Was tun wenn der Partner nicht aufhört zu trinken?

Alkoholismus hat auch auf den Partner oder Menschen, die dem Süchtigen nahe stehen schwerwiegende Folgen. Häufig leiden diese noch mehr an der Alkoholabhängigkeit, als der Suchtkranke selbst. Sie sind "co-abhängig". Wir haben Beziehungscoach Dominik Borde gefragt, wie Angehörige richtig mit Suchtkranken umgehen.

von Nadja Kupsa am 22.05.2016, 16:41


 

 

 

 

 

Insbesondere Frauen bemühen sich oft jahrelang den Schein zu wahren...

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Partner von Suchtkranken fühlen sich häufig überfordert und alleine. Sie wissen nicht, wie sie mit der Krankheit eines geliebten Menschen umgehen sollen. Oft haben sie nicht einmal jemanden, mit dem sie darüber sprechen können. Zu groß ist die Scham, denn nach außen hin, wirkt man doch so glücklich. Beziehungscoach Dominik Borde erlebt in seiner Praxis immer wieder zwei Arten von Reaktionen: Die einen negieren oder spielen die Krankheit des Partners herunter, die anderen nehmen dem Partner jede Verantwortung ab und versuchen ständig auszugleichen. "Beides hilft aber nicht", so Borde. WOMAN hat beim Beziehungsexperten nachgefragt, wie man Suchtkranken wirklich helfen kann.

WOMAN: Woran erkenne ich, dass mein Partner ein Suchtproblem hat?
Dominik Borde: Als Sucht bezeichnet man das unabweisbare Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand, dem alles andere untergeordnet wird.

Süchtigen fehlt häufig der Sinn und die Möglichkeit sich gute Gefühle ohne Drogen zu verschaffen. Wenn ich einen Süchtigen frage, was fällt dir ein um Spaß zu haben, kennt er nur die Sucht. Es fehlen die Perspektiven, auf andere Weise gute Gefühle zu bekommen.

WOMAN: Doch die Sucht kann auch schleichend entstehen...
Borde: Alkoholiker wird man nicht über Nacht, nein. Oft dauert es Jahre, bis das Umfeld oder der Betreffende selbst sich seiner Sucht bewusst werden. Gerade dem Partner kommt hier eine entscheidende Rolle zu. Auch wenn es vielleicht anfangs verständlich ist, dem Partner zu helfen, indem man ihn beim Umfeld entschuldigt, für ihn Ausreden erfindet oder ihn verteidigt. Auf Dauer fördert Negieren und Herunterspielen unbewusst die Sucht. Denn das ist ja auch genau das, was der Süchtige tut. Und dann beginnt ein Teufelskreislauf, der auch die Partner in eine sogenannte Co-Abhängigkeit treiben kann.

WOMAN: Was ist eine Co-Abhängigkeit?
Borde: Unter Co-Abhängigkeit versteht man das Verhalten einer Person, die einem Alkoholabhängigen nahe steht und die unter anderem Verantwortung für den Abhängigen übernimmt, sein Trinken entschuldigt oder rechtfertigt und dem Abhängigen Belastungen abnehmen oder ersparen will. Zu Co-Abhängigen kann praktisch jeder aus dem nahen Umfeld werden, wie Partner, Freunde und Geschwister, Ärzte und Therapeuten, Eltern und Kinder sowie Arbeitskollegen. Besonders häufig betroffen sind natürlich die Partner. Wichtig zu wissen ist, dass Co-Abhängigkeit genauso behandelt werden muss, wie die Suchterkrankung.

WOMAN: Ich drohe ihm immer wieder, wenn es noch einmal vorkommt, dann bin ich weg. Liebt er mich nicht genug?
Borde: Einer Sucht wird alles andere untergeordnet. Das hat nichts damit zu, ob er die Person, die er damit verletzt, liebt. Denn jede Sucht ist eine Krankheit und muss behandelt werden. Wenn jemand Grippe hat, ist es ja auch seine Aufgabe zum Arzt zu gehen. Aber die Grippe hat er, egal wie und wen er liebt.

WOMAN: Wartet man demnach vergeblich auf eine Veränderung?
Borde: Leider nehmen die meisten Süchtigen ihre Sucht erst dann richtig ernst, wenn sie am absoluten Tiefpunkt angelangt sind. Wenn ein Jobverlust droht oder die Kündigung schon da ist, wenn der Führerschein weg ist, der Partner oder andere einschneidende Erlebnisse eintreten.

WOMAN: Wie reagiere ich, wenn mein Partner total betrunken nach Hause kommt?
Borde: Viele Menschen reagieren instinktiv ablehnend, wenn ihr Partner total betrunken nach Hause kommt. Doch im betrunkenen Zustand sind Grundsatzdiskussionen oder Vorwürfe sinnlos. Gerade Betrunkene neigen dazu, sich selbst als Opfer zu sehen und zum Gegenangriff zu starten. Nicht selten fallen Aussagen, die allen Beteiligten am nächsten Tag Leid tun.

