mit zusätzlichem Y-Chromosom gefunden. Statt des normalen XY-Musters trugen sie eine XYY-Formation im Erbgut.

Mittlerweile konnten genauere Studien die Verbindung zwischen Kriminalität und dem Tragen zweier Y-Chromosomen nicht erhärten. Dass XYY-Männer überdurchschnittlich häufig ins Gefängnis gesteckt werden, liegt wohl weniger an ihrer Verbrechernatur als vielmehr an ihrer niedrigen Intelligenz: Die beschränkten Geister lassen sich einfach häufiger von der Polizei schnappen als genetisch normale Verbrecher.

Angesichts des schlechten Rufs des Y-Chromosoms schienen die Ergebnisse der US-Genetiker David Page und Steve Rozen zunächst wie eine Ehrenrettung für die Männer. Zwar konnten auch sie nicht leugnen, dass das Y-Chromosom mit seinen nur 60 Millionen Bausteinen ein Zwerg ist im menschlichen Genom - in elektronenmikroskopischen Aufnahmen sieht es mickrig aus wie ein handgestrickter Fäustling. Doch zur allgemeinen Verblüffung offenbarte die entschlüsselte Sequenz, dass immerhin 78 putzmuntere Gene auf ihm liegen. Neben dem Männerproduzenten SRY findet sich eine Fülle unterschiedlicher Fruchtbarkeitsgene, die allem Anschein nach Produktion und Reifung der Spermien steuern.

»Das Y-Chromosom ist ein sehr dynamischer Ort«, sagt Genetiker Rozen, 52. »Einerseits neigt es zum Verfall und hat schon viele Gene verloren. Zum anderen aber nimmt es immer wieder mal ein neues Gen auf.« Die Forscher vermuten, dass das Y-Chromosom zu einer Art Sammelbecken für all diejenigen Gene geworden ist, die für Männer wichtig sind. Klein-Ypsilon - letzter Hort der Männlichkeit?

Stefan Kirsch, 40, von der Universität Heidelberg ist sich sicher, dass das Y-Chromosom noch weitere Überraschungen birgt. Der Molekularbiologe sucht seit sechs Jahren nach unentdeckten Wachstumsgenen, die er darauf vermutet. Neben hormonellen Einflüssen tragen sie maßgeblich dazu bei, dass Männer im Durchschnitt größer sind als Frauen.

Kirschs Interesse gilt besonders einer angeborenen Form des Minderwuchses, bei der die Söhne deutlich kleiner sind als ihre Väter. Genetische Untersuchungen offenbarten, dass den kurz geratenen Sprösslingen im Unterschied zu ihren Erzeugern ein winziges Stück des Y-Chromosoms abhanden gekommen ist. Genau in dieser »Verlustregion« fahnden die Heidelberger nach unentdeckten Genen.

In seiner seit Millionen Jahren währenden Isolation hat das Y-Chromosom sich nicht nur eine überraschende Vielfalt von Genen bewahrt. Vielmehr hat es in aller Stille auch eine völlig unerwartete Überlebensstrategie entwickelt, die Page und Rozen nun enthüllten: Das männliche Chromosom tauscht sich mit sich selbst aus.

Dieser Trick gelingt nur deshalb, weil einige Gene in mehrfachen Kopien vorliegen, und zwar in Form so genannter Palindrome. Das sind symmetrische DNS-Sequenzen, deren Bausteine sich wie die Buchstaben in den Namen Hannah und Otto vorwärts wie rückwärts gleich lesen, jedoch weitaus länger sind. Wenn sich die zwei Arme des Palindroms aneinander lagern, dann kommen zwei Stränge nahezu identischer DNS nebeneinander zu liegen - wie bei der normalen Rekombination, wenn sich die übrigen Chromosomen paarweise aneinander lagern und ihr genetisches Material miteinander austauschen.

