Autoversicherung teurer gleiche klassen

412 Zulassungsbezirke hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in Deutschland angeschaut. Im bayerischen Vergleich verursachen Autofahrer und -fahrerinnen aus Augsburg und München besonders viele und teure Unfälle. Jetzt hat der Verband die Regionalklassen neu sortiert.

Mehr als zwei Millionen Autobesitzer betroffen

Für mehr als zwei Millionen Autobesitzer in 33 bayerischen Bezirken ändern sich dadurch die Risikobewertungen in der Haftpflicht. Das bedeutet: Sind in dem Bezirk, in dem ein Fahrzeughalter gemeldet ist, mehr oder weniger Kfz-Schäden registriert, wird der Beitrag höher oder niedriger. Der Wohnort ist also ein entscheidender Faktor für die Berechnung der Beitragshöhe.

Bis zu 54 Prozent Preisunterschied bei gleichen Bedingungen

Dabei kann es zu immensen Preisunterschieden kommen. Bei identischen Versicherungsmerkmalen kann eine Versicherung an einem Ort mit hoher Risikoeinschätzung bis zu 260,64 Euro mehr kosten als an einem Ort mit geringerer. Entscheidend ist dabei die Postleitzahl. Ändert die sich im Verlauf eines Straßenzugs, müssen Autobesitzer stellenweise unterschiedliche Beiträge zahlen, obwohl sie in derselben Straße leben. Das zeigen Beispielberechnungen von Check24 auf Basis der vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft veröffentlichten Regionalklassen.

Bayern schneidet im bundesweiten Vergleich schlecht ab

Im bundesweiten Vergleich kommt Bayern nicht besonders gut weg. Mehr und teure Schäden und demzufolge hohe Regionalkassen gibt es laut dem GDV besonders in Großstädten und in Teilen Bayerns. Nur Berlin und Offenbach sind noch schlimmer dran. Sie sind in der schlechtesten Haftpflicht-Regionalkasse 12. In der Regionalklasse 11 sind in Bayern Augsburg, Ingolstadt, Kaufbeuren, München, Nürnberg und Schwabach. In der Klasse 10 sind Altötting, Amberg, Bayreuth, Fürth, Hof, Kempten, Landshut, Miesbach, Passau, Schweinfurt und Straubing.

Sonderkündigungsrecht bei gestiegenem Versicherungsbeitrag

Falls ein Fahrzeughalter aufgrund der Umstufung in eine höhere Regionalklasse einen höheren Versicherungsbeitrag zahlen soll, hat er ein Sonderkündigungsrecht gegenüber der Versicherung. Wer eine neue Rechnung mit höheren Beitragsforderungen erhält, darf die Versicherung innerhalb von vier Wochen kündigen oder zu einer anderen wechseln.

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Verlierer in der neuen Typklassen-Einteilung: Der Audi Q7 3.0 TDI (Typ 4L, seit 2015) verschlechtert sich um zwei Typklassen. Foto: Audi AG/pr

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  • Neue Typklassen für 13 Millionen Autofahrende
  • So kalkulieren die Kfz-Versicherungen
  • Typ-Raster ist unterschiedlich
  • Hier wird es billiger, bei anderen teurer
  • So finde ich meine Typklasse

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat für rund 32.000 Automodelle die Typklassen überprüft und teilweise neu sortiert. Die Typklasse deines Autos ist ein Faktor von insgesamt zehn, der die Höhe des Versicherungsbeitrags für die Haftpflicht, Teilkasko und Vollkasko bestimmt.

Neue Typklassen für fast 13 Millionen Autofahrende

Rund 8,1 Millionen Autofahrende müssen zukünftig für ihre Kfz-Haftpflichtversicherung höhere Beiträge zahlen. Der Grund: Ihr Fahrzeug verlor in der Statistik den günstigen Platz und ist zukünftig höher gestuft. Das kann kosten, wie die Beispiele im Artikel zeigen.

4,8 Millionen Autofahrende profitieren dagegen von einer günstigeren Typklasse. Für die Mehrheit, 70 Prozent beziehungsweise rund 29,3 Millionen Autofahrende, bleibt aber alles beim Alten, ihr Fahrzeug bleibt unverändert in der bisherigen Typklasse.

"Große Sprünge sind die Ausnahme, nur für wenige Modelle geht es um mehr als eine Klasse nach oben oder nach unten", analysiert Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) seine eigenen Daten. Einer der Gewinner ist der Škoda Kamiq 1.5 TSI (Typ NW, seit 2019). Dieses Fahrzeug verbesserte sich gleich um drei Klassen. Der Audi Q7 3.0 TDI (Typ 4L, seit 2015) verschlechtert sich um zwei Typklassen und wird damit für Liebhaber*innen teurer Autos noch kostenintensiver.