WOMAN: Was soll man sonst tun?
Borde: Lieber ins Bett helfen und am nächsten Tag das Gespräch suchen, wenn der Partner wieder nüchtern ist. Dennoch kann man als nüchterner Partner auch eine klare Abgrenzung treffen. Gut sind etwa klare Absprachen, z.B.: Ich liebe dich, aber wenn du so betrunken bist, dann schläfst du auf der Couch.

»Solange der Suchtkranke weiß, dass er mit keinerlei Konsequenzen rechnen muss, ändert sich nichts. «

WOMAN: Immer wieder verspricht er mir, dass er aufhört zu trinken – doch dann passiert es wieder. Wird er sich jemals ändern?
Borde: Ein schwieriges Terrain. Solange der Suchtkranke weiß, dass er mit keinerlei Konsequenzen rechnen muss, ändert sich nichts. Im Gegenteil. Wenn man seiner Sucht zu viel Aufmerksamkeit schenkt, entsteht für ihn sogar ein Nutzen á la „Weil ich süchtig bin, kümmern andere sich um mich“.

Die Konsequenz: Zeitweilige Ausrutscher werden zur Gewohnheit, und diese Gewohnheit zerstört Beziehungen. Der Partner steht dem Alkoholiker, den er liebt, machtlos gegenüber. Endlose Schwüre und Beteuerungen, die Finger vom Alkohol zu lassen, werden ständig enttäuscht, oft gehen diese Ausrutscher mit Gewaltausbrüchen, starken Stimmungsschwankungen und Beleidigungen einher. Je früher sich die Betroffenen dagegen entschieden verwehren und Stopp sagen, umso besser!! Und das heißt: Konsequenzen ziehen und einhalten.

WOMAN: Wenn ich ihm verbiete ein Gläschen Wein zu trinken, dann tut er es heimlich und betrinkt sich erst recht. Wie reagiere ich richtig?
Borde: Eine Partnerschaft funktioniert nur auf Augenhöhe, niemand kann gleichzeitig Partner und Elternteil sein. Verbote, Lob und Tadel haben in einer Paar-Beziehung keinen Platz. Und deshalb funktionieren diese auch nicht.

WOMAN: Was ist also die Lösung?
Borde: Professioneller Hilfe. Niemand kann seinen Partner „retten“, dazu braucht es neutrale Außenstehende, die eine entsprechende Ausbildung und Erfahrung haben. Ich rate meinen Klienten immer zu einer möglichst klaren Haltung: „Dein Problem ist dein Problem und mir zu groß. Bitte such dir dafür professionelle Hilfe.“ Und wenn alles nichts hilft und die Last zu groß wird, hilft wirklich nur die klare Ansage: „Entweder du suchst dir Hilfe oder ich muss aussteigen, denn so kann und will ich nicht weitermachen.“ Aber diese Ansage muss man dann auch einhalten können.

WOMAN: Sollte man selbst besser auch auf das Gläschen Wein hin und wieder verzichten, um gleich von vorne herein keinen Alkohol ins Haus zu bringen?
Borde: Einem Alkoholiker ist es prinzipiell egal, ob Alkohol im Haus ist oder nicht. Er wird seine Sucht auf jeden Fall befriedigen.

»Mitleid macht dein Gegenüber klein und hilft ihm nicht.«

WOMAN: Am nächsten Tag tut ihm sein Verhalten aber leid. Soll ich dann Mitleid haben?
Borde: Mitleid macht dein Gegenüber klein und hilft ihm nicht. Je weniger Verantwortung ein Alkoholiker für sein Handeln haben muss, weil der Partner/Freunde/das Umfeld für ihn lügen, Mitleid haben und deshalb hinter ihm herräumen, desto länger kann er es sich leisten seine Sucht aufrecht zu erhalten. Besser: Dem Partner Hilfe zur Selbsthilfe geben und sein Schicksal selbst in die Hand geben.

WOMAN: Unsere Familie und Freunde wissen nichts davon, weil es ihm peinlich ist. Soll ich mein Schweigen brechen?
Borde: Auch wenn der Partner ein Anrecht auf seine Privatsphäre hat und persönliche Angelegenheiten diskret behandelt werden sollten, musst du auf keinen Fall für den Partner lügen und seine Sucht verheimlichen.

WOMAN: Wenn er trinkt wird er aggressiv und bedroht mich sogar. Aber die Polizei anrufen ist übertrieben, oder?
Borde: Wenn der Partner für sich selbst oder andere gefährlich oder bedrohlich wird, sollte man unbedingt Hilfe in Anspruch nehmen.