Auf diese Weise kann das Y-Chromosom seinem Verfall offenbar entgegenwirken: Wenn auf einem Arm eine Mutation zuschlägt, enthält der zweite als Sicherheitskopie die ursprüngliche Sequenz. Von einigen Genen liegen sogar vier Kopien vor. Das, so erläutert Rozen, erlaube es dem Y-Chromosom, mitunter auch neue, womöglich vorteilhafte Genvarianten hervorzubringen.

Nichts anderes als dieser Sex mit sich selbst scheint das Y-Chromosom und damit den Mann bisher vor dem Aussterben bewahrt zu haben. Ob das aber reichen wird, seinen Untergang ganz aufzuhalten, erscheint fraglich. »Das männliche Chromosom neigt zum Verfall«, räumt Rozen ein, bezweifelt aber, dass es schon in 5000 Generationen so weit sein wird. »Sein Ableben könnte sich ebenso gut erst in ein paar Millionen Jahren ereignen.«

Sein britischer Kollege Bryan Sykes indes zeigt sich davon überzeugt, dass das Ende viel schneller naht. Das Y-Chromosom tanze »nur noch mit seinem eigenen Spiegelbild« und habe den Kontakt zur Außenwelt für alle Zeit eingebüßt, spottet der Genetiker und warnt seine Geschlechtsgenossen: »Männer leben bis auf weiteres unter Vorbehalt.«

Zumindest technisch gesehen könnte der Menschenmann vermutlich schon bald ganz verzichtbar sein. Wie schon das Schaf Dolly, die Milchkuh Uschi und im Mai die kleine Haflingerstute Prometea lassen sich theoretisch auch Menschenfrauen mit der Klontechnik herstellen. Das Erbgut aus einer Körperzelle der Spenderin müsste dazu nur in eine zuvor entkernte Eizelle gesteckt werden - einen männlichen Beitrag benötigte man nicht mehr.

Es dürfte »praktisch möglich« sein, einen Menschen zu klonen, befürchtet der Biologe Rudolf Jaenisch vom Whitehead Institute in Cambridge. Die meisten Babys jedoch, prophezeit er, würden mit schweren Fehlbildungen auf die Welt kommen, da die natürliche Reprogrammierung des Erbguts beim Klonen fehlerhaft abläuft.

Doch auch für dieses Dilemma halten die Wissenschaftler bereits eine Lösung parat - indem sie Eizellen mit weiblichen Körperzellen befruchten. »Für die ersten Stadien der Befruchtung benötigen wir kein Spermium mehr«, verkündete Orly Lacham-Kaplan vom Monash Institute of Reproduction and Development im australischen Melbourne bereits vor zwei Jahren.

Weibliche Körperzellen der Maus wurden von der Forscherin in Eizellen verfrachtet, die nicht entkernt waren. Das Ergebnis dieser Fusion wäre eigentlich nicht lebensfähig gewesen, da es einen überzähligen Chromosomensatz enthielt - Eizellen enthalten nur einen Satz von Chromosomen, Körperzellen hingegen zwei.

Doch die australische Biologin traktierte das Zellgebilde so lange mit einer Chemikalienmixtur, bis es den überzähligen Chromosomensatz ausspuckte. Zurück in der Kulturschale blieb eine befruchtete Eizelle, die zu einem frühen Embryo heranreifte. Der Zellhaufen hatte keinen Vater, aber zwei Mütter - und war n atürlich weiblich.

Doch wie sähe eine Gesellschaft ohne Männer aus? Die Vorstellung erscheint einigen Frauen vielleicht paradiesisch: kein Krieg, keine Vergewaltigungen, selten nur noch Totschlag und Mord. Wäre eine reine Weiberwirtschaft auf der Welt also denkbar? Antworten auf solche Fragen betreten das Reich der Spekulation - nicht einmal die viel bemühten Amazonen lassen sich hier zum Vergleich heranziehen, denn sie lebten zwar herren-, aber nicht männerlos. Wenn es darum ging, kleine Amazönchen zu produzieren, griffen auch sie aufs andere Geschlecht zurück.