So kalkulieren die Kfz-Versicherungen

Für die Kfz-Haftpflichtversicherung sind die Zahlungen der Jahre 2019 bis 2021 für geschädigte Unfallgegner*innen maßgeblich. In der Kaskoversicherung (Teil- und Vollkasko) spielt der Wert des versicherten Autos eine wichtige Rolle. 

Viele hochmotorisierte Oberklasse-Modelle und SUVs wie etwa der Mercedes S 350 CDI (Typ 221, seit 2013) und der Hyundai Santa Fe 2.2 CRDI ALLRAD (Typ TM, seit 2018) sind hohen Typklassen zugeordnet. Ältere Modelle und Kleinwagen wie der Citroën C3 Picasso 1.4 (Typ SH, 2008-2012) oder der Seat Mii Electric (Typ AA, 2019-2021) eher in niedrigen Klassen.

Verschlechtert sich die Typklasse durch eine höhere Einstufung als im Vorjahr, steigen meistens die Versicherungs-Beiträge – umgekehrt kann eine niedrigere Einstufung die Kosten senken. Insgesamt kann es beachtliche Sprünge geben: Das Vergleichsportal Check24, über dessen Ergebnisse wir im Detail weiter unten berichten, zeigt, dass die Versicherung um mehr als ein Drittel teurer oder günstiger ist. Diese massiven Sprünge gibt es aber eigentlich nur bei Veränderungen um mehrere Klassen oder wenn Veränderungen bei Haftpflicht und Kasko zusammenkommen.

Typ-Raster ist unterschiedlich

Die Kfz-Haftpflichtversicherungen sortieren die Fahrzeuge in 16 Typklassen (das sind die Nummern 10 bis 25). Maßgeblich sind die Versicherungsleistungen für geschädigte Dritte nach Verkehrsunfällen. 

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Bei der Vollkaskoversicherungunterscheiden die Statistiker*innen sogar 25 Typklassen (das sind die Nummern 10 bis 34). Welche Kosten sind berücksichtigt? Schäden am eigenen Auto nach selbstverschuldeten Unfällen und die Teilkaskoschäden (unter anderem  Autodiebstähle, Glasschäden, Wildunfälle oder Schäden durch Naturereignisse). In der Teilkaskoversicherung gibt es 24 Typklassen (das sind die Nummern 10-33). Für diese Statistik sind die Teilkaskoschäden kaskoversicherter Fahrzeuge maßgeblich. 

Die neue Typklassen-Einstufung des GDV ist für die Versicherungsunternehmen unverbindlich und ist ab sofort für Neuverträge und für bestehende Verträge ab dem nächsten Versicherungsjahr anwendbar. Die Typklasse allein reicht aber nicht, um den Versicherungsbeitrag zu ermitteln. Hinzu kommen Faktoren wie die Art der Versicherung (Haftpflicht, Teilkasko, Vollkasko), die Schadenfreiheitsklasse (Wie lange bist du unfallfrei unterwegs?), die Höhe der Selbstbeteiligung (Was zahlst du im Schadensfall selbst?), die Regionalklasse (Wo wohnst du?), die Typklasse (Welches Auto möchtest du versichern?), der Kreis der Nutzenden (Wie viele Personen fahren mit dem Auto?), das Alter der Nutzenden (Wie alt sind die eingetragenen Fahrer*innen?) sowie die Kilometerleistung im Jahr (Wie viele Kilometer fährst du voraussichtlich im Jahr?).

Teil 1: Hier wird es billiger, bei anderen teurer

Modelle mit niedrigeren Typ-Einstufungen als im Vorjahr (Auswahl):

  • BMW 523I Touring
  • Chevrolet Captiva 2.4
  • MB CLA 180 Shooting Brake
  • Renault Clio Grandtour 0.9
  • Škoda Kamiq 1.5 TSI
  • Toyota C-HR Hybrid 2.0
  • Volvo S60 2.0 D4

Modelle mit höheren Typ-Einstufungen als im Vorjahr (Auswahl):

  • Audi A4 Avant 1.4 TFSI
  • Ford Puma 1.0
  • MB GLC 250 Coupe 4Matic
  • Mitsubishi ASX 2.0
  • Nissan Leaf
  • Škoda Scala 1.5 TSI
  • VW T-Roc 2.0 TDI 4Motion
  • Audi Q7 3.0 TDI (Typ 4L)