WOMAN: Kann eine Psychotherapie helfen? Und wenn ja, sollten wir diese zu zweit oder alleine machen?
Borde: Eine Sucht ist eine Krankheit, die behandelt werden muss. Und dafür braucht es professionelle Hilfe von Menschen. Ob Psychotherapeut, Coach oder ein Psychologe ist zunächst unerheblich. Wichtig ist, dass die Personen eine entsprechende Ausbildung und Erfahrung haben und die Chemie stimmt. Aus meiner Erfahrung als Coach kann ich nur sagen, dass meist beide Partner Hilfe benötigen, und zwar getrennt voneinander. Als Coach arbeite ich sehr stark lösungsorientiert und nach dem Konzept der Selbstverantwortung. Meist begleite ich die Partner von Suchtkranken, aber ich hatte auch schon Suchtkranke in meiner Praxis. Meist müssen Alkoholiker zusätzlich aber auch einen Entzug oder Teilentzug machen – meist unter ärztlicher Aufsicht.

WOMAN: Was kann ICH konkret tun, um ihm zu helfen?
Borde: 1. Man kann den Partner am Weg zur Besserung begleiten, sollte es aber vermeiden ihn zu tragen! Niemals sollte die Sucht durch Lügen, Ausreden oder das Ertragen unangemessener Situationen und Lebensweisen unterstützt werden.

2. Immer nur das Verhalten, nicht aber den Menschen dahinter ablehnen! Dem Menschen dahinter muss man mehr zutrauen. Die Verantwortung für die Sucht liegt bei dem, der sie hat.

3. Sag dem Partner ruhig, wie es dir mit seiner Sucht geht und sprich eigene Gefühle an! Dann solltest du dir Hilfe holen und diese so schnell wie möglich an Dritte abgeben. Außenstehende haben mehr Übersicht als die Betroffenen selbst. Ein Experte auf dem Gebiet schafft Klarheit und du weißt, was zu tun ist.

4. Nicht auf sich selbst vergessen: Jeder hat ein Recht auf freie Zeit und auf Spaß. Denn nur wenn man selbst stark ist, kann man auch den Partner unterstützen.

5. Eigene Muster überdenken: Es gibt Menschen, die ziehen Partner mit Suchterkrankungen magisch an. Oft spielen dabei unbewusste Auswahlkriterien und Abhängigkeitsmuster eine Rolle. Wenn also jeder meiner Partner ein Suchtproblem hat, sollte ich auch mal beginnen, die Wahl meiner Partner zu hinterfragen.

WOMAN: Wo kann ich mich kostenlos beraten lassen?
Borde: Fast jeder Coach und viele Therapeuten bieten ein kostenloses Erstgespräch an.

Dominik Borde, Beziehungscoach und Gründer des Unternehmens "Sozialdynamik"

Dominik Borde hat vor 7 Jahren das Unternehmen "Sozialdynamik" in Wien gegründet.Im Mittelpunkt steht ein psychosoziales Coachingkonzept auf Basis der Beziehungsgestaltung, das dazu dient, die Eigenverantwortung des Einzelnen zu stärken und die Kommunikation innerhalb von Gruppen zu harmonisieren. Nähere Infos unter: www.sozialdynamik.at

Wie kann ich meinen Mann dazu bringen dass er mit dem trinken aufhört?

Online-Selbsthilfe.
Zuhören. Wenn man dem betroffenen Menschen zuhört und deutlich macht, dass man ein offenes Ohr für seine Situation hat, kann dies eine Hilfe sein..
Zu Unterstützung durch Freunde und Familie ermutigen. ... .
Professionelle Hilfsangebote vorschlagen. ... .
Respekt und Verständnis zeigen. ... .
Praktische Tipps geben..

Wie verhalte ich mich wenn mein Partner zu viel trinkt?

Partner, Freunde oder Verwandte sollten es daher zeitnah ansprechen, wenn ihnen auffällt, dass jemand zu viel trinkt. Wichtig ist dabei, keine Vorwürfe zu machen. Sätze wie „Du trinkst zu viel“, sind kontraproduktiv. Besser ist, Ich-Botschaften zu formulieren: „Ich mache mir Sorgen um Dich.

Was tun wenn der Partner jeden Tag Alkohol trinkt?

Reden Sie nicht aggressiv, sondern bleiben Sie ruhig und sachlich. Versuchen Sie, Emotionen aus dem Gespräch rauszuhalten. Versuchen Sie, Ihren Freund dazu zu überreden, gemeinsam eine Woche auf Alkohol zu verzichten. Steht er dies locker durch, ist er vermutlich nicht süchtig.

Wie verhält sich ein Alkoholiker in der Beziehung?

Alkoholiker ziehen sich in Beziehungen häufig vor ihren Partnern zurück, damit diese das Problem nicht bemerken. Der generelle Umgang miteinander ist nicht mehr so freundlich. Je nachdem, wie ausgeprägt die Alkoholsucht ist, treten auch aggressives Verhalten, psychische und physische Gewalt gegen den Partner auf.

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