Heute bleiben für manche Frauen bei der Vorstellung, die Kerle könnten komplett verschwinden, wichtige Fragen offen: Wer würde dann die Spinnen im Schlafzimmer töten? Wer den Roadster reparieren? Und über wen würden Freundinnen nächtelang am Telefon lästern?

Genetiker Sykes zeigt Erbarmen - und zaubert einen Plan zur Rettung der Männer hervor: Am besten wäre es, so rät er nachfolgenden Generationen, das verrottende Y-Chromosom rechtzeitig abzuschaffen, komplett, und die Männlichkeitsgene lieber in einen anderen Teil des Erbguts zu verfrachten, wo sie sicherer aufgehoben wären als auf diesem sinkenden Schiff.

Mit heutiger Gentechnik sei es ja kein Problem, so fabuliert Sykes weiter, die Männlichkeitsgene »aus dem Wrack des Y-Chromosoms herauszuschneiden und in einem kompakten genetischen Paket zu versammeln«. Das so geschnürte Männlichkeitsbündel würde der Genetiker dann am liebsten in ein anderes Chromosom einschleusen: »Solch ein Adonis-Chromosom erscheint mir wie ein sicherer Tipp. Fast wünschte ich mir, dass ich selbst eines hätte.«

Mit dem Verzicht auf das Y-Chromosom seiner männlichen Urahnen würde Sykes in Wahrheit nur einem Weg folgen, den die Natur längst beschritten hat. Denn in der belebten Welt zeigen bereits die Männchen einer im Kaukasus heimischen Säugetierart, wie es einem ohne Y-Chromosom geht: Die Pioniere gehören zur Spezies »Ellobius lutescens« - den Südwestlichen Mull-Lemmingen. JÖRG BLECH,

RAFAELA VON BREDOW

* Eingefärbte Aufnahme eines Rasterelektronenmikroskops.** Steve Jones: »Der Mann. Ein Irrtum der Natur?"Rowohlt-Verlag, Reinbek; 336 Seiten; 19,90 Euro.*** Bryan Sykes: »Keine Zukunft für Adam«. Gustav Lübbe Verlag,Bergisch Gladbach; 384 Seiten; 19,90 Euro. Erscheint am 1. Oktober.**** Dieter Otten: »MännerVersagen - über das Verhältnis derGeschlechter im 21. Jahrhundert«. Gustav Lübbe Verlag, BergischGladbach; 384 Seiten; 18 Euro.* Bei der Harley-Davidson-Parade am 6. September in Faak am See(Kärnten).* Mit Pierce Brosnan als James Bond und Izabella Scorupco alsBond-Girl in »Golden Eye«, Großbritannien 1995.

Wie viel Chromosomen hat eine Frau?

Jede Körperzelle der Frau enthält neben den in beiden Geschlechtern gleichen 44 Chromosomen (Autosomen) zwei X-Chromosomen als Geschlechts-Chromosomen (Gonosomen). Die Körperzellen des Mannes hingegen enthalten ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom.

Was ist das 23 Chromosom?

Jede normale menschliche Zelle, mit Ausnahme von Samen- und Eizellen, verfügt über 23 Chromosomenpaare, also insgesamt 46 Chromosomen. Samen- und Eizellen haben nur eines der beiden Chromosomen jedes Paares, also insgesamt 23. Jedes Chromosom enthält Hunderte bis Tausende Gene. sind eines der 23 Chromosomenpaare.

Warum haben wir nur 46 Chromosomen?

Bei der Befruchtung verschmilzt die Samenzelle des Vaters mit der Eizelle der Mutter: Es entsteht wieder eine Zelle 46 Chromosomen (23 Chromosomenpaaren). Diese Zelle teilt sich, und nach vielen Zellteilungen entsteht schließlich ein Kind.

Wie viele Chromosome hat der Mann?

Menschen haben 46 Chromosomen. Bei Frauen sind zwei davon X-Chromosomen (links). Männer haben dagegen ein X- und ein Y-Chromosom (rechts). Die Eizellen einer Frau haben 23 Chromosomen, darunter ein X-Chromosom.

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