Ich schaffe es nicht abzunehmen gutefrage

Mit 15 Jahren kam Zita das erste Mal in eine Klinik, sie wog nur 35 Kilogramm. "Das ist ein Gewicht, bei dem man normalerweise über eine Magensonde ernährt werden muss, um die lebenswichtigen Funktionen zu sichern", sagt die 23-Jährige heute. Seitdem lebt sie mit ihrer Krankheit – und den täglichen Gedanken ans Essen: "Es ist mal besser mal schlimmer. Seit einem Jahr habe ich eine gute Phase."

In diesem Jahr hat sie ihren Uniabschluss geschafft und arbeitet seit einigen Wochen in einer Agentur. Ihr Arbeitgeber und auch viele Freunde wissen nichts von ihrer Essstörung, deswegen will sie auch hier anonym bleiben, Zita ist nicht ihr richtiger Name. Sie hat sich selbst bei VICE gemeldet, um dieses Interview zu geben. Sie sagt, sie wolle andere Betroffene schützen: "Mega der Aufklärungsbedarf da draußen", schreibt sie in ihrer Mail. Als sie in das Café zum Interview kommt, sagt sie, sie sei aufgeregt: "Ich habe mir so viele Gedanken gemacht, was ich bestellen soll. Du weißt, dass ich essgestört bin, also weiß ich, dass du darauf achtest." Zita ist nicht mager, wirkt nicht krank. Sie lächelt schüchtern, schaut einem fokussiert in die Augen und so reflektiert, wie sie spricht, wird klar, dass sie sich seit Jahren jeden einzelnen Tag mit ihrer Krankheit befasst. Dem Stereotyp der "dürren" Frau mit dem "gestörten" Schönheitsideal entspricht sie auf den ersten Eindruck nicht. Grund für Fragen. VICE: Was ist der Grund für deine Magersucht?
Zita: Am Anfang wollte ich einfach dünner werden. Ich war ein bisschen moppelig. Irgendwann wurde es eine Sucht. Es war eine Form von Rebellion gegen meine Eltern. Zudem gibt mir diese komplette Disziplin über den eigenen Körper eine Art Machtgefühl. Das Hungergefühl weicht Stolz, weil man dem körperlichen Bedürfnis nicht nachgibt. Dazu kommt: Magersucht verschafft einem Aufmerksamkeit und Mitleid. Ich habe eine Welpenposition eingenommen, in der ich nicht angreifbar bin. So zerbrechlich wie ich mich fühle, sehe ich auch aus. Die Gründe für Magersucht werden oft in dem unrealistischen Schönheitsideal gesehen, das in den Medien und der Mode verbreitet wird. Aber das würde niemals ausreichen, sich so krass kaputt zu machen. Wann konntest du dir eingestehen, dass du magersüchtig bist?
Das hat lange gedauert. Zuerst lässt man mal ein Essen weg, dann macht man ein bisschen Sport, wiegt sich öfter und irgendwann schafft man es nur noch unter Tränen, einen Apfel zu essen. Magersucht zeigt sich nicht am Gewicht, sondern am Leidensdruck. Obwohl Freunde zu mir meinten "Iss mal wieder ein bisschen mehr, siehst gar nicht gut aus", war ich lange überzeugt, dass ich das im Griff hätte. Dann kam der Punkt, an dem mir bewusst wurde, dass ich nicht alleine aufhören kann zu hungern. Mein Leben bestand nur noch aus dem Thema Essen. Ich war 15, als meine Ärztin die Diagnose "Essstörung" ausgesprochen hat. Erst da bekam es für mich und meine Eltern einen Namen.

Wie verändert sich dein Körper?
Sexualhormone sind das Erste, was der Körper wegstreicht, wenn er keine Energie mehr hat. Meine Menstruation ist ausgefallen, jetzt habe ich unregelmäßig meinen Zyklus. Weil ich meinen Körper so schlecht behandelt habe, kann es sein, dass ich niemals Kinder bekommen kann. Ich kann auch nicht mehr joggen, weil ich danach Probleme mit meiner Verdauung habe. Es ist sprichwörtlich alles im Arsch.

Wie sehr leidet deine Familie wegen deiner Krankheit?
Stark. Als ich mit 18 ausgezogen bin, haben meine Eltern mir gesagt, dass ich die Familie kaputt gemacht habe. Das war super hart und ich habe auch kein gutes Verhältnis mehr zu ihnen. Zu meinem Bruder habe ich ein super Verhältnis, weil er mich als seine Schwester und nicht nur als eine Essgestörte sieht. Viele Freunde, die ich nicht aus der Klinik habe, wissen hingegen nichts über meine Essstörung. Wenn Leute das wissen, fällt es mir schwerer, vor ihnen zu essen, weil ich denke, dass ich für die dem Bild einer Essgestörten gerecht werden muss. Abgesehen davon ist eine Essstörung erstaunlich alltagskompatibel. Ich habe immer gesagt, ich wäre auf Kur, wenn ich in der Klinik war. Ich habe mein Abi und mein Studium trotzdem geschafft – durch Ehrgeiz und Disziplin – mit den gleichen Fähigkeiten, die mir auf der anderen Seite schaden.

Glaubst du, du wirst die Sucht irgendwann los?
Ich bin nicht mehr untergewichtig, aber die Essstörung wird mich mein Leben lang begleiten. Ich habe gerade zwar nicht das Bedürfnis abzunehmen, aber unglaubliche Angst zuzunehmen. Und ich werde wohl niemals aufhören, an Essen zu denken. Wenn ich weiß, dass ich mit Freunden abends etwas trinken gehe, dann spare ich woanders tagsüber etwas ein. Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass ich irgendwann mal Schokolade essen kann, ohne einen inneren Konflikt zu haben.

Erkennst du Verhaltensweisen von Zita bei dir oder jemandem aus deinem Freundeskreis oder deiner Familie wieder? Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informiert dich hier über Warnsignale und bietet direkte Hilfe bei Essstörungen an.

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Was tun wenn ich es nicht schaffe abzunehmen?

Du setzt nur auf Sport Viele fragen sich, warum sie trotz Sport nicht abnehmen. Die Antwort ist einfach: Abnehmen liegt zu 70 % an der Ernährung und (nur) zu 30 % am Training. Wenn du also deine Essgewohnheiten nicht umstellst, schaffst du es meistens auch nicht, Gewicht zu verlieren.

Warum schaffe ich es nicht weniger zu essen?

Verzichten Sie nicht auf ein reichliches Frühstück. Wenn Sie bis in den Vormittag hinein oder gar bis Mittag nichts essen, wird der Heißhunger zum Mittagessen umso größer sein. Nach einem reichhaltigen Frühstück hingegen werden Sie es schaffen, mittags Maß zu halten. Nehmen Sie Ihre Mahlzeiten langsam zu sich.

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