Teil 2: Hier wird es billiger, bei anderen teurer

Diese Beispielberechnungen von Check24 zeigt die Auswirkungen der Veränderung der Typklasse in der Kfz-Teilkaskoversicherung:

Modelle mit niedrigerer Einstufung als im Vorjahr (Teilkasko)

  • Ford Edge 2.0 EcoBlue Bi-Turbo: Typklasse: 24; Veränderung zum Vorjahr: -5; Beitrag 2022: 832,83 Euro; Beitrag 2023: 491,51 Euro; Ergebnis: -341,32 Euro 
  • Suzuki SX 4: Typklasse: 18; Veränderung zum Vorjahr: -5; Beitrag 2022: 339,96 Euro; Beitrag 2023: 264,09 Euro; Ergebnis: -75,87 Euro
  • Toyota Auris 1.6: Typklasse: 18; Veränderung zum Vorjahr: -3; Beitrag 2022: 412,77 Euro; Beitrag 2023: 347,67Euro; Ergebnis: -65,10 Euro

Modelle mit höherer Einstufung als im Vorjahr (Teilkasko)

  • Toyota Prius 1.5 VVT-i Hybrid: Typklasse: 23; Veränderung zum Vorjahr: +7; Beitrag 2022: 396,28 Euro; Beitrag 2023: 590,16 Euro; Ergebnis: +193,88 Euro
  • Opel Corsa-e (57/100kW): Typklasse: 21; Veränderung zum Vorjahr: +6; Beitrag 2022: 223,58 Euro; Beitrag 2023: 328,83 Euro; Ergebnis: +105,25 Euro
  • VW Golf VIII 1.5 TSI : Typklasse: 22; Veränderung zum Vorjahr: +4; Beitrag 2022: 251,55 Euro; Beitrag 2023: 329,87 Euro; Ergebnis: +78,32 Euro

Folgende Annahmen lagen den Beispielrechnungen von Check24 zugrunde:  Versicherungswechsel zum 01.01.2023 bzw. zum 01.12.2022, Mann (50 Jahre), verheiratet, Angestellter, Halterzulassung: Juli 2022, Gebrauchtwagen, Barkauf, Nutzung: nur privat (inkl. Arbeitsweg), 12.000 km/Jahr, kein Wohneigentum, Straße (öffentlich), Haftpflicht (SF 15) und Teilkasko mit 150 Euro Selbstbehalt, Werkstattauswahl: alle Tarife, jährliche Beitragszahlweise; Erstwagen, Fahrzeughalter = Versicherungsnehmer, keine Punkte, Wohnort: 16928 / Groß Pankow, Beispielberechnungen anhand des Tarifs der wgv-Versicherung Basis (SELECT).

So findest du deine Typklasse

Beim GDV gibt es eine Typklassen-Abfrage via Online-Tool: Die neuen Typ­klas­sen: So ist ihr Auto ein­ge­stuft. Die Leistungsangaben, die hier abgefragt werden, richten nach den Zulassungsdokumenten. Dazu gehört die Zulassungsbescheinigung Teil I, welche den Fahrzeugschein ersetzt, und die Zulassungsbescheinigung Teil II, die wiederum dem Fahrzeugbrief entspricht. Die neue Typklassen-Einstufung des GDV ist für die Versicherungsunternehmen unverbindlich.

Im Internetauftritt oder in den Prospekten der Fahrzeughersteller ist in der Regel die kurzzeitig verfügbare maximale Leistung des Elektromotors bzw. bei Hybridfahrzeugen der Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor, die sogenannte Systemleistung, angegeben. Diese (inoffiziellen) Leistungsangaben sind allerdings nicht in den Zulassungsdokumenten eingetragen.

In den Zulassungsdokumenten steht für reine Elektrofahrzeuge, die sogenannte 30-Minuten-Leistung bzw. bei Hybridfahrzeugen ausschließlich die Leistung des Verbrennungsmotors. Beide Leistungsangaben werden vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) aus der EG-Typ-Genehmigung entnommen und in den Typ-Datensätzen aufgeführt. Der GDV veröffentlicht nur die offiziell vom Kraftfahrt-Bundesamt festgestellten Leistungsangaben. 

Fazit

Von Januar bis Juli 2022 erfasste die Polizei insgesamt 1,3 Millionen Straßenverkehrsunfälle und damit sieben Prozent mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Das hat doppelte Auswirkungen auf die Versicherungsprämien, welche die Autofahrenden zahlen müssen: Der Schadensfreiheitsrabatt verschlechtert sich und in der Typklasse gibt es mehr Unfälle. Es lohnt sich also vorsichtig und unfallfrei zu fahren. 